Buchtipps des Jahres: Stefan Mesch

2014 stefan mesch

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Seit 2009 schreibe ich für ZEIT Online.

Interviews, Texte über Bücher und Autoren.

Manchmal auch NetzkulturFilm und Feminismus.

Jeden Sommer empfehlen Mitglieder der Redaktion und freie Mitarbeiter ein Buch für den Urlaub. Jeden Winter einen Weihnachts-Geschenktipp oder ihr persönliches Buch des Jahres.

Mir macht dieses Büchersuchen und -empfehlen Spaß. Ich finde das ganze Jahr lang mögliche Kandidaten. Meine ideale Empfehlung: Literatur, die noch fast niemand kennt… aber die möglichst viele Leserinnen und Leser überzeugt.

Heute, hier gesammelt: meine ZEIT-Empfehlungstexte und Tipps seit 2009.

Im Sommer 2014 gaben zum ersten Mal keine Redaktionsmitglieder / Journalisten Empfehlungen, sondern Autorinnen und Autoren. [Memo an mich selbst: Schnell den Roman fertig machen!]

Ich selbst hatte zwei Bücher in der ersten Sommer-2014-Auswahl:

Meine privaten Bücher des Jahres stelle ich jedes Jahr Anfang Januar HIER vor.

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Stefan Mesch Buchtipps Zeit Online 2

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Weihnachten 2013:

[Original hier] In US-amerikanische Jugendbüchern tut sich stilistisch oft nicht viel: Stakkatosätze. Präsens. Sekundenrealismus, nah am Ich-Erzähler. Alles klingt gleich. Nichts irritiert. Eine Ausnahme ist David Levithan, der in zehn Jahren fast 20 Bücher über Paare, Selbstverwirklichung und Partnerschaft-als-Selbstverwirklichung schachtelte. Jedes klang anders. Allerdings ist Two Boys Kissing ist der erste Levithan-Roman, der mich überzeugt: Acht schwule Jugendliche auf dem Land, 50 Stunden persönlichste Katastrophen und Triumphe, brillante Perspektivwechsel, Schnitte. 200 Seiten nichts als Sätze, die Leser zum Weinen bringen wollen. Vor Wut. Freude. Begeisterung. Ein hoher Ton. (Stefan Mesch)

David Levithan: Two Boys Kissing. A Novel. Knopf Books for Young Readers, New York 2013. 208 Seiten, 11,40 Euro.

erhältlich u.a. hier.

Two Boys Kissing

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Sommer 2013:

[Original hier] Tote Kinder. Zerstörte Existenzen. Im März 1925, nach einem beispiellosen Tornado, steht jede Familie in Marah, Illinois vor verheerenden Lücken. Bis auf Familie Graves: Großmutter, Eltern, Tochter, Söhne, Haus, Auto und Sägewerk bleiben verschont. Falling to Earth, ein straffes Debüt, beginnt als Fabel oder alttestamentarisches Gleichnis. Sobald die Graves‘ aber verstehen, welches Neid- und Vorwurfspotenzial ihr Überleben wecken kann, wird aus der dunklen Mär um Anstand und Verlust ein atemloses, überraschend modernes Psychogramm. Ein Dorf, in Trauer verschnürt – gegen stolze Einzelgänger, die sich selbst zerreißen. Traumatisch gut! (Stefan Mesch)

Kate Southwood: Falling to Earth. Europa Editions, New York 2013. 272 Seiten, 12.99 Euro.

erhältlich u.a. hier.

Falling to Earth

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Weihnachten 2012:

[Original hier] Frauen werden alt – und bitter wie Mutti. Männer bleiben Tölpel – und mit 40 noch Jungs. In Gone Girl, dem erfolgreichsten US-Krimi 2012, spielt Gillian Flynn mit Zorn, Klischees und enttäuschten Erwartungen eines Paars, das von Manhattan aufs Land zieht und sich hassen lernt, als Träume, Jobs, Selbstbilder zerbrechen. In furiosem Zorn hetzt Flynn einen Frauenhasser auf eine Männerhasserin, schnürt ein Entlieben und die schleichend schlechten Kompromisse einer Ehe zu einem grellen, hanebüchenen Komplott: Frauen wollen Handschellen? Schmachtende Vampire? Nein. Ein Partner, geistig reifer als 15 Jahre, wäre hier schon genug. Jemand, der auch mal ungefragt die Küche wischt – ohne dabei zu träumen, dir den Schädel einzuschlagen. (Stefan Mesch)

Gillian Flynn: Gone Girl, Crown Books, New York 2012. 432 S., 12.95 Euro.

erhältlich u.a. hier.

Gone Girl
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Sommer 2012:

[Original hier] Stille Wiesen. Karge Dörfer. Ein Grüppchen Gänse und ein Fuchs, der nachts um die Ställe schleicht: Der Umweg, dritter Roman des niederländischen Gärtners, Schlittschuhlehrers und Erzählers Gerbrand Bakker, zeigt Kitsch- und Sehnsuchtsräume von Landlust-Lesern… in atemloser, neuer Perspektive. Ohne Warnung, Abschied und Begründung flieht eine Frau von Amsterdam nach Caernafon (Wales) und wartet auf den Winter. Ein neuer Alltag, ohne Zwänge? Freiheit? Oder dumpfe Isolation? In Schärfe und Bildkraft, die schaudern lassen, zeichnet Bakker einen Rückzug, ein Haus und eine drastische, faszinierende Entscheidung. Ein Kammerspiel? Ein Thriller? Beides! (Stefan Mesch)

Gerbrand Bakker: Der Umweg. Roman. Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke. Suhrkamp, Berlin 2012, 230 Seiten, 19,95 Euro.

erhältlich u.a. hier.

