Müde und gestresst vom Tag rast Declan Shea in seinem Sportwagen durch das verregnete Newcastle. Nichts wie heim zu Freundin Aimee, die bereits wartet, möchte er und kann sich nicht vorstellen, wie der Tag noch schlechter werden könnte, als er plötzlich die Kontrolle über den Wagen verliert und nicht mehr abbremsen kann vor dem versoffenen Obdachlosen, der sich demonstrativ vor ihm auf der Fahrbahn positioniert. Schnell ist alles vorbei, der Mann tot und das Auto Schrott.
Doch im Krankenhaus, in dem Declan erwacht, ist keine Rede mehr von einem Unfallopfer und auch Aimee mag die Geschichte nicht so recht glauben. Doch als Declan die ersten Schritte an Krücken tun kann, stimmt etwas mit seinem Umfeld nicht mehr. Eine Frau kratzt sich auf offener Straße die Augen aus, als sie ihn sieht, eine Stimme verfolgt ihn durch die Körper Fremder, die daraufhin sterben. Gerade als Shea glaubt, den Verstand verloren zu haben, gerät er in einen Hinterhalt, in dem er bestialisch ermordet wird.
Hier könnte die Geschichte zuende sein, wenn nicht ein Junge, dem Declan eher am Tag ein paar Pfund gegeben hatte, den verstümmelten, augenlosen Kadaver aufheben, wieder zusammensetzen und in den Untergrund geleiten würde, wo der ehemalige Jazz-Pianist von Albträumen umringt vor die Wahl gestellt wird, wieder zu sehen und einen Jahrhunderte alten Kampf auszutragen, oder zerfleddert wie sein toter Körper einfach zu zerfallen.

Steven Savile / Foto: VoodooPress
“Vogelmanns Schatten” von Steven Savile ist britischer Horror, der sich in die verlorene Bevölkerungsschicht der Obdachlosen begibt und poetische Sprache mit extremen Gewaltdarstellungen verbindet. Dabei legt der Autor, der vor allen Dingen mit Romanen zu Doctor Who, Stargate Universe und anderen Serien bekannt wurde, ein Hauptaugenmerk auf Sprachwahl, Fantasie und Geschichte, Action und Blut spielen in “Vogelmanns Schatten” eine Nebenrolle.
Die detailreichen Schilderungen der Gedankengänge, Umgebungsszenarien und Begegnungen machen das Buch jedoch zum schlechten “Zwischendurch”-Lesestoff. Als etwas störend empfinde ich persönlich die zahlreichen Ansprachen des Protagonisten an das Leserpublikum, eine Anleihe an alte Detektivgeschichten, die in der surrealen Welt dieses düsteren Newcastle wenig verloren hat.
Dennoch ist mit “Vogelmanns Schatten” ein originelles und intelligent erzähltes Werk gelungen, das aus der Horrorsparte hervor sticht.
Die deutsche Ausgabe ist 2012 bei Voodoo Press erschienen und für 13,95 Euro erhältlich, direkt beim Verlag oder auf Amazon.