Freiheit und Egoismus

Wer meint, er habe das Recht, Andere zu gefährden, ist ein ichbezogener Egozentriker – und kein Freund der Freiheit.

Ich mochte das Wort „Querdenker“ ja nie besonders gerne. Es stand früher für „unkonventionell“ und „frisch“, aber auch ein wenig für „originell“ nur der Originalität wegen. Und es wurde auch oft einfach nur für Leute verwendet, die gedacht haben und sich nicht auf das Nachplappern von billigen Vorurteilen beschränkten, weshalb auch so mancher „Denker“ einfach „Querdenker“ genannt wurde. Aber jetzt ist der Begriff „Querdenker“ sowieso für obskurantische Wirrköpfe reserviert, die alles glauben, was ihnen vegane Köche oder Schlagersänger so via Social Media zusenden. Kein Mensch, der seine sieben Sinne beisammen hat, wird sich heute noch gerne als Querdenker bezeichnen lassen.

Kritisches Denken zeichnet sich eben nicht dadurch aus, jeden Unfug zu glauben, nur weil dieser den Erkenntnissen der Wissenschaft entgegensteht oder justament das Gegenteil von dem behauptet, was Regierungspolitiker so von sich geben. Kritisches Denken bedeutet, alle verfügbaren Informationen zu sammeln, diese gegeneinander abzuwägen, sich im Rahmen der eigenen Fähigkeiten (heißt: soweit wir als Laien dazu in der Lage sind) der Erkenntnisse der Wissenschaft zu bedienen und dann ein eigenes Urteil als mündiger Bürger und Bürgerin zu treffen.

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Hoffnung für 2021

Die Zwanzigerjahre könnten ein Jahrzehnt voller Lebensappetit werden. Optimismus kann jedenfalls nicht schaden.

Das Jahr, das nun zu Ende geht, hat uns eines gelehrt: Wie zerbrechlich unsere Normalität ist. Innerhalb von nur wenigen Tagen kann sich unser Leben vollständig ändern, es kann auf den Kopf gestellt werden. Auch das zeigt dieses Jahr: Wie sehr wir auf unsere Normalität vertrauen, und wie absurd dieses Vertrauen dann im Nachhinein wirkt, dann nämlich, wenn die Abnormalität in unser Leben eingebrochen ist.

Wir unterliegen als Gesellschaft einer Art von „Kontrollillusion“: Ist alles normal, haben wir das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Umso erschütterter sind wir, wenn wir die Erfahrung des Kontrollverlustes machen. Wir sehen jetzt: Wir haben nicht alles unter Kontrolle.

Im Lichte dieser Erfahrung sind wir auch etwas demütiger, was Prognosen für die nächsten Monate betrifft. Was wissen wir schon? Wir wissen noch nicht einmal, wie in etwa das Infektionsgeschehen im Februar sein wird.

Und dennoch können wir auch mit etwas Optimismus ins Jahr 2021 sehen. In einer phantastischen internationalen Kraftanstrengung haben geniale Forscher, entschlossene Regierungen und Pharmaunternehmen innerhalb weniger Monate eine Reihe von Impfstoffen entwickelt. Einige basieren auf einem relativ neuartigen Verfahren, andere auf der klassischen Impftechnologie. Mittlerweile sind bereits Millionen Menschen geimpft und viele zehntausende Menschen sind seit Juni in den Testgruppen geimpft worden. Unter diesen vielen Zig-Tausenden sind praktisch keine nennenswerten Nebenwirkungen aufgetreten. Hoffnung für 2021 weiterlesen

Vorankündigung: Mein Buch „DIE NEUE (AB)NORMALITÄT

Im Februar erscheint mein Buch „Die Neue (Ab-)Normalität. Unser verrücktes Leben in der pandemischen Gesellschaft“ (Picus Verlag, 160 Seiten, 16.- Euro). Rezensionsexemplare oder das PDF der Druckfahnen können auch hier über den Verlag bestellt werden. 

