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Hundertvierzehn | Extra
Uwe Kolbe über John Bergers ›Eine vertikale Reise‹

Kaum war Heft 4/16 erschienen, da schrieb Uwe Kolbe begeistert über John Bergers ›Eine vertikale Reise‹ – ein strophischer Essay über Wiederbegegnungen in der Tiefe, der zum letzten Text werden sollte, der zu Lebzeiten John Bergers auf Deutsch erschien.

 
Uwe Kolbe

Uwe Kolbe, 1957 in Ostberlin geboren, übersiedelte 1988 nach Hamburg und lebt heute in Dresden. Seit 2007 war er mehrfach als »Poet in Residence« in den USA. Für seine Arbeit wurde er u.a. mit dem Stipendium der Villa Massimo, dem Preis der Literaturhäuser, dem Heinrich-Mann-Preis und dem Lyrikpreis Meran ausgezeichnet. Im S. Fischer Verlag erschienen zuletzt: der Roman »Die Lüge« (2014), der Essay »Brecht. Rollenmodell eines Dichters« (2016) sowie die Gedichtbände »Lietzenlieder« (2012), »Gegenreden« (2015) und »Psalmen« (2017).

Von seiner Krankheit wusste ich nichts, ahnte seinen bevorstehenden Tod nicht, der nun, am 2. Januar 2017 den Schriftsteller, Kunstkritiker, Dichter, Maler John Berger uns weggenommen hat. Eine vertikale Reise ist »ein Text, geeignet für die dunkle Zeit der Wintersonnenwende, gute Lektüre auch nach dem Anschlag von Berlin,« schrieb ich am 21. Dezember zwischen dem feigen Attentat und dem gerechten Tod des Täters an Hans Jürgen Balmes. Er hatte das kleine Meisterwerk von 1999 übersetzt und in der aktuellen Ausgabe der Neuen Rundschau platziert. Der Vielschichtigkeit des Texts kann ich hier nichts hinzufügen, mag mir selbst den bleibenden Eindruck nicht nehmen. Ich sehe die Tube-Station, den Bunker, die Masse von Lehm und Gestein darüber, darunter und darin eingebettet die hauchdünnen Schichten der menschlichen Kultur von einigen Jahrzehntausenden.
John Berger, der Augenmensch – es war eine Wiederbegegnung. Die Titel der Bücher, die hier im Regal stehen, zeigen, worum es von Anfang an ging: Das Leben der Bilder oder die Kunst des Sehens; Und unsere Gesichter, mein Herz, vergänglich wie Fotos; Das Sichtbare und das Verborgene. Augenscheinlich las ich zunächst Bergers augenöffnende Beschreibungen von Bildern, seine Betrachtungen über Bild und Sehen. Ich ging seinen Fingerzeigen nach und vollzog seinen Blick nach, den einleuchtenden, unmissverständlichen, tabulosen, immer herzwarmen und herzerwärmenden. Später las ich die belletristische Prosa. Stelle, während ich dies schreibe, fest, dass mein Exemplar von SauErde weg ist. Zuviel von dem saftigen Porträt der bäuerlichen Welt des Savoyen geschwärmt, logisch, dass es weg ist.
John Berger

John Berger, 1926 in London geboren, arbeitete nach dem Kunststudium als Zeichenlehrer und Maler. Er schrieb Filmdrehbücher für Alain Tanner und machte sich vor allem als Kunstkritiker einen Namen. Mit dem Roman ›Auf dem Weg zur Hochzeit‹ und seiner Trilogie über das Leben der Bauern in den französischen Alpen (›SauErde‹, ›Spiel mir ein Lied‹, ›Flieder und Flagge‹) gelang ihm auch in Deutschland der Durchbruch. John Berger starb Anfang 2017 in der Nähe von Paris.

Einmal erlebte ich John Berger in Gespräch und Aktion. 1991 erhielt er den Petrarca-Preis. Verliehen wurde er in jenem Jahr in der Villa der Verlegerin Inge Feltrinelli in Italien. Bergers Freihand-Dankesrede in der verglasten Veranda war eine antikapitalistische Philippika. Der Kontrast zwischen Anlass und Art der Zusammenkunft, Ästhetik des Orts und Stoßrichtung des Denkens hätte nicht größer sein können. Meine lokale Verwirrung geisterte noch zwanzig Jahre später durchs Gedicht: »am Tischlein-deck-dich, / die schönste Anarchistenwitwe der Welt / lauscht andächtig dem schönsten Marxisten.« [Lietzenlieder, S. 13] So war es, vielleicht. Zurück zur Vertikalen Reise. Sie führt durch Geschichte, Gedanke, Welt und bleibt doch am konkreten Ort. Die optische Empfehlung zu dem Text, den John Berger für eine akustische Inszenierung schrieb: Werner Herzogs 3D-Film Die Höhle der vergessenen Träume von 2010, in dem die Pigmente der Meisterwerke von Chauvet wie mit der Hand zu greifen sind.

Hier geht es zu John Bergers Essay ›Eine vertikale Reise‹

Sehen. Das Bild der Welt in der Bilderwelt

Mit seinem legendären Buch ›Sehen. Das Bild der Welt in der Bilderwelt‹ lehrte John Berger uns Anfang der 1970er Jahre, Bilder neu zu sehen. Er analysiert Gemälde nicht isoliert in einer Welt von musealer Ewigkeit, sondern als Gebrauchsmuster der modernen Gesellschaft, die vor allem den weiblichen Körper zur Reklame benutzt.
John Bergers Essays zu Kunst und Fotografie sind aus der Ästhetik des 20. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken. Meisterhaft finden seine Erzählungen und Romane eine sinnliche Antwort auf die Frage, wie wir heute leben.

»Es gibt niemals genug von John Berger!«
Tilda Swinton

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