Der König auf Camelot

Terence H. White (1906-1964) gehört mit seinem Hauptwerk »Der König auf Camelot« im englischsprachigen Raum zum Kanon der Schullektüren. Bei uns ist das Buch leider in die Ecke der sogenannten Fantasy-Literatur geraten, obwohl es dort nicht sehr gut hineinpasst.

White, der als Sohn englischer Eltern in Bombay geboren wurde, hatte sich bereits während seines Studiums mit dem Stoffkreis der Artus-Sagen beschäftigt. 1938 erschien dann unter dem Titel »Das Schwert im Stein« der erste von insgesamt vier Artus-Romanen Whites, in dem er ausführlich von Kindheit und Jugend des späteren Königs erzählt. Das Buch wurde sofort ein Erfolg und so ließ White in den beiden Folgejahren mit »Die Königin von Luft und Dunkelheit« und »Der missratene Ritter« zwei weitere Bände folgen. Abgeschlossen wurde die Serie allerdings erst 1958 mit dem Roman »Die Kerze im Wind«, der die Handlung bis in die letzten Wochen der Herrschaft des Königs vor­antreibt.

Es sind zwei Dinge die Whites Nacherzählung der Artus-Sage besonders auszeichnen: Er verzichtet zum einen auf alles geradezu Heldische, lässt im Gegenteil alle Figuren ausnehmend menschlich erscheinen. Sicher gibt es auch bei ihm den unbesiegbaren Lanzelot, aber viel wichtiger als dessen Rittertum ist seine unglückliche Liebe zu Ginevra und die daraus resultierende Verzweiflung des Helden. Zum anderen hat White die Artus-Sage mit Humor durchtränkt und dadurch die witzigste und respektloseste Fassung des Stoffkreises erschaffen.

Wem das Selbstlesen zu anstrengend ist, kann sich die vier Bücher auch in der exzellenten Lesung von Jochen Malmsheimer anhören.

T.H. White: Der König auf Camelot. Alle vier Bücher in einem Band. Aus dem Englischen von Rüdiger Rocholl. Stuttgart: Klett-Cotta, 2006. ISBN: 978-3-608-93713-8. Preis: € 25,-.

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Taxi

Alex Herwig weiß nach einer abgebrochenen Lehre als Versicherungskauffrau nicht so recht, was sie mit sich anfangen soll. Doch da sie Geld verdienen muss, macht sie einen Taxi-Führerschein und beginnt in Hamburg mit dem Taxifahren. Leider hat sie ein schlechtes Gedächtnis und kann sich die vielen Straßennamen nur schlecht merken. Dennoch hat sie sich bald eingearbeitet und wird in den Kreis ihrer Kollegen aufgenommen. Darunter befinden sich auch Dietrich, Rüdiger und »Taximörder«, der seinen Spitznamen bekommen hat, weil er einmal einen Selbstmörder zum Ort der Tat gefahren hat. Zu Dietrich, einem Taxi fahrenden Künstler, entwickelt sich so etwas wie eine Beziehung, wenn Alex auch immer wieder betont, dass sie sich »eigentlich« nicht binden will. Deshalb sind da auch noch Marco, den Alex schon aus der Schule kennt, und Jens Majewski, ein Journalist, der im selben Haus wohnt wie sie.

Neben diesen verwickelten Liebesgeschichten bekommen wir auch zahlreiche Anekdoten aus dem Leben der Taxifahrerin erzählt: Von aufsässigen Jugendlichen, Betrunkenen, die nicht zahlen können, älteren Damen, die auch bei Höchstgeschwindigkeiten nicht mit der Wimper zucken, Konzertbesuchern, die »nur mal eben« ein Taxi reservieren wollen, und nicht zuletzt dem Hamburger Maler Horst Janssen, der für eine kurze Taxifahrt gleich einen ganzen Tagesverdienst bezahlt.

Karen Duve, die 1999 mit ihrem »Regenroman« einen ersten Publikumserfolg hatte, stellt mit »Taxi« einmal mehr ihr großes erzählerisches Talent unter Beweis. Sie hat in diesem intelligenten und unterhaltsamen Buch ihre eigenen Erfahrungen als Taxifahrerin verarbeitet.

Karen Duve: Taxi. Frankfurt/M.: Eichborn, 2008. ISBN: 978-3-8218-0953-3. Preis: € 19,95.

