Martin Kolozs: Immer November

Mitter Verlag
Wels 2012

Die berufliche Identität von Martin Kolozs ist genauso weit gefasst wie die Genreüberschreitungen in seinem Roman.
Er ist nicht nur Autor, sondern auch Verleger und Journalist, hat Theater- und Liedtexte geschrieben oder auch diverse Literaturprojekte konzipiert.

„Immer November“ ist spielerisch angelegt, changiert zwischen Fiktion und Realität, Phantasie und Weltlauf, vermeintlichen Identitäten, Literatur und Sein.
Bezeichnend die intertextuellen Bezüge, der bewusst entspannte flapsige Duktus, der an Genreliteratur erinnert sowie die atmosphärischen Rückblenden oder auch philosophischen Exkurse, wenn es um Identität geht.

John Salten, der Protagonist, begibt sich nach New York und stürzt sich in den Genuss, trinkt, hat Affären. Seine Ausrichtung findet er erst, als er dem Pulitzer-Preisträger Norman T. begegnet, einem extremen Charakter.

Das Buch liest sich leicht und flüssig, ist aber komplex angelegt; dahinter steckt eine wohl überlegte Konzeption.

Unterhaltsam und geistreich!

Petra Ganglbauer

Helwig Brunner: Die Sicht der Dinge

Rätselgedichte

keiper lyrik, Band 2
Edition Keiper, Graz 2012

die-sicht-der-dingeRätselgedichte haben eine lange Tradition, die bis in die Antike zurückreicht, sie tauchten etwa immer wieder in Märchen als Fragen auf, von deren Beantwortung das Schicksal der befragten ProtagonistInnen abhängt, sie waren aber auch als eigenständiges lyrisches Genre weit verbreitet. Meist bestehen sie aus Umschreibungen, die auf Fokussierungen auf wenig beachtete Aspekte des mit dem Lösungswort Gemeinten unter gleichzeitiger Ausblendung von anderen, vertrauteren, beruhen. Und zu beachten sind bei dieser Form stets auch auch die sprachkreativen und sprachreflexiven Elemente. Helwig Brunner transponiert das Rätselgedicht auf höchst gelungene Weise in die zeitgenössische Lyrik, indem er äußerst dichte, sprachlich spannungsvolle Wort-Gefäße kreiert. Denn was ist Lyrik anderes als Fragen zu stellen, zu verdichten, zu fokussieren und auf hoch konzentrierte Weise auf Unbeachtetes hinzuweisen?

Gefragt wird nach „Dingen” oder vielmehr: Die „Dinge” werden gefragt – welche, das wird hier nicht verraten und es lohnt sich auch, beim Lesen die gleichsam als umgekehrte Überschriften unter den Gedichten angegebenen Auflösungen zunächst verdeckt zu halten. Nur so viel: Es handelt sich um Vertrautes oder scheinbar Vertrautes, das die Menschen ständig umgibt, im Alltag, im Leben. Und die Fragen verschleiern nicht, im Gegenteil, sie erhellen und legen Schichten frei: „Ich bin, was du meinst / wenn du sagst, was du denkst, / bin der Punkt am Ende deiner / asymptotischen Rede, die lange / und länger ins Leere läuft, / ohne ihn ganz zu erreichen.” (104)

Und das Beispiel zeigt: Das Ich steckt hier in den Dingen, wie beispielsweise in manchen Rätselgedichten von Franz Brentano, und dieser geschickte Perspektivenwechsel, ja die Perspektivenumstülpung wird avanciert poetisch genutzt. Dadurch erhält der Titel „Die Sicht der Dinge” auch zwei Blickrichtungen: die des Subjekts und die der Dinge. Poesie und Philosophie gehen hier eine überaus fruchtbare Einheit ein. Seismografisch wird die Sprache ausgelotet, die konsequenten Personifizierungen, die Hinweise auf Formkongruenzen und die Verschränkungen von vermeintlichen Gegensätzen schaffen poetische Welten von eindrucksvoller Vielschichtigkeit. Helwig Brunners Rätselgedichte bauen tragkräftige Brücken zwischen Denken und Ding, die überaus viel von den Erscheinungen des kantischen Dinges an sich festhalten und transportieren und dadurch eine Fülle an überraschenden Eindrücken und Einsichten liefern.

Günter Vallaster

Manfred Chobot: Gefallen gefällt

Edition Art Science
Wien-St. Wolfgang 2012

gefallen_gefaellt

Der vorliegende Band besteht, obgleich zu mehreren Zyklen zusammengefaßt, aus zwei Arten von Gedichten.

