Ein Rezensionsbeitrag von Bertram Sebastian (Dieser Beitrag unterstützt den Erhalt von Litheart.de)
Das deutsche Kino kann manchmal durchaus überzeugen: mit dem Drama “Die Kriegerin” hat Regisseur David Wnendt einen Film ins Kino gebracht, der aktueller nicht sein könnte. Zwischen Geschlechterrollen und Neonazis sind so viele gegenwärtige Motive im Film zu finden, dass ganze Bücher wohl gefüllt werden könnten mit Interpretationen und soziologischen Rückschlüssen.
“Die Kriegerin” ist Marisa, eine junge Erwachsene in Ostdeutschland, die ungehindert ihrer rechtsradikalen Gesinnung nachgeht – ebenso wie all ihre Freunde, allen voran ihr muskelbepackter Freund. Sie behandeln Ausländer mit größter Brutalität und werden lediglich ignoriert. Das plakative Ostdeutschland ist im Film greifbar und wie ein Einblick in eine vergessene Welt jenseits der Großstädte. Der ganze Film ist geprägt von einer verstörenden Neonazi-Romantik. Saufpartys, Prügel und Action, heiße, schweißtreibende Sexszenen und intensive Momente mit der Kamera. Die Darsteller, allen voran die Hauptrolle von Alina Levshin, geben eine astreine Leistung ab. Diese kann allerdings im Roulette von Handlungen und Verknüpfungen nur dann überzeugen, wenn man sie von dem Hintergrund der herbeikonstruierten Motive abstrahiert.
Denn wie zu erwarten löst sich Marisa von ihrem Gedankengut – nur bekommt das der Zuschauer nicht unbedingt mit. Ohne auf die Storyline einzugehen und sie damit zu verderben, kann man sagen, dass bis zum Schluss intransparent bleibt, wieso sie sich so oder so entschieden hat. Doch das soll am Rande stehen: die eigentliche Kritik an “Die Kriegerin”, obwohl er doch ein starker Film ist und einen Kinobesuch wert, liegt in seiner Verbildlichung aller Klischees, die ein Zuschauer mit dem Osten Deutschlands verbinden könnte.
Im Casino online spielen, Leuten mit Baseballschlägern die Kniescheiben zertrümmern, sinnlos Hakenkreuze um sich herum speihen, Hasstiraden religiös befeiern und keinerlei Menschlichkeit zeigen: obwohl man sicherlich nicht abstreiten will, dass eine gewisse perverse Subkultur im Osten existiert, die mit rechtsradikalem Gedankengut zusammenhängt, macht es einem der Film nur noch umso leichter, sich zu distanzieren und mit dem Finger auf die Protagonisten zu zeigen, die Opfer eines löchrigen Systems sind, in denen sie vergessen wurden. Mit dieser Distanzierung zur Menschlichkeit ergibt sich eine neue Kluft, die es unmöglich macht, die Hürden zu überwinden und den Arm (gesellschaftlich) herauszustrecken, um genau diese Menschen aus ihrem Loch zu ziehen.