Hier schon ein paar Takte aus dem Buch, um einen kleinen Eindruck zu gewinnen: 

In Charles Baudelaires „Les Fleurs du Mal“ gibt es das Gedicht „À une Passente“ („Auf eine Vorübergehende“). Tobender Straßenlärm, städtische Menge. Die Erzählerposition hat ein Mann der Menge inne, die Ich-Figur, an ihm geht eine Passantin vorbei, Blicke, die sich treffen, kurz, wie ein Blitz. „Werd ich in Ewigkeit dich erst wiedersehen? / (…) Ich weiß nicht, wohin du gehst, du nicht, wohin ich / Dich hätte ich geliebt und du hast es gewusst.“ Für Walter Benjamin war Baudelaire der erste große Dichter des großstädtischen Lebens, einer neuartigen Existenzform, die sich durch Eigenarten auszeichnet wie: Lautstärke, Lebendigkeit, ein Feuerwerk der Eindrücke und flüchtiger Wahrnehmungen, Blicke, Sehen, Gesehenwerden, anonymer Begegnungen, Überreizung der Sinne.

Modernes Leben, das sind Begegnungen, Kennenlernen und vergebene Möglichkeiten, Phantastereien über andere. Geräusche, Maschinengetöse manchmal, das Gerumple der Tramways, Gehupe der Autos, schnurrende Motoren, das Quietschen, wenn einer zu schnell um die Ecke fährt, der Geruch aus der Bäckerei, Gewurl der Leiber, die Menschentrauben vor den Lokalen, die Raucher in den Hauseingängen. Hunderttausende, die zu Freunden werden könnten, aber Unbekannte bleiben, weil wir an ihnen vorüber eilen. So lebten wir.

Im Jahr der Ansteckung war dieses städtische Leben zeitweise völlig still gestellt, und auch ansonsten schmerzhaft ausgedünnt.

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Heldenzeit

Dieses Jahr hat uns viel abverlangt. Aber es war nicht alles schlecht.

Fürwahr, das war kein einfaches Jahr. Die Seuche hat die Welt im Griff, bisher sind knapp zwei Millionen Menschen an Covid-19 gestorben, und das sind nur die fix dokumentierten Fälle. Ohne massive Eingriffe ins öffentliche Leben wären weltweit zig-Millionen gestorben.

Wir alle haben sehr viele Opfer bringen müssen: unzählige Menschen haben Angst um Zukunft und Arbeitsplatz, und können abends nicht richtig einschlafen, andere arbeiten rund um die Uhr und wissen nicht, wo ihnen der Kopf steht. Wiederum andere sind von chronischer Einsamkeit geplagt, haben Depressionen – und uns allen geht das Sozialleben ab, all die Dinge, die Spaß machen und jetzt verboten sind.

Aber wir können auch stolz darauf sein, wie wir bisher durch dieses Desaster gekommen sind. Heldenzeit weiterlesen

Die Spritze, Objekt der Begierde

Unser altes Leben werden wir erst mit der Impfung zurückbekommen.

Unsere beste Chance, diese Pandemie hinter uns zu lassen, ist die Impfung. Langsam dämmert uns aber, dass wir trotzdem noch harte Monate vor uns haben. Bis April wird sich an unserer Situation nur wenig ändern. Das ist keine Freude, aber auch nicht zu ändern. Mit einem Virus kann man nicht verhandeln.

Die Regierung hat jetzt angedeutet, dass in den ersten Monaten des neuen Jahres bestenfalls das medizinische Personal geimpft werden wird, vielleicht noch Teile der absoluten Risikogruppen, etwa Bewohner von Seniorenheimen. Mehr ist offenbar kurzfristig nicht zu schaffen. Im Frühjahr bis zum Sommer können dann vielleicht alle älteren Personen und Menschen mit Risikoerkrankungen geimpft werden. Alle anderen, die Sechzigjährigen, Fünfzigjährigen, die Jüngeren – sie kommen dann nacheinander dran. Das wird sich bis weit in den nächsten Herbst hineinziehen, wenn nicht bis in den Winter.

