Beobachte deine Finger. Klopfe den Takt. Da ist keine Musik. Was hörst du da also? Sieh raus. Grau. Nichts ist trostloser als ein überfrorenes Feld. Und der Himmel? Da ist kein Himmel. Da sind Wolken. Die lassen sich nicht einfach auseinander schieben. Du könntest es versuchen. Du klopfst den Takt. Noch immer. Keine Musik. Da ist keine Musik. Das habe ich dir doch bereits erklärt. Ich könnte meinen Nacken reiben. Lass das! Da ist kein Nacken. Was soll das …? Wann fahren die weiter. Ich will nach Hause. Ich kann diese kahle Stelle vor mir nicht mehr sehen. Was rede ich da? Du redest nicht. Du denkst. Unsinn! Von dir lasse ich mir nichts einreden. Die kahle Stelle auf dem Hinterkopf vor dir taucht nur jede halbe Stunde auf. Das war vor einer halben Stunde. Jetzt liegt sein Kopf seitlich. Er bewegt sich nicht mehr. Er ist eingeschlafen. Er könnte auch tot sein. Warum könnte er das sein? Weil du es auch bist. Unsinn! Ich klopfe mit meinen Fingern einen Takt auf das Lenkrad. Ich sehe die Wolken. Das Feld. Ich stehe im Stau. Du bist Teil eines … Sprich es nicht aus. Ich bin das nicht. Ich bin auf dem Nachhauseweg. Das bist du. Ganz bestimmt. Lach nicht! Ich lache nicht. Ich versuche dich davon zu überzeugen, dass wir tot sind. Wir? Ich kenne dich nicht. Du bist ich. Du bist meine innere Stimme. Schon! Innere Stimmen überleben. Und jetzt will ich dir klar machen, dass wir tot sind, entschuldige, dass du tot bist. Bin ich nicht. Bist du doch. Ich bin auf dem Nachhauseweg. Heute ist Heiligabend. Du würdest doch eh allein feiern. Das geht dich nichts an. Du bist nur eine innere Stimme. Ich bin du. Merk dir das! Dann lass uns gemeinsam beten und hoffen. Warum sollten wir das tun? Wir wollen … Wir wollen gar nichts. Du willst es nicht begreifen. Wir sind tot. Sind wir nicht. Ich werde jetzt aussteigen und laufen. Lass das! Warum? Du könntest dich erkälten! Jetzt habe ich dich! Was? Ich könnte mich erkälten. Das hast du gesagt. Habe ich das? Ja, ja! Dann habe ich es wohl gesagt. Und? Tote können sich erkälten. Sieh mal. Wo? Dort drüben! Die laufen über das Feld. Die sind auch tot! Innere Stimme hin oder her. Ich verlange, dass du sofort aus meinem Auto steigst. Das ist nicht so einfach. Warum nicht? Das kannst du dir doch denken. Der Hinterkopf! Er hat sich bewegt. Er hat sich nicht bewegt. Widersprich mir nicht ständig. Das ist meine Aufgabe. Ich werde hier sitzen und einen Takt auf mein Lenkrad klopfen. Ich werde dir nicht weiter zuhören. Ich werde warten. Irgendwann geht es weiter. So ein Stau löst sich auf. Immer. Das haben die so an sich. Und dann werde ich nach Hause fahren. Ja. Ja. – Oder? Das werde ich doch? Sag etwas. Bist du jetzt etwa beleidigt. Leck mich doch! Ich bin nicht tot! Nein! Ich werde nach Hause fahren.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
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