De omweg
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Weihnachten 2011:

[Original hier] Drei Außenseiter, ein toter Mitschüler, ein Jahr auf einer High School im tristen Pittsburgh, 1991: Stephen Chboskys Jugendroman The Perks of Being a Wallflower erzählt entspannt und ohne falsche Dramatik vom Erwachsenwerden der Grunge- und Mixtape-Generation. Veröffentlicht im Jahr 2000 als vielleicht lieber morgen, doch schon seit Jahren vergriffen. So entschied sich Heyne in diesem Jahr für eine neue Übersetzung: Das also ist mein Leben folgt einer Gruppe hungriger, verletzter Teenager, auf Kollisionskurs mit der Welt. Mehr Herz als Der Fänger im Roggen, mehr Hirn als Virgin Suicides… und 2012 im Kino. Ein Kultroman – ohne schmachtende Vampire. (Stefan Mesch)

Stephen Chbosky: Das also ist mein Leben. Aus dem Englischen von Oliver Plaschka. Heyne 2011, 288 S., 12,99 Euro. 

erhältlich u.a. hier.

The Perks of Being a Wallflower
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Sommer 2011:

[Original hier] Egal, wie „wichtig“ oder „lohnenswert“ ein Buch sich liest – es bleibt ein kleiner Sarg, in dem ein Nachmittag oder ein Wochenende begraben liegt: Der Sommer ist halb vorbei. Die Tage werden kostbarer und kürzer. Wie viele Fehlstarts, Umwege und Sackgassen erträgt ein gutes Leben? Gabriel Bá und Fábio Moon, Zwillingsbrüder aus São Paulo, zeigen in Daytripper zehn End- und Wendepunkte im Leben des brasilianischen Journalisten Bras de Olivias Dominguez. Bras schreibt die Nachrufe der Tageszeitung. Doch seine eigenen Träume müssen warten, jahrelang. Auf Deutsch ist der zum Heulen kluge Comic vorerst nicht geplant. Dann also: Die US-Ausgabe! So brutal zärtlich, ernst und hoffnungsvoll brüllt kaum ein anderes Buch: „Du stirbst. Wach auf! Fang an, zu leben!“ (Stefan Mesch)

Gabriel Bá, Fábio Moon: Daytripper. Vertigo Verlag 2011, 256 S., 14 Euro.

mittlerweile auch auf Deutsch erhältlich, u.a. hier.

Daytripper

 

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Weihnachten 2010: 

[Original hier] Was sind BRIC-Staaten? Was geschah in Darfur? Wem gehört die Arktis? Seit 2003 veröffentlicht die französische Monatszeitschrift Le Monde Diplomatiquekurze, klug recherchierte Grundlagentexte zu Wirtschaft, Krieg und Krise: Der Atlas der Globalisierung ist ein Gemeinschaftskunde-Reader für Erwachsene, faktensatt, überraschend und angenehm differenziert. Globalisierung ist hier kein linker Kampfbegriff – sondern ein (toll visualisiertes) Netz aus Interessen, Konflikten und ihren weltweiten Folgen. Pflichtlektüre! (Stefan Mesch)

Le Monde Diplomatique (Hrsg.): Atlas der Globalisierung. Sehen und verstehen, was die Welt bewegt . taz Verlag, Paris/Berlin 2010, 216 S., 13 €

aktuelleres Update von 2012 erhältlich u.a. hier.

Atlas der Globalisierung: Die Welt von morgen
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Weihnachten 2009 [1]:

[Originale hier] Das erste eigene Haus, zwei hübsche Kinder und eine brave Ehe in der Vorstadt: 1955 merken Frank und April Wheeler, dass sie von ihrem Leben deutlich mehr wollen. Das Paar wagt einen letzten, großen Ausbruch aus der Mittelmäßigkeit. Sam Mendes’ Revolutionary Road, die Verfilmung des Romans, stieß letzten Frühling auf Preise und freundliche Kritiken – und machte Richard Yates’ Romanvorlage, erschienen 1961, zur Wieder-Entdeckung des Jahres: Ein scharfkantiges, wahres Buch, menschlich, modern und erwartet witzig.

Richard Yates: Zeiten des Aufruhrs. DVA, München 2008, 368 Seiten, 14,99 Euro

erhältlich u.a. hier..

 

Revolutionary Road

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Weihnachten 2009 [2]:

Facebook, Twitter, Google Books: 2009 wurden die Debatten um Datenschutz, Copyright und globale Information immer lauter und panischer. Der Romancier, Blogger und Aktivist Cory Doctorow geht den umgekehrten Weg: Visionen statt Verbote, Verstand statt Angst. In Content sammelt er 17 knackige Essays über die Zukunft der Medien und der globalen Kommunikation. Wie alle Bücher und Geschichten Doctorows gibt es Content als klassische Print-Ausgabe. Doch parallel dazu auch als offiziellen Gratis-Download im Internet – wenn auch vorerst nur auf Englisch.

Cory Doctorow: Content. Selected Essays on Technology, Creativity, Copyright, and the Future of the Future. Tachyon Publications, San Francisco 2008, 224 Seiten, 10.99 Euro

gratis hier.

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