Ja, das ist ernüchternd. Denn das heißt: Wir haben noch rund ein Jahr vor uns, in der die Seuche unser Leben bestimmt.

Viele Menschen sehnen sich nach einem normalen Leben zurück, und das bekommen wir nur mit der Impfung. Die Spritze, Objekt der Begierde weiterlesen

Impfung gegen Covid-19: Alles was Du wissen musst!

Innerhalb von nicht einmal 10 Monaten gelang es Wissenschaftlern aus aller Welt, in einer phantastischen Kraftanstrengung aller Beteiligten – der Forscher, des Laborpersonals, aber auch der Pharmafirmen und einer Vielzahl von Regierungen – mehrere Impfstoffe gegen Covid-19 zu entwickeln. Das zeigt, welche medizinischen Fortschritte die Menschheit in den vergangenen Jahrzehnten gemacht hat. Dennoch gibt es viele Fragen zu den verschiedenen Impfungen, mit denen ich mich in den vergangenen Wochen beschäftigt habe. Natürlich bin ich kein Spezialist auf dem Feld, aber ich habe vielen Spezialisten auf dem Feld zugehört und versuche so knapp wie möglich zusammenzufassen, was für das Thema relevant ist. Wer sich selbst darüber hinaus informieren will, findet am Ende hier Links zu Beiträgen, die sehr umfassend sind und einige Stunden an Informationsarbeit verlangen, aber auch für den interessierten Laien verständlich sind.

Viele Sorgen, die ja auch von gewissenlosen Leuten geschürt werden, betreffen die Sicherheit der Impfungen.

Kann eine Impfung, die innerhalb von nur knapp acht Monaten die Zulassungsstufen durcheilte, überhaupt so sicher sein wie andere Impfstoffe?

Ja, denn die Zulassungsschritte für Sicherheitsprüfungen sind ja klar geregelt und da kann gar nicht lässiger oder gar nach-lässiger vorgegangen werden. Erst wird in ganz kleinen Probandengruppen die Sicherheit überprüft (wenn es zu schweren Nebenwirkungen kommt, wird die Entwicklung sofort gestoppt), dann die Wirksamkeit des Impfstoffs untersucht. Und erst in einer dritten Stufe wird mit vielen tausenden Testpersonen die Wirksamkeit und die Sicherheit noch einmal genau studiert.

Warum dauert das dann meistens jahrelang und diesmal nicht?

Erstens weil damit sehr viel Papierkram verbunden ist – und zwischen den verschiedenen Erprobungsstufen müssen Behörden die Papiere prüfen. Oft liegen die Akten dann monatelang herum. Jede dieser Teststufen sind teuer und brauchen Förderung – normalerweise werden diese Förderanträge gestellt, auch sie liegen oft monatelang herum, dann kommt vielleicht eine Absage, dann müssen die Forschungsgruppen bei einer anderen Forschungsförderungsstelle einen Antrag stellen… Alleine der Papierkram kann Jahre dauern. Das war diesmal nicht der Fall, da alle Behörden an einem Strang zogen und Geld einfach endlos zur Verfügung stand. Die Wissenschaftler mussten nicht ihre Zeit damit verschwenden, Euros zusammen zu kratzen. Impfung gegen Covid-19: Alles was Du wissen musst! weiterlesen

Wo jeder jeden kennt hat es das Virus leicht.

Treiber der Pandemie sind ja immer nur die anderen. Ein fataler Irrglaube – der der eigentliche Treiber der Pandemie ist.

