Ted Hughes lebt, und wie! Nach 35 Jahren hat er den Mantel des Schweigens abgestreift, und allein die Zauberkraft der Literatur hat dies ermöglicht. Für einige Tage schreite ich an Ted Hughes’ Seite und lausche seiner Lebens- und Liebesgeschichte. Ich erfahre, was es bedeutet, Schriftsteller zu sein und eine Liebe zu erleben, die betört und gleichermaßen schmerzt. Connie Palmen hat dem Autor und Ehemann von Sylvia Plath in ihrem Roman »Du sagst es« eine Stimme gegeben. Aber das Buch ist viel mehr als nur eine Stimme, es gräbt sich bis in die hintersten Kammern deines Herzens. So bin ich nach der Lektüre erschüttert, traurig, fasziniert und beeindruckt zugleich. Am Ende durchfährt mich eine wohlige Melancholie, und ich versuche, sie in Worte zu fassen. Ich weiß gar nicht, wohin mit all meinen Gedanken und hab schnell gespürt, dass ich nicht allein für mich eine Rezension schreiben kann. Dafür ist die Geschichte des berühmten Schriftstellerpaars zu bewegend, und das Schicksal von Ted Hughes wiegt zu schwer. Eine Schwester im Geiste muss her! Und so unterhalte ich mich mit masuko13 über das Buch und die Autorin.
Klappentexterin: Du warst in diesem Jahr bei einer Lesung mit Connie Palmen. Wie war das für dich?
masuko13: Die Lesung war ein großartiges Erlebnis! Ich war überrascht, wie klug, witzig und sehr charmant Connie Palmen ist. Ich dachte, diese Frau hat also zwei ihrer ganz großen Lieben auf tragische Weise verloren, und da sitzt sie und sprüht voller Energie. Nach der Lesung hat sie dann ganz lässig auf einem Tisch gesessen und mit viel Geduld die Bücher ihrer Fans signiert. Auch das war wirklich beeindruckend und wir beide konnten sogar ein paar Worte wechseln, da sie ein fast perfektes Deutsch spricht.
Hast du mir eine schöne Connie Palmen Geschichte mitgebracht?
Hm, hätte ich mir doch Notizen gemacht! Es ging ja ganz intensiv um das neue Buch “Du sagst es” … und wenn ich mich richtig erinnere, gab es tatsächlich eine sehr schöne Situation. Auf die Bemerkung der Moderatorin, dass sie Ted Hughes wirklich sehr nah gekommen sei, hat Connie Palmen nämlich mit verschwörerischem Blick geantwortet: „Ich bin Ted Hughes.“ Ja, ich hab das Gefühl, sie hat das genau so gesagt. Und sie sei nun sehr gespannt, wie das Buch bei der Tochter von Ted Hughes ankommen wird. Da käme möglicherweise noch “etwas” auf sie zu. Doch bisher sei es ja glücklicherweise noch nicht ins Englische übersetzt. Dabei lächelt sie verschmitzt.
Welche Bücher von Connie Palmen konnten dich bislang besonders begeistern?
Ich habe »I.M.« und »Die Gesetze« gelesen, beide im Frühling dieses Jahres. Ich denke, was sie schreibt, das ist keine gefällige Urlaubslektüre. Doch weil sie so eindringlich und oft auch extrem persönlich geschrieben sind, bleiben die Bücher unvergesslich. Manchmal war mir das allerdings fast zu viel »Connie Palmen«. Doch über die Liebe – und darum geht es in beiden Büchern – schreibt sie einzigartig. Du hast mir damals Connie Palmen empfohlen. Was war es bei dir, was hat dich so beeindruckt?
