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Publizistenpreis der deutschen Bibliotheken 2011

Über die Notwendigkeit von geschlechtergerechten Ausschreibungen

„Publizistenpreis“. Gibt es in Deutschland keine Journalistinnen? Ach ja, sie sind, so sie nicht bereits ihrer natürlichen Bestimmung nachkommen und sich zu Hause unter anderem um den Nachwuchs kümmern, sicher mitgemeint …

In der Ausschreibung des Publizistenpreises ist der weibliche Teil der schreibenden Zunft dann immerhin unter „Journalisten/innen“ zu finden. – Das Wort „Journalisten/innen“ erinnert allerdings ein wenig an einen Appendix: die schreibende Frau als intellektueller Wurmfortsatz des männlich determinierten deutschsprachigen Journalismus.

Ein Preis wider dem Klischee von Dutt und Ärmelschoner, der ein zeitgemäßes Bild von Bibliotheken und den Menschen, die in diesem Bereich arbeiten, fördern möchte. Zeigten die InitiatorInnen des Preises ein wenig mehr Sensibilität bei der Namensgebung und der geschlechtergerechten Formulierung der Ausschreibung, wäre es eine rundum begrüßenswerte Initiative.

Die Ausschreibung:

„Der Deutsche Bibliotheksverband schreibt gemeinsam mit der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft (WBG) den Publizistenpreis der Deutschen Bibliotheken („Helmut-Sontag-Preis“) aus. Preisgeld:5.000 Euro.
Dieser Publizistenpreis zeichnet Journalisten/innen oder Redaktionsteams aller Medien aus, die ein zeitgemäßes Bild von Bibliotheken, ihrem Umfeld und den sie beeinflussenden Entwicklungen vermitteln.“

Um begründete Vorschläge wird gemeinsam mit einer aussagekräftigen Dokumentation der seit 2009 veröffentlichten, einschlägigen Publikationen ersucht. Auch Eigenbewerbungen sind möglich. Der Preis wird am 7. Juni 2011 im Rahmen der Eröffnung des 100. Bibliothekstages in Berlin verliehen.

Vorschläge können bis zum 31.01.2011 eingesendet werden. Nähere Infos auf der Seite des „Deutschen Bibliotheksverbandes“ [1].

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„Männer werden immer richtig eingeordnet, Frauen fast nie, denn in unserer Sprache gilt die Regel:

99 Sängerinnen und 1 Sänger sind zusammen 100 Sänger.

Futsch sind die 99 Frauen, nicht mehr auffindbar, verschwunden in der Männerschublade. Die Metapher bewirkt, daß in unseren Köpfen nur Manns-Bilder auftauchen,
wenn von ‚Arbeitern‘, ‚Dichtern‘, ‚Studenten‘, ‚Rentnern‘ oder ‚Ärzten‘ die Rede ist, auch wenn jene ‚Rentner‘ oder ‚Ärzte‘ in Wirklichkeit überwiegend Ärztinnen oder Rentnerinnen waren.“*

Zitat: Luise Pusch [2]. Alle Menschen werden Schwestern. Frankfurt, M.: Suhrkamp. 1990. S. 85f.

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Argumente und Diskussionen zum Thema geschlechtergerechte Sprache auf dieStandard.at in einem eigenen Schwerpunkt: Gender/Sprache [3].

Siehe auch den Beitrag „Geschlechtergerechte Sprache“ [4] und „Geschlechtergerecht formulieren“ [5] im „Duftenden Doppelpunkt“.