Der Seuchenstress schlägt sich nicht nur auf das Gemüt, sondern auch auf die Sprache. Mit Massentests können wir Infizierte aus der Bevölkerung „herausfischen“ und „isolieren“, wird salopp kommentiert, und manchmal wird gelobt, dass sich die Bevölkerung – oder auch nur Teile von ihr – „diszipliniert“ verhalten. Und auch wenn wir keine unverantwortlichen Falotten sein wollen, so wollen wir doch nirgends „herausgefischt“ werden und wir reagieren auch allergisch darauf, wenn wir „diszipliniert“ oder wie Kleinkinder behandelt werden. Ich persönlich sehe mich lieber als jemanden, der sich aus freien Stücken verantwortungsvoll und vorsichtig verhält, und weniger gerne als „diszipliniert“. Das Wort hat mindestens einen Beiklang der Freudlosigkeit. Eigentlich klingt es verdammt nach Untertan. „Diszipliniert“ das sind Soldaten beim Exerzieren, die im Gleichschritt marschieren.

Nennen wir es einfach „vernünftig sein“. Es ist vernünftig, während einer Pandemie vorsichtig zu sein, sich selbst zu schützen und damit auch die älteren Familienangehörigen. Freilich, mit der Sprache hören die Probleme nicht auf. Eine der Eigenarten von uns Menschen ist, dass wir das eigene Verhalten gerne als vernünftig ansehen, und dabei mit uns nicht allzu streng sind – während andere, zumal Unbekannte, da auf weniger Nachsicht rechnen können. Ich bin ja vernünftig, ich treffe ja nur Tante Erna, Oma Hildegard und meine fünf besten Freunde, und die sieben kenne ich ja genau. Bei denen weiß ich ja, die sind vorsichte Leute und waschen sich sogar drei Mal am Tag die Hände. Aber bei den Fremden, bei denen weiß man nicht so genau. Wo jeder jeden kennt hat es das Virus leicht. weiterlesen

„Geld und Leben“ – ein Gespräch mit Ewald Nowotny, dem ehemaligen OeNB-Chef

Er übernahm die krisengebeutelte BAWAG und war mit einem Bankrun konfrontiert, als OeNB-Chef hatte er eine Weltfinanzkrise zu meistern. Jetzt hat Ewald Nowotny ein packendes Buch über seine Erfahrungen geschrieben. Im Kreisky Forum haben wir uns darüber unterhalten, wie man in Notsituationen entscheidet und wie er als junger Mann zum Sozialisten wurde.

Wer ist hier der Gefährder?

Sebastian Kurz ist gut im Polarisieren, aber lausig im Vereinen. In einer Pandemie ist das gefährlich für die Gesundheit.

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka lädt jetzt die Parlamentarier zum gemeinsamen Gebet ein, und manche halten das für unangebracht, weil Staat und Religion ja getrennt gehören. Andererseits: Wenn man in einer historischen Krise wie dieser Sebastian Kurz als Kanzler hat, dann hilft nur mehr beten.

Wenn man Sebastian Kurz und seiner Schmähtandlerregierung grundsätzlich kritisch gegenüber steht, ist man gegenwärtig in einer komischen Kalt-Warm-Situation. Man könnte sich ja freuen, dass sich der Kanzler als hilflos und unfähig herausstellt. Andererseits sind wir in der größten Krise der Geschichte und da ist eine hilflose und unfähige Regierung so ziemlich das größte Pech, das man haben kann. Man wünscht sich täglich, dass Kurz und seiner Chaos-Truppe wenigstens irgend etwas gelingen würde. Schließlich kostet das Unvermögen mittlerweile Tag für Tag über hundert Menschenleben. Davon wären wohl die Hälfte zu verhindern gewesen, wenn wir eine tüchtigere Regierung hätten.

In einem hat Sebastian Kurz aber recht: Regierung, Länder und Behörden können nicht alleine solch eine zähe, langsame Katastrophe abwenden. Auch wenn er sich immer gerne auf andere herausredet, ist es ja auch nicht falsch, wenn er sagt, dass es auf die Bürgerinnen und Bürger selbst ankomme. Dass die Menschen verantwortungsvoll handeln, Vorsicht walten und sich an die Anti-Seuchen-Maßnahmen halten müssen.

