Neue Musik-Anekdoten II
«Wie soll man pfeifen, wenn man gähnt?»
Ein neuer Strauß von Musiker-Anekdoten
Hans von Bülow
Bei einer Probe ermahnte Hans von Bülow den Chor: «Wollen Sie bitte nicht gestikulieren wie Kannibalen! Wir spielen die Hugenotten und nicht die Hottentotten!»
Niccolo Paganini
Ein Pianist rühmte sich, seine Konzerte seien so überfüllt, daß ein Teil des Publikums in den Gängen stehn müsse.
«Das ist noch gar nichts», erwiderte Paganini. «Bei meinen Konzerten muß ich selber stehn.»
Arcangelo Corelli
Arcangelo Corelli war nicht nur ein bedeutender Komponist, sondern auch ein großer Geiger. Eines Tages sollte er in einem Privathaus ein Konzert geben. Er hatte schon begonnen, doch einige Gäste plauderten ruhig weiter. Da unterbrach sich Corelli und sagte: «Verzeihung, aber ich fürchte, daß ich die Unterhaltung störe!»
Franz Liszt
Liszt und der große Tenor Rubini gaben in einer bedeutenden Provinzstadt Frankreichs ein Konzert. Doch es waren kaum fünfzig Personen im Saal. Dennoch sang Rubini herrlich, und Liszt spielte wie immer.
Am Ende des Konzerts wandte sich Liszt zum Publikum und sagte: «Meine Herren und meine Dame — denn ich sehe nur eine einzige – darf ich mir erlauben, Sie jetzt zum Abendessen einzuladen?»
Das Publikum war verblüfft, nahm die Einladung aber an. Das Abendessen kostete Liszt etwa zwölfhundert Francs, doch am nächsten Abend war der Saal überfüllt.
Als Liszt einmal in Bellagio war, machte er einen Ausflug nach Mailand und ging in das Verlagshaus Ricordi. Da gerade niemand da war, setzte er sich ans Klavier und spielte. Im Nu stürzte Ricordi aus seinem Zimmer und rief: «Das ist Liszt oder der Teufel selber!»
Gasparo Spontini
Der Komponist und Dirigent Spontini hatte sich einen seltsamen Dirigierstab machen lassen. Aus Ebenholz, sehr lang und an den beiden Enden große Kugeln. Er schwang ihn wie ein Szepter. Als Richard Wagner den Stock bestaunte, erklärte ihm Spontini:
«Den Stock brauche ich, um zu herrschen, nicht um zu dirigieren. Ich dirigiere nur mit den Augen. Mit dem linken die Streicher, mit dem rechten die Bläser…»
Gioachino Rossini
Im Jahre 1854 sandte Baron Rothschild an Rossini einen Korb der prächtigen Trauben seines Weinguts. Da erwiderte Rossini: «Vielen Dank, mein lieber Baron, Ihre Trauben sind vorzüglich. Aber ich genieße den Wein eigentlich nie in Pillenform.»
Rothschild verstand und schickte Rossini eine Kiste seiner berühmtesten Weine.
Ein Freund besuchte Rossini und sah, wie der Komponist gerade auf ein Bild die Widmung schrieb:
<Für Pillet-Will, der heute auf dem Gebiet der Musik meinesgleichen ist!>
«Was für eine Übertreibung, Maestro!» rief der Freund. «Pillet-Will Ihresgleichen!»
«Natürlich», erwiderte Rossini. «Ich komponiere ja nicht mehr.»
Charles Gounod
Gounod kam von einer sehr schlechten Aufführung seines Requiems nach Hause. Seine Freunde wollten ihn trösten:
«Machen Sie sich nichts draus; eines Tages wird man Ihr Requiem einwandfrei aufführen.»
«Ja», erwiderte er, «und das wird mein Todestag sein. Aber auch der Tag meiner Rache, denn ich werde zu meinen Kritikern sagen: <Seht ihr? Ihr seid tot, und ich lebe!>»
Hector Berlioz
Berlioz war bei Adelina Patti zu Tische geladen. Es gab eine großartige Pastete, aber die Patti quälte Berlioz, sie wolle ein Autogramm haben: «Wenn Sie mir etwas in mein Album schreiben, so bekommen Sie einen Kuß oder noch eine Pastete!»
Daraufhin schrieb Berlioz in das Album: <Bitte um die Pastete !>
Pietro Mascagnis
Über den Mißerfolg von Mascagnis Oper <Silvano> schrieb ein Kritiker: «Bevor der Vorhang sich hob, applaudierte das Publikum, weil es Vertrauen hatte. Nachdem der Vorhang gefallen war, applaudierte es in der Hoffnung, der zweite Akt werde besser sein. Nach Ende des zweiten und letzten Aktes aber applaudierte es aus Mitleid.»
Bei der Aufführung von Mascagnis <Isabeau> in Parma wurde der Tenor nach einer Arie ausgepfiffen. Das Publikum war völlig entfesselt. Mascagni, der in der Kulisse stand, flüsterte dem Unglücklichen etwas zu, und daraufhin trat der Tenor noch einmal an die Rampe und rief: «Still! Sonst wiederhole ich die Arie!» Daraufhin beruhigte sich das Publikum im Nu.
