Glarean Magazin

Interview mit dem (Schach-)Schriftsteller Martin Weteschnik

Posted in Interviews, Literatur, Martin Weteschnik, Schach, Thomas Binder by Walter Eigenmann on 5. März 2011

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«Systematisch lernen und regelmäßig üben!»

Thomas Binder

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Vor zwei Wochen stellten wir hier den neuen Taktik-Band des Frankfurter Schach-Autoren Martin Weteschnik vor. Mit seinem «Schachtaktik–Jahrbuch 2011» setzt der FIDE-Meister eine Reihe erfolgreicher Schach-Publikationen aus seiner Feder fort. Nun denkt aber der bekannte Taktik-Theoretiker an die Beendigung seiner schachlichen Publikationsarbeit, um sich stattdessen «mit voller Kraft» aufs Romane-Schreiben konzentrieren zu können. «Glarean»-Mitarbeiter Thomas Binder stellte dem rührigen Schach-Pädagogen und Roman-Autoren einige Fragen zu seiner zurückliegenden Karriere und zu seinen Zukunftsvorstellungen.

Glarean Magazin: Als Turnierspieler ist es inzwischen recht ruhig um Sie geworden, dafür widmen Sie sich je länger desto mehr dem belletristischen Schreiben. Was waren denn so die wichtigsten Lebensstationen Ihrer (Schach-)Karriere?

Martin Weteschnik

Martin Weteschnik: Ich bin 1958 in Frankfurt am Main geboren und dort aufgewachsen. Nach dem Abitur begann ich Germanistik zu studieren und wollte Schriftsteller werden. Das Schreiben, so meinte ich damals, sei der einfachere Part, das «Worüber» weitaus schwieriger. Tatsächlich hatte ich bis dahin nicht eben viel erlebt, was einem künftigen Schriftsteller nicht gerade zu einem sensationell anspruchsvollen Blickfeld verhilft. Folglich sollte und wollte ich erst einmal die Welt kennenlernen! In Japan blieb ich etwas länger. Das Land und seine Kultur haben mich tatsächlich bis heute geprägt. Seither bemühe ich mich um eine Synthese zwischen östlichem und westlichem Denken.
In Amerika schließlich, wo ich fast fünf Jahre in San Francisco wohnte (eine verdammt schöne Stadt!), begann ich mich – nunmehr Mitte zwanzig – mit einem äußerst faszinierenden Spiel zu beschäftigen: mit Schach. Mehr als zwei Jahre verbrachte ich in Ungarn und lernte bei einem Profitrainer. Später unterrichtete ich selbst und schrieb mein erstes Schachbuch. Das «Lehrbuch der Schachtaktik» wurde mittlerweile in mehrere Sprachen übersetzt und erschien zudem bei ChessBase auf CD und DVD. Am erfolgreichsten ist es auf dem englischsprachigen Markt und gilt mittlerweile als Standardwerk im Bereich Taktik. Auf diese Weise gelangte ich also wieder zum Schreiben…

Weteschnik-Roman: «Einen Verlag zu finden ist ungleich schwieriger, als ein gutes Buch zu schreiben.»

Mit etwa 25 Jahren erlernte ich das Schachspiel in San Francisco im sogenannten Mechanics’ Institute. Nach einem Jahr schlug ich meinen ersten IM und den einen oder anderen ELO-Träger (damals ab 2200). Die Leute befragten mich anschließend, weshalb ich über die ersten Züge einer Hauptvariante eine Stunde lang nachgedacht hätte (ich kannte noch keine Eröffnungstheorie), oder warum ich den gleichen Fehler beginge wie Anderssen in einer seiner Matchpartien gegen Morphy. Oh natürlich! – Ich spielte also schon damals wie Anderssen… (leider hat es, wenn überhaupt, nur bezüglich der Fehler zu Anderssens Niveau gereicht).
Nach etwas über einem Jahr wurde mir praktisches Schach langweilig. Tatsache! Die anderen schienen immer nur dasselbe zu spielen, so jedenfalls kam es mir vor (mit dieser Vermutung hatte ich auch nicht ganz unrecht, zumindest was das blinde Nachspielen von Eröffnungstheorie anbelangt) – und selbst fiel mir auch nichts Weltbewegendes ein.

GM: Wie wurde denn aus dem «gelangweilten» Schach-Adepten ein FIDE-Meister?

