Wir leben in einem Paradies. Einem Paradies für Leser, Buchliebhaber und Buchkäufer. Es gibt ein dichtes Netz von Buchhandlungen aller Größen und Ausrichtungen, kaum jemand wohnt richtig weit vom nächsten Buchladen entfernt. Diese flächendeckende Versorgung mit Büchern findet man nur im deutschen Sprachraum, sonst nirgends. Dazu kommt eine ausgefeilte Logistik, mit der jedes Buch über Nacht bestellt werden kann. Eine schnellere Belieferung gibt es nur bei den Apotheken.
Der Onlinehändler Amazon, ursprünglich als Buch-Versender gestartet, bedroht dieses Paradies. Die Ironie der Geschichte ist, dass genau jene Buchhandelslogistik Amazon in Deutschland mit groß gemacht hat. Amazon nutzt dieselben Buchgroßhändler wie alle anderen Buchverkäufer auch, jede Buchhandlung ist genauso schnell wie Amazon, nur diese Firma hat es geschafft, den Lieferservice besser zu vermarkten. Amazon ist eine gigantische Marketingmaschine und hat in punkto Kundenservice und Kundenzufriedenheit Maßstäbe gesetzt, an denen sich andere messen lassen müssen.
Aber dabei geht es nicht um Wettbewerb. Den hat es schon immer gegeben. Große Buchhandelsketten haben den kleinen Buchläden das Leben schwer gemacht, Newcomer haben alteingesessene Platzhirsche verdrängt. Wettbewerb ist wichtig, es genügt heute schon lange nicht mehr, sich in seinen Laden zu stellen und auf Kundschaft zu warten. Ich erwarte von einer Buchhandlung neben einem guten Service ein sorgfältig ausgewähltes Sortiment, das Entdeckungen neuer Autoren und neuer Inhalte möglich macht. Dazu gehören Lesungen und andere Veranstaltungen, Informationen per Newsletter und sozialen Medien, Aktionen, Engagement im Stadtteil und vieles mehr, was einen Buchladen heute zu einer Kulturtankstelle macht. Buchhandlungen ohne Service und ohne Engagement werden verschwinden – und das zu recht. So kommt Wettbewerb uns allen zugute.
Doch die Meßlatte des Wettbewerbs hängt an mehreren Punkten schief. Denn was wir mit Amazon erleben, hat mit Wettbewerb nichts zu tun. Amazon kämpft mit unfairen Methoden – vielleicht ist es zu idealistisch, in einem Wettbewerb zwischen Kaufleuten an Fairness zu denken, aber wenn dieser Mangel an Fairplay zu einem Vernichtungsfeldzug gegen eine gesamte Infrastruktur führt, sollte man sich doch ein paar Gedanken darüber machen, finde ich.
So hat Amazon seinen europäischen Hauptfirmensitz in Luxemburg, bezahlt dort seine (niedrigen) Steuern. Damit fließt unser Geld zu großen Teilen aus Deutschland ab. Wenn ich beim Buchhändler um die Ecke dasselbe Produkt zum dank der Buchpreisbindung exakt demselben Preis kaufe, kann ich sicher sein, dass dessen Gewerbesteuer auch für meine Infrastruktur ausgegeben wird. Amazons Steuerpraxis ist leider völlig legal, bedeutet für mich aber, das sich das Unternehmen aus seiner gesellschaftlichen Verantwortung davonstiehlt. Besonders perfide vor dem Hintergrund, dass Amazon etliche Millionen Euro Fördergelder, also Steuergelder, von Bund und Ländern für die Ansiedlung in Deutschland erhalten hat.
Amazon stellt zu Stoßzeiten wie etwa vor Weihnachten tausende Arbeitslose für sechs Wochen ein, bezahlt sie aber nur für vier Wochen. Die übrigen zwei Wochen erhalten sie Geld vom Staat als »Trainingsmaßnahme«. Wir bezahlen also das Steuersparmodell Amazon zusätzlich mit unseren Steuergeldern.
Über die an Ausbeutung grenzenden schlechten Arbeitsbedingungen für Packer und Saisonarbeiter wird regelmäßig ausgiebig berichtet. Auslöser war die ARD-Doku »Moderner Sklavenhandel«, in der aufgedeckt wurde, wie der Online-Versender mit Leiharbeitern umgeht. Interessante Beiträge zum Nachlesen gab auch in der ZEIT oder in der WELT. Ganz aktuell und ziemlich drastisch ist ein Artikel aus Le Monde diplomatique, nach spätestens dessen Lektüre eigentlich niemand mehr bei Amazon einkaufen sollte.
Was ich sagen will: Der US-Konzern Amazon verschafft sich mit diesen Geschäftsgebaren Vorteile gegenüber den anderen, den regionalen Marktteilnehmern. Auf unsere Kosten. Und auf Kosten seiner Mitarbeiter. Oder wie es der Literaturwissenschaftler Roland Reuß treffend formulierte: »Amazon ist kein wirklicher Mitbewerber, sondern die Perversion des Wettbewerbs.« Sehr drastisch, aber äußerst zutreffend ist auch eine Textstelle aus einem Beitrag der Zeitschrift BuchMarkt über das Verhältnis zwischen den Marktteilnehmern: »Amazon ist kein Gegner, der irgendwie noch im gleichen Boot sitzt, sondern ein gnadenloser Feind.«
Dazu kommt, dass Amazon auch die Verlage als Lieferanten mit Rabattforderungen konfrontiert, die weit über dem Marktüblichen liegen. Die Marktmacht Amazons als Verkaufsplattform ist inzwischen so groß, dass sie es sich wirtschaftlich nicht leisten können, nein zu sagen. Und wenn sie sich mit dem Konzern aus Seattle anlegen, bekommen sie seine Marktmacht zu spüren, was dazu führt, dass Bücher mißliebiger Verlage von Amazon mit Verzögerungen ausgeliefert werden. Ein Teufelskreis, der mit jeder Buchhandlung, die aufgrund der unfairen Wettbewerbsbedinungen schließen muss, enger wird. Ein treffendes Zitat beschreibt, was den Online-Versender antreibt: »Denn Amazon geht es nicht mehr nur um die Marktdominanz, sondern um die vollständige Marktkontrolle.« Und so taucht am Horizont ein Monopolist auf, der irgendwann auch uns, den Lesern, seine Bedingungen aufzwingen wird. »Amazons Kuschelkäfig« wurde das sehr treffend genannt. Zwar im Zusammenhang mit dem E-Book-Geschäft, aber der Ausdruck erklärt perfekt die Geschäftspolitik des Versenders. Überhaupt gibt es beim Thema E-Books gleich noch eine Handvoll Gründe mehr, nicht bei Amazon zu kaufen. Aber diese auch aufzulisten (es geht z.B. um Bevormundung und Datenschnüffelei), würde den Rahmen sprengen, zumal sich dieser Blog vor allem mit gedruckten Büchern beschäftigt.