Zum einen sind kräftige, menschliche Äußerungen in Manfreds Chobots Gedichten verpackt, Texte, die ganz bewußt schonungslos Existenz (URKNALL VORWÄRTS UND ZURÜCK) oder Gesellschaft (MILCHMÄDCHENRECHNUNG) wie auch alltägliche Erschwernisse ansprechen; Überlegungen zu Tod (SCHTEAM), (HOFFNUNGSLITANEI) oder Abschieden (DIE NACHT NACH ALLERSEELEN 2005), verleihen die Texte nachdrücklichst Stimme.
Chobot faßt heftig und laut verbal ins Leben, wie um das Erlebte noch einmal durchzugehen.

Die zweite Sorte Gedichte ist zarter, fragiler, vorsichtiger formuliert; es sind Gedichte, die um- und einkreisen, die das Objekt der Auseinandersetzung nicht festmachen, nicht verwandeln wollen (NACHTGEDICHT), (ZWANZIG ZEHENFINGER).

Eine gelungene, für die lyrische Arbeit des Autors exemplarische Zusammenschau!

Petra Ganglbauer

Alfred Gelbmann: Trümmerbruch oder Die Entdeckung des glücklichen Raumes

Kyrene Verlag
Innsbruck-Wien 2012

Anläßlich der jüngsten „Tage der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt argumentierte eine der Jurorinnen hinsichtlich des komplexen und dicht gewirkten Textes einer Autorin, indem sie von „Zeitmanagement“ sprach. Aus meiner Sicht ist dieses Wort unzulänglich und absolut unpassend für den Umgang mit Literatur, mehr noch, es ist dem Leistungsgesellschaft-Kontext entnommen und somit Kind eines Geistes, der in keinster Weise künstlerische Wahrnehmung zulässt.

Das vorliegende Buch Alfred Gelbmanns ist so etwas wie die poetische Antwort, das poetische Gegenstück zu obigem Wort. Wie der Titel „Trümmerbruch“ sagt, liegt das Leben des Protagonisten Moser, einem Anstaltshäftling, hinsichtlich der historischen und privaten Vorkommnisse wie seiner innerseelischen Befindlichkeit versprengt da. In der Zelle jedoch entdeckt der Protagonist seinen glücklichen Raum.
Moser, der von der Anstaltsleitung den Auftrag erhält, Niederschriften zu fertigen, will über die Anfänge dieser Niederschriften ganz bewußt nicht hinauskommen, weil, wie er meint, andere diese weiter- und fertigschreiben sollten, etwas, das schließlich der Autor des Buchs, dem die fragmentarischen Seiten der Niederschriften 6 und 6a, nach dem Verschwinden Mosers aus der Zelle, ausgehändigt werden, seinerseits tut.

Alfred Gelbmann setzt den Roman wiederholt, in immer neuen Anläufen und aus unterschiedlichsten Bewußtseinswinkeln, Erzähl-Perspektiven wie auch basierend auf verschiedensten Quellen (vom Intertextuellen bis hin zur Zeitungsmeldung) an.
Diese Schwenks geschehen plötzlich und erwirken dadurch eine intensive Auseinandersetzung mit dem Erzählten, an dessen „Nahstellen“ man sich sozusagen als Leserin / Leser befindet. Allem voran von Verstörung erzählt dieser Roman, von Vereinsamung und Flucht, von seligen Erinnerungen an Kindheit, von unlebbarer Liebe, von Treue und Isolation, von einer Art totalitärer Ordnung und Entpersonalisierung.
Immer wieder hält der nicht lineare Erzählfluß bei einem bestimmten Objekt (Kupfer, Glashütte…etc.) inne und zoomt es nahe heran, wechselt seinen Duktus, wird bisweilen zum Sachtext. Diese Textstellen verlangsamen uns beim Lesen, sie sind besonders nachdrücklich.

Die vielen Stimmen in diesem Buch sprechen aus unterschiedlichen Zeiten heraus, sie entspringen verschiedensten Orten. Dergestalt wird das Raumzeitgefüge stetig unterwandert!

Das Buch fordert Lesedisziplin, etwas, das es uns, den Lesenden, abzuringen gilt. Es ist spannend auf eine eigene Weise; eine Spannung, die wohl der großen Konsequenz hinsichtlich des Schreibakts entspringt. Und die Lektüre hinterläßt ihr Echo!