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Kleine Welt

Giovannino Guareschi wurde am 1. Mai 1908 in einem kleinen Dorf in der Po-Ebene geboren, unweit des Dorfes Brescello, in dem später die Filme nach seinen Büchern gedreht wurden. Er stammt also aus dem Herzen jener Gegend, die er durch seine Geschichten von Don Camillo und seinem ewigen Widersacher, dem Bürgermeister Giuseppe Bottazzi, genannt Peppone, weltberühmt machen sollte. Guareschi verbrachte die letzten beiden Kriegsjahre in deutscher Gefangenschaft und gründete gleich nach seiner Entlassung eine satirische Wochenzeitschrift. Für sie schrieb er auch die ersten Geschichten über Don Camillo und seine kleine Welt – so der Titel der ersten Buchausgabe: »Mondo picollo«. Dieses Buch begründete rasch seinen internationalen Ruhm, denn noch vor der ersten Verfilmung erhielt er beim Po-Hochwasser 1951 Hilfspakete aus dem Ausland für »Don Camillos und Peppones Leute«.

Dieser Erfolg gründet einerseits in dem klaren, fundamentalen ideologischen Gegensatz zwischen dem katholischen Priester und dem kommunistischen Bürgermeister, den Guareschi direkt dem italienischen Nachkriegs-Alltag entlehnte, der andererseits gekontert ist durch die tiefe emotionale Verbundenheit der beiden miteinander. Sie entstammen nicht nur derselben Landschaft, die sie lieben, sondern haben auch gemeinsam den Widerstand gegen die deutschen Besatzer durchlebt. Und ihre tiefen, emotionalen Wurzeln siegen immer wieder über alle politischen und religiösen Gegensätze.

Guareschi verstarb viel zu früh vor beinahe genau 40 Jahren, am 22. Juli 1968, an einem Herzinfarkt. Seine kleine Welt und ihre Helden werden ihn noch sehr lange überdauern.

Giovannino Guareschi: Don Camillo und Peppone. Aus dem Italienischen v. Alfons Dalma. rororo 10215. ISBN: 978-3-499-10215-8. Preis: € 6,90.

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Jetzt oder nie!

P.G. Wodehouse (1851-1975) ist ein englischer, humoristischer Autor, der in Deutschland leider nicht so bekannt ist, wie er es verdient. Das liegt wohl daran, dass bis vor einigen Jahren seine Bücher nicht besonders gut übersetzt waren, was sich nun durch die Übersetzungen Thomas Schlachters geändert hat. Wodehouse bekannteste Figuren dürften zu Recht Bertie Wooster und sein Kammerdiener Jeeves sein, die inzwischen auch mit Hugh Laurie und Stephen Fry verfilmt wurden. Daneben hat Wodehouse zahlreiche weitere Romane verfasst, die ebenfalls zumeist um skurrile Figuren und Anekdoten des englischen Adels kreisen. Auch Amerikaner, die Wodehouse in seiner Zeit in Hollywood ausführlich kennenlernen durfte, gehören zu seinem Standardpersonal.

So auch in »Jetzt oder nie!«, einer Komödie die hauptsächlich auf dem Landsitz Claines Hall in Sussex spielt: Im Mittelpunkt steht die junge Sally Fairmile, verarmte Nichte des amerikanischen Ehepaars Mabel und Howard Steptoe, die sich heimlich mit Lord Holbeton verlobt hat, der wiederum hofft, durch seine Verbindung mit Sally seinen Vormund, den Londoner Schinkenfabrikanten James Duff, zur Auszahlung seines Vermögens bewegen zu können. Doch als Sally bei James Duff vorspricht, erhält sie eine rüde Abfuhr. Doch zum Glück stellen sich gleichzeitig Verwicklungen ein: Der Maler Joss Weatherby verliebt sich in Sally und entschließt sich deshalb eine Stelle als Kammerdiener bei Howard Steptoe anzunehmen, und James Duff trifft auf seine alte Liebe  Mrs Chavendar, die zufällig bei ihrer Freundin Mabel in Claines Hall wohnt. Als binnen Kurzem alle in Sussex eingetroffen sind, kann der vergnügliche Reigen der Verwirrungen beginnen …

P.G. Wodehouse: Jetzt oder nie! Aus dem Englischen v. Thomas Schlachter. Suhrkamp Taschenbuch 3774. ISBN: 978-3-518-45774-0. Preis: € 7,90.