Im übrigen liebe ich Buchhandlungen. Ich liebe den Geruch von bedrucktem Papier, Gleichgesinnte, die wie ich in Büchern blättern, die Buchregale, in denen noch viele Neuentdeckungen warten und die Empfehlungen durch Menschen, nicht durch Algorithmen. Eine Buchhandlung sorgt für Leben in der Stadt und im Stadtteil. Sie ist ein Treffpunkt literarisch interessierter Menschen, bildet aus, unterstützt Vereine und Schulen und ist ein wichtiger Teil des nachbarschafltichen Lebens. Oder anders gesagt: Amazon hängt keine Plakate für das nächste Schulfest an die Eingangstüre.
Und aus all diesen Gründen kaufe ich meine Bücher nicht bei Amazon.
Muss ich ja auch nicht.
Nachtrag. Zehn Monate später.
Einiges ist passiert, seit der obige Text geschrieben wurde. So wie es aussieht, müssen in Europa Großkonzerne ab 2015 ihre Steuern dort entrichten, wo sie auch den dazugehörigen Umsatz gemacht haben. Schön, dass die Politik endlich zu handeln scheint, aber schauen wir einmal, welche Schlupflöcher sich neu auftun werden.
Seit einigen Monaten liegt Amazon im Dauerstreit mit Verlagskonzernen. Es ging ursprünglich um Konditionen, aber nachdem der Onlinehändler seine Muskeln spielen ließ und Bücher der betroffenen Verlage bewusst verzögert auslieferte, um diese so gefügig zu machen, rief dies die Autorenschaft auf den Plan, dann die Politik und momentan steht das ganze System Amazon in der Kritik. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Amazon bei allen oben geschilderten Ungleichheiten eben auch nur ein Marktteilnehmer ist, der zudem vieles richtig gemacht hat und dessen Innovationsfreudigkeit ein wichtiger Motor bei der Ankunft der Medienbranche im 21. Jahrhundert darstellt. Neben vielen hysterischen Beiträgen zu diesem Thema möchte ich daher auf zwei in meinen Augen sehr lesenswerte Texte hinweisen, in denen die Geschehnisse sehr tiefgehend analysiert und Handlungsoptionen für die Zukunft aufgezeigt werden. Einmal den Beitrag »Amazon als Angstbeißer«, den Holger Ehling in seinem Blog veröffentlicht hat und einmal den Artikel »Die Buchkultur und der leere Stuhl« von Rüdiger Wischenbart, der im Buchreport-Blog zu lesen war.
Es bleibt spannend. Aber meine Bücher kaufe ich nach wie vor in einer richtigen Buchhandlung.
Nachtrag im Juni 2016, wieder ein paar Monate später
Der Gemischtwarenladen aus Seattle ist mir nicht sympathischer geworden. Im Gegenteil, es kommen eigentlich ständig mehr Argumente zusammen, dort nicht einzukaufen. Hier zwei Beispiele:
Seit 2015 betreibt Amazon für Produkte aus Deutschland Auslieferungslager in Polen, um Lohnkosten zu sparen und dem ständigen Streit mit der Gewerkschaft ver.di auszuweichen. Das hat zur Folge, dass Bücher von den Verlagen ins polnische Lager geliefert werden müssen und von dort bei einer Kundenbestellung wieder zurück nach Deutschland gebracht werden. Ein Kunde aus z.B. Freiburg erhält dann ein Buch, das bereits 2000 Kilometer zurückgelegt hat. Ein absoluter ökologischer Wahnsinn.
Bei der Zusammenarbeit mit Händlern, die über Amazon Marketplace einen eigenen Shop betreiben, änderte der Konzern heimlich und ohne Zustimmung der Betroffenen die Geschäftsbedingungen, um so an Waren zu kommen, die eigentlich von Seiten der Hersteller nicht für den Verkauf über Amazon gedacht waren. Die Händler werden dadurch zu einem Rechtsbruch gebracht, Amazon profitiert davon. Ein anderes Wort als unseriös fällt einem dazu nicht ein.
Als Buchkäufer kann ich diese Gepflogenheiten ja zum Glück ignorieren: Mit einem Besuch in einer der Buchhandlungen meines Vertrauens.
Nachtrag im September 2017, direkt nach der Bundestagswahl
Der Mittelstand ist das Rückgrat der Gesellschaft. Bricht der Mittelstand weg, fällt unsere Gesellschaft auseinander – und in ländlichen Gegenden ist diese Entwicklung schon weit fortgeschritten. Es sind diese auseinanderbrechenden Strukturen, die damit verbundene Unsicherheit und Zukunftsangst, die den davon betroffenen Menschen das Gefühl vermittelt, zu den Abgehängten zu gehören. Zu denen, für die sich niemand interessiert, um die sich niemand kümmert. Dies ist der Nährboden für die Wut der Frustrierten und die AfD hat es geschafft, mit Ressentiments und Hetze diese Wut zu kanalisieren und zu instrumentalisieren. Was das alles mit Amazon zu tun hat? Eine ganze Menge, zum Weiterlesen bitte hier entlang.