Absolute Empfehlung!

Petra Ganglbauer

Klaus Haberl: Auf den Treppen der Erde

lex liszt
Oberwart 2015
cover-haberlKlare, reife, ästhetisch gebaute und zugleich äußerst unprätentiöse Gedichte finden sich in diesem Band, der Themen wie Innenwelt und Außenwelt, Körper oder Schreibprozess in prägnanten Gedichten anreißt, die letztlich seltsame Wendungen nehmen, unerwartete Gedankenkurven. Sie sind es, die diese Texte so geheimnisvoll machen.
Denn nichts ist aus dem (irdischen) Stoff, aus dem es zu bestehen scheint.

Eine eigenwillige, beinahe notwendige Traurigkeit lieget wie ein Flor über dem hier versammelt Geschriebenen. Und wenn man Zeilen wie „Im Innern verliert / die Maschine an Kraft“ oder „Ich brauche die Gewalt / von Orten“ liest, dann ist es, als blicke das ganze Zueinander und Miteinander von Innerseelischem und Weltgeschehen daraus.

Niemals jedoch stellen sich die angesprochenen Themen gewichtig ein; Haberl gelingt es, durch fragile Andeutungen eine große Wirkung zu erzielen.

Ein empfehlenswerter Lyrikband!

Petra Ganglbauer

Bettina Balàka: Kassiopeia

Roman

Haymon Verlag
Innsbruck 2012

Der kleine Tod in Venedig

Seit die Liebe keine Himmelsmacht mehr ist und ihr Gelingen auch nicht mehr in den Sternen steht, ist sie eine Angelegenheit von Risikostrategien – deren pointierte Version bekanntlich das Gefangenendilemma darstellt. – Tit For Tat ist demnach die Devise, im speziellen Fall: wenn Du Tricks einsetzt, tu ich das auch. Denn dass die Liebe ein seltsames Spiel ist, verkündete Connie Francis bereits 1960, und mit der Etablierung der spätmodernen Individualitätsgesellschaft sind die Spielregeln wohl noch um einiges komplexer geworden. Judit Kalman, die begüterte Tochter eines Salzburger Unternehmers und jung verwitwete Vierzigerin ist eine veritable Heroin des Liebesrisikos, welches ganz zu beherrschen sie mit einem ausgetüftelten Programm und mit Leidenschaft sich anschickt, denn auf die Sterne ist nur bedingt Verlass, zumal die Kassiopeia-Gruppe ja auch nicht das Venusgestirn ist. Und darüber hinaus spricht auch die Wahrscheinlichkeitskalkulation nicht gerade für glückende Liebe: Gianna, die Haushälterin der Wohnung in Venedig; wohin Judit ihr begehrtes Objekt, den Romanautor Markus Bachgraben verfolgt, bringt den Sachverhalt auf den Punkt, nämlich „dass die wechselseitige, gleich starke Liebe zweier Parteien zu den seltensten Zufallstreffern im Universum gehöre.“ Dieser Umstand ruft schier nach willentlicher Lenkung, denn letztlich will Judit „den richtigen Menschen finden, der zu ihr gehörte, wie es in den heiligen Büchern von der Vorsehung bestimmt war.“