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Die Nase

An einem 25. März erwacht in Petersburg der Barbier Iwan Jakolewitsch, weil ihm der Geruch frisch gebackenen Brotes in die Nase steigt. Also setzt er sich zum Frühstück hin, um in aller Ruhe ein warmes Brot mit Zwiebeln zu essen. Doch man kann sich seinen Schreck vorstellen, als er beim Durchschneiden des Brotes eine eingebackene Nase findet, und nicht irgend eine Nase, sondern die des Kollegienassessors Major Kowalioff, der zu seinen Kunden gehört. Da Iwan Jakolewitsch am Vorabend zu betrunken war, um sich noch zu erinnern, wie die Nase ins Brot gekommen sein könnte, versucht er den Vorfall zu vertuschen: Er wickelt die Nase in ein Stück Papier und wirft sie von einer Brücke aus in die Newa.

Noch ärger allerdings erschreckt sich der gut aussehende Major Kowalioff, als er am selben Morgen erwacht und statt seiner Nase nur eine glatte Fläche in seinem Gesicht vorfindet. Kowalioff hofft auf eine Karriere in der russischen Verwaltung, vielleicht sogar einen Vizegouverneursposten. Aber wer wird einen Menschen ohne Nase anstellen? Und auch um seine Chancen beim schönen Geschlecht dürfte es ohne Nase schlecht bestellt sein. Als sei all dies nicht schlimm genug, erblickt Major Kowalioff, als er mit vorgehaltenem Schnupftuch durch Petersburg läuft, seine eigene Nase in Uniform aus einer Droschke steigen. Der Uniform nach zu urteilen hat die Nase den Rang eines Wirklichen Staatsrates. Trotz des Rangunterschieds entschließt sich Kowalioff, seine Nase anzusprechen …

Aus dieser absurden Konstellation heraus hat Nikolai W. Gogol (1809-1852) eine seiner witzigsten Erzählungen erschaffen.

Nikolai W. Gogol: Meistererzählungen. Aus dem Russischen von Sigismund von Radecki. Diogenes Taschenbuch detebe 21091. ISBN: 978-3-257-21091-0. Preis: € 9,90.

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Harte Zeiten

Charles Dickens (1812–1870) ist nach seiner großen Popularität im 19. Jahrhundert in Deutschland in der Hauptsache mit seinen frühen Romanen in Erinnerung geblieben. »Oliver Twist« und »David Copperfield«, von Dickens durchaus für ein erwachsenes Publikum seiner Zeit geschrieben, sind heute vielen Lesern als Jugendbücher bekannt. Dickens’ Werke nach 1850 werden hierzulande heute nur noch selten gelesen, obwohl sie im angelsächsischen Raum wesentlich zu seinem Ruhm als Klassiker beitragen. Zu diesen Romanen gehört auch »Harte Zeiten« (1854), ein satirischer Roman, der sowohl den naiven Vernunftsglauben mancher dickensscher Zeitgenossen als auch die sozialen Probleme der englischen Industrialisierung thematisiert.

Im Mittelpunkt stehen Louisa und Tom Gradgrind, die unter dem strengen Regime ihres Vaters aufwachsen: Seine Erziehungsprinzipien verbieten jede Fantasie und alle Gefühle, statt Märchen- gibt es Mathematikbücher, statt Zirkusbesuchen stehen wissenschaftliche Erkenntnisse auf dem Programm. Wie sich leicht denken lässt, erweisen sich diese beiden »Kinder der Vernunft« als denkbar unvorbereitet für das »wirkliche Leben«: Kaum aus der Obhut des Vaters in eine Banklehre entlassen, verfällt Tom der Spielleidenschaft und häuft rasch hohe Schulden an, während seine Schwester den Bankdirektor heiratet, weil sie glaubt, sich so ihrem Bruder am besten nützlich machen zu können. Doch als sich im Haus ihres Mannes ein junger Parteifreund vorstellt, der sofort beginnt, ihr den Hof zu machen, weiß die in Gefühlsdingen völlig unerfahrene junge Frau bald nicht mehr aus noch ein …

Charles Dickens: Harte Zeiten. Aus dem Englischen von Paul Heichen. Insel Taschenbuch 955. ISBN: 978-3-458-32655-7. Preis: € 11,50.