Nachtrag im Dezember 2018
Ein Beitrag auf Spiegel online dokumentiert beeindruckend, wie zahlreiche chinesische Online-Händler Amazon als Plattform nutzen, um Produkte in zu verkaufen, die gegen europäische Vorschriften verstoßen. Dieser unlautere Wettbewerb schadet den hiesigen Anbietern immens. Und Amazon? Schaut zu. Der Titel des Beitrags: »Amazon sieht zu, wie China den deutschen Online-Handel ruiniert«. Etwas reißerisch, aber leider sehr zutreffend.
Nachtrag 2019 – Amazon als Handelsplattform für Nazi-Propaganda
Dem Gemischtwarenhändler aus Seattle ist es egal, womit er sein Geld verdient. Das kann auch sehr widerliche Züge annehmen, etwa, wenn über Dritthändler dort Nazi-Devotionalien, Propagandakrams durchgeknallter »Reichsbürger« und anderer rassistischer und antisemitischer Müll angeboten wird. Der Tagesspiegel hat darüber im Mai 2019 ausführlich berichtet. Das Amazon-Management scheint dies kalt gelassen zu haben, zumindest ließ die Reaktion sehr zu wünschen übrig, wie im Merkur nachzulesen war. Unfassbar eigentlich, aber warum wundert das einen nicht?
Die gute Nachricht: Bei den Buchhändlern meines Vertrauens wird dieser rechtsradikale Dreck nicht verkauft.
Nachtrag 2020 – Alexa, die Datenkrake
Das Thema Alexa ist eines für sich – ich wundere mich immer über die Naivität von Menschen, die sich freiwillig ein Auspioniergerät in die Wohnung stellen und das für Fortschritt halten. Im Blog der Bürgerrechtlerin und Publizistin Katharina Nocun gibt es einen Beitrag über eine BBC-Studie, die sich ausführlich mit Amazons Datensammelwut beschäftigt, die seit der Markteinführung von Alexa noch einmal ganz neue Dimensionen angenommen hat. Ein Zitat aus dem Beitrag: »Selbst Amazon-Mitarbeiter sind zunehmend besorgt, weil das Unternehmen massiv in Technologien investiert, die perfekt zu einem Überwachungsstaat passen. (…) Die Autorin Shoshana Zuboff sagt, die zunehmende Nutzung von Alexa und ähnlichen Diensten, markiere einen Paradigmenwechsel. Wenn Familien eine Alexa im Wohnzimmer, Kinderzimmer und Schlafzimmer aufstellen, werden extrem aufschlussreiche Daten über die Psyche der Bewohner erfasst. (…) Was macht es mit einer Gesellschaft, wenn ein Konzern wie Amazon bei Millionen von Familien das Privatleben derart durchleuchten kann? Shoshana Zuboff sagt, dass wir derzeit Systeme aufbauen, die in fundamentalem Widerspruch zu einer freien und demokratischen Gesellschaft stehen.« Besser kann man die derzeitige Entwicklung, in der Menschen ihre Freiheit gegen Bequemlichkeit eintauschen, nicht auf den Punkt bringen.
Wie wäre es mit dem Befehl: »Alexa, lösche mein Amazon-Konto!« Was dann wohl geschieht?
Übrigens: Die Autorin Thekla Kraußeneck hat auf ihrer Webseite eine beachtliche Anzahl unabhängiger Buchhandlungen zusammengestellt, die auch bundesweit liefern. Eine gute Liste für alle, die keine Buchhandlung um die Ecke haben, aber trotzdem nicht den Gemischtwarenhändler aus Seattle unterstützen möchten.
#SupportYourLocalBookstore
Danke für diesen tollen Text inkl. Nachträgen. Ich habe durchaus ein Amazon-Konto, doch mit den Jahren kaufe ich immer seltner dort ein. Bücher allerdings schon seit mehreren Jahren nicht mehr.
Ich habe den Text meiner 16-jährigen Tochter vorgelesen und wir hatten ein schönes Gespräch über die Situation…schonmal die Saat sähen, die hoffentlich irgendwann aufgehen wird. :-)
Das freut mich sehr. Klar ist A sehr bequem und komfortabel, aber sobald man sich nur ein paar Gedanken über Nachhaltigkeit und dem Leben vor Ort macht, kann man da eigentlich nicht mehr mit gutem Gewissen bestellen.
Warum ich nicht mehr bei meinem Buchhändler kaufe?
Weil ich nicht mehr so behandelt werden möchte, als müsste ich bei ihm kaufen. Diese hochnäsige Haltung „alle, die nicht bei mir kaufen, sind Umweltsünder“ und “ ich verbessere an meinem Service gar nichts“ oder „bei mir ist alles so, wie es schon immer war“ sind mir schon lange auf die Nerven gegangen. Aber als ich bei den letzten beiden Malen dort war, um Bücher zu bestellen, hat es mir einfach gereicht. Es wird nicht mehr vernünftig gegrüßt, überhaupt ist die Atmosphäre geschwängert von diesem „Wir“-Gefühl, so als sei man in einer Parteizentrale der Gutmenschen. Kann sein, dass die Bücher, die ich bestellt habe, nicht ins politische Konzept der Inhaber passen (katholische Religion und Zen-Buddhismus). Ich finde jedenfalls, wenn der persönliche, menschliche Umgangston geprägt ist von einem „wird ja Zeit, dass Du mal wieder etwas bei mir kaufst“ anstatt von einem „schön, dass Sie mal wieder da sind“ ist mir Amazon einfach lieber. Die liefern zwar immer vor dem zugesagten Liefertermin, aber daran kann man sich gewöhnen, finde ich.
Verstehen kann ich gut, wenn man nicht dort einkauft, wo man sich nicht wohlfühlt. Ich werde es aber nie verstehen, dass man dann ausgerechnet bei einer Firma bestellt, die ein Symbol für all das ist, was in unserer Welt und in unserer Gesellschaft falsch läuft. Von Steuertricksereien über Arbeitsbedingungen und Infrastrukturzerstörung bis hin zum ökologischen Fußabdruck und gesellschaftlicher Erosion. Dabei gibt es genügend Möglichkeiten, auch online eine bessere Wahl zu treffen, hier gibt es etwa eine Liste von Buchhandlungen, die bundesweit liefern: https://wintermohn.de/2020/01/11/unabhaengige-buchhandlungen-mit-online-shops/ Und da sind die großen Filialisten wie Mayersche, Hugendubel oder Osiander noch nicht einmal dabei.