„Alle Städte sind gleich, nur Venedig is e bissele anders“, weiß Torbergs Tante Jolesch, und die Besonderheit, die dort für die Stadt in Anspruch genommen wird, kann hier für Bettina Balakas Venedig-Roman geltend gemacht werden, denn souverän und gewitzt umschifft er die bekannten Venedig-Klischees wie etwa morbide Romantik oder Todespathos. Anstatt mit Romantik ist der Leser hier erst einmal mit Strategie konfrontiert, in die man gleichsam nach Komödienart Einblick erlangt, zumal vielfach aus Figurenperspektive erzählt wird. Romantische Liebe lebt von der Schicksalshaftigkeit, Judits Liebesstreben lebt vom Willen zum System: „Von ihrem Vater hatte sie gelernt, dass der, der ein Ziel verfolgte, Geduld brauchte“ Zu den sieben Erfolgsstrategien gehört, Vater Kalman zufolge auch: „Das Ziel niemals aus den Augen lassen. In keiner Minute des Tages.“ Also setzt sie auf Dauerbeobachtung und beherzigt vor allem folgende Regel: „Scheue dich nicht, von deinem Ziel besessen zu werden.“ Die Ursache für Judits Besessenheit liegt aber vielleicht gar nicht vorwiegend in den besonderen Eigenschaften des Liebesobjekts, denn die Schwächen der Männer, jene von Bachgraben besonders, erfahren in der Betrachtung gewiss keine Gnade. Sie liegt auch nicht so sehr in der Tatsache, dass dem aktuellen Beziehungsprojekt eine nächtliche Einmal-Begegnung mit Bachgraben vorausliegt, über deren Erlebnisqualität keine näheren Angaben gemacht werden und die wohl eher im Lichte von Judits allgemeiner Bewertung von Sex zu sehen ist: „Sex an sich war ja eine peinliche Angelegenheit, wenn man ihn unter dem Blickwinkel betrachtete, dass man sich nackt verrenkte, das Gesicht verzerrte, das Makeup verschmierte, die Frisur vernichtete, grunzte und röchelte und am Ende womöglich noch vaginal ejakulierte, sodass die Bettwäsche ganz nass war.“ Ein nicht unwesentlicher Grund, weswegen Judit zum weiblichen Homo Faber der Liebe wird, liegt wohl in der ehrgeizigen Lust am Strategiespiel: denn das mail, das Bachgraben nach diesem One-Night-Stand verfasst und das der spionierenden Judit zur Kenntnis gelangt, prognostiziert, dass es ein weiteres Mal mit dieser Blonden „sicher nicht“ geben werde. Auch um diese Absicht zu durchkreuzen, treibt sie den ganzen Aufwand, mit dem sie nach Art einer Katze Bachgraben nicht nur finanziell, etwa durch Kontosperre, in die Enge treibt. Und das ist für den Leser höchst vergnüglich, denn die Komödie, auch die – auf den ersten Blick – antiromantische, lebt von den bekundeten Intentionen der Gegenspieler und deren – zumindest versuchter – Durchkreuzung. Das Dringende von Judits Handlungsweise ergibt sich nicht zuletzt auch aus schlichten Prestigegründen: ihrer Freundin Erika hat sie nämlich erzählt, sie wäre mit Bachgraben liiert, und Erika reist ihr unvermutet nach Venedig nach, um das zu überprüfen, womit für reizvolle Turbulenzen gesorgt ist. Dass gerade Erika dort erfolgreicher in der Liebe ist, etwa wenn ein Gondoliere sie zielsicher, wenn auch unspektakulär, in Richtung kleiner Tod in Venedig geleitet, liegt einfach in den Unwägbarkeiten des Lebens, die im Roman raffiniert komponiert werden, und wohl auch an Erikas unromantischer Pragmatik: denn es verlangt sie „nicht nach Bindungen, sondern nach frischem, emanzipiertem, unverbindlichem Sex.“ Dass in dieser Figurenanlage auf kluge und ansprechende Weise das ganze und oft gar nicht so lustige Spektrum der „conditio amoris“ unserer Zeit aufgerollt ist, bemerkt der Leser vielleicht auch erst nach der spannenden Lektüre.

Kassiopeia ist aber nicht nur ein fesselnder Liebesroman, sondern er erfüllt in seiner eleganten Komposition auch wesentliche Eigenschaften des Künstler- und Generationenromans. Dank der Rückblenden in die Familiengeschichte der Kalmans, die mit dem wirtschaftlichen Aufstieg von Vater Kalman einen tragischen Hintergrund miterzählen oder mit den Analepsen in die südtiroler Abstammung wird wie von ungefähr und auf nahegehende Art auch ein gutes Stück österreichische Geschichte erfahrbar. Und dass die Bachgrabensche Schaffenskrise und deren unerhörte Lösung genug Stoff und Spannung für eine Künstlernovelle sui generis abgäbe, sei hier nur am Rande gestreift.

Natürlich ist Liebes- und Literaturgelingen in postmodernen Zeiten mitunter ein Effekt des literarischen Zitats, womit hier nicht die amüsante Chili-Schoten-Allusion auf einem Don-Juanesken Gegenwartsroman gemeint ist. Das eigentliche Zitat in diesem Buch ein werkkonstitutives: Bachgrabens fiktiver Roman Kassiopeia, „ein Märchen über die Liebe in eisigen Zeiten“, wie er in einer Rezension apostrophiert wird, wird nicht nur zitiert, sondern dieser entsteht eigentlich erst während der Lektüre von Bettina Balakas Roman. Er ist nämlich nicht nur dem Umschlag nach mit dem hier vorliegenden gleich, sondern bildet auch jene Leerstelle, die durch diese Romanhandlung mit Leben gefüllt wird. Womit modellhaft in einer unvergleichlichen Konvergenzbewegung der Roman das Leben fasst und das Leben poetisiert bzw. romantisiert wird. Entgegen der Botschaft von Lou van Burg und Barbara Kists Schlager aus dem Jahre 1959 steht nämlich nicht „alles in den Sternen, was dir vom Schicksal bestimmt“, sondern in den Büchern, besonders solchen mit Sternentitel.

