Doktor Remus tauchte am Morgen auf, abgehetzt, nach Wein und dem Schweiß billiger Huren stinkend, um uns mitzuteilen, die Abfahrt sei noch einmal verschoben worden, wäre doch der Kapitän über Nacht verschwunden. Wir musterten ihn missbilligend, verwiesen ihn auf den knarrenden Stuhl am Ende der Tafel, der, so verlangte es normalerweise unser Anstand, unbesetzt blieb. Noch immer außer Atem erzählte er die Geschichte des verschwundenen Kapitäns, die eigentlich mehr ein Geheimnis denn eine brauchbare Erzählung war. Man hätte vor wenigen Stunden nach dem Kapitän geschickt, der ein Zimmer in einem hafennahen Wirtshaus bewohnte, als sich der gesandte Bote aber nach ihm erkundigte, verzog man die Brauen und wollte nie etwas von einem solchen Gast gehört haben. Der Bote eilte zum Schiff, ließ sich dort unterrichten, Doktor Remus sei zum letzten Landgang, aber man erwarte ihn jede Sekunde zurück.
Dem sei auch so gewesen, keuchte der Doktor in unsere Runde von erstaunten Gesichtern, und nun sei er also hier, müssten wir doch auf der Stelle von dieser Ungeheuerlichkeit erfahren. Die Reederei sei schon informiert, man habe sogleich eine Art Agent entsandt, den Kapitän aufzuspüren. Sobald man seiner habhaft geworden sei, würde man uns selbstredend davon in Kenntnis setzen. Wir entließen den Doktor mit der Bitte, uns über die Geschehnisse auf dem Laufenden zu halten.
Dies alles ereignete sich vor Stunden. Noch immer ist der Kapitän verschwunden. Seraphine ist mit den Kindern zu einer Kutschfahrt aufgebrochen, während ich in eine Decke gehüllt an meiner Pfeife knabbere und über das Geheimnis des verschwundenen Kapitäns nachdenke.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
-
Kategorien
- Alfred Harth
- Anmerkungen
- Anzeigen
- Bücher
- Comic
- Deutsche Ikonen
- Die Beunruhigten
- Die Irrfahrten des Otto Seuse
- Filme
- Fleisch
- Fototagebuch
- Fremde Federn
- Fundbüro Clemens Setz
- Fundstücke
- Galerie
- Gastautoren
- Gedichte
- Kameraauge
- Kriminelles Tagebuch
- Kritik
- Kurzmeldungen
- Lesestoff
- Listen
- Logbuch
- Markus Michalek
- Miniaturen
- Narrenturm
- Noir
- Parallelpathologie
- Pathologie
- Poetische Essays
- Projekte
- Rückblicke
- Satiren
- Sätze
- Spielereien
- Veranstaltungen
- Vermischtes
- Wahnsinnsjournal
Archive
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Der Autor diese Weblogs erklärt hiermit ausdrücklich, dass zum Zeitpunkt der Linksetzung keine illegalen Inhalte auf den zu verlinkenden Seiten erkennbar waren. Auf die aktuelle und zukünftige Gestaltung, die Inhalte oder die Urheberschaft der gelinkten/verknüpften Seiten hat der Autor keinerlei Einfluss. Deshalb distanziert er sich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten /verknüpften Seiten, die nach der Linksetzung verändert wurden. Diese Feststellung gilt für alle innerhalb des eigenen Internetangebotes gesetzten Links und Verweise sowie für Fremdeinträge in vom Autor eingerichteten Gästebüchern, Diskussionsforen und Mailinglisten, insbesondere für Fremdeinträge innerhalb dieses Weblogs. Für illegale, fehlerhafte oder unvollständige Inhalte und insbesondere für Schäden, die aus der Nutzung oder Nichtnutzung solcherart dargebotener Informationen entstehen, haftet allein der Anbieter der Seite, auf welche verwiesen wurde, nicht derjenige, der über Links auf die jeweilige Veröffentlichung lediglich verweist.Impressum
Guido Rohm, 36100 Petersberg E-Mail: HIERMeta