MW: Aus irgendeinem Grund empfahl mir jemand, Capablancas Partien nachzuspielen (für manche nicht gerade der aufregendste Spielstil). Vielleicht lag es ja an Capablancas Bestreben, alle Figuren harmonisch einzusetzen und zusammenspielen zu lassen, jedenfalls half Capablancas Schachstil mir zu verstehen, wie Einfachheit und konsequentes Verfolgen einer Idee bei gleichzeitigem Bemühen um Harmonie (alle Kräfte wirken irgendwann zusammen) folgerichtig zu einem neuen und einzigartigen Ergebnis führen. So ein «magischer» Moment entsteht im Strategischen ähnlich wie Steinitz es einst bei der Taktik postulierte: dass Kombinationen keine Geniestreiche aus heiterem Himmel sondern das Ergebnis konkreter Positionen sind. Nun, das klingt ziemlich theoretisch. Mag mir im Schach das höhere Handwerkszeug – und möglicherweise auch die nötige Gedächtnisleistung – gefehlt haben, so behaupte ich aus meinen Erfahrungen heraus dennoch, dass selbst große Kreativität für jeden erfahrbar ist. Möglicherweise verdanke ich dem «Langeweiler» Capa den Zugang zu meinem Einfallsreichtum. Auch in anderen Bereichen (zum Beispiel beim Schreiben) werden mir die Ideen wohl nicht mehr ausgehen.

GM: Und wie ging’s dann in Europa weiter, in den angestammten Schachgefilden sozusagen?

Vorbild in Sachen «lernbare Kreativität»: Schach-Genie Capablanca

MW: Meine «Schachkarriere» ist schnell erzählt. Aus Amerika kehrte ich nach Europa zurück, um dort Schach besser lernen und spielen zu können. Es blieb zumeist beim Lernen. Zwei Jahre trainierte ich mit Tibor Karolyi (dessen Schüler Peter Leko seinerzeit der jüngste Großmeister wurde). Fast ohne Vorkenntnisse war ich mit dem 70’000 Züge umfassenden, auswendig zu lernenden Eröffnungsrepertoire zumeist überfordert. Als «alter Mann» in der Dreißigern lernt sich eben nicht mehr so leicht, was heutzutage bereits Elfjährige mit ELO 2500 (allerdings auch erst nach Jahren intensivsten Trainings) beherrschen… Mir fehlten die praktischen Erfahrungen, um den gigantischen Stoff mit etwas Konkretem verknüpfen und ihn so im Gedächtnis speichern zu können.
Meist spielte ich damals geschlossene (IM-)Turniere. In meinem zu der Zeit einzig gespielten Open in Deutschland (Bad Vilbel 1995; verflucht aber auch, was könnte ich mir heute alles leisten, wenn es damals ausgewertet worden wäre…) erreichte ich den zweiten Platz. Später nahm ich an ein paar GM-Turnieren teil, und auf meinem «schachlichen» Höhepunkt (und letztem Turnier in Ungarn) fehlte mir nominell nur ein Titelträger, um die erste IM-Norm zu erspielen.
Ich muss dennoch zugeben, dass ich nie ein guter praktischer Spieler war. Viele recht peinliche Performances wären mir erspart geblieben, hätte ich aus gesundheitlichen o.ä. Gründen rechtzeitig aufgehört. Aber wir alle wissen ja: Der rechte Zeitpunkt, sich von jenen Dingen zu trennen, an denen wir hängen, ist nicht immer leicht abzupassen. Mein Freund und Trainer Tibor Karolyi sagte einmal zu mir, er kenne keinen (und er kennt eine Menge Leute), der das Schachspiel so sehr liebe wie ich. Sei’s drum, heute kann ich mir nichts Gewinnbringenderes, systematisch Erlernbareres und Tiefgreifenderes vorstellen als Tai Chi (Meditation in Bewegung), das ich wenig, dafür aber tagtäglich praktiziere. Schach war leider irgendwann nicht mehr mein Weg.

GM: Ihre Bücher haben nach meinem Eindruck einen großen Praxisbezug. Da liegt die Vermutung nahe, dass Sie auch als Trainer aktiv waren bzw. sind?