Sehr geehrter Herr Kalkowski,
Ihr Beitrag zu Amazon spricht mir aus der Seele; auch ich würde niemals Bücher dort kaufen und auch andere Dinge nur dann, wenn sie in meiner Stadt und der näheren Umgebung nicht verfügbar sind. Des Weiteren teilen wir offenbar eine Gewohnheit. Auch ich sitze gerne in Kaffeehäusern und lese. Schade, dass wir nicht in derselben Stadt leben, ich denke, wir könnten gut Freunde werden.
Herzliche Grüße
Anna Mölkner
Zufällig stoße ich auf diese Seite, dann den Artikel – schaffe gar nicht, ihn zu lesen…
aber bei der Frage „Wo ich Bücher kaufe. Und wo nicht“ gibt’s für mich zwei Antworten: bei „meinem“ Buchladen, und wenn’s denn im www sein muss: bei
buch7.de, dem Buchladen mit der sozialen Seite !
Bücher sind mein Leben. Ich kaufe und lese mindestens ein Buch pro Woche, kenne jeden Buchladen im Umkreis von etwa 100 km. Ich bin enttäuscht von den Buchläden und Verlagen. Alle Buchläden haben die gleichen Buchtitgerade aktuell sind, es gibt nur wenig Variationen. Beispiel: Ich interessiere mich zur Zeit für Quantenphysik, insbesondere für Quantenbiologie. Unter Quantenphysik findet man überall Lesch und Hawking. Unter Quantenbiologie ausser ‚Der Quantenbeat des Lebens‘ nichts und das Buch nur ganz selten und nur zufällig, dabei wird in diesem Bereich zurzeit sehr viel geforscht überall China, USA, Deutschland in Ulm (siehe Google Quantenbiologie Ulm). Ich selbst halte darüber Vorträge (siehe Google Helmut Berning Quanten) . Ich beziehe mein Wissen aus der englischsprachigen Literatur. Verschlafen Wir hier diese interessantesten Themen?
Jep! Wie schön, noch „so jemand“! :)
Auch ich sah Amazon bisher kritisch. Bis ich selbst ein Buch geschrieben und bei neobooks veröffentlicht habe. Eine Plattform verschiedener großer Verlage. Als Freunde und Follower meines Blogs von mir mein Buch in Buchläden bestellen wollten, weil sie auch nicht bei Amazon kaufen, hieß es “ Bestellen wir nicht.“ Die gleichen Buchhändler, die sich beklagen, dass Kunden bei Amazon bestellen, sind sich zu fein, ein Buch zu VERKAUFEN, dass nicht bei einem großen Verlag erschienen ist. Und machen wir uns nichts vor: In den meisten Buchhandlungen gibt es hauptsächlich Übersetzungen, die im Herkunftsland schon erfolgreich waren und Bücher von Promis („Moppel-Ich und Co“). Also verkaufe ich mein Buch über Amazon. Ich habe gar keine andere Möglichkeit ohne großen Verlag. Auch wenn es mir nicht gefällt, wie Amazon seine Mitarbeiter behandelt.
Ja, heute kann jeder sein Buch veröffentlichen und Amazon ist sicherlich da für viele eine gute Möglichkeit, sich den eigenen Traum vom Schreiben zu erfüllen. Warum auch nicht? Allerdings ist es schlicht und ergreifend nicht wahr, dass in Buchhandlungen immer die gleichen Werke von den gleichen Autoren zu finden sind – zumindest nicht in den Buchhandlungen meines Vertrauens. Natürlich gibt es die großen Namen – letztendlich muss ja auch der Umsatz stimmen. Aber es lassen sich ständig neue Entdeckungen in den Verlagsprogrammen machen, besonders in den eher kleineren Häusern. Und dafür braucht es zum Glück kein Amazon. Sondern eine gut sortierte Buchhandlung.
Nicht alle Buchhandlungen sind sich“zu fein“, Bücher von kleinen, nicht so bekannten Verlagen zu bestellen. Besonders die kleinen inhabergeführten tun dies gerne für ihre Kunden.
Ja natürlich nicht alle. Das würde doch auch gar nicht behauptet.
Das deckt sich voll mit meinen Erfahrungen. Außerdem ist die Marge für Selbstpublisher bei Amazon so gut, wie bei keinem anderen Anbieter.
Nicht nur die Autorenmarge: Als Neuling bei der Veröffentlichung war es mir auch wichtig, dass das Buch günstig ist. Mir ging es nicht um die Marge, sondern um Reduzierung des Kaufpreises – und der kann bei Amazon zwei Euro günstiger sein.
Bücher, die nicht in einem Verlag erscheinen und die ich nicht in den Buchhandlungen meines Vertrauens erwerben kann, finden bei mir in der Regel keine Berücksichtigung. Möglicherweise verpasse ich dabei den ein oder anderen lesenswerten Text, doch diese beiden Qualitätskriterien sind mir bei meiner Buchauswahl wichtig. Und auch so gibt es viel mehr Literatur als ich in einem Leserleben schaffen kann.
Und genau da liegt dann wieder unter Umständen genau das Problem für den Buchhändler vor Ort. Ist das Buch zu günstig und muss beim Verlag mit zusätzlichen Portokosten bestellt werden, hat der Vorgang Kosten, die den Ladenpreis des Buches übersteigen. Anders gesagt Verlustgeschäft. Eventuell liefert der Verlag auch nicht in der erwarteten Zeit des Kunden, dann bleibt der Händler ganz auf dem Exoten sitzen. Oder bestimmte Titel sind exklusiv nur bei Amazon erhältlich, also auch in Papierform. Da kann der Kunde nur selbst bestellen, wenn man als Händler nicht draufzahlen möchte. Habe ich in 20 Jahren Buchhandel alles ab und an erlebt, aus Kulanz, würde leider oft genug nicht gewürdigt.