Alexander Borodin
Vor einem Petersburger Gericht stritten sich einmal zwei junge Komponisten. Jeder behauptete, der andere habe ihm eine Melodie gestohlen. Borodin wurde als Sachverständiger berufen.
«Wer von den beiden ist also der Geschädigte?» fragte der Gerichtspräsident.
«Weder der eine noch der andere», entschied Borodin lächelnd, «sondern mein Freund Mussorgski.»
Jules Massenet
Die Oper eines jungen Komponisten war durchgefallen.
«Nun», trösteten ihn seine Freunde, «wenigstens hat man dich nicht ausgepfiffen.»
«Wie soll man pfeifen», bemerkte Massenet, «wenn man gähnt?»
David Popper
Der berühmte Cellist David Popper war auch ein sehr witziger Mann. Kam ein Kollege von einer Tournee heim und fragte Popper:
«Raten Sie, wieviel ich verdient habe!»
«Die Hälfte», erwiderte Popper.
«Wovon die Hälfte?» fragte der Kollege verdutzt.
«Von dem, was Sie mir erzählen werden», meinte Popper.
Claude Debussy
Debussy hatte gar nichts für Massenets Musik übrig. Er schrieb einem Freund: «In meinem Hotel ist eine Dame, die Tag für Tag eine Oper von Massenet singt. Das ist eine Diät, die ihr der Arzt verschrieben haben muß.»
Franz Schalk
Beim Dirigenten der Wiener Hofoper, Franz Schalk, stellte sich ein gut empfohlener junger Mann vor.
«Was wollen Sie eigentlich werden?» fragt ihn Schalk. «Geiger oder Pianist?»
«Kapellmeister», erwidert schüchtern der junge Mann.
«Bravo», sagt Schalk. «Ich habe mir gleich gedacht, daß Sie nicht arbeiten wollen!»
Moritz Moszkowski
Der Breslauer Komponist Moszkowski sagte: «Die Franzosen sind geschaffen, um Musik zu komponieren, die Italiener, um sie vollendet zu singen, die Deutschen, um sie vollendet zu spielen, die Engländer, um zuzuhören, und die Amerikaner, um zu bezahlen!»
«Ein Glück, daß es Klavierlehrer gibt», meinte Moszkowski einmal. «Sonst würden die Schüler allzu große Fortschritte machen.»
Erich Kleiber
Der Dirigent Erich Kleiber ruft bei der Probe zu <Carmen> dem stimmgewaltigen Bariton auf der Bühne zu: «Hören Sie, mein Lieber, Sie haben hier nicht den Stier zu singen, sondern den Stierkämpfer!»
Arturo Toscanini
Toscanini hatte als hoher Achtziger einen zehnjährigen Kontrakt unterschrieben. Als er an sein Pult tritt, sieht er wehmütig auf das Orchester hinunter und sagt: «Traurig zu denken, daß viele von Ihnen nicht mehr da sein werden, wenn der Kontrakt abläuft!»
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Musik-Anekdoten
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«Sie hören mich wohl gerne singen!»
Ein bunter Strauß von Musik-Anekdoten
Gustav Mahler
In einer von Mahler geleiteten Aufführung gefährdete ein Sänger durch einen falschen Einsatz die ganze Vorstellung. Wütend rannte Mahler in der Pause in die Garderobe des Verbrechers, aber der hatte sich von innen eingeschlossen.
«Auch noch feig!» brüllte Mahler in höchstem Zorn.
Johannes Brahms
Ein Schüler sollte Brahms ein Lied von Schubert vorspielen. «Zu dieser Komposition wurde Schubert durch den Gedanken an eine geliebte Frau inspiriert. Fühlen Sie sich also entsprechend in das Stück ein.» Kurz nachdem der Schüler anfing zu spielen, winkte Brahms schon ab. «Sie haben mich falsch verstanden», sagte er, «das Lied richtet sich an eine Geliebte, nicht an die Schwiegermutter!»
Josef Hellmesberger
Hellmesberger war einst bei einem Komponisten zum Mittagessen im Familienkreis eingeladen. Nach dem Essen zog sich der Komponist zurück, um zu arbeiten.
«Kinder tut’s beten», sprach da Hellmesberger, «der Vater geht stehlen!»
Josef Haydn
Josef Haydn dirigierte sein Cello-Konzert. Der Cellist spielte eine selbstkomponierte Kadenz; sie war endlos lang, irrte durch alle Tonarten und schien das Thema vollkommen vergessen zu haben. Endlich kam zum Schluss der obligate Triller. «Herzlich willkommen daheim!» rief Haydn dem Solisten zu.
Hans Pfitzner
Hans Pfitzner probte das «Christelflein». Die Darstellerin des Elfleins sang der Partitur nach: «Ich bin ja so dumm.»
«Bitte nicht so überzeugend», rief Pfitzner zur Bühne hinauf.
Richard Strauß
Auf einer Probe zur «Salome» rief Strauß: «Couragierter, meine Herren, couragierter! Je falscher es klingt, desto richtiger ist’s!»