Einflussreicher Schach-Trainer: IM Tibor Károlyi

MW: Ja, ich habe Schach unterrichtet, Vorträge gehalten und auch einen Verein betreut. Allen Amateuren (und da meine ich durchaus Spieler bis 2400 ELO) kann ich empfehlen, wenigstens ein Mal in ihrem Schachleben mit einem gutem Trainer oder einem Profi zu trainieren (möglichst nicht in einer größeren Gruppe!). Durchschnittlich werden Spieler (bis etwa 1900) meiner Erfahrung nach innerhalb eines Jahres um 200 Ratingpunkte zulegen. Spieler (etwa wie die «ewigen FMs») werden möglicherweise feststellen, dass sie zu einseitig spielen. Gute Spieler lernen vielleicht weniger an technischen Dingen dazu, doch werden sie davon profitieren, dass ihnen ein erfahrener Trainer eine andere Perspektive aufzeigt. Natürlich nicht immer, aber immer öfters: Ich habe Leute mit einer Spielstärke von 2200 erlebt, die nach nur ein paar grundlegenden Stunden mit einem guten Trainer Titelträger einfach übers Brett schoben (push him over the board, meint Tibor Karolyi treffend, wenn er von der Waffe des Raumvorteils spricht).
Auch wenn meine schriftstellerische Arbeit das Trainieren anderer heute nicht mehr zulässt, möchte ich an dieser Stelle einen Tipp loswerden (auch wenn er allzu einfach klingen mag): Systematisch lernen und regelmäßig üben!

GM: Wie würden Sie die Zielgruppe Ihrer Schachbücher beschreiben?

MW: Das sind Spieler mit einer DWZ von 1200 – 2000.

GM: Wie findet man eigentlich bei der heutigen Fülle von Turnierpartien die «Rosinen im Kuchen», also die wirklich sehenswerten Kombinationen?

MW: Auf diese «Rosinen» im Kuchen wird man natürlich auch durch Quellen wie Internet und Zeitschriften aufmerksam. Man soll das Rad nicht immer neu erfinden; Eine brillante Kombination wird nicht schlechter, nur weil sie irgendwo mehrfach erscheint. Und ein Copyright gibt es weder auf das Finden noch (leider) auf das Kreieren von Taktik. Grundsätzlich bemühe ich mich natürlich, durch Eigenarbeit Neuem auf die Spur zu kommen. Dabei macht es die Fülle an Material eher einfacher, interessante Kombinationen aufzuspüren. In der Tat sollte man die guten Kombinationen bei den besseren Spielern suchen. Andererseits erstaunt es immer wieder, wie taktisch beschlagen auch schwächere Spieler sind. Das mag daran liegen, dass den meisten Turnierspielern im Amateurbereich viele Ideen bereits bekannt sind. Wenn einer die taktischen Motive kennt und ihren Aufbau versteht, kann jeder auch mal ganz große Taktik spielen… Also auf geht’s!

GM: Sind bei Ihren Taktik-Publikationen nachträglich viele interessante Partien «durch den Rost gefallen», weil sie sich bei nachträglicher Analyse als unkorrekt erwiesen?

MW: Natürlich lässt jeder ein Analyseprogramm im Hintergrund laufen. Unfehlbar ist keiner von uns. Man sollte sich dennoch auch auf sein Gefühl verlassen. Meist werden Kombinationen eher verworfen, weil mehrere Lösungswege dem Leser das Üben erschweren.

GM: Ich habe gelesen, dass Sie sich aus dem Schachbuchgeschäft zurückziehen wollen. Es wird also keine weiteren «Schachtaktik-Jahrbücher» mehr geben?

MW: Vermutlich. Ich könnte mir aber vorstellen, dass mein Freund Heinz Brunthaler diese hübsche Reihe auch unter seinem Namen weiterführen kann.

GM: Zu Ihren Roman-Projekten: Auf welches Genre und welche inhaltlichen Schwerpunkte konzentrieren Sie sich dabei?

MW: Gerade habe ich einen Thriller mit historischer Schiene fertiggestellt und mich auf Verlagssuche begeben. Einen Verlag zu finden ist ungleich schwieriger, als ein gutes Buch zu schreiben… Da ich ein möglichst großes Publikum erreichen möchte, stehen Handlung und Spannung im Vordergrund. Allerdings konnte ich es mir nicht verkneifen (neben gründlicher Recherche), das Ganze auch mit etwas Gehalt zu unterlegen… Spannung mit Tiefgang soll auch meine künftigen Werke auszeichnen. Das nächste ist bereits in Planung und wird sich noch deutlicher auf das Thriller-Element konzentrieren. Während der jetzige Roman an den Schauplätzen Dresden, Genf, New Orleans und New York angesiedelt ist, spielt der nächste in Frankfurt, gleichwohl mit ein wenig internationalem Flair garniert. Irgendwann schreibe ich auch wieder ein Sachbuch (Mensch, Wissenschaft, Umwelt – sorry: keins über Schach). Mein unbescheidenes Ziel aber ist es, mit Romanen auch in Englisch verlegt zu werden und eines Tages ein Buch zu schreiben, das nicht nur inhaltlich, sondern zudem stilistisch über gute Unterhaltungsliteratur hinausgeht.

