Berg-Gedichte (4)
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Ich ging hinweg, ich muss die Heimat lassen;
Mein Kind zog fort, der Herd ist ausgebrannt,
Die Gläser brachen, und der Wein vergossen;
Der Schenk hat von den Trunknen sich gewandt!
Die Rose dornig, bleich die Hyazinth,
Den Thron des Salomo ergriff der Wind,
Die Liebenden voll Seufzer, tränenblind,
Die Freudenzeit ward ganz zum Kummerbrand.
Auf welchem Berge finde ich mein Lieb?
Wen frag ich, wo die Rehgeaugte blieb?
O Laila, deren Abbild Medschnun trieb
Verlassen, heimatlos durch Berg und Sand!
So schlug das Schicksal mich, dass stets ich weine;
Der Hag weint mit dem Gärtner im Vereine,
Die Rosen weinen Blut, verwirrt im Haine –
Sehnsüchtge Nachtigall, verlass dies Land!
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Bayburtlu Zihni (1795- 1859 / Anatolien)
(Ü: Annemarie Schimmel)
Wintergedicht aus der Türkei
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Winter
Da Schneeheuschrecken aus der Luft geschneit,
Hofft Ernte nicht vom grünen Feld der Freud!
Die Wolken gleich Kamelen erdwärts schäumen
Des Frohsinns Karawane packt ohne Säumen.
Wo ist die Kerze Sonn mit Strahlen lichten?
Wer brennt sie an, Schneefalter zu vernichten?
Wind zieht ein Eiskastell um Flüsse her
Der Sonne Kugeln fällt Erobrung schwer!
Die Sonne sucht am Mittag man mit Kerzen;
Aus Gram, sie nicht zu sehn, entbrennen Herzen.
Nedschati (16. Jh.)
(Ü: Annemarie Schimmel)
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