Und jetzt, schreit er, und dann wieder, und jetzt. Sie drängen den alten Mann auf die Seite, er solle sich nicht so anstellen, die Nachbarn beäugen ihn misstrauisch. Wir werden das Ding sprengen, erklärt einer der Polizisten. Sprengen, schreit er da. Ihr seid ja alle verrückt. Er kann es nicht fassen, nicht glauben, er hält sich an einer alten Frau fest, sie rückt von ihm ab, er sieht ihr nach. War die Müller, denkt er. Die kann von Glück reden, dass ich meine Waffen nicht hier habe. Die Waffen sind in der Scheune, die Scheune soll gesprengt werden. Das darf er nicht zulassen, auf keinen Fall. Er will rennen, kommt aber nicht vorwärts. Die Schwäche, das Alter. Das Alter ist seine Schwäche. Frühe, ja früher, jetzt hört er sich schon wie sein Vater an. Die Polizisten nicken sich zu, sagen, sie kommen jetzt erst einmal mit uns. Niemals, sagt er. Sie haben keine Lust, mit ihm zu diskutieren. Die Meute der Gaffer wächst. So viele Menschen wohnen doch gar nicht in diesem Dorf, denkt er. Jemand muss ihn verraten haben, dabei wusste doch keiner etwas von seinem Waffenarsenal in der Scheune, höchstens der Jürgen, der Jürgen, heult er auf. Der muss es gewesen sein. Du kannst keinem vertrauen. Wenn sie mein Waffenlager sprengen, dann können sie mich gleich mit dem Laden in die Luft jagen. Ich will nicht, will nicht, will nicht, jammert er, da führen sie ihn bereits ab. Die Dorfbewohner können es nicht glauben. Und das bei uns, sagen sie, das kann doch gar nicht sein, kann doch gar nicht sein, sie beten die Worte immer und immer wieder herunter. Sie glotzen sich gegenseitig an. Der Wagen mit dem Irren fährt davon. Weg, weg, weg. Sie reiben sich den Schweiß von der Stirn.
Endlich, sagt einer.
Die Polizei riegelt alles ab. Sie bitten die Leute zur Seite, sprechen mit ihnen, geht doch endlich, Mensch, hier gibt es doch nichts zu sehen.
Morgen, gibt es etwas zu sehen, sagt einer, morgen kommt das Sprengkommando. Die ganzen Waffen und die Munition. Wir müssen das sprengen.
Warum denn?, fragt ein kleiner Junge. Rotz läuft ihm über den Mund.
Weil das gefährlich ist, was da drin ist, sagt ein Polizist.
Der Junge staunt. Hört sich gut an. Er wird auf jeden Fall hier bleiben, da wird ihn nichts aufhalten können.
Sein Vater tippt ihn auf die Schulter.
Scheiße, denkt er. Wer weiß, wann bei uns mal wieder was los ist.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
-
Kategorien
- Alfred Harth
- Anmerkungen
- Anzeigen
- Bücher
- Comic
- Deutsche Ikonen
- Die Beunruhigten
- Die Irrfahrten des Otto Seuse
- Filme
- Fleisch
- Fototagebuch
- Fremde Federn
- Fundbüro Clemens Setz
- Fundstücke
- Galerie
- Gastautoren
- Gedichte
- Kameraauge
- Kriminelles Tagebuch
- Kritik
- Kurzmeldungen
- Lesestoff
- Listen
- Logbuch
- Markus Michalek
- Miniaturen
- Narrenturm
- Noir
- Parallelpathologie
- Pathologie
- Poetische Essays
- Projekte
- Rückblicke
- Satiren
- Sätze
- Spielereien
- Veranstaltungen
- Vermischtes
- Wahnsinnsjournal
Archive
HAFTUNGSAUSSCHLUSS
Der Autor diese Weblogs erklärt hiermit ausdrücklich, dass zum Zeitpunkt der Linksetzung keine illegalen Inhalte auf den zu verlinkenden Seiten erkennbar waren. Auf die aktuelle und zukünftige Gestaltung, die Inhalte oder die Urheberschaft der gelinkten/verknüpften Seiten hat der Autor keinerlei Einfluss. Deshalb distanziert er sich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten /verknüpften Seiten, die nach der Linksetzung verändert wurden. Diese Feststellung gilt für alle innerhalb des eigenen Internetangebotes gesetzten Links und Verweise sowie für Fremdeinträge in vom Autor eingerichteten Gästebüchern, Diskussionsforen und Mailinglisten, insbesondere für Fremdeinträge innerhalb dieses Weblogs. Für illegale, fehlerhafte oder unvollständige Inhalte und insbesondere für Schäden, die aus der Nutzung oder Nichtnutzung solcherart dargebotener Informationen entstehen, haftet allein der Anbieter der Seite, auf welche verwiesen wurde, nicht derjenige, der über Links auf die jeweilige Veröffentlichung lediglich verweist.Impressum
Guido Rohm, 36100 Petersberg E-Mail: HIERMeta