Ein Beitrag von Alexandra Montag
Sie machen Synthiepop, sie covern mutig und geben gut besuchte Clubkonzerte. Alexandra Montag hat die Bielefelder Band “Dave & Mighty”, leider ohne Dave, getroffen und zu ihrer Musik befragt.
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Wie habt ihr euch zusammengefunden, und wer musste wen von dieser irren Idee überzeugen?
Wir kennen uns seit 10 Jahren. Dave hat halt immer in Punkbands gespielt. Ich hab früher Veranstaltungstechnik gemacht, also Licht und Ton bei Konzerten, daher kenne ich ihn. Ich habe auch immer Musik gemacht, angefangen mit Synthesizern. Eines Tages gab’s hier in Bielefeld ein Coverfestival, davon habe ich Dave erzählt, und der meinte „Super, mache ich mit!“, was mir sehr gelegen kam, weil ich nicht gut singen kann und auch ungern singe. Also passt das sehr gut. Ja, und jetzt machen wir das seit zwei Jahren.
Wie seid ihr auf die Idee gekommen, genau diese Art von Musik, also mit Synthesizern zu machen?
Mit 15 wurde ich natürlich Punkrocker, so wie jeder gute Mensch mit 15. Davor allerdings hatte ich eine gewisse musikalische Sozialisation, wo ich dringend Musik machen wollte. Das war nah genug an den 80ern , dass man in Musikvideos Synthesizer gesehen hat, die alles auf einmal machen. Das heißt, der Weg, für mich einen kompletten Song zu machen, war für mich dann nicht, an der Gitarre zu schrammeln und was drüber zu singen, denn das ist ja noch kein kompletter Song. Wenn man Schlagzeug und so haben wollte, brauchte man eben einen Computer mit Synthesizer. Möglichst günstig…entsprechend klang es dann auch.
Mit 15 habe ich dann mit einem schäbigen Synthesizer und einem Atari ST Musik gemacht. Dann kam wieder die Punkrockwelle zurück, mit Band und Gitarre. Aber deswegen habe ich eine Leidenschaft für beides. Ich mag Synthesizer, weil sie für mich das ultimative „Do it yourself“-Ding sind. Wenn man einfach das machen will, worauf man Bock hat, dann geht das am besten damit, weil die halt alles können. Man kann damit seine eigene Band, sein eigenes Orchester sein. Und deswegen finde ich es, wenn es denn Regeln für Punk gibt, völlig zulässig zu sagen „Synthesizer, Computer, wie geil!“. Ich finde aber auch Punk geil, weil Punk eine Energie versprüht, die technische Musik nicht in sich trägt. Deshalb kommt beides für mich so zusammen. Außerdem machen viele, gerade amerikanische, Punkbands Popsongs für mich. 4 Akkorde, oft eine großartige Melodie, die in jedem Popsong funktionieren würde, wäre sie anders instrumentalisiert und arrangiert. Es geht also auch darum, die gängige Form des Punks zu brechen. Das ist eben Musik, die ganz was Anderes ist. Dabei gibt es das ja gar nicht. Man kann nicht sagen „Das ist Punk, das ist kein Punk.“. Das ist für mich auch eine Möglichkeit, denen ans Bein zu pissen [die alles in Schubladen stecken wollen].
Alexandra: „…was ja wiederum den Punkgeist wiedergibt, das ans Bein pissen.“
„Ja, aber das finde ich wichtig. Das hat mich auch damals immer am meisten gestört. So war das halt. Man brauchte Subkultur, grad, wenn man jung ist. Da sucht man sich dann irgendwas, um sich abzugrenzen von den anderen. Wenn man dann aber später mal reflektiert, dann weiß man ja, dass man sich nicht vor den Sachen verschließen muss, die geil sind. Da verpasst man so viel. Entsprechend ist das Hommage, aber auch „Wie doof wir waren mit 17, dass wir alles abgelehnt haben, was jetzt nicht Highspeed-Schlagzeug-Polka war und Gitarrengekloppe“. Ich höre ja kaum noch Punk, bei Dave sieht das ganz anders aus. Der ist Punk, durch und durch. Ich wunder mich manchmal, was der da eigentlich so drüber denkt. Ich sprech da mit ihm so selten drüber. (lacht)
Ich glaube, dieses „Ans Bein pissen“ trägt er nicht so wirklich in sich, aber es macht ihm vielleicht einfach Spaß.
