Schriftstellerärsche

Es sei, so der Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft penetranter, nein!, penetrierter Arschlöcher, oder wie auch immer die heißen mögen, es sei, so der Vorsitzende, dessen Namen hier ungenannt bleiben soll, es sei, nein!, so schrieb er nicht, stattdessen: es sollte endlich einmal über den deutschen Schriftstellerarsch geschrieben werden.
Als ob es den gäbe, DEN deutschen Schriftstellerarsch, und wenn, so frage ich mich, an meinem Arsch kratzend, wie der denn dann aussieht, DER deutsche Schriftstellerarsch, ob breit gesessen, ob strahlend oder verkümmert, ob anwesend oder abwesend, ob sitzend oder stehend, überhaupt bleibt die Frage, ob es denn einen deutschen Schriftstellerarsch überhaupt gibt, oder ob der nicht, in den Zeiten globalen Denkens und Handelns, nichts längst zu einem Weltbürger, also einem Weltarsch geworden ist.

Weltliteratur!, ständig palavern wir seit Goethe von der Weltliteratur, da sollte man vielleicht endlich auch vom Weltschriftstellerarsch reden, der sich in allen Regionen gleich platt sitzt. Weiß man nicht, wäre aber bitte sehr geflissentlich gewissentlich zu untersuchen.

Sicherlich!
Es gibt Länder, da werden die Schriftsteller, die sich dort gar nicht erst so nennen dürfen, weil sie im Untergrund schreiben, heimlich, nachts, und unter der Decke, verfolgt, gejagt, eingesperrt, erschossen, gevierteilt, geachtteilt (na, wie das klingt!), gesechszehnteilt, und wenn sie das alles hinter sich haben, dann fängst die ganze Prozedur gleich wieder von vorne an, denn so eine Diktatur braucht die Verfolgung, wie der Schriftsteller den Zigarettenrauch zum Leben. (Achtung: Sie sind in eine Klischeefalle getappt! Gehen Sie ins Gefängnis und setzen sie einmal aus!)
Wie sieht denn so ein verfolgter malträtierter Schriftstellerarsch nun aus? Wohl eher durchtrainiert, weil er ständig in Bewegung ist, da schlabbert nichts.

Das Schlenkern und Schlabbern kennt man dagegen vom deutschen Schriftstellerarsch, der nämlich von einem Preis zum nächsten, und von dem Stipendium zu diesem gereicht wird. An Flucht ist da gar nicht zu denken. Die Preise bekommen einen so oder so.

Wie also den Schriftstellerarsch, den es scheinbar überhaupt nicht gibt, der ein Trug, eine Lüge ist, beschreiben? Indem ich mich an dem Arsch versuche, der mir am Nächsten ist.

Der sitzt hauptsächlich, so viel sei verraten, der sitzt ungeheure Zeitmengen aus, der schwitzt und scheißt Zeit, weil er mit Zeit angefüllt ist. Nichts als Zeit in diesem Arsch.
Bewege ich mich nun zum Bücherregal, dann folgt er mir, stets im Rücken hängend, tief, nahezu auf Arschhöhe, klar, wo auch sonst!
Mein Arsch scheint ein Arschkriecher zu sein, ein Arsch, der sich in sich selbst verstecket, nicht, weil er das möchte, sondern weil ihn die ganze Hockerei und Sitzerei allmählich nach innen stülpt. Um es mal so zu sagen: Mein Arsch kommt sich von Sitzung zu Sitzung näher. Man ist auf Du und Du, Außenarsch und Innenarsch, dazwischen das Arschloch, damit auch noch etwas rauskommen kann, was einen dazu ermächtigt, sich Schriftsteller nennen zu dürfen.

Fazit gibt es keins. Beobachte ein jeder seinen Arsch, und komme er ihm näher. Bücken Sie sich, betrachten Sie ihn im Spiegel, waschen Sie ihn, streicheln Sie ihn, lesen Sie ihm vor, ja, das A und O für einen Schriftstellerarsch ist, dass er die Scheiße der anderen Schriftstellerärsche kennenlernt. Tragen Sie Ovid vor, deklarieren Sie Kästner, Hölderlin, kein Hölderlin, ach, was weiß denn ich!

Schriftstellerärsche sind so unterschiedlich wie alle Ärsche, weil ein jeder Arsch seine Lebensweg hinter sich hat, weil ein jeder Arsch seine Biografie vorzuweisen hat, die ihn über Brücken springen ließ, über Minenfelder, durch Kirchen, von Brücken und Hochhäusern.
Es gibt keine einhellige letzte Meinung über Schriftstellerärsche, keine über Katzen, Autos, Kommunisten, Frauenhasser, Frauenversteher, Frauenverdreher, Frauenhändler, Frauen-in-Text-einbauer.
Alles geschrieben, alles fürn Arsch.
Sozusagen!

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30.05.12

Traum: Ich war in die Hände von Mördern geraten, keinen einfachen Ich-stech-dich-rasch-in-einer-Seitenstraße-ab-Killern, sondern wahren Bestien, die Spaß an ihrem Handwerk hatten. Schreie, Blut. Der Traum gebar die gesamte Schreckenspalette dämlicher Horrorfilme.
Aber wie das mit Träumen ist: hängt man in ihnen, dann sind sie die Wirklichkeit schlechthin. Jeder Schnitt, ein echter schmerzhafter Schnitt.
Kann mich nur noch an Bruchstücke erinnern, die aber lebhaft nachhallen.
Woher stammen die Bilder, die einen solchen Traum füllen?