Aber auch das kann man als Bundeskanzler beeinflussen, dafür braucht es Regierungskunst. Und klar, da gehört Kunst tatsächlich dazu, denn Kanzler wird man bei uns, indem man eine Mehrheit erringt, also Parteimann ist, aber wenn man dann einmal Kanzler geworden ist, muss man doch der Regierungschef für alle Menschen eines Landes sein. Kurz ist aber gut im Polarisieren, aber lausig im Vereinen.

Er braucht immer Leute, denen er die Schuld zuschieben kann. Vergangene Woche waren es, ein Höhepunkt der Unsäglichkeit, wieder die Migranten, die angeblich das Virus „aus ihren Herkunftsländern“ im Sommer nach Österreich brachten. Also die vielen Menschen, die hier als Paketfahrer, Pfleger, als Ärztinnen, am Bau, als Lehrerinnen oder als Installateure, in den Supermärkten arbeiten und deren Namen vielleicht auf -ić enden. Es ist einfach niederträchtig. Wer ist hier der Gefährder? weiterlesen

Schickt mir Eure Corona-Geschichten

Heute bitte ich Euch einmal um Hilfe. Ich brauche Eure Geschichten.

Dieses Jahr hat den Einbruch einer neuen Ab-Normalität in unsere Normalität gebracht. Im Sinne von „Geschichtsschreibung der Gegenwart“ versuche ich das, was da passiert ist und auch mit uns passiert, in einem Buch aufzuschreiben, das im Februar erscheinen wird. Über „unser verrücktes Leben in der pandemischen Gesellschaft“.

Authentische Schilderungen helfen dafür natürlich immens. Über Eure Erfahrungen. Das kann alles sein: Die Verstimmungen, die Einsamkeit. Oder einfach auch skurrile Anekdoten, das Jahr war ja auch damit voll. Genauso wie das echte, massive Leid – selbst krank sein, Angehörige, die krank sind, der Tod, der plötzlich präsent ist. Ich weiß ja selbst nicht was alles – dafür brauche ich ja Euch.

Eure Berichte werden selbstverständlich anonymisiert und kein/e von Euch wird erkennbar sein.

Schreibt mir doch bitte unter robert (at) misik.at oder auf den verschiedenen anderen bekannten Kanälen (DM, Messenger etc…)

Ich danke im Voraus und stehe schon in Eurer Schuld!

Herzlich, Robert

Innen leben ist schlecht fürs Innenleben

Der Rote Faden, meine Kolumne aus der taz. November 2020.

Natürlich, sagte Heiner Müller einmal, „ist eine Diktatur für Dramatiker farbiger als eine Demokratie“, in ihr werde Macht direkt ausgeübt, Menschen widersetzen oder entziehen sich oder passen sich an, oder sie machen irgend etwas dazwischen. Das Existentielle ist buchstäblich existentieller. „Der Aufenthalt in der DDR war in erster Linie ein Aufenthalt in einem Material.“

Auch der Aufenthalt in einer Katastrophe ist für einen Autor Aufenthalt in einem Material, es gibt hier viel zu sehen, was ansonsten unsichtbarer bliebe. Ich winke also aus Österreich, der Katastrophenzone, aktuell der globale Corona-Hotspot. Seuchenweltmeister.

Wir hocken im Stubenarrest, Geschäfte, Schulen, Kneipen, alles hat zu, wir dürfen zwar raus, um ein wenig Luft zu schnappen. Die Infektionszahlen gehen dennoch nur sehr langsam zurück, da man die Epidemie kriminell lange laufen ließ. In den Pflegeheimen sterben die Leute wie die Fliegen, die Intensivstationen quellen über und dafür ist nicht zuletzt ein Kanzler verantwortlich, ein Angeber und Aufschneider, der monatelang damit prahlte dass wir „die Besten“ seien, was die Leute zu Halligalli ermuntert hat. Nicht einmal Donald Trump hat so ein Desaster anrichten können, jedenfalls wenn man die Todeszahlen in Relation zur Bevölkerung als Indiz heranzieht.

Und dieser Irrsinn geht weiter. Regierung und Schiliftmafia träumen noch immer vom unbeschwerten Wintertourismus. Im meistverseuchten Land der Welt zigtausende in Hotels, in Restaurants, in Gondeln – was kann da schon schief gehen?