Günther Höfler

Chacha Bevoli: Feuerland

Lyrische Texte

Elisabeth Chovanec
Wien 2010

24 September 2010 In der im Buch vorhandenen Werkbiografie heißt es, Chacha Bevoli erarbeite sich Literatur. Das ist bemerkenswert und zeigt auf, dass die 1939 in Wien geborene Autorin bestrebt ist, fortlaufend schreibend zu erfahren und zu lernen.

Die in diesem Band versammelten Gedichte machen eine Sehnsucht nach Einheit und Aufgehen im Ganzen des Universums transparent.
Die Kommunikation zwischen Ich und Welt ist eine besondere dort, wo auch die Bilder nicht zu nachdrücklich aufscheinen, wo nicht alles gesagt und ausgesprochen wird. „Allein – in Schwärmen/“ oder „Gewebe voller Abenteuer“ „Nachtschimmer“.
An jenen Stellen ruft uns eine Zartheit, die ein sehr zerbrechliches lyrisches Ich dahinter vermuten lässt.

Ergänzt werden die „kosmischen“ Texte durch Bilder und Fotos, in Teilen von Chacha Bevoli selbst.

Petra Ganglbauer

Gerhard Jaschke: NOCH mehr WELTBUDE

Abwesend anwesend –
Anwesend abwesend.

Sonderzahl Verlag
Wien 2012

Texte über das Menschsein, Krankheiten, Erfolg und Erfolglosigkeit, über die Medienberichterstattung, den Kunst- und Literaturbetrieb, Gerhard Jaschke hält uns mit seinem jüngsten Buch ganz nahe am Erleben.

Das Buch ist ausnehmend zündend, ein temperamentvolles literarisches Protokoll, das atmet und aus den unterschiedlichsten Genres und Strukturen besteht.
Lyrische Passagen wechseln mit Reden oder Tagebuchaufzeichnungen ab, verschiedene Zugänge in der Wahl der Erzählperspektive erzeugen Nähe Distanz zu den Inhalten; Sprachspiel und theoretische Überlegungen kommen auch nicht zu kurz!

Polemisierend wirken viele der Texte im Hinblick auf zeitgeistige Tendenzen („im kindergarten akademie“), und wieder sprechen Stimmen (Zitate) herein, so dass dieses Buch sich auch eingebunden wissen will in den Teppich aus literarischen Strömungen und Stimmen.

Ein reichhaltiges Zeitzeugnis!

Petra Ganglbauer

Ilse Kilic: Buch über viel

Ritter Verlag
Klagenfurt-Wien 2011

Viele „Paralleluniversen“ finden sich in Ilse Kilics neuestem Buch, Alter Egos, Verweise, Zitate, Systeme, Regelwerke, Kontexte.
Die Autorin besinnt sich auf manche ihrer literarischen Wurzeln und zeigt wieder einmal spritzige grammatikalische Besonderheiten auf.
Immer wieder verknüpft die Autorin Wissenschaft und Kunst miteinander, Leben und Fiktion.

Das Buch enthält ein weiteres, ein 52 Tage-Buch, einen Brückenschlag von der Zahl zum Wort, vom Erzählen zum Zählen, Listen, Minidrama, Gedichte, Liedgut. Die Ordnungsprinzipien der Sprache, also des Lebens, aber auch der Mathematik fanden Einzug in dieses polyphone, ganzkörperliche Buch, das einen nicht so schnell entlässt. Einmal eingetaucht in das mitteilsame Werk von Leiden und Leben, von Kindsein und Erwachsenwerden, vom Träumen und vom Alltag, findet man sich mehr als gerne zurecht und möchte nicht mehr zum Alltagsmedium Sprache zurückkehren.

Es fällt schwer, zuzulassen, dass dieses Buch ein Ende hat, aber jenseits von „VIEL“ findet sich ja alles Andere; und wie schreibt Ilse Kilic so treffend?

„Danke schön, es war
bezaubernd nett
(nochmal noch mal!)“

Petra Ganglbauer