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29.05.12 (2)

Die Augen brennen, schmerzen, finden keine Linderung, nicht in den Zeilen eines Buches, noch im Weiß zwischen ihnen. Müdigkeit strömt durch den Körper, langsam und zäh wie ein Sirup, der die Gelenke verklebt.
Es ist ein Schleppen durch den Alltag, ein Hieven auf den Balkon, dort auf den Stuhl, um eine Zigarette zu rauchen. Die Augen sind Schlitze, durch die nur mit Mühe und Not Licht sickert. Ein Wechselbad des Wetters wie der Gefühle: Der Sonne folgen dunkle Wolken, ein Wind, der keinen Sturm bringt, sondern nur die nächste Schwere aus Wärme.

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Klein

Heute eingetroffen. Gebraucht gekauft. Ein paar Tage wird es noch liegen, dann werde ich mich in die im Klappentext versprochene Stadt Libidissi begeben, um mich hoffentlich im Gewirr der Straßen und Sätze zu verlieren und – wenn möglich – nicht mehr zu finden.

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29.05.12

Schreiben. Nicht mehr schreiben.
Ich fühle mich, als würde in meinem Kopf ein Tennis-Match ausgefochten. Bald landet der Ball hier, dann dort, dann im Aus, wo ich ihn am liebsten liegenlassen würde. Ich weiß nicht mal, ob es ein Publikum gibt, das sich dieses Drama ansieht. Kein Laute, nur die Vögel, die sich nicht um Schreibkrisen kümmern, die nichts davon wissen.
Selig sind die Vogelmenschen. Sie säen nicht und ernten doch.

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27.05.12

Lange geschlafen, sehr lange, tief und traumlos, ich kann mich zumindest nicht an Träume erinnern, auch wenn da welche waren, was wahrscheinlich ist.
Jetzt sitze ich wieder hier und habe am Roman geschrieben, und auch wenn es nur eine Seite war, ist die eine Seite besser als gar nichts. Sie gibt mir ein gutes Gefühl, diese eine Seite, weil die Geschichte ein Stück größer geworden ist, sie ist gewachsen, so wie ein Kind.
Ein Kind ist sie. Man packt sie aus, überprüft ihren Körper, man päppelt sie mit Worten und Gedanken und Träumen und Hoffnungen und Ängsten auf, und in so einem frühen Stadium starrt sie einen an und weiß gar nicht, wie ihr geschieht. Sie hat noch keine Ahnung, wo die Reise hingehen soll, und ich würde gerne sagen, ich doch auch nicht, weil ich nur einen ungefähren Plan habe, eine ungefähre Ahnung. Die Karte, anhand derer ich mich orientiere, ist ungenau, da sind nur einzelne rote Linien zu erkennen. Nicht wirklich viel, nicht genug, um heil ans Ziel zu kommen. Die Geschichte vertraut mir, es bleibt ihr auch gar nichts anderes übrig. Sie nimmt mich an der Hand und blickt mich mit mutigen kleinen Augen an. Sie weiß noch nicht, was alles geschehen kann. Da sind so viele unbekannte Faktoren, die man nicht im Griff hat. Nie.
Ich werde versuchen, ein paar Worte zu finden, ein paar Äste, ein paar Steine, ein paar Bäume, um den Weg damit zu markieren. Ja, erst einmal geht es nur um die Markierungen, um eine Ahnung zu bekommen, wo es langgehen könnte.
Wenn es gut läuft, wenn wir gut laufen, wenn wir mehr und mehr Landschaft finden, dann könnte es klappen, dann könnte es sein, dass wir ins Ziel kommen. Ankommen. Dabei weiß ich gar nicht, was das sein soll, ein Ziel, und vor allem weiß ich nicht, wo es liegt. Aber das muss ich der Geschichte ja nicht erzählen. Es würde sie nur verunsichern, und das muss ja nun wirklich nicht sein.

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25.05.12

Neuen Roman/Erzählung begonnen. Ich weiß nicht, was es werden wird, ob es was werden wird.
Man schreibt sich warm, schreibt sich in eine Person hinein, versucht sie zu fühlen, ihre Geschichte, ihre Gefühle. Manchmal gelingt es, dann schlüpft man unter ihre Häute und wird ganz zu ihnen.
Die Körperfresser kommen.
Schriftsteller als Körperfresser, als Geschichtenfresser, als Emotionsfresser, als Allesfresser.
Dietmar Dath hat den Roman als Allesfresserform bezeichnet. Ja, wahrscheinlich ist er das.
Wir sind Schweine, die in einem Schweinehirnstall hausen und auf den Fraß warten, den sie uns vor die Füße kippen und dann fressen wir und grunzen und scheißen später auf ein Papier, in ein Klärbecken mit einem Rechtschreibprogramm, das alle Fehler ausmerzt.
Scheißhausmetaphorik.
Unsinn, alles Unsinn. Konzentrieren, schreiben. An der Geschichte bleiben.

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