Wie du erlebe ich Connie Palmens Bücher als tiefe Leseerlebnisse. Man muss in der richtigen Stimmung sein und die Ruhe haben, sich ganz darauf einlassen zu können. Es sind keine Bücher für die Busfahrt. Einerseits sind sie herzenswarm, andererseits setzt die Niederländerin allerhand Gedankenströme in Bewegung. Man merkt, dass sie eine studierte Philosophin ist. Auch »Du sagst es« ist ein sehr intensives Buch, das mich als Leserin bisweilen an meine Grenzen geführt hat. Die Autorin lässt mich glauben, dass da wirklich Ted Hughes zu mir spricht. Du hast es ja selbst von ihr gehört, als sie meinte: »Ich bin Ted Hughes.« Genauso ist es. Da gibt’s kein Stoppschild, das zeigt: »Achtung, ich bin die Autorin und erzähle dir mal was.« Bewundernswert!
Für mich war das Buch nicht nur eine Seelenreise, sondern der Blick durch eine andere Brille. Bis dahin kannte ich Sylvia Plath nur durch ihre Stimme aus den Tagebüchern, Gedichten, Erzählungen und ihrem Roman »Die Glasglocke«. Ihre finsteren Täler wie ihre übermütigen Luftsprünge sind mir vertraut, also keine Überraschung. Doch sie aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, gibt dem Ganzen eine neue Wendung. Ted Hughes’ Beobachtungen und Schilderungen haben mich bisweilen erschrocken, weil mich Connie Palmen hat spüren lassen, wie es sich anfühlt. Und das war an manchen Stellen erschütternd. Ich erinnere mich an eine Stelle, als Sylvia aus Eifersucht, Ted Hughes’ Notizen und seine geliebte Shakespeare -Ausgabe zerschnitten hat. Das war hart, auch für mich. Hinzu kommt, dass da plötzlich jemand ist, dem ich wenig Beachtung geschenkt habe, der im Schatten seiner Frau stand. Diesem fremden Menschen fühlte ich mich auf einmal nah. Schon irgendwie verrückt. Wie ist es dir mit dem Buch ergangen?
Ich war wahnsinnig neugierig, hatte ich doch erst letztes Jahr »Die Glasglocke« von Sylvia Plath gelesen. Und hier sollte jetzt die Liebesgeschichte von Sylvia und Ted erzählt werden. Endlich! Alle reden seit Jahrzehnten von dieser einzigartigen tragischen Dichterin. Doch wer war der Mann an ihrer Seite? Wer hat sie ermutigt, hat ihr Kraft geschenkt und Mut gespendet, hat sie unendlich geliebt? Connie Palmen ist es gelungen, diesem Mann ein kleines Denkmal zu setzen. Manchmal sind die wahren Helden ja die, die im Schatten stehen. Auch, wenn es ein trauriges und manchmal verstörendes Buch ist – ich habe es sehr gern gelesen.
Das ist ein schönes Schlusswort. Ich danke dir für das Gespräch!
Connie Palmen hat heute Geburtstag. Dazu gratulieren wir beide herzlich! Und wünschen der Autorin, die in ihrem Leben ja auch viele Täler durchschreiten musste, weiterhin viel Inspiration. Zwei Bücherwürmer verneigen sich vor ihr.
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Wer neugierig auf Connie Palmen geworden ist, wird auf der Homepage des Diogenes Verlages fündig. Dort findet ihr alle Bücher von Connie Palmen. Auf auf dem Verlagsblog erwartet euch ein schönes Interview mit der Autorin.
Ich stimme zu. „Du sagst es“ ist eines meiner Herzensbücher in diesem Jahr. Und ich verneige mich auch vor Connie Palmen. Seit den ersten Romanen begleitet sie mein Leseleben und sie ist eine ganz kluge Frau!
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Hach, wie schön, liebe Marina! Dann verneigen wir uns alle gemeinsam und wünschen der Autorin einen wunderbaren Tag.
Liebe Grüße
Klappentexterin
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Ein sehr spannender und neugierig machender Beitrag. Ich werde das Buch umgehend lesen. I,M. ist eines meiner Lieblingsbücher.
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Das beglückt uns beide sehr! Wir wünschen dir viel Freude mit diesem unvergesslichen Buch!
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