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Ein Sommer in Venedig

Marek, ein neunjähriger polnischer Junge, freut sich auf seine Sommerferien: Er soll in diesem Jahr zusammen mit seiner Mutter zum ersten Mal nach Venedig fahren dürfen. Schon seine Großeltern haben die Lagunenstadt mehrfach besucht, und auch sein älterer Bruder hat die Eltern schon dorthin begleiten dürfen. Aber es kommt alles anders, denn es ist der Sommer 1939, und Mareks Mutter ist politisch engagiert und schiebt die Vorbereitungen zur Reise immer wieder hinaus. Als dann auch noch Mareks Vater einen Einberufungsbefehl erhält, wird der Urlaub endgültig abgesagt. Stattdessen fährt Marek mit seiner Mutter in den Süden Polens zu seiner Tante Weronika, die in einer Villa auf dem Land lebt. Hier vergisst Marek schon bald seine Enttäuschung, denn mit der Zeit belebt sich das Haus mehr und mehr: Weitere Tanten fliehen vor dem drohenden Krieg aufs Land, und auch Mareks Kusine Karola und sein älterer Bruder Wiktor treffen ein.

Da entdeckt Marek eines Tages im Keller eine »Quelle«, die einfach aus dem Boden sprudelt; nach und nach füllt sie alle Kellerräume mit Wasser. Und während draußen der Zweite Weltkrieg beginnt und die Straßen mit Flüchtlingen füllt, spielen Marek und seine Familie im Keller Venedig: Sie tragen Tische hinunter, legen Bretter als Stege zwischen sie, stellen Stühle und Sessel auf und verbringen so doch noch einige letzte Urlaubstage »in der Ferne«.

Diese atmosphärisch dichte Erzählung des in München und Warschau lebenden, polnischen Autors Włodzimierz Odojewski steht auf der Auswahlliste des Deutschen Jugendliteraturpreises 2008, sei aber ausdrücklich auch Erwachsenen ans Herz gelegt.

Włodzimierz Odojewski: Ein Sommer in Venedig. Aus dem Polnischen von Barbara Schaefer. München: SchirmerGraf, 2007. ISBN: 978-3-86555-044-6. Preis: € 14,80.

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Rot und Schwarz

Julien Sorel wächst in bescheidenen Verhältnissen in der Kleinstadt Verrières auf. Da er durch sein ungewöhnliches Gedächtnis dem Pfarrer auffällt, erhält er Unterricht und wird eines Tages Hauslehrer beim Bürgermeister der Stadt, Monsieur de Rênal. Der unerfahrene junge Mann verliebt sich bald glühend in Madame de Rênal, und beide beginnen einen Affäre, die nur mit knapper Not der Entdeckung entgeht. Julien flieht nach Besançon und schreibt sich dort ins Priesterseminar ein. Aber auch hier kommt er nicht zur Ruhe, da Karriereneid und Intrigen das Seminar beherrschen. Als Juliens Mentor das Seminar verlässt, vermittelt er Julien den Posten eines Privatsekretärs im Hause des Marquis de la Mole.

Dort trifft Julien auf die Tochter des Hauses, Mathilde, eine gelangweilte junge Aristokratin, für die Julien eine interessante Abwechslung ihres Alltags bedeutet. Sie verführt Julien, weist ihn dann wieder zurück, verführt ihn ein weiteres Mal und gesteht sich schließlich ihre Liebe zu ihm ein. Julien, der durch ein Wechselbad der Gefühle gegangen ist, sieht sich plötzlich am Ziel seiner Träume: Die schwangere Mathilde will ihren Vater dazu nötigen, einer Hochzeit der beiden zuzustimmen, als eines Tages ein fataler Brief im Hause de la Mole eintrifft …

Stendhal (eigtl. Henri-Marie Beyle, 1783-1842) hat mit »Rot und Schwarz« sein erstes Meisterwerk auf der Grenze zwischen Romantik und Realismus verfasst. Die Neuübersetzung von Elisabeth Edl präsentiert diesen Klassiker der Weltliteratur zum ersten Mal in einer dem Original adäquaten Sprache.

Stendhal: Rot und Schwarz. Aus dem Französischen von Elisabeth Edl. dtv Taschenbuch 13525. ISBN: 978-3-423-13525-2. Preis: € 14,90.

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Am Strand

Juli 1962: Im englischen Dorset sieht das junge Ehepaar Florence und Edward in einer Hotelsuite seiner Hochzeitsnacht entgegen. Florence ist Violinistin und in einem begüterten und weltoffenen Haushalt aufgewachsen, Edward, der Geschichte studiert hat, stammt aus eher bescheidenen und komplizierten häuslichen Verhältnissen. Beide haben, wie man so schön sagt, ihr ganzes Leben noch vor sich. Doch jetzt gilt es erst einmal, die Nacht glücklich zu überstehen.

Sowohl Edward als auch Florence haben Angst vor der bevorstehenden Nacht: Edward fürchtet, als Mann zu versagen, Florence hat einen heimlichen Ekel vor allem, was mit Sexualität zu tun hat. Natürlich ist es für beide undenkbar, über ihre Furcht zu sprechen, denn, wie der Autor Ian McEwan gleich zu Anfang betont: Sie leben »in einer Zeit, in der Gespräche über sexuelle Probleme schlicht unmöglich waren. Einfach sind sie nie.«

Und so kommt es, wie es kommen muss: Die Hochzeitsnacht wird zu einem Desaster, das sowohl Florence als auch Edward mit tiefen Schuldgefühlen zurücklässt. Florence flüchtet spontan aus dem Hotelzimmer an den nahe gelegenen Strand. Dort findet Edward sie einige Zeit später, doch der Versuch einer Aussprache endet nur in noch größerer Verletzung der beiden Liebenden. So läuft Florence wieder davon, und als Edward ins Hotel zurückkommt, ist sie abgereist. Die Ehe wird annulliert und beide gehen getrennte Lebenswege.

Ian McEwan hat mit dieser Erzählung aus den Zeiten vor der sogenannten Sexuellen Revolution einmal mehr sein außergewöhnliches psychologisches Einfühlungsvermögen unter Beweis gestellt.

Ian McEwan: Am Strand. Zürich: Diogenes, 2007. ISBN: 978-3-257-06607-4. Preis: € 18,90.

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Lexikon des Unwissens

Wenn wir über Zeit sprechen, wissen wir, was das ist; wir wissen es auch, wenn ein anderer darüber zu uns spricht. Was also ist die Zeit? Wenn niemand mich danach fragt, weiß ich es; wenn ich es jemand auf seine Frage hin erklären will, weiß ich es nicht.

Dieses berühmte Zitat des Kirchenvaters Augustinus könnte als Motto für das kleine »Lexikon des Unwissens« dienen. Es ist eine vergnügliche Sammlung dessen, was wir nicht wissen oder zumindest nicht so ganz genau wissen.

Wissen Sie zum Beispiel, was Geld ist? Natürlich wird jeder Laie diese Frage auf Anhieb mit »Natürlich!« beantworten und in aller Gelassenheit auf sein Portemonnaie klopfen. Aber sobald man mit einem Fachmann spricht, wird die Sache kompliziert. Die Fragen nach dem, was Geld sei, wie viel es eigentlich davon gebe und welche Auswirkungen seine Existenz genau habe, haben tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten unter Volkswirtschaftlern erzeugt.

Oder wissen Sie zum Beispiel, warum sich manche Blätter im Herbst rot verfärben? Es wäre wunderlich, denn nicht einmal die Biologen sind sich darüber einig, warum einige Bäume im Herbst Anthocyane bilden, die für die rote Farbe verantwortlich sind.

Und genauso wenig ist bis heute verstanden, wie Katzen ihr Schnurren hervorbringen, warum Hawaii existiert oder ob es sich beim sogenannten Voynich-Manuskript um eine unentschlüsselbare Geheimschrift oder einen schlichten Betrug handelt. Über all diese und viele andere Dinge berichten Kathrin Passig und Aleks Scholz auf unterhaltsamste Weise. Sie habe das Buch aus Texten ihres Blogs www.riesenmaschine.de zusammengestellt.

Kathrin Passig / Aleks Scholz: Lexikon des Unwissens. Berlin: Rowohlt, 2007. ISBN: 978-3-87134-569-2. Preis: € 16,90.

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