Nun gibt es gewichtige Gründe für diese Schnapsidee, schließlich trägt der Tourismus zu rund 15 Prozent des heimischen BIP bei, es hängen Unternehmensexistenzen und Arbeitsplätze daran. Aber auch andere Branchen haben eine harte Zeit. Die Freude am Wintersport und am Urlaub sei den Menschen auch unbenommen, nur: Andere Leute hätten auch gerne eine Freude. Doch Theater sind gesperrt, Clubs und Bars sowieso, die Leute hocken isoliert daheim, die Kinder gehen schon die Wände hoch. Und jeder weiß: wenn es in vier Wochen Weihnachtsferien mit Schiurlaub gibt, dann zahlen in acht Wochen alle die Zeche für den Tourismus und den Urlaub von einigen wenigen.

Das verletzt auf eklatante Weise Gerechtigkeitsinstinkte. So eine Pandemie ist sowieso schon ein Stresstest für eine Gesellschaft, da Regierungen sehr viel tiefer in die Gewohnheiten und die privateste Lebensführung der Bürger und Bürgerinnen hineinregieren als in „normalen“ Zeiten. Innen leben ist schlecht fürs Innenleben weiterlesen

Acht Monate Irrsinn

Opposition gegen die Regierung – aber bitte nicht gegen die Realität.

Unsere Regierung hat, mit tatkräftiger Beteiligung der meisten Bundesländer, in dieser Corona-Krise so ziemlich alles falsch gemacht was man falsch machen konnte. Was hat man alles gesagt: Die gesundheitlichen Folgen sind überwunden. Ein zweiter Lockdown kommt sicher nicht. Man hat Corona im Wien-Wahlkampf instrumentalisiert und gebrüllt, dass Wien ein Seuchenpfuhl sei, und damit die bizarre Wirkung erzielt, dass sich in den Bundesländern alle sicher fühlten – in jenen Bundesländern, in denen jetzt ein Massensterben einsetzt. Von der haarsträubenden bürokratischen Langsamkeit bei den Wirtschaftshilfen wollen wir hier gar nicht sprechen. Wir müssten mit einer endlosen Liste von Gernot Blümels Desaster-Politik beginnen und enden bei einem „Umsatzersatz“, der nun einzelnen Konzernen die Möglichkeit bieten, den größten Raubzug der Geschichte auf Kosten von uns allen zu veranstalten.

Weder hat man sich ausreichend auf die Wucht der zweiten Welle vorbereitet, noch nennenswerte Sicherheitsmaßnahmen in den Schulen eingeführt.

Dass man Dinge voraussehen kann, davon hat in unseren Spitzenapparaten offenbar noch niemand etwas gehört. Dass Bürger und Bürgerinnen ihre Kinder nicht testen lassen wollen, weil sie Angst davor haben, als erste im Dorf als „verseucht“ abgestempelt zu werden und außerdem um ihre Jobs fürchten, wenn sie in Quarantäne sitzen – dagegen hätte man auch rechtzeitig wirken können.

Und über all diesem Irrsinn sitzt der Chaoskanzler Sebastian Kurz und prahlt immer noch damit, dass er in allem der Beste sei.

Es ist verständlich, dass die Bürgerinnen und Bürger satt sind und besonders verständlich, dass die Opposition an der Regierung kein gutes Haar lässt. Es ist auch nachvollziehbar, dass man intuitiv ablehnt, was die Regierung macht, und alles in Zweifel zieht, was die Regierung sagt. Dennoch: Der Lockdown jetzt war nötig, die Schulschließungen leider unumgänglich angesichts der Umstände (für die wohlgemerkt die Regierung die Verantwortung trägt). Die Situation in Spitälern und Intensivstationen ist dramatisch.

Es gibt jeden Grund, harte Opposition gegen die Regierung zu machen. Das darf aber nicht zu Opposition gegen die Realität führen. Acht Monate Irrsinn weiterlesen