Das ist doch ein ausgemachter Quatsch, ein Unsinn ist das, sagt der Jupp, die Maria drauf, ja, so schweig doch, der Bub sitzt in der Stube an seinen Aufgaben, aber das will den Jupp nicht stören, er läuft aufgeregt um Maria herum, der kann das ruhig hören, sagt er, der kann wissen, was seine Mutter für eine ist, der Jupp tritt in die Türöffnung hinein, die Türöffnung ist zu klein für so einen großen Körper, er senkt den Kopf, er ruft, Alexander, lass dich nie mit den Weibern ein, der Junge reagiert nicht, der Junge konzentriert sich auf seine Buchstaben, er malt Buchstabe für Buchstabe in sein Heft hinein, er würde gern in so einem Buchstaben versinken, in einem Wort gar, da hat er doch gerade eines geschrieben, Auto lautet es, Auto steht da, ein Auto steht bereit, wie gerne würde er jetzt in das Auto steigen, auch wenn er keinen Führerschein hat, aber in seinen Träumen, denkt Alexander, da braucht man ja auch keinen Führerschein, während der Jupp noch in der zu kleinen Türöffnung steht, in diesem Loch, und sich fragt, wie er es nur so lange in der Enge dieses Hauses hat aushalten können, er denkt an sein Auto, er könnte zu seinem Auto hinaus gehen, er könnte auch stürzen, er könnte das Haus fluchend verlassen und in seinen Wagen steigen, um der Ulrike einen Besuch abzustatten, aber doch nicht jetzt, schießt es ihm durch den Kopf, jetzt muss er doch seine Ehe retten, gerade jetzt, da ihm die Maria doch gestanden hat, sich in einen anderen Mann verliebt zu haben, gerade jetzt, da sie ihm mitgeteilt hat, sie werde ihn verlassen, also drängt sich ihm in dem Loch die nächste Frage auf, die ihm schon auf den Lippen hängt und die in der nächsten Sekunde vor seine Füße fällt, was ist denn mit dem Jungen, den nehme ich natürlich mit, sagt Maria, die ihn bittend anblickt, die nun flüstert, lass uns nach oben gehen, wir sollten das doch nicht vor dem Jungen besprechen, Jupp, hab doch ein Einsehen, aber der Jupp hat kein Einsehen, er hat auch kein Aussehen, daran wird es liegen, auch am Auskommen, denkt der Jupp jetzt, der hat wohl mehr Geld wie ich, sagt der Jupp in seinem Loch, das Geld, das Geld, sagt Maria, auf das Geld kommt es mir doch nicht an, ich will wieder atmen können, atmen, erwidert der Jupp in seinem Loch, in dem er steht und schwitzt und kaum noch Luft bekommt, ich will ja auch gerne atmen, wir können hier doch wunderbar atmen, sagt der Jupp und schielt zum Jungen hin, der nun bereits in einem roten Auto sitzt und fährt und seine Eltern gar nicht mehr hören kann, denn wie will denn einer in einem roten Auto auf der Autobahn die Eltern im kleinen Haus im kleinen Dorf auch hören, so fährt er dahin, während seine Eltern nun schweigen, der Jupp in seinem Loch und die Maria auf dem Sofa sitzend, den Blick auf die Fernsehzeitschrift gerichtet, auf das Bild von einem Auto, darin eine glückliche Familie sitzt und in den Urlaub fährt, und für einen kleinen Augenblick muss sie lächeln, weil sie daran denken muss, wie es hätte sein können, aber nie war.
Archivierung!
Die Pathologie wird von der Universität Innsbruck im Rahmen des Forschungsprojektes DILIMAG, sowie dem DEUTSCHEN LITERATURARCHIV MARBACH archiviert.- "In Pissoirs geht man Stufen hinunter, in Bunker, in Krematorien, in die Pathologie, in Weinkeller. Es lassen sich mythologische Beziehungen zum Hinabsteigen herstellen." Hubert Fichte, Die Palette
Über Guido Rohm
Er kam, sah und schrieb. Der Schriftsteller Guido Rohm , geboren 1970, lebt und raucht in Fulda. Romane von ihm tragen sensible Titel wie „Blut ist ein Fluss“ und „Blutschneise“.
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