Hey,
Ich komme selbst aus einer Buchhändlerfamilie und finde deine Artikel ganz toll. Leider sehen das viele Leute einfach nicht und denken nur an sich selbst. Dabei kosten Bücher ja doch überall gleich viel und jede gute Buchhandlung kann in Sachen Service mehr als nur mithalten.
Finde es toll, dass du darauf aufmerksam machst!
Schöne Grüße,
Sarah
Agree totally – except for English books. Only on Amazon can I find deep discounts . The same titles are NOT available in local bookstores. Sorry, but that’s the way it is.
Dear Burfree DeGriet,
it is simply not true that English titles are not available in local book stores. 30% of my literature is in English and my local store (in a small village) was always able to order and deliver them. Often enough they are even faster that Internet delivery.
Plus I get a cup of tea and a nice chat – just try it !
Ist zwar schon ein älterer Beitrag, aber vielleicht noch ein Hinweis bezüglich EBooks. Ich habe mir keinen Kindle gekauft, weil ich Amazon nicht unterstützen will. Auf der Internetseite meiner lokalen Buchhandlung kann ich EBooks bestellen und mein Buchhändler erhält dafür eine Provision.
Also auch als Ebook-Leser kann man den Buchhandel unterstützen.
https://indieautor.com/
Ich schicke dir diesen Link, weil Anton Goldberg, alias Indieautor, dieses Thema aktuell beackert hat. Ich kaufe auch nicht bei Amazon, habe nicht einmal ein Passwort.
Andererseits muss ich zugeben, dass ich meine Bücher nicht aus dem Sortiment von Amazon aussperren möchte.
Lieber Uwe,
danke für deinen Artikel, der mir nochmal deutlich macht, wie komplex dieses Thema ist und wie viel Verantwortung wir sehr wohl in den eigenen Händen haben, wenn es darum geht, gerecht einzukaufen. Ich habe aus völliger Naivität immer in meinem Blog mit Amazon verlinkt, nichts dafür bekommen oder so, weil ich das gar nicht wusste, dass man dafür Geld bekommt. Jetzt mache ich es mit Thalia oder dem Verlag direkt. Ich habe gehört, dass ein Lager bei mir in der Nähe gebaut werden soll, in Essen. Darüber freuen sich natürlich dort viele… bin mal gespannt…
Liebe Beatrix,
vielen Dank für das Feedback, das mich sehr freut. Ja, natürlich ist es bequem, bei Amazon einzukaufen und natürlich ist der Service nahezu perfekt. Aber trotzdem finde ich es wichtig, bei seinem Einkaufsverhalten nicht das große Ganze und die gesellschaftlichen Zusammenhänge aus den Augen zu verlieren. Und beides spricht dann eben ganz klar gegen Amazon.
Vielen Dank für die hilfreichen Infos! Arbeiter Thalia nicht mit denselben Methoden wie Amazon? Ich kaufe meine Bücher vorwiegend bei unabhängigen Buchhändlern.
… Arbeitet Thalia….
Ich habe meinen Account schon seit einigen Jahren gelöscht. Es gibt wahrlich nichts, aber überhaupt nichts was ich nicht woanders bzw.. im Einzelhandel erwerben kann. Wer mal genauer nachdenkt wird zum selben Ergebnis kommen .
Und mir in der Nähe gibt es ein A…..auslieferungslager was mit schönster Regelmäßigkeit bestreikt wird.
Wie wohltuend auch in den hiesigen Gazetten spätestens dann die kritischen Töne zu diesem Verteilerkonzern zu lesen :-)
Um den „Infrastrukturzerstörer Amazon“ zu vermeiden:
Kennen Sie booklooker? Ein guter Geschäftsfreund hat mich darauf hingewiesen und seitdem erstehe ich dort papierne Schätze und verkaufe auch bereits Gelesenes.
Also, wenn Sie mögen:
https://www.booklooker.de/pages/home.php
Sonnige Grüße aus Potsdam
Es gibt diverse online-Alternativen zur Konzernkrake mit A , die unter nachfolgendem Link abrufbar sind :
http://www.utopia.de/magazin/alternativen-zu-amazon
Bedenke wohl, wessen MARKTMACHT Du mit Deinem Gelde fütterst!
Bibliophile Grüße
Ulrike von Leselebenszeichen
Ihre Argumente unterschreibe ich generell. Aber….Wo sonst bekomme ich Hurakamis 1Q84 als Hörbuch im download für 2 x 4,95 Eur als bei Audible das zum Amazon-Konzern gehört? Es gibt andere Beispiele der gleichen Art. Als Vielhörer versuche immer meine Hörbücher bei anderen Anbietern zu kaufen, was mir zum einen nicht immer gelingt wegen Exclusivität oder wegen schlagender Preisargumente. Grüsse aus Barcelona.
Walter Kraus
Habe im Urlaub von buchhandel.de gelesen und das auch gleich ausprobiert. Bücher hole ich nach dem Urlaub im Buchladen auf der Sülzburgstr. ab und bezahle dort.
Finde ich ein gutes Angebot, auch wenn die Website sicher noch besser werden kann.
Leider werden über Buchhandel.de keine Bestellungen mehr aus dem VLB an die lokale Buchhandlung weiter geleitet. Finde ich schade bzw. eine deutliche Serviceverschlechterung.
wie wahr, wie wahr. Leider kann man in diesem Text Amazon auch durch andere Firmen ersetzen, die den Rahm abschöpfen, die vorhandene Infrastruktur nutzen, sich aber die Steuern kleinrechnen; Jobs ins Ausland verlagern oder gutbezahlte Arbeitsplätze durch Teilzeitjobs oder Leiharbeit ersetzen: Apple, Google, Fratzenbuch, Nestle, u.v.a. fallen mir da ein.
Versuche die alle, so gut wie möglich, zu vermeiden.
Vielen Dank für den Artikel und den freundlichen Link zu lbrl.de. Das hat mich veranlasst auch zu dieser Seite zu verlinken. Dass Amazon ein NoGo ist soll sich ruhig rumsprechen.
