Fast hat es den Anschein, als setze die öffentliche Wahrnehmung die digitale Kommunikation mit Bashing und Shitstorm gleich. Wie oft hören wir, dass im Netz die Hemmschwellen gering seien und die Kommunikationsstile entsprechend rau. Da werde mit harten Bandagen gekämpft und Andersdenkende im Schutz der Anonymität gemobbt. Woraus Konsequenzen in Form von anhaltenden Diskussionen um Netiquette, Fairness und Zivilcourage im Netz gezogen werden.
Natürlich gibt es das dort auch: Schmähreden, Hasstiraden, Verunglimpfungen Andersdenkender. Mein Eindruck ist allerdings, dass es im Netz eher sittsam zugeht. Bisweilen vielleicht sogar zu sittsam!? Hitzige Debatten, bei denen sich die Gemüter erregen und die Stimmen laut erheben, erlebe ich bei Facebook und anderen Communities oder Blogs so gut wie nie. Man geht sich nicht an den Kragen. Im Gegenteil: Angesagt ist Wohlfühlen. Und deshalb passt man sich lieber an. Da man weder auffallen, noch anecken und zudem mit seiner Meinung nicht alleine bleiben mag, richtet man seine Statusmeldungen nach dem Massengeschmack. Mainstream galore! Mit populärer Musik, niedlichen Katzenbildern, rotglühenden Sonnenuntergängen, einem Instagrambild vom leckeren Mittagessen, Sinnsprüchen und Albernheiten oder Schmeicