Exit Ghost

Zwischen 1979 und 1985 veröffentlichte Philip Roth insgesamt vier Bücher, in deren Mittelpunkt der fiktive Schriftsteller Nathan Zuckerman steht. Bis heute sind noch fünf weitere gefolgt, in denen er eine prominente Rolle spielt. Im letzten Jahr erschien mit »Exit Ghost« (der Titel ist Zitat einer Bühnenanweisung Shakespeares, bedeutet also soviel wie »Geist ab«) wahrscheinlich der Abschluss dieser Reihe.

»Exit Ghost« führt den 71-jährigen Nathan Zuckerman im Oktober 2004 nach New York zurück. Die letzten elf Lebensjahre hat er in der Provinz in Massachusetts verbracht, zurückgezogen in ein abgelegenes Haus, hat geschrieben und gelesen und nur wenige Menschen getroffen. Doch hat er vor neun Jahren eine Prostata-Operation über sich ergehen lassen müssen und leidet bis heute an deren Folgen: Inkontinenz und Impotenz. Nach New York kommt er in der Hoffnung, eine neue Behandlungsmethode könne ihn wenigstens von der ihm lästigen und peinlichen Inkontinenz befreien. Weil der Erfolg der Behandlung abgewartet und sie eventuell auch wiederholt werden muss, entschließt sich Zuckerman, für einige Zeit eine Wohnung in der Stadt zu nehmen. Da stößt er durch Zufall auf die Anzeige eines jungen Paares, das einen Wohnungstausch anbietet, um selbst aus New York herauszukommen. Schon bei der ersten Begegnung mit dem Paar verliebt sich Nathan Knall auf Fall in die junge Frau.

Doch damit beginnen erst die Verwicklungen, die den alternden Nathan nicht nur noch einmal mit den Nöten der Liebe konfrontieren, sondern ihn auch tief in seine Vergangenheit (die wir im ersten Zuckerman-Roman »Der Ghostwriter« finden) zurückführen werden …

Philip Roth: Exit Ghost. Aus dem Amerikanischen v. Dirk van Gunsteren. München: Hanser, 2008. ISBN: 978-3-446-23001-9. Preis: € 19,90.

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Caesar

Gisbert Haefs ist einer der Fleißigsten im deutschen Literaturbetrieb: Er ist nicht nur Übersetzer aus dem Englischen, sondern auch Herausgeber der deutschen Werkausgaben von Rudyard Kipling (»Das Dschungelbuch«), Ambrose Bierce (dessen »Wörterbuch des Teufels« hier schon empfohlen wurde) oder der argentinischen Autoren-Legende Jorge Luis Borges. Zudem ist er ein erfolgreicher Verfasser von Kriminal- und anderen Romanen, darunter auch eine ganze Reihe, die in der Antike spielen. Nun hat Haefs nach Hannibal und Alexander dem Großen auch dem römischen Feldherrn und Politiker Gaius Iulius Caesar einen Roman gewidmet.

In dessen Mittelpunkt steht Aurelius, einer von Caesars altgedienten Centurios, der von Caesar reaktiviert wird und ihn und seine Feldzüge von der Niederschlagung des gallischen Aufstands unter Vercingetorix im Jahr 52 v. Chr. bis in Caesars Todesjahr 44 v. Chr. begeleitet. In dieser Zeit bilden die Belagerung und Schlacht um Alesia – eine der militärischen Glanzleistungen Caesars – und sein Aufenthalt in Ägypten die beiden Höhepunkte.

Immer im Wechsel mit den Kapiteln um Caesar finden sich andere, die die römische Geschichte von den Gracchen (2. Jahrhundert v. Chr.) bis zur Kaiserzeit nacherzählen. Diese Kapitel folgen inhaltlich den Doppelbiografien Plutarchs, sind aber in einer lockeren, modernen Sprache gehalten, die ihre Lektüre auch für den nicht in antiker Geschichte Bewanderten zu einem Vergnügen machen. Weit entfernt von akademischer Strenge und Sprache werden so die Protagonisten der römischen Geschichte zu Menschen aus Fleisch und Blut. Einmal mehr ist es Haefs hier gelungen, die antike Welt lebendig werden zu lassen.

Gisbert Haefs: Caesar. Heyne Taschenbuch 47086. ISBN: 978-3-453-47086-6. Preis: € 8,95.

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Lauter Gedichte

Unter den Anthologien sind Gedichtsammlungen unzweifelhaft die beliebtesten: Klassiker wie Ludwig Reiners »Der ewige Brunnen« oder Echtermeyer/von Wieses »Deutsche Gedichte« sind zu Zehntausenden verkauft und verschenkt worden, und auch Karl Otto Conradys großes Gedichtbuch, jetzt als »Der neue Conrady« im Buchhandel, hat sich mit den Jahren in zahlreichen Bücherschränken eingefunden.

Reclam hat nun dieses Angebot um eine weitere umfangreiche Sammlung ergänzt: Heinrich Detering, selbst ein nicht unbedeutender Lyriker und Übersetzer von Lyrik, hat auf 1.000 Seiten deutsche Gedichte vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert versammelt. Seine Auswahl zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er die einzelnen Autoren, darunter auch Überraschungen wie etwa Wolfgang Amadeus Mozart, beinahe immer nur mit einem Blitzlicht ihrer Gedichte erscheinen lässt. Detering setzt trotz des Umfangs der Sammlung eher auf Qualität als auf Quantität. Dass es dennoch insgesamt 1.000 Seiten geworden sind, liegt auch daran, dass er der deutschen Nachkriegslyrik bis ins 21. Jahrhundert hinein einen breiten Raum einräumt und so auch junge oder eher unbekannte Dichter zu Wort kommen. Bei zahlreichen Gedichte gibt Detering in kurzen sachlichen Erläuterungen Hilfestellung zum Verständnis, bevormundet den Leser aber nirgendwo. Im Anhang finden sich kurze biografische Porträts zu allen Verfassern, die für die historische Einordnung der Gedichte nützliche Informationen liefern.

Eine spannende, oft auch den Kenner überraschende Auswahl deutscher Gedichte, sowohl zum entdeckenden Stöbern als auch zur systematischen Lektüre geeignet.

Reclams großes Buch der deutschen Gedichte. Ausgewählt u. hg. v. Heinrich Detering. Stuttgart: Reclam, 2007. ISBN: 978-3-15-010650-1. Preis: € 36,90.

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Zugzwang

In Zugzwang gerät ein Schachspieler, wenn er dadurch, dass er am Zug ist, zwangsläufig verlieren muss: Jeder mögliche Zug bringt seinem Gegner einen entscheidenden Vorteil.

Der Roman »Zugzwang« von Ronan Bennett spielt im Frühjahr 1914 in Petersburg. Im Mittelpunkt steht der Psychoanalytiker Otto Spethmann, bei dem eines Tages unverhofft ein Polizei-Inspektor auftaucht, um ihn in einer Mordsache zu befragen, bei der in der Jacke des Opfers Spethmanns Visitenkarte gefunden wurde. Spethmann gibt wahrheitsgemäß an, dass ihm der Name des Ermordeten nichts sage, wird aber – zusammen mit seiner Tochter – für den nächsten Tag aufs Polizeirevier geladen.

Noch am selben Abend erzählt er dies einer seiner Patientinnen, die daraufhin ihren einflussreichen Vater bittet, sich beim Innenministerium für Spethmann zu verwenden. Doch wird damit gerade das Gegenteil erreicht: Der Inspektor gibt nicht nach, sondern inhaftiert Vater und Tochter. Es stellt sich sehr bald heraus, dass Spethmanns Tochter den Ermordeten sehr wohl gekannt hat. Sie weigert sich aber hartnäckig, der Polizei mitzuteilen, was sie über ihn weiß. Zwar werden die beiden nach einigen Wochen wieder aus der Haft entlassen, aber damit beginnen erst die Verwicklungen, die langsam, aber sicher eine brisante politische Verschwörung offenbaren …

Bennett hat mit »Zugzwang« ein flottes Buch geschrieben, das zwischen Historischem Roman und Agententhriller changiert. Dass er es vor dem Hintergrund des berühmten Schachturniers 1914 in Petersburg spielen lässt, bleibt zwar eher dekorativer Natur, tut der Geschichte aber auch weiter keinen Abbruch. Echtes Lesefutter für alle, die Spannung lieben.

Ronan Bennett: Zugzwang. Berlin: Bloomsbury, 2007. ISBN: 978-3-8270-0681-3. Preis: € 19,90.

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Schloss Gripsholm

Als Kurt Tucholsky im Winter 1930/31 an »Schloß Gripsholm« arbeitete, befand er sich in einer schwierigen Lebenslage: Seit Jahren litt er unter wechselnden Krankheiten. Er war von der langen Zeit, in der er sich sowohl beruflich als auch privat immer Übermäßiges abverlangt hatte, ausgelaugt und fühlte sich müde. Außerdem hatte sich die Zeitungs- und politische Landschaft in Deutschland gewandelt: Die linken und freiheitlichen Blätter, für die er geschrieben hatte, verschwanden mehr und mehr, und Tucholskys finanzielle Basis war dünn geworden.

Deshalb versuchte er, sich neben dem Journalismus weitere Arbeitsfelder zu erschließen: Er schrieb ein Filmmanuskript, das aber nie produziert wurde, und nach beinahe 20 Jahren wieder einmal eine umfangreiche Erzählung. Er wusste, dass das Buch ein Erfolg werden musste, um ihn zu sanieren.

Und das ist das Buch auch geworden: Eine wunderbar leichte Erzählung von Liebe und Sommer, von der Freiheit und vom Sichvertragen der Menschen untereinander, vom Spazierengehen und Plaudern und davon, wie schön es sein kann, gemeinsam mit der Geliebten »die Seele baumeln zu lassen«. Eingeflochten in diese Sommergeschichte findet sich als Gegenstück eine andere: Die der neunjährigen Ada, die von ihrer Mutter in ein Kinderheim gegeben wurde, in dem eine fürchterliche Megäre herrscht, die die Kinder tyrannisiert und schikaniert. Und natürlich müssen der Erzähler und seine Geliebte Lydia ausziehen, um dieses Kind zu retten …

»Schloß Gripsholm« ist zu Recht einer der beliebtesten Texte Tucholskys. So ein Buch ist in der deutschen Literatur nicht oft gelungen.

Kurt Tucholsky: Schloß Gripsholm. rororo 10004. ISBN: 978-3-499-10004-8. Preis: € 6,90.

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Bei Goethe zu Gast

Durch Martin Walsers kontrovers diskutierten Roman »Ein liebender Mann« steht Goethe gerade wieder einmal im Zentrum der Öffentlichkeit. Manch ein Leser des Romans oder der Rezensionen wird wünschen, sich ein unmittelbareres Bild von dem Weimarer Dichter machen zu können. Nun sind die meisten Sammlungen von Goethes Briefen und Gesprächen zu umfangreich, um sich einen schnellen, doch prägnanten Eindruck zu verschaffen.

Zum Glück hat der Goethe-Kenner Werner Völker eine kleine Auswahl von zeitgenössischen Berichten zusammengestellt, die Besucher des Hauses am Frauenplan niedergeschrieben haben. Die Auswahl beginnt mit Karl Philipp Moritz nach Goethes Rückkehr aus Italien im Jahr 1788 und endet mit Notizen des Weimarer Prinzenerziehers Frédéric Soret aus Goethes Todesjahr 1832. In dieser Zeitspanne war Goethe langsam aber sicher zur wichtigsten Sehenswürdigkeit der Thüringischen Residenz geworden. Kaum ein Besucher der Stadt, der ein wenig auf sich hielt, verzichtete darauf, am Frauenplan seine Karte abzugeben und zu hoffen, von Goethe zu einer Audienz oder sogar zum Essen geladen zu werden. Nicht alle diese Begegnungen sind glücklich verlaufen: So ist etwa der junge Heinrich Heine von der persönlichen Bekanntschaft mit Goethe tief enttäuscht, was seiner Verehrung des Werks aber keinen Abbruch getan hat.

Werner Völker leitet jeden Abschnitt des Büchleins mit einer kurzen Vorstellung der Autorin bzw. des Autors ein und gibt auch zwischendurch hilfreiche Erläuterungen. Ein schönes Buch für alle, die Goethe aus der Nähe kennenlernen möchten.

Bei Goethe zu Gast. Besucher in Weimar. Hg. v. Werner Völker. it 1725. ISBN: 978-3-458-33425-5. Preis: € 7,50.

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Der große Bagarozy

Die Psychiaterin Cora Dulz durchlebt eine milde Form der Midlife-Crisis: In ihrer Ehe mit dem Steuerberater Robert sind seit längerem Routine und Stagnation eingetreten und vor kurzer Zeit haben sich zwei ihrer Patienten das Leben genommen, so dass sie sich einerseits ein wenig Sorgen um die Reputation ihrer Praxis macht, sich aber andererseits eingestehen muss, dass sie ihr Leben und ihre Patienten oft langweilen.

Da taucht eines Tages Stanilaus Nagy in ihrer Praxis auf, ein junger Mann, der zuerst nur angibt, ihm sei Maria Callas leibhaftig erschienen. Doch im weiteren Verlauf der Behandlung steigern sich Nagys Behauptungen immer mehr ins Wahnhafte: Er sei der menschgewordene Teufel und habe, allerdings in Gestalt eines schwarzen Pudels, die Karriere und das Leben der Maria Callas nicht nur begleitet, sondern nach seinen Launen in die eine oder andere Richtung gelenkt. Cora fühlt sich von Anfang an zu dem merkwürdigen Patienten hingezogen, und sehr bald lässt sie sich auch privat auf ihn ein: So verbringt sie mit ihm einige nächtliche Stunden in einem Kaufhaus, in dem Nagy angeblich als Detektiv arbeitet, oder sie lässt es zu, dass er ihr aus einem Schaufenster, das er einschlägt, eine Spieluhr stiehlt. Aber Nagy rüttelt sie nicht nur auf und bringt ihr eingefahrenes Leben durcheinander, die Begegnung mit ihm spitzt auch ihre eigene Krise gefährlich zu …

Helmut Krausser ist mit diesem kleinen Roman eine seiner leichtesten und humoristischsten Erzählungen gelungen. Das Buch wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt und auch mit großem Erfolg von Bernd Eichinger mit Corinna Harfouch und Til Schweiger in den Hauptrollen verfilmt.

Helmut Krausser: Der große Bagarozy. rororo 22479. ISBN: 978-3-499-22479-9. Preis: € 7,90.

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Bekenntnisse eines Italieners

Der kleine Carlino Altoviti, geboren 1775, wächst nahe Venedig auf der Burg seines Onkels, des Grafen von Fratta, auf. Da er das Kind einer Mesalliance einer Schwester der Gräfin ist, wird Carlino zwar geduldet, ist aber lange Zeit ein eher unwillkommner Gast. Zwar spielt er mit den seinen beiden Kusinen, den Töchtern des Grafen von Fratta, aber sonst hat er mehr Umgang mit dem Gesinde der Burg und verbringt viel Zeit in der Küche. Er verliebt sich in seine jüngere Kusine, Pisana, die launisch ihre Gunst mal diesem, mal jenem jungen Herrn zuwendet. Je älter Carlino wird, desto mehr wächst seine Leidenschaft für Pisana und desto sprunghafter werden deren Launen und Gunstbeweise.

Carlino durchläuft eine juristische Ausbildung, macht in Venedig politische Karriere und erlebt so in der Zeit der Napoleonischen Feldzüge unmittelbar den Niedergang und Fall der ehemals mächtigen Republik. Der Sturz Napoleon lässt in nach London fliehen, von wo aus er viele Jahre später als Kaufmann nach Venedig zurückkehrt. Aber auch diesmal wird er wieder in politische und private Aufregungen verwickelt …

Ippolito Nievo (1831–1861), ein Spätling der italienischen Romantik, hat diesen umfangreichen Roman, der ein Leben von achtzig Jahren schildert, im Alter von nur 27 Jahren, drei Jahre vor seinem Tod, vollendet. Das Buch wurde erst 1867 aus dem Nachlass herausgegeben. Jetzt erst legt der Zürcher Manesse-Verlag erstmals eine ungekürzte deutsche Ausgabe dieser gelungenen Mischung von Schelmen-, Abenteuer-, Liebes- und historischem Roman vor – ein Panorama der Geschichte und Gesellschaft Nord-Italiens der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Ippolito Nievo: Bekenntnisse eines Italieners. 2 Bände. Zürich: Manesse, 2005. ISBN: 978-3-7175-0109-1. Preis: € 53,80.

