Ein chaotischer Messiaen mit starken Gastmusikern, Anoushka Shankar mit der zweiten Sinfonie Ravi Shankars und ein entspanntes Konzert nach dem Konzert
Olivier Messiaen muss man mögen. Daher ist es auch eher umstritten, dass die erste Hälfte des dritten GoEast-Abends unter Kristjan Järvi mit dem französischen Komponisten und seiner Turangalila-Symphonie begann beziehungsweise mit einem 45-minütigen Auszug dieser zusammen gestellt aus dem 2., 4., 5., 6. und 10. Satz.
Das war eine sehr disharmonische Zusammenstellung, die wahrscheinlich nur inhaltlich einen Rahmen ergab. Macht aber nichts, denn WENN man Messiaen mag, konnte man die wie immer großartige Leistung des MDR Sinfonieorchesters würdigen, die gemeinsam mit Stewart Goodyear und Thomas Bloch das Beste aus dem Stück heraus holten.
Stewart Goodyear, Jahrgang 1978, hat die Welt musikalisch in seiner langen Karriere bereits einige Male umrundet und als Pianist mit den besten zeitgenössischen Dirigenten gearbeitet. Thomas Bloch dagegen, der mit Bands und Musikern wie Radiohead und Tom Waits tourt, gehört sozusagen zu einer guten Messiaen-Interpretation, da er als ausgezeichneter Ondes Martenot Spieler bekannt ist. Die Ondes Martenot sind ein wichtiges Instrument für die Kompositionen Messiaenes. Es handelt sich hierbei um ein ehemals experimentelles modernes monophones Instrument, das in den 1920ern in Frankreich erfunden und hauptsächlich in französischen Kompositionen genutzt wurde und wird. Thomas Bloch studierte die Ondes Martenot in Paris bei Messiaenes Schwägerin Jeanne Loriod und gilt als absoluter Experte.
Messiaenes “Turangalila” orientiert sich an der Liebes-und-Tod-Geschichte von Tristan und Isolde während es sich zumindest teilweise an indischen Klangmustern entlang hangelt und damit im GoEast-Rahmen den Übergang von Europa nach Indien bereitet. Da der erste Satz, nach dem das Stück benannt wurde aus der Anlehnung heraus, jedoch gar nicht gespielt wurde, bleibt die Frage bestehen, weswegen gerade diese Sinfonie in den Abend eingegliedert wurde. Dem Publikum jedenfalls gefiels.
Den Pausen- und Aftershow-Act des Abends stellte das Musikerduo Zeeshan Khan und Valentine Shipley. Zeeshan Khan, der aus der 8ten Generation des Rampur-Sahaswan gharana stammt, einer sehr traditionsreichen klassisch indischen Musikerfamilie also, gilt als einer der jüngsten Vertreter des Raga, hat seit seinem 3ten Lebensjahr die Musik seines Vaters erlernt und mit 11 das erste Konzert gegeben. Seitdem tourt der heute 25jährige mit verschiedenen Musikern um die Welt. So auch mit Valentine Shipley, der nach seinem Vater als Wegbereiter der instrumentalen Gitarrenmusik in Indien gilt. Mit Einflüssen aus allen Bereichen der internationalen Rockmusik begleitet er seit mehr als zwanzig Jahren Bands und Solisten. Er hat verschiedene Folk- und Instrumentalalben veröffentlicht seit 2005 und begleitet für “GoEast” die Raga-Intonationen aus verschiedenen Jahrhunderten mit modernen Classic Rock Rhythmen.
Die Raga-Stücke orientieren sich im Gesang an indischen Notierungssystemen, die teils spirituellen und teils musiktheoretischen Mustern unterliegen. Dabei ist die Abfolge der Tonmuster im Grunde wichtiger, als der Hintergrund und selbst die Tageszeit spielt eine bedeutendere Rolle als die eigentliche Begleitung. Darum spielten die beiden grundverschiedenen Musikern zwar ungewohnt, aber stark miteinander. Die zehn Minuten kurze Pausenmusik bildet einen Übergang von Messiaen, der sich an Indien wie erwähnt ja nur schwach orientierte, hin zu Anoushka Shankar.
Als internationaler Superstar ist die Sitar-Spielerin schon lange nicht mehr im Schatten Ravi Shankars bekannt, sondern mit eigenen Werken und Produktionen ständig auf Tour. Für Go East hat sie sich an das zweite Sitar-Konzert ihres Vaters gewagt, welches noch nie von einem anderen Musiker als ihm selbst gespielt worden war. Dabei legte sie sowohl stilistisch sich anmutig auf ihrem Teppich auf der Bühne ausbreitend, als auch musikalisch eine große Leistung vor, der das Orchester unter Kristjan Järvi gern folgte. Im Anschluss an die Sinfonie, die zu 3 von 4 Takten ausgespielt wurde noch ein selbstkomponiertes Stück, welches sich thematisch mit Regen beschäftigte.
Es ist wohl sicher zu sagen, dass ein Großteil des fast ausverkauften Hauses gekommen war, um der eleganten Sitar-Prinzessin zuzusehen, denn so voll wie an diesem Abend war es seit langem nicht. Der Umstand, dass es jedoch überhaupt wieder möglich wurde das Gewandhaus mit einem Einzelkonzert der Reiheins so gut zu füllen, zeigt dass Kristjan Järvi als neuer Chefdirigent die absolut richtige Entscheidung für Leipzig war und ist.
Im Anschluss an das Konzert wurde das Publikum aufgefordert, gern noch an dem folgenden Konzert von Khan und Shipley teilzunehmen in der MDR Lounge. Es wurde mehr als voll, vielleicht 150 Gäste nahmen die Einladung gern an und verfolgten die kommende Stunde in entspannter Atmosphäre.
Das nächste Konzert der Reihe findet am 12.01. unter dem Thema Balkan-Fieber statt. Mit dem MDR Sinfonieorchester und einem freundlichen immer hilfsbereitem Presseteam kann man sich auf Facebook verbinden, um News, Fotos und Infos zu den Konzerten vorab zu erhalten!
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