Vor nahezu ausverkauften Haus gaben sich am Samstagabend in der GoEast-Reihe des MDR gemeinsam mit dem Gewandhaus Leipzig gleich mehrere aktuelle und zeitgenössische Komponisten die Ehre. Unter dem Thema “Feuer und Seide” waren Stücke von Tan Dun, dem diesjährigen “Composer in residence”, Du Wei, Carl Nielsen und Igor Strawinsky zu hören und zu erleben.
Der Abend beginnt mit sieben Auszügen der Aladdin-Suite Carl Nielsens, gespielt vom Jugendsinfonieorchester Leipzig unter Direktion von Kristjan Järvi, der einmal mehr charismatisch durch den Abend führt.
Das Leipziger Jugendsinfonieorchester steht dem MDR Sinfonieorchester in nichts nach, wurde unter anderem 2004, 2008 und 2012 mit dem 1. Platz des Bundesorchesterwettbewerbes ausgezeichnet. Und so bietet Carl Nielsen, der im Grunde nie verstaubt, einen hervorragenden Einstieg in den östlich führenden Abend. Die Aladdin-Suite wurde als eine seiner Schauspielpartituren in den Jahren 1917 und 1918 komponiert und wird seitdem meist in der gekürzten Sieben-Takt-Version gespielt, das Original umfasste 31 Nummern. Das Publikum ist begeistert und verabschiedet das Orchester mit minutenlangem Applaus in die erste Pause.
Wozu eine Umbaupause nötig war wird ersichtlich, als zum zweiten Teil des Abends massive Papiervorhänge von der Decke baumeln und Instrumente aus Papier in einer Ecke der Bühne aufgebaut sind. Es ist Zeit für Tan Duns “Paper Concerto”, dirigiert von Kristjan Järvi und gespielt vom MDR Sinfonieorchester. Tan Dun, der die Leipziger bereits mit einigen Konzerten in den letzten Wochen, unter anderem der “Martial Arts Triology” seiner Kompositionen zu Tiger&Dragon, Hero und The Banquet in der Arena, und dem “Earth Concerto” im Gewandhaus begeistern konnte, ist in diesem Jahr der “Composer in residence” des MDR. Der Oscarpreisträger und Superstar der chinesischen Klassik lässt sich bei seinen Kompositionen von Elementen und klassischen Komponistenvorbildern inspirieren. So ist das “Paper Concerto” unverkennbar dem Werkstoff Papier gewidmet. Ein Geräusch wie wenn jemand hinter einem im Kino Chips isst, führt durch die Sinfonie, die sonst von lautem Rascheln, Trommeln, Kratzen und Reißen geprägt ist. Zu Gast ist hierfür die Virtuosin Beibei Wang, die sich der Percussion performance verschrieben hat und für Tan Dun bereits mit Wasser und Erdinstrumenten spielen durfte. Wild schlägt sie auf Kartons ein, lässt das Orchester gemeinsam Notenblätter zerreißen und schlägt Wellen mit den von der Decke hängenden Papierbahnen. Das Konzert hat seine eigene Dynamik, aus dem Publikum kommen auch immer mal wieder kleine Lacher, wenn die Musiker auf ihre Notenblätter einschlagen oder auf Papier gepfiffen wird. Am Ende sind jedoch alle begeistert und ein weiterer frenetischer Beifall folgt dem ersten.
Nach der zweiten Pause dann die Europäische Erstaufführung von “Niao Qing Si” – “The interruption of a Dream” der chinesischen Komponistin Du Wei, die selbst vor Ort ist um die Premiere zu erleben. Das Stück der gerade jungen Du Wei erhielt beim chinesischen Komponistenwettbewerb 2012 in Bejing den Ersten Preis. Für die Aufführung sind neben dem MDR Sinfonieorchester auch die Solistinnen Zhang Ying-Ying und Ding Xueer an den chinesischen Instrumenten Guzeng und Dizi angereist, beide Interpretinnen sind ausgezeichnet auf ihrem Gebiet. “The interruption of a dream” greift das Thema des chinesischen Dramas “Der Päonien-Pavillon” auf, einer in Spiellänge zwei Monate andauernden Liebesgeschichte. Ich denke, wir können Du Wei danken, dass sie die Geschichte auf 12 Minuten Spielzeit zusammengefasst hat. Das Stück überrascht mit ruhigen Streicherpassagen und wilden disharmonischen Stellen, in denen die Zwischentöne der traditionellen Instrumente einen wichtigen Part einnehmen. Der Saal ist begeistert und die beiden Solistinnen vebeugen sich gemeinsam mit Du Wei in farbenfrohen aufwändigen Kleidern, die den Raum ausstrahlen.
Den vierten Teil des Abends bildet Igor Strawinskys “der Feuervogel”, wie schon zuvor die Aladdin-Suite ein eher bekanntes Stück, welches jedoch von Järvi und dem Sinfonieorchester so furios in Szene gesetzt wird, dass es richtig Spaß macht und den zweieinhalbstündigen Abend gebührend abrundet.
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