Autor: Marc Mrosk

Der Anruf

„Also heute früh war ich bei Netto um kurz nach sieben zusammen mit den ganzen Alkis die sich ihren Tagesvorrat holen damit sie später wenn sich schon alles dreht nicht mehr auf die Straße müssen und da kommt so’n Säufer vorm Supermarkt auf mich zu und fragt mich ob ich seine Frau umbringen will und ich denk natürlich der macht Witze und …“

In bester Gesellschaft

Was ich nun noch beim Grab der Beiden wollte, konnte ich nicht genau sagen. Zuletzt hatte ich Sascha und Mirko unter der Eiche beim Sportplatz sitzen sehen …

Die Zeit ist reif

Als ich vor meiner Haustür um kurz nach halb 11 Uhr abends ankam, brannten meine Fußsohlen wie Feuer und ich stank nach Zigaretten, Schweiß und Bier. Ich kramte die Wohnungsschlüssel hervor, öffnete erst die Haustür und schleppte mich dann mühevoll in die dritte Etage. Die letzte Stufe nahm ich nicht mehr, sondern setzte mich auf sie. Von hier aus konnte ich durch das Fenster im Treppenhaus auf die dunkle Straße draußen blicken und mir die Last der vergangenen zwei Wochen von den Schultern schütteln.

Armut ist für alle da

„Hilde!? Was ist denn jetzt mit dem Urlaub? Wollen wir ins Reisebüro und buchen?“ – „Wovon denn, Kurt? Willst du deine 5-Cent Stücke rollen und zur Bank bringen? Von dem Erlös kannst du dir auf jeden Fall schon mal eine Fahrkarte bis zum Reisebüro kaufen.“ – „Was ist mit unserem Auto?“ – „Leidest du unter Gedächtnisschwund. Den haben wir vor zwei Monaten verkauft.“

Gossenkinder

Panisch flogen die Vögel davon. Wir setzen uns auf den Tisch, die Schuhe auf die Bank und schauten uns gründlich um. „Niemand zu sehen“, sagte ich. „Gut, mach auf.” Wir drehten den Verschluss auf und rochen an der Öffnung. Beide verzogen wir das Gesicht und zögerten zu trinken.

Ein Brief

Ich will versuchen mit jedem Wort ein wenig Weiß wegzubekommen.
Ich mag dieses Weiß auf diesem Blatt nicht.
Ich glaube, ich fange gleich an in den Schubladen nach einem Tuschkasten zu suchen und male das ganze Ding einfach schwarz.
Aber das wäre doch albern.

Jedes Gedicht nur 50 Cent

Tener grinste mich an und wedelte mit dem Fetzen Papier in der Hand umher. Er sprang wieder auf und zog hektisch ein paar Runden um den Tisch. Er murmelte etwas dabei, was ich aber nicht verstehen konnte. Dann schaute er zu mir rüber und seine Worte wurden wieder verständlicher: »Habe gerade drei davon verkauft und habe sogar noch zwei Anfragen wegen Gedichten, die ich noch nicht mal geschrieben habe. Ich werde mittlerweile schon gebucht!«

Wo nichts lebt, da kann nichts sterben

„Mein Bruder hat mich gestern aus Boston angerufen“, sagte Carl und nahm einen Schluck aus der gerade geöffneten Dose. „Und was will er?“ „Seine Frau ist gestorben.“ „Das tut mir leid, Carl.“