GM: Wird Ihr umfangreiches Wissen aus der Schachszene irgendwie in die Handlung einfließen?

MW: In wie weit das Thema Schach in meinen ersten Roman («Die Wege des sechsten Tages» / 2008) eingeflossen ist, kann man z.B. dem entspr. Medienecho entnehmen. Genauso wenig wie ich allerdings in reinem Lokalkolorit zu versinken gedenke, meide ich einseitig themenbezogenes Schreiben. Für den aktuellen Roman war zunächst kein Schachbezug vorgesehen. Allerdings drohte der historische Plot (des hauptsächlich in der Jetztzeit spielenden Thrillers) plötzlich in Paris zu versanden. In dem Roman geht es nebenbei um das Mausoleum Karl II. Zudem sollte die historische Schiene nach Amerika führen. Der Herzog von Braunschweig, Paris Mitte des 19. Jahrhunderts, Amerika… mmh… da war doch was? Richtig, die legendäre Schachpartie zwischen dem Amerikaner Paul Morphy und eben jenem Herzog (und dem Grafen dʼIsoard). Schach hilf! – Wie fantastisch sich das Ganze letztlich fügt, wird an dieser Stelle natürlich nicht verraten – auch nicht, was meine Recherchen zu dieser Partie und über den Grafen dʼIsoard ergeben haben… ■

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Martin Weteschnik: «Schachtaktik – Jahrbuch 2011»

Posted in Buch-Rezension, Glarean Magazin, Martin Weteschnik, Rezensionen, Schach, Schach-Rezension by Walter Eigenmann on 22. Februar 2011

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Aufgabensammlung mit breitem Anwendungsgebiet

Thomas Binder

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FIDE-Meister Martin Weteschnik hat sich auf dem deutschen Schachbuch-Markt vor allem durch Trainingsbücher zur Schachtaktik einen Namen gemacht. In seinem neuesten Werk «Schachtaktik – Jahrbuch 2011» macht er den interessanten Versuch, die Kombinationssammlung mit einem Jahrbuch des weltweiten Schachgeschehens zu verbinden.
Das Buch beginnt mit einem äußerst informativen Blick um 100 Jahre zurück auf das Schachjahr 1910. Im Mittelpunkt steht dabei der WM-Kampf zwischen Lasker und Schlechter. Einige sehenswerte Kombinationen von damals runden den einführenden Beitrag ab. Unmittelbar danach widmet sich Weteschnik den wichtigsten Ereignissen des aktuellen Jahrgangs, laut Kapitelüberschrift also dem «Schachjahr 2010». Allerdings handelt es sich genau genommen um die Saison 2009/2010, weshalb man z.B. die Schach-Olympiade in Russland vermisst. Die Darstellung ist umfassend und geht auf alle wichtigen Wettkämpfe des Zeitraums ein. Auch einige Opens sowie Jugend- und Senioren-Meisterschaften werden gestreift.

Dass dabei die Schwerpunktsetzung diskutierbar ist, liegt in der Natur der Sache. Über den WM-Kampf zwischen Anand und Topalow in Sofia hätte ich – gerade mit dem Abstand eines halben Jahres – gern deutlich mehr gelesen als über einen Länderkampf zwischen Russland und China. Sehr verdienstvoll ist hingegen das Eingehen auf Themen abseits des Schachbretts, wie die Schachpolitik und Regeländerungen der FIDE. Freilich fehlt auch hier die Aktualität, wenn auf die anstehenden Wahlen der FIDE und der ECU im Vorausblick eingegangen wird.
Zwei Nachrufe auf verstorbene Meister (Edith Keller-Herrmann und Wassili Smyslow) runden den Rückblick ab. Campomanes wird noch erwähnt, mindestens Andor Lilienthal hätte eine ausführliche Würdigung verdient. Insgesamt wünscht sich der Rezensent, dass in künftigen Jahrgängen dieser Jahrbuch-Charakter noch mehr ausgeprägt wird, die Textbeiträge etwas umfangreicher werden.