Hallo,
ich bin zufällig auf euch gestoßen und habe eine Frage.
Ich belese mich immer bei Amazon über die Bücher die mir gefallen.
Leider kommt es immer häufiger vor, das mein Buchladen die Bücher die ich mir rauspikke nicht mehr bestellen kann.
Weiß jemand womit das zu tun hat?? gibt es jetzt wirklich bücher, die nur noch über amazon zu beziehen sind??
im speziellen handelt es sich um alles von Melisa Schwermer und Mark Franley,
das sind die aktuell angefragten Bücher im Buchladen, und auch mit Angabe der ISBN Nummer findet mein Buchhändler nichts :(
Weiß jemand woran das liegt????
Vielen Dank
Nun, hier scheint es sich um Selfpublisher-Titel zu handeln, die man meistens nicht in einer Buchhandlung findet. Es gibt auf beiden Seiten noch eine Menge Berührungsängste zwischen dem Buchhandel und den Selbstverlegern – allerdings ist es auch für engagierte Buchhändler nicht gerade einfach, aus dem riesigen Wust an selbstverlegten Büchern die wenigen Perlen herauszufiltern: http://wiewerdenwirlesen.de/selfpublishing-ein-persoenlicher-rueckblick-auf-die-zukunft/
Als kleinen Akt des Widerstands habe ich mir inzwischen angewöhnt, mich bei Bedarf bei Amazon über ein Buch zu infomieren – um es dann im Buchhandel um die Ecke zu kaufen :-)
So mache ich das auch! Ziehe die Buchtitel per Kopie in eine Email an meinen Buchhändler um die ecke und 1 tag später kann ich sie dort Abholen!
Es ist erfreulich, lesende Zeitgenossen zu treffen, die nicht nur ein Herz für Bücher haben, sondern auch ein Herz für BUCHHÄNDLER. Ich persönlich kaufe NIE bei der Konzernkrake mit A, und ich ignoriere auch so konsequent wie möglich Bücher-Blogs die auf Amazon verlinken.
Auf Wiederlesen!
Ulrike von Leselebenszeichen
Ich kaufe sowohl im Laden wie auch bei Amazon. Ich habe vor Jahren mal in einem Buchhandel gearbeitet und der Stundenlohn von 7,50€ brutto und Lohnstreichungen machten mich damals zum Aufstocker. (natürlich nenne ich keine namen) Das lasse ich mal so stehen. Viel schlimmer für den Kunden war es, das wir mit Amazon nicht mithalten konnten und bestellte Bücher sich bis zu einer Woche Lieferzeit hinzogen. Als Verkäufer kamen wir deswegen regelmässig ins schwitzen. Eine schnelle Lieferung dagegen liess uns Verkäufer dagegen fast ein Fest feiern vor Erleichterung. Das alles bekam der Kunde nicht mit, entweder er sah eine schnelle Lieferzeit als Selbstverständlichkeit oder er rief jeden Tag an wo seine Lieferung bleibt bis er frustriert aufgab oder sich dem Schicksal fügte. In sofern versand ich auch die Sicht des Kunden, dann doch lieber den „bequemeren“ Weg zu gehen. Einen Online Shop hatte das Geschäft wo ich arbeitete im übrigen nicht. Zu Amazon selbst: Es Ist absolut diskussionswürdig und fragwürdig sich diesem Mechanismus hinzugeben, doch sieht es auch ausserhalb oft nicht besser aus.
Hallo Sarah, vielen Dank für Deinen Kommentar. Solche Buchhandlungen wie die von Dir beschriebene wird es nicht mehr lange geben, und das zu Recht. Denn man kann gegen Amazon sagen, was man will, in puncto Kundenservice hat diese Firma Maßstäbe gesetzt. Ein engagierter Buchhändler kann da allerdings gut mithalten, siehe Buchhandlung Buchhandlung Klaus Bittner in Köln, Buchhandlung Dombrowsky in Regensburg, Buchhandlung Lehmkuhl in München, Hartliebs Bücher in Wien und wie die Leuchttürme des Buchhandels so alle heißen. Aber man muss eben auch etwas dafür tun und ein Online-Shop gehört natürlich dazu. Wenn ein Buch allerdings einmal kurzfristig nicht lieferbar ist, dann dauert es überall länger – auch beim großen A. Allerdings ist das ja eigentlich eher die Ausnahme.
Hallo Sarah,
mit welchem Barsortiment hat denn die Buchhandlung bei der du gearbeitet hat zusammen gearbeitet? Die Buchhandlung in der ich selbst arbeite, bezieht Bücher von zwei Barsortimenten (was fast alle KollegInnen ebenso machen), dadurch sind Bücher i. D. R zum nächsten Tag da. Es gibt Ausnahmen, aber das ist eben die Ausnahme. Da die Barsortimenten ca. 98% der alltäglichen Kundenwünsche abdecken. Okay wenn ein Nobelpreis vergeben wird, dann kann es mal länger dauern… So weit ich weiß arbeiten alle BuchhändlerInnen mit Barsortimenten… In sofern finde ich interessant, was bei euch anderes gelaufen ist. LG Pia
Da ich durch Twitter heute auf den Beitrag aufmerksam wurde, nahm ich an, dass die Diskussion neu belebt werden soll. Wobei ich aus dem Beitrag und den meisten Kommentaren dann nicht erlesen konnte, dass jemand sich eine Meinung bilden will, sondern jeder schon ein gefestigte hat und man sie bestätigt bekommen möchte. Es wäre somit ein unbefriedigendes Unterfangen, auf die konkreten und sicher nicht unberechtigten Bedenken gegenüber amazon mit entkräftenden Einwänden zu reagieren.
Deshalb versuche ich es eher mit einer Betrachtung, die zunächst gerne einmal die Form vom Inhalt trennt. Denn was uns – die wir solche Blogs lesen oder gar selbst schreiben – verbindet, ist doch der Inhalt, sprich die Literatur, deren Vielfalt und Bedeutung wir nicht nur erhalten, sondern gerne auch erhöhen möchten. (Schon hier wird es einige geben, die mein Ansinnen beargwöhnen, da sie zum bildungsbürgerlichen Snobismus neigen.) Doch mehrheitlich gibt sich der Literaturfreund immer gerne liberal und wünscht sich ein literarisch begeistertes Volk.