Hans von Bülow
Kurz vor einem seiner Konzerte stürmte Hans von Bülow die Treppe hinauf, rannte um die Ecke, wo er mit einem korpulenten Herrn zusammenstieß, so dass beide fast zu Fall gekommen wären.
Wütend schrie der Herr: «Esel!» Verbindlich lächelnd, dabei seinen Zylinder lüftend, erwiderte der Künstler: «Bülow.»
Johannes Brahms
«Was wird wohl einst auf der Tafel stehen, die man Ihnen zu Ehren hier oben anbringen wird?», fragte ein Freund den Komponisten Johannes Brahms, als er mit diesem vor dem Haus Karlsgasse 4 in Wien stand, das der Meister lange bewohnte. Trocken erwiderte Brahms: «Wohnung zu vermieten!»
Max Reger
Ein Kritiker hatte Reger fürchterlich verrissen. Reger schrieb ihm einen kurzen Brief:
«Sehr geehrter Herr! Ich sitze hier im kleinsten Raum meines Hauses und lese Ihre Kritik. Noch habe ich sie vor mir… Hochachtungsvoll: Max Reger.»
Igor Strawinsky
Der berühmte Jazz-Komponist Gershwin wollte einmal Stunden bei Igor Strawinsky nehmen. Im Lauf der Unterhaltung fragte ihn Strawinsky, was er ungefähr verdiene. Als Gershwin antwortete: «Jährlich etwa hunderttausend Doller», meinte Strawinsky: «Da nehme ich besser bei Ihnen Stunden.»
Hans Richter
Ein Klarinettist spielte eine Stelle falsch. Hans Richter klopfte ab und sang ihm die Stelle vor. Das wiederholte sich zum zweiten und dritten Male, bis Richter ungeduldig rief: «Sie hören mich wohl gerne singen!»
Franz Liszt
Liszt spielte in einem Privatkonzert vor dem russischen Kaiser. Bei einer Pianostelle wandte sich dieser zu seinem Adjutanten und gab ihm laut einen Befehl.
Liszt hörte zu spielen auf und ließ die Hände in den Schoß sinken. Als der Zar ihn unwillig nach dem Grund der Unterbrechung fragte, antwortete Liszt mit höflicher Verbeugung: «Wenn Fürsten sprechen, haben die Diener zu schweigen.»
Wilhelm Furtwängler
Wilhelm Furtwängler machte bekanntlich eigenartig fahrige Bewegungen beim Dirgieren. Einmal leitete er ein fremdes Orchester und schon der erste Einsatz wollte nicht klappen. Da fragte bescheiden der Konzertmeister: «Herr Doktor, bei welchem Zacken von Ihrem Blitz sollen wir einsetzen?»
Schlafende Violinen
In einer längst vergessenen Oper hatten Flöte und Harfe eine langausgedehnte Solostelle. Einige Takte vor dem Schluss dieses Duos befand sich in der Partitur mit rotem Stift quer durch die ganze Seite geschrieben die Bemerkung: «Hier müssen die Violinen geweckt werden.»
Max Reger
Nach einem Konzert der Meininger Hofkapelle unterhielt sich eine junge Prinzessin leutselig herablassend mit Max Reger. Sie wollte vor allem Bescheid erhalten über eine Solostelle der Fagotte, die ihr besonderen Eindruck gemacht hatte. Wissbegierig fragte sie: «Herr Hofrat, bringen die Leute diese Töne mit dem Mund hervor?» Reger erwiderte: «Das will ich stark hoffen, Königliche Hoheit.»
Johannes Brahms
Ein junger Mensch bat Brahms um Prüfung einer Komposition. Brahms ließ sich behaglich in seinen Lehnstuhl nieder und rauchte ruhig seine Zigarre, während er die Arbeit durchsah. Endlich frage er versonnen: «Menschenskind, wo haben Sie denn nur das schöne Notenpapier her?»
Richard Wagner
Eines Abends ging Wagner in Sorrent spazieren. Einer der vielen Drehorgelspieler, der ihn kannte, setzte sofort eine Walze mit dem Brautzug aus «Lohengrin» ein und begann seine Orgel so schnell zu drehen, dass die Musik bis zur Unkenntlichkeit verhetzt wurde.
Zornig stürmte Wagner auf ihn zu, packte selbst die Drehorgel und drehte sie so langsam und bedächtig, dass der Chor im richtigen Tempo erklang. Dann gab er dem Alten ein gutes Trinkgeld mit der Weisung, immer in diesem Tempo zu spielen.
Am anderen Morgen hing an der Drehorgel ein Schild: «Schüler von Richard Wagner.»
Der Musikstudent
Ein Musikstudent möchte ein Zimmer mieten. Doch die Vermieterin weist ihn ab:
«Wir hatten einmal einen Musikstudenten hier wohnen.
Der kam erst sehr beethoevlich an, wurde dann mit meiner Tochter mozärtlich, brachte ihr einen Strauss mit, nahm sie beim Händel und führte sie mit Liszt über den Bach in die Haydn. Er war gar nicht zu brahmsen, und jetzt haben wir einen Mendelssohn und wissen nicht wohindemith!»
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