Kernstück des Buches sind die Kombinationssammlungen aus den verschiedenen Wettkampfebenen, wobei jeweils ein informativer Text voran gestellt ist. Im Einzelnen sind das folgende Bereiche:
Bundesliga und ausländische Ligen (42 Aufgaben)
Deutsche Meisterschaften (18 Aufgaben)
Schach International (48 Aufgaben)
Open-Turniere (54 Aufgaben)
Deutsche Jugendmeisterschaften (42 Aufgaben)
Jugendschach International (30 Aufgaben)
Seniorenschach (36 Aufgaben)
Ergänzt werden diese Kapitel durch zwei Einschübe, bei denen die Kombinationen gleich im Kommentar vorgestellt und erläutert werden:
Ein- und Reinfälle (17 verblüffende Kombinationen)
«Schachtaktik zum Mitmachen» (ein Kombinationswettbewerb der Deutschen Schachjugend, 5 Beispiele)

Meisterhafte Schach-Taktik: Martin Weteschnik

Die enorme Vielfalt der Kombinationsmotive unterschiedlichster Schwierigkeit ist die große Stärke der Sammlung. Viele der gezeigten Partien wären ohne dieses Buch völlig unbeachtet geblieben.
Die Aufgaben sind jeweils als kommentarloses Diagramm gegeben. Dem Leser fehlt also zunächst jeder orientierende Hinweis. Gerade dies macht Weteschniks Taktik-Buch aber als Trainingsmittel so reizvoll.
Im Anschluss an die Aufgaben eines Kapitels folgen die Kurzlösungen (tabellarisch, jeweils nur der Schlüsselzug) und dann die kommentierten Lösungen, bei denen wir auch die Namen der Spieler erfahren. In komplexen Fällen wird hier noch ein Diagramm eingefügt.
Bei den ausführlichen Lösungen findet Weteschnik das richtige Maß an Besprechungs- und Variantentiefe, so dass man seinen Varianten in aller Regel noch «vom Blatt» folgen kann. Der Sprachstil ist flüssig und gut verständlich. Inhalt und Form der Lösungsbesprechung liegen nach meinem Empfinden deutlich über dem Durchschnitt ähnlich gelagerter Arbeiten. Hier wird offenbar praktische Trainererfahrung besonders angenehm spürbar.
Auf die Aussage, alle Kombinationen seien gewissenhaft überprüft, verlässt sich der Rezensent mal, ohne sie im Detail nachzuprüfen. Ernsthafte Zweifel kommen jedenfalls nicht auf.

Die Sammlung von nahezu 300 kombinatorischen Schachaufgaben kann Spielern und Trainern auf jeder Leistungsebene kurzweilige Unterhaltung und Lerneffekt bieten. Martin Weteschnik präsentiert ein Jahrbuch, bei dem man sich bereits auf die Fortsetzung in den Folgejahren freut.

Weteschniks Aufgabensammlung eröffnet sich ein breites Anwendungsgebiet. In der vorliegenden Form kann man sie zum schnellen «Zwischendurchlösen» im Zug ebenso gewinnbringend verwenden, wie als Trainer für den Einsatz im Kinder- und Jugendschach.
Die Fülle der Namen und Zahlen in einem solchen Buch erfordert vom Autor wie vom Lektorat besondere Sorgfalt. Leider ist hierbei doch eine ganze Reihe von Schreibfehlern durchgerutscht. Dass der Deutsche U10-Meister Raphael Lagunow als «Lagonow» vorgestellt wird, ist vielleicht nur dem Rezensenten aufgefallen, der diesen jungen Schachmeister zu seinen Schützlingen zählen darf. Fehlschreibungen wie «Chanty-Mansijks» und «Tischbiereck» sind hingegen ebenso peinlich wie ein falsches Geburtsjahr im Nachruf auf Edith Keller-Herrmann. Dem schachlichen Gebrauchswert des Buches tun sie keinen Abbruch, passen aber nicht gerade zum guten Gesamteindruck. ■

Martin Weteschnik, Schachtaktik – Jahrbuch 2011, Jugendschach-Verlag Dresden, 160 Seiten, ISBN 978-3000324314

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Leseproben (Scans)


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