Der Freiherr schwitzt. Er berührt seine Brille, die leicht verrutscht ist. Seine linke Hand verschwindet in der Hosentasche. Dort befindet sich etwas. Er umklammert es. Ein Glücksbringer. Vielleicht soll der Stoff aber auch nur die geballte Faust verdecken.
Er ist ein Opfer. Er spürt es. Ein Leben auf der Überholspur. Und nun stottert seine Karriere.
Sie sagen: Du hast abgeschrieben!
Sie sagen: Du musst deinen Titel ablegen.
Er wird ihn zur Seite legen. Einfach so. Aber er wird nicht aufgeben.
Die Kameras sind auf ihn gerichtet. Der Freiherr lächelt, denn ein Sieger weiß, wann er zu lächeln hat.
Du weißt doch, wie ein Sieger lächelt, hat ihn sein Vater angeschrien.
Jetzt stehen sie beide dort oben. Der kleine Freiherr, der große Freiherr. Er spürt den Atem seines Vaters im Nacken. Es wird enger. Der Freiherr reibt sein Kinn über den obersten Hemdknopf.
Nur noch wenige Sekunden!
Bilder von einem Unglück. All die Journalisten sind von einer Bombe zerfetzt worden.
Er denkt: Ich habe doch den Fehler begangen!
Der Freiherr hat die Opfer von Bombenattentaten besucht. Soldaten, die er mit falschen Worten bedachte.
„Das wird schon.“
„Zuhause ist man stolz auf Sie.“
„Sie sind ein Held.“
Der Freiherr sieht seine Frau an. Sie zuckt mit der Unterlippe.
Nun ist der Freiherr an der Reihe. Er tritt an das Mikrofon. Er holt Luft.
Der Freiherr geht zum Angriff über. Er gesteht Fehler ein. Er verweist auf die Jungs, die für das Land ihr Leben riskieren. Er redet von einer Kampagne, die man seit langer Zeit geplant habe. Er spricht über seine Gegner.
Die anwesenden Journalisten schweigen.
Der Freiherr befreit seine Hand aus der Tasche. Er holt sie wie eine Granate hervor.
Eine geballte Faust.
Noch unterhalb des Stehpults öffnet er die Faust. Die Hand erscheint. Sie fährt über sein Haar. Der Freiherr lächelt in die Kameras.
Ja! So lächeln Sieger!
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
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