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- im Juli 2016 habe ich Simone Dede Ayivi interviewt, für kleinerdrei.org: Link zum Interview
- im August 2016 schrieb ich ein Portrait über Simone und ihre aktuelle Arbeit, „First Black Woman in Space“, für eine FAZ-Beilage des Mousonturm Frankfurt: Link zum .pdf
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- am 17. September 2016 (Samstag) um 18 Uhr zeigen Ayivi und ihr Produktionsteam in einer offenen Probe / einem öffentlichen Showing am Mousonturm (Link) erste Szenen. Der Eintritt ist frei.
- heute hier im Blog, mit Erlaubnis vom Mousonturm und FAZ: der (Kurz-)Text zum Stück (Details, wie gesagt: im Interview)
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Durch das Raue, hoch zu den Sternen
Vorbilder, Kämpferinnen, der Traum von einer besseren Welt: Simone Dede Ayivi schreibt und inszeniert. Ihr neues Stück entsteht am Mousonturm für das Festival der „afropäischen Künste“
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von Stefan Mesch
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„First Black Woman in Space“ feiert die Durchbrüche und Pionierleistungen Schwarzer Frauen. Ein Abend über Aktivistinnen, Astronautinnen, erste und gemeinsame Schritte Richtung Zukunft.
Die erste Schwarze Frau im All war Mae Jemison, 1992. Astronautin zu werden – das wurde für sie denkbar, weil sie über 20 Jahre zuvor eine andere Schwarze Frau auf der Brücke eines Raumschiffs sah: Lieutenant Uhura in „Star Trek“. Aus solchen Schrittfolgen und Vorbildern wächst Zukunft, Utopien machen Mut. Science-Fiction kann Beschränkungen der Gegenwart in Frage stellen.
Simone Dede Ayivi stammt aus Hanau und lebt in Berlin. In ihren Shows und theatralen Performances steht sie oft selbst auf der Bühne – umgeben von Videos, Soundcollagen, Expertinnenstimmen und Statements. In „First Black Woman in Space“ zeigen Frauen of Color, wer sie inspirierte und in welcher Hinsicht sie selbst zur ersten Frau im Raum wurden. Doch es gibt immer mehr als eine Pionierin, eine Vorkämpferin.„Es geht um Schwesternschaft, Empowerment, die Kraft utopischer Orte. Es reicht nicht, nur auf einzelne Biografien zu blicken. Ich will fragen: Was wird möglich, sobald wir Zukunft ohne Rassismus und Sexismus denken?“
Ayivi und ihr Produktionsteam – neun Frauen – entwickeln das Stück während einer Residenz am Mousonturm. Sie machen die Bühne zur Kontrollstation, zum Raumschiff. Und zur utopischen Gedenkstätte. In „Performing Back“, mit dem sie Ende 2015 am Mousonturm gastierte, fragte Ayivi nach deutschen Kolonialverbrechen in Afrika, öffentlichem Vergessen, Verschweigen und Protest. Es gibt eine westafrikanische AdinkraDenkfigur: Sankofa. Lerne aus der Vergangenheit – um die Gegenwart zu verstehen und die Zukunft gestalten zu können.
„First Black Woman in Space“ blickt auf dieselben Fragen. Aber aus der Gegenrichtung: Welche Rollen spielen Schwarze Frauen in Utopien? Wie wirken Zukunftsbilder zurück aufs Heute? Ab wann verändern Vorstellungen davon, was möglich ist, persönliche und politische Gegenwart, Berufe und Normen?
Ayivis Shows sind vielstimmig, humorvoll, kritisch, verspielt – und entspannt geistreich. Auf ihrem Schreibtisch stapeln sich Bücher zu Zeitreisen, schwarzem Empowerment, Physik und Afrofuturismus. US-Utopien drängen meist ins All – The Final Frontier. Afrikanische Science-Fiction dagegen spielt viel öfter auf der Erde. Science-Fiction sucht griffig mehrdeutige Bilder: „Aliens tauchen auf und transportieren dich auf Schiffen in eine neue Welt, gegen deinen Willen. Die Geschichte der Versklavung – eine Entführung durch Fremde.“
Oft meldet sich Ayivi auch in Essays zu Wort, in Theater- und politischen Debatten. Ihre Sachtexte sind leidenschaftlich, klar, couragiert – eine Aktivistin, die Probleme und Lösungen deutlich benennt. Ihre Arbeiten fürs Theater haben noch andere Stärken: Hier wird gespielt, verknüpft, assoziiert. Geistreich, respektvoll. Überraschend und witzig.
„Falls du aus einer marginalisierten Position heraus etwas erreichst, muss dir klar sein: Dass du diese Möglichkeiten hattest, ist nicht nur deine Leistung. Heute stehe ich auf der Bühne. Nicht, weil ich eine bessere Künstlerin bin als Schwarze Frauen vor mir. Sondern, weil Menschen feministische und antirassistische Arbeit machten. So lange kämpften, bis Barrieren mürbe wurden und aufbrachen.“
Die erste Person, die solche Barrieren überwindet und einen neuen Raum betritt, ist oft einsam. Nichelle Nichols, Uhuras Darstellerin, wollte „Star Trek“ nach einem Jahr verlassen. Doch Martin Luther King bat sie, zu bleiben. Damit Uhura sichtbar bliebe, für ein Millionenpublikum. Ayivis Stücke zeigen: Sich eine Bühne zu erobern, öffentlich gehört, gesehen, respektiert zu werden, verändert alles. Für die Frau auf der Bühne. Und für die Menschen im Publikum.
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„First Black Woman in Space“:
- offene Probe: 17. September 2016, 18 Uhr, Mousonturm Frankfurt
- Vorstellungen: Herbst 2016, in u.a. Berlin (Sophiensaele), Hannover (Freies Theater) und Frankfurt
- 26. November 2016: Vorstellung am Mousonturm Frankfurt