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Hundertvierzehn | Extra
Präziose
 
Laura Freudenthaler

Laura Freudenthaler geboren 1984 in Salzburg. Studium der Germanistik, Philosophie und Gender Studies, lebt in Wien.

Jede Erfahrung zeitigt meiner Erfahrung nach zumindest einen merkwürdigen, bedenkenswerten Satz. Oder auch eine Formulierung, einen Wortwechsel, einen Gedanken, eine Begebenheit, worin diese Erfahrung gerinnt. Alles Beachtliche, Wahrgenommene und Übersehene, das Bekannte und das nicht Zuordenbare ist darin auf erstaunliche Weise enthalten – erstaunlich wie Petrefakte sind, zum Beispiel in Harz eingeschlossene Wesen, die man von allen Seiten betrachtet, fasziniert und betroffen davon, dass etwas, was man doch in Händen hält, so unberührbar und unabhängig sein kann. Preziosen, die zu bewahren sind, weil sie alles in sich haben, was man herausfinden kann. Manchmal trägt man eine solche Preziose eine Zeitlang im Hosensack mit sich herum, weil sie einen an etwas erinnert – etwas, das während dieser Zeit im Gewirke der Eindrücke, der Wahrnehmung, des Tuns ein Faden ist, den man immer wieder deutlich ausmacht unter den anderen. Man steckt dann die Hand in die Tasche, nach dem Petrefakt zu tasten, die Finger darum zu legen, denn was man in diesem Moment sieht, hört, spricht, hat mit jenem Einschluss in der Hosentasche zu tun. Man wird vielleicht, früher oder später, das fachliche Instrumentarium zur Anwendung bringen, analysieren und ausgestalten, sich eingehend beschäftigen mit dem Petrefakt: Entstehungsprozess, Lebensbedingungen, Bedeutung, mögliche Hintergründe – Implikationen des in Harz Implizierten. Die rätselhafte Präzision der Preziose erreicht man in sorgfältiger Untersuchung der Chose jedoch nie. Auch aus Greifswald habe ich eine Präziose mitgebracht. Am Abschlussabend saßen wir in einem Gasthaus. Ich sagte: Ich bin hoffnungslos altmodisch. Sharon fragte: Warum hoffnungslos?

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