Und hier beginnt für mich die Crux: endlich steht eine mediale Technik zur Verfügung, die es ermöglicht, allen einen günstigen, ja fast kostenfreien Zugang zur Literatur zu verschaffen und die ehemaligen Missionare der Literatur verteufeln es. Vordergründig wird die Allmacht eines quasi monopolistischen Unternehmens benannt, doch die ist zeitlich ebenso begrenzt, wie das Monopol des Radios, des TVs oder des Smartphones. Wo lukrative Märkte erwachsen, wächst auch die Konkurrenz. Einzig der Staat hat hier oftmals Hürden aufgebaut (Strom, Telekommunikation, Post, Transport etc.). Alle anderen Industrien haben sich irgendwann von selbst wieder Vielfalt verschafft. Was heute amazon, war vor gut 10 Jahren Nokia, AOL, Yahoo. Morgen wird es wohl viele zalandos & Co. geben.
Es ist meines Erachtens nicht amazon, was wir fürchten müssen, sondern weit mehr die Einheitskultur, die sich seit gut sechzig Jahren unaufhaltsam globalisiert. Wer sich die Entwicklung des Büchermarktes anschaut, wird sich weit mehr eingestehen müssen, dass – ähnlich wie in der Musik – kaum noch nennenswerte, epochemachende Literatur geschaffen wird. Letztlich – um es zuzuspitzen – agieren in der Musik und in der Literatur heute fast nur noch Epigonen.
Wenn ich meinem sechsjährigen Sohn einen literarischen und musikalischen Kanon zusammenstellen sollte, wären wohl 80% der ca. 2.000 Bücher und 1.000 Musikstücke heute frei von Urheberrechten und ich könnte sie alle zusammen auf ein handliches Gerät packen, dass ihm zudem noch unendliche Zugänge zu Informationen in der Welt zur Verfügung stellt. Das ist so beeindruckend und herrlich, dass wir alle in Begeisterungsstürme ausbrechen müssten. Das ist wahr gewordener Science Fiction der 80er Jahre, den unsere Generation noch lustvoll im öffentlich rechtlichen Samstagabend Programm angeschaut hat. Und jetzt sitzt diese Generation in ihrem behaglichen Literaturrefugium und betrauert, dass die Träume unsere Kindheit so schnell wahr geworden sind.
Sicher, ganz so herrlich einfach funktioniert es nicht – zumindest was die Begeisterung unserer Kinder betrifft. Für diese Kinder wird Literatur allmählich zu einem wenig wertgeschätzten Gebrauchsgegenstand – Neudeutsch „Commodity“. Das führt dazu, dass man diesem Gebrauchsgegenstand immer weniger Konzentration widmet. Und das führt dann zu dem Teufelskreis, den wir heute schon deutlich erkennen: mehr und mehr flache Literatur für immer mehr flach denkende Leser. Nicht von ungefähr ist ja „Flat“ überall im Trend.
Entschuldigung, dass es so lang geworden ist. Nur noch einen Satz: Ich wünsche mir also weniger ein altbackend wirkende Diskussion um die Form (Buch, eBook etc.) und Geschäfts- bzw. Vertriebsmodelle als eine Generationen übergreifenden Diskurs darüber, wie wir wieder mehr Tiefe in Kultur, Kunst, Musik und Literatur bekommen.
Es gibt sicherlich unzählige Bücher, die besser nicht veröffentlich worden wären. Aber gleichzeitig erscheinen auch jedes Jahr viele, viele Bücher, die sich zu lesen lohnen – von einer Verflachung kann meiner Meinung nach keine Rede sein. Schwierig ist dabei nur, die Spreu vom Weizen zu trennen – und genau dafür benötigen wir den Buchhandel. Zumindest diejenige der Buchhändler, die Ihre Aufgabe verstehen und das sind eine Menge. Hier in Köln gibt es etliche engagierte Buchhandlungen, und es ist eine Freude, dort auf Entdeckungsreisen zu gehen. Natürlich kann ich rechtefreie Weltliteratur günstig oder umsonst auf dem Tablet lesen. Mache ich aber nicht, weil mir dabei das Lesevergnügen fehlt, denn das habe ich nur, wenn ich ein Buch in der Hand halte. Ein schön gemachtes Buch, das es eben nicht kostenlos gibt.
Danke, das ist schön.
Mich übelt es doch beträchtlich an, wenn sich die Argumente pro Konzern/contra traditionelle Geschäfte auf „Wettbewerbsfähigkeit“ beschränken und auf „der Markt ändert sich halt“ und „die sind doch selbst schuld“. Mag sein, ich bin da sentimental; aber ich möchte gern wissen, soweit das möglich ist, wem ich beim Kauf mein Geld in den Rachen werfe. Ob derjenige einen Euro teurer ist als der Großversender, ist mir dabei erst mal egal; mein Leben ist mehr als eine Schnäppchenjagd. Und nein, ich möchte nicht in einer Stadt voller Telefon- und Ramschläden leben.
