Guido Rohm : Fleischwölfe

Guido Rohm : FleischwölfeDen Film sollte man vielleicht gesehen haben, den auf dem das Buch basiert. Oder anders herum. Es gibt keinen Film. Sagt zumindest das Vorwort. Gibt es ein Vorwort?

Der Gesprächsstil, in dem Guido Rohms “Fleischwölfe” geschrieben ist, lehnt sich zwar entfernt an ein Drehbuchkonzept an, aber eben nur entfernt. Gedreht wird die Doku zu den Geschehnissen rund um die Kannibalenfamilie Stern. Protagonisten der zehn Kapitel: Eine der Leichen, der zuständige Ermittler, ein Rentnerehepaar, dessen Tochter und Schwiegersohn ums Leben gekommen sind, ein horrorfilmversessener Videothekenverkäufer, der den Film gerade im Kino gesehen hat. Der Film “Fleischwölfe”, über den die Doku gedreht wird, die Sie gerade lesen, der die bedauerlichen Umstände der realen Morde behandelt, aber bereits vorher gedreht wurde, als noch gar nichts über die Kannibalenfamilie bekannt war. Weil er sich an anderen Filmen des Genres orientierte.

Und so sitzt zu Beginn des Buches der Sohn der Familie auf dem Baum vor der Hütte im Nirgendwo und erzählt seinem neuen Haustier von den Vorfällen in letzter Zeit. Statt Rindern hielten seine Eltern neuerdings menschliches Vieh, aber das wär okay so, nur Äpfel und Pilze hätte Gott den Menschen verboten, Fleisch ginge okay. Sein Haustier, das ist der kleine Sohn der Familie, die gerade auf dem Abendessentisch gelandet ist. Ein Haustier hatte er sich schon länger gewünscht. Das wolle man sich gar nicht vorstellen, betont der Ermittler später, aber das würden sie ja tun in den Medien. Es sich vorstellen und Fotos davon machen. Und diesen Film drüber drehen, der betont, dass er ja gar nicht auf den realen Ereignissen basiere. Die Leiche dagegen ist glücklich. Tot, aber froh darüber, nun berühmt zu sein und von einem bekannten Schauspieler gespielt zu werden. Nur einen Fernseher hätte sie gern.

Guido Rohms “Fleischwölfe” ist eine der beiden Erzählungen in dem Doppelband “Fleischwölfe / N0irvelle” und kommt ohne wirkliches Blutvergießen oder drastische Szenen aus. Eigentlich nicht wirklich ein Thriller, viel mehr eine Beschreibung der fiktiven Dreharbeiten. Dabei gehen die Protagonisten gar nicht so sehr den Morden nach, viel mehr der Frage der Medienausschlachtung in solchen Fällen. Die einen finden es toll, wie realistisch das Ganze nachgespielt wurde für den Spielfilm zum Mord, die anderen würden die Dreharbeiten rund um ihre verstorbenen Angehörigen am liebsten stoppen – aber kurz noch ein Interview dazu fürs Fernsehen geben, eine kleine Homestory, das geht in Ordnung.

Guido Rohm / Foto: Harald Schröder

Guido Rohm / Foto: Harald Schröder

Und so ist “Fleischwölfe” mit seiner Sprachplattheit den Charakteren angepasst, nichts für eingefleischte Horror- und Thrillerfans. Wer bei dem von Hans Peter Ludwig, dessen Comic-Illustrationsstil ich persönlich großartig finde, gezeichneten Cover auf viel Gewalt zwischen den Buchdeckeln hofft, wird enttäuscht, wer dagegen Filme wie “Somos lo que hay” (“Wir sind was wir sind”, 2010) mochte, oder dem Medienrummel um diverse Kannibalen- und andere Morde mit Kopfschütteln folgt, wird das Buch mögen. Und wer Guido Rohm gern liest, hat ohnehin auch an diesem Band seine Freude.

“N0irvelle”, den zweiten Teil des Doppelbandes, haben wir HIER besprochen.

“Fleischwölfe / N0irvelle” ist für 14,00€ direkt beim Verlag oder auf Amazon (Ebook) erhältlich.

Ein Gedanke zu “Guido Rohm : Fleischwölfe

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