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Das Buch des Vaters

Nachdem Widmer im Jahr 2000 »Der Geliebte der Mutter«, das ich in der letzten Woche empfohlen habe, veröffentlicht hatte, wurde von Kritikern angemerkt, dass der Vater des Erzählers in dem Buch praktisch keine Rolle spiele. Widmer versprach daraufhin, auch ein Buch über den Vater zu schreiben. Vier Jahre später lag es tatsächlich vor: »Das Buch des Vaters«.

Während »Der Geliebte der Mutter« eine tragische Liebesgeschichte erzählt, ist »Das Buch des Vaters« von Beginn an als Schelmengeschichte angelegt. Der Vater, Karl, stammt aus der Schweizer Provinz, einem Dorf, in dem vor den Häusern die Särge der Bewohner aufgestapelt sind und alle Kinder an ihrem zwölften Geburtstag ein leeres Buch erhalten, in das hinein sie von jenem Tag an ihr Leben schreiben.

Dieses »Buch des Vaters« ist das erste in einer unübersehbaren Reihe von Büchern: Der Vater studiert Romanistik, geht nach Paris und kauft dort in den Antiquariaten von seinem wenigen Geld ein Buch nach dem anderen. Er kauft beschädigte Exemplare oder unvollständige Werkausgaben und erliest sich so eine eigene Welt. Doch Freundschaft oder Liebe findet er nicht.

So kehrt er in die Schweiz zurück, schreibt seine Doktorarbeit, heiratet kurz entschlossen die Mutter des Erzählers und taucht wieder in seine Bücherwelt ein: Er wird Lehrer, Übersetzer und Schriftsteller, und während sein privates Leben an ihm vorübertreibt, lebt er mit und in seinen Büchern. Doch dann reißt ihn der Krieg aus seiner Welt heraus, und der Vater wird Soldat und Kommunist …

Mit dem »Das Buch des Vaters« hat Urs Widmer ein überraschendes Gegenstück zu »Der Geliebte der Mutter« geschaffen.

Urs Widmer: Das Buch des Vaters. detebe 23470. ISBN: 978-3-257-23470-1. Preis: € 8,90.

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Der Geliebte der Mutter

Erzählt wird die Geschichte Clara Molinaris, einer jungen Frau aus reichem Hause, deren Vater am Schwarzen Freitag 1929 sein gesamtes Vermögen verliert und vom Schlag getroffen stirbt. Clara steht nach diesem Tod allein vor dem Nichts. Sie hat nur einen Lebensinhalt: Sie ist Sekretärin und Guter Geist eines jungen Orchesters, in dessen Dirigenten sie ebenso heimlich wie leidenschaftlich verliebt ist. Der allerdings kümmert sich wenig um das Mädchen, nimmt die sich anbietende Affäre zwar so nebenbei mit, verschwendet aber weiter keinen Gedanken an Clara. Stattdessen heiratet er die Tochter des Besitzers der Maschinenfabrik und wird einer der reichsten Männer der Stadt. Auch seine Karriere als Musiker verfolgt er zielstrebig, und bald ist er nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann, sondern auch ein gesuchter und geschätzter Künstler.

Clara heiratet enttäuscht den ersten besten Mann, bekommt mit ihm ein Kind (den Erzähler des Buches) und verfällt zugleich einer immer schwärzer werdenden Depression. Weder ihre Ehe noch ihr Kind können sie aus ihrer emotionalen Bindung an den geliebten Dirigenten lösen. Jahrelang lebt sie mit Selbstmordgedanken und ihre psychische Krise steigert sich soweit, dass sie schließlich in eine Klinik eingewiesen werden muss …

Urs Widmer hat mit diesem kleinen Buch entlang von wirklichen Ereignissen und Erlebnissen, seiner eigenen Mutter und ihrer Liebe zu dem Dirigenten Paul Sacher ein janusköpfiges Denkmal gesetzt. Vier Jahre später hat er es um ein Buch über seinen Vater ergänzt, das ich in der nächsten Woche hier vorstellen werde.

Urs Widmer: Der Geliebte der Mutter. detebe 23347. ISBN: 978-3-257-23347-6. Preis: € 8,90.

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