Genau so ist es: Jeden Euro kann ich nur einmal ausgeben. Dann soll ihn auch der bekommen, der etwas für meine Stadt tut, in der ich lebe. Und sei es „nur“, dass er für Leben darin sorgt…
Weil ich da gerade drüber gestolpert bin: Amazon verstößt gegen Buchpreisbindung http://www.boersenblatt.net/676330/
Das habe ich auch gelesen. Ein Satz darin bringt eigentlich alles auf den Punkt: „Amazon ermöglicht alles, ohne Rücksicht auf Gesetze – das scheint die Devise des Versandhändlers zu sein.“
Manche Argumente finde ich immer wieder fragwürdig. Beispiel Tariflöhne: Hier wird der Einzelhandelstarif angesetzt, Amazon ist aber, auch im Verständnis des stationären Buchhandels, ein Logistikunternehmen und zahlt Löhne, die nicht unter den tariflichen Vereinbarungen der Logistikbranche liegen. Nebenbei: Mehr als die Hälfte der Einzelhandelsunternehmen hat sich nicht dem Tarifvertrag angeschlossen, darunter dürften auch etliche stationäre Buchhändler sein, was aber natürlich nicht erwähnt wird. Ob die Arbeitsverhältnisse bei den Zwischenbuchhändlern sich so grundsätzlich von denen bei Amazon unterscheiden, wage ich mal zu bezweifeln, dass diese aber ebenfalls zahlreiche Saisonkräfte befristet beschäftigen, ist unstrittig. Was die Erwähnung von tödlichen Unfällen auf dem Weg zur Arbeit im „Le monde diplomatique“-Artikel mit sachlicher Kritik zu tun hat, nun ja … Bei der Erwähnung der Subventionen für die Ansiedlung wird auch nie erwähnt, dass sowas zum einen übliche Praxis ist, zum anderen natürlich trotzdem Geld für die Kommunen bringt. Die Angestellten zahlen nämlich Steuern. Ich wünsche mir in dieser ganzen Diskussion mehr Sachlichkeit, da ist viel zu viel Polemik dabei, Amazon wird zurzeit zum Synonym für fiesesten Raubtierkapitalismus gemacht und daran zweifele ich. Kritikpunkte gibt es genug, dass Amazon Steuern in Luxemburg zahlt, zum Beispiel. Dies könnte auf europäischer Ebene gelöst werden, dazu ist aber offenbar nicht der Wille vorhanden. Hinzu kommt: Es wird immer gern die gut sortierte Buchhandlung ins Spiel gebracht, mit dem Buchhändler des Vertrauens. Gibt es, keine Frage. Aber gibt es nicht überall. Beispiel Dessau, Sachsen-Anhalt, knapp 90.000 Einwohner. Stationärer Buchhandel heißt dort: Thalia. Sonst nix. Bücher aus vielen kleinen Verlagen findest du dort nicht. Nichts von Matthes & Seitz, nichts von Weidle, nichts von … Hat Thalia prinzipiell nicht im Programm. Warum sollte man einen M&S-Titel dort bestellen? Fällt mir kein Argument ein. Bei Amazon sind die Titel vorrätig. Und nun?
Alles richtig. Und natürlich ist mein Beitrag rein subjektiv und vielleicht auch ein bisschen polemisch. Wenn es um Herzensangelegenheiten geht, ist das eben so. Um gleich die letzte Frage zu beantworten: Die Titel sind nicht nur bei Amazon vorrätig, sondern auch bei kohlibri.de, bei buchkatalog.de, bei buch.de, bei ocelot.de, bei osiander.de usw. Und diese Firmen bezahlen ihre Steuern in unserem Land. Mir geht es um das ganze System Amazon, das mir einfach nicht passt. Jeder kann einkaufen, wo er möchte. Aber gerade bei Büchern gibt es für mich eben kaum einen richtigen Grund, dies ausgerechnet bei einem US-Konzern zu machen, der sich gerne über alle Regeln hinwegsetzt.
Mein Kommentar bezog sich nicht ausschließlich auf deinen Beitrag, es fällt mir eben auf, dass in dieser ganzen medialen Amazon-Kritisiererei oftmals unsachlich und unredlich diskutiert wird. Es gibt gute Gründe, Bücher nicht bei Amazon zu kaufen, tue ich auch nicht – DVDs, Technikkrams und englische Comics allerdings sehr wohl. Mir scheint aber, dass da noch ein Nicht-akzeptieren-Wollen der Tatsache mitspielt, dass sich der gesamte Einzelhandel durch Onlineshopping gravierend verändert hat und sich noch weiter verändern wird. Der Buchhandel mag da ein Bereich sein, der besonders emotional betrachtet wird, das Verschwinden von Technikfachgeschäften zum Beispiel wurde weit weniger beklagt. Die Art, wie wir einkaufen, ändert sich nun aber, und dies lässt sich auch nicht aufhalten. Der Buchhandel hat gegenüber anderen Bereichen einen entscheidenden Vorteil: die Buchpreisbindung. Und wenn er diesen Vorteil nicht nutzen kann, dann ist das seine Schuld, nicht die von Amazon. So wie wie vor Jahren viele kleine Buchhandlungen durch das Ausbreiten der großen Ketten schließen mussten, so erwischt es jetzt eben die Ketten. Ich bin da relativ emotionslos, ob Hugendubel hier in Hannover schließt oder nicht, hat weit weniger Einfluss auf mein persönliches Wohlbefinden als es das Schließen meiner Lieblingslokale es hätte. Buchhandlungen, die ihren Kunden etwas zu bieten haben, werden auch weiterhin bestehen, da bin ich ziemlich sicher. Und um alle anderen ist es nicht schade. Und was andere Onlinebuchhändler angeht: Man hat diesen Zug abfahren lassen, jetzt ist er weg, Amazon ist da und mehr als ein paar Krümel sind hier nicht mehr zu holen. Letztlich aber auch: selbst schuld, da hätte man sich eben früher bewegen müssen.
Ja, man wird sehen, wie es in ein paar Jahren aussieht. Ich glaube, dass der „Mein-Klick-bleibt-in-der-Stadt“-Gedanke stark zunehmen wird und sich regionaler Einzelhandel und Onlinegeschäft viel stärker verzahnen werden. Eine Sensibilisierung der Verbraucher beginnt gerade. Ob sie die kritische Masse erreicht, wird spannend. Und vielleicht muss Amazon ja auch irgendwann mal Gewinn erwirtschaften…
Vielen herzlichen Dank für diesen fundierten Beitrag, weswegen man eben nicht zu Amazon gehen soll.
Mein damaliger Blogbeitrag zielte weniger auf die Steuertricks, sondern auch auf den Einzelhandel generell ab, da ja bei Amazon längst nicht nur mehr Bücher gehandelt werden.
http://wieneralltag.blogspot.co.at/2013/02/qualitat-statt-konsumdruck-lehren-aus.html
Mit freundlichen Grüßen