Warum gerade Bad Religion?
Bei diesem Coverfestival brauchte man ein Set von über einer halben Stunde. Also braucht man eine Band mit einem Liedkatalog, der die halbe Stunde ausfüllt. Und da bleiben halt nicht so richtig viele über, die genug Material haben und genug Material haben, was man schon mal irgendwo gehört hat. Wenn ich ein Konzert spiele, dann will ich auch, dass die Zuhörer das auch geil finden. Und gerade bei einem Coverfestival finde ich gehört es sich, dass die Leute begreifen, was man da macht. Wenn ich jetzt eine Sub-Band nehme, von der noch keiner was gehört hat, dann ist es völlig egal, wen ich da covere. Deswegen war mir klar, dass ich eine Band von einem Kaliber wie Bad Religion nehmen muss. Von all denen, die ganz oben stehen auf dieser Punkstufe, hatten die auf mich den meisten Einfluss und haben mich zum Punk geformt. Und sie hatten eben den größten Katalog mit Songs, bei denen ich wusste „das ist Pop, das funktioniert.“. Anders als bei Green Day, bei denen vieles in Rockgeschwindigkeit ist und nicht dieses Discoding in sich trägt. Und deswegen Bad Relgion. Auch, weil es eine großartige Band ist.
Was ist die allgemeine Reaktion? Ist es erstmal „Oh Gott. Was habt ihr aus Bad Religion gemacht?“ oder gibt es auch Leute, die sagen, „Das ist schräg, aber cool.“ Was überwiegt?
Unterschiedlich. Ich kenne Bad Religion Fans, denen das sehr gefällt. Ich bin noch keinem begegnet, der sagt „Das dürft ihr nicht“. Auch, wenn ich das gerne mal hören würde…aber ist mir noch nicht passiert. Manche können auch nicht mit diesem „Techno“ oder „Dance“, wie sie das nennen, nichts anfangen, was ich völlig okay finde. Das ist einfach eine Geschmacksfrage, hat ja nun mal jeder seinen eigenen. Ich war überrascht, dass es bei Leuten funktioniert, die Bad Religion nicht kennen. Ich dachte immer, das müsse man als Vorwissen haben, weil die Texte furchtbar kompliziert sind und so. Aber es macht denen trotzdem Spaß. Wir hatten einmal ein Konzert hier im Stereo [Studentendisko in Bielefeld, die hauptsächlich Indie und Pop spielt], was ja definitiv kein Punkladen ist, vor Publikum, welches definitiv kein Punkpublikum war. Aber es war super mit denen. Es hat funktioniert, auch wenn sie vorher nicht darauf vorbereitet waren. Ich kenne 1,2 Bad Religion Fans aus meinem näheren Umkreis, die interessiert das gar nicht, aber die haben den Anstand, mir das nicht zu sagen. (lacht)
Neulich war ja Bad Religion Day im Internet, wo sich dann Bad Religion Lieder angehört werden und der Chef vom Bad Religion Fanclub einen Videostream macht. Die hatten uns interviewt. In diesem Bad Religion Forum waren die Reaktionen auf uns eigentlich recht entspannt. Sie nannten uns „Die beiden Ecstasy Jungs aus Deutschland“.
Was denkst du darüber, dass ihr im Falle eines größeren Erfolges in einer Reihe mit Bands wie „Los Colorados“ oder „The Baseballs“ stehen werdet?
Total gern. Ich wüsste aber, dass ich es schade finden würde, weil natürlich will man selbst mit seiner eigenen Musik Erfolg haben. Keine Ahnung, ob wir jemals an den Erfolg von The Baseballs oder so rankommen. Aber ich hoffe, dass wir die Musik bis dahin genug neu interpretiert haben, damit keiner sagt, das wäre jetzt wieder nur so eine Hitfabrik. Es sollten genug Elemente drin sein, bei denen man sagen kann „Okay, die haben das selbst umgemünzt und wirklich und ganz neu gemacht“, sodass ich selbst davor Respekt haben kann. Ich hoffe, dass das immer gelingt.
Ja, das wäre auch die nächste Frage gewesen. Habt ihr vor, mehr Eigenes zu machen? Ich finde, dass das Eigene sehr überwiegt bei euch. Man erkennt das Original noch, aber es sind keine Cover, die so hingeklatscht sind.
Dankeschön! Wir machen ja beide Eigenes. Ich mach das mit den Computern und den Synthesizern…also, ich will jetzt nichts Blödes sagen…Dave…singt ja „nur“. Er hat seine Punkband, und ich mache Synthiegeschichten mit einer Sängerin hier in Bielefeld. Ich glaube, Dave würde nicht über normale, eigene Synthiepopsachen singen wollen. Das ist glaube ich einfach nicht seins, das kann ich auch völlig verstehen. Für mich hat er auch nicht die Stimme dafür. Er hat eine sehr eigene Stimme mit einer Menge Energie, die so im Popbereich nicht wirklich üblich ist und die ich mir da nicht vorstellen kann. Sachen, die halt nicht dieses Wilde in sich tragen, wie eben Punksongs. Wir machen beide unsere eigenen Sachen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das was für Dave&Mighty wäre. Ich hoffe einfach, dass wir genug eigene Sachen haben. Wir packen da immer eigene Melodien und eigene zweite Stimmen rein, wir ändern manchmal was im Arrangement…ich hoffe einfach, man merkt, dass wir genug Spielfreude haben und uns keiner übel nimmt, dass vieles „geklaut“ ist.
Zur Not gibt’s ja noch andere Punkbands, die ihr covern könnt…
Machen wir ja manchmal. Von Zeit zu Zeit covern wir andere Bands, einfach aus Lust und Laune. Wir kehren aber immer wieder zurück zu Bad Religion. Immer dann, wenn ich gerade so ein bisschen gelangweilt bin von immer demselben Kram…Es ist ja so: Kennst du einen Bad Religion Song, kennst du alle. Deswegen ist es auch mal ganz schön, eine andere Akkordfolge umsetzen zu dürfen.
Synthiepop ist einfach eine großartige Nummer. Du kannst mit jedem Song eine neue Soundlandschaft generieren, was bei Rockbands schwierig ist. Die klingen geil, aber mehr als Gitarre, Schlagzeug, Bass und Stimme ist es halt nicht. Man kann eine Menge damit machen, und die Imitation sorgt ja manchmal auch gerade für interessante Ergebnisse, weil man das immer weiter an irgendeinen Rand pushen muss und sich noch mehr anstrengt. Aber ein Synthesizer hat halt einfach…diese Räder und diese Schrauben…das ist geil. Wir arbeiten auch wirklich nur mit Hardwaresynthesizern. Den Computer haben wir nur für die Stimme. Das sind alles echte, ganz oft alte Synthesizer, die wir benutzen. Da lege ich auch Wert drauf.
Wo findet man euch live? Nur im Raum Bielefeld, oder auch woanders?
Leider tatsächlich bislang nur in Bielefeld. Wir würden total gern mehr machen. Vielleicht trauen uns die Leute das nicht so richtig zu, dass das eine gute Show ist. Man kennt das ja, dass Konservenmusik live nicht so besonders…Wenn heute Konservenmusik auftritt, wenn David Guetta auftritt, dann hat er seine CD dabei und drückt auf Play. Damit haben wir halt nichts zu tun. Aber das sind die Leute nicht mehr so gewohnt. Die gehen ja nicht zu Welle:Erdball…außer du. (lacht)
Ich hätte auch total gern ein richtiges Bühnenbild, Kostüme, Tänzer, eine Vorband…eigene Lichtshow, Silvesterfeuerwerk, das fände ich schon geil!
Du meintest ja, du hattest Feedback vom Bad Religion Fanclub. Habt ihr auch schon Feedback von der Band selbst bekommen?
Ja, tatsächlich. Bei Twitter habe ich ja immer das Gefühl, in Deutschland nutzt das keiner so richtig, aber in den Staaten ist das der Weg, um mit wichtigen und interessanten Menschen zu kommunizieren. Bassist und Gitarrist haben uns bereits sehr liebevoll erwähnt auf Twitter und uns empfohlen. Greg Hetson [Gitarrist bei Bad Religion] hat durchblicken lassen, dass er gerne mal ein Gitarrensolo über die ganze Nummer spielen, und das wäre für uns natürlich der ultimative Ritterschlag. Also, sie wissen, dass es uns gibt, und haben auch nicht viel dagegen.
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Vielen Dank für das Interview mit Mighty von “Dave & Mighty” und F. Roind für’s Verkuppeln!
Dave&Mighty sind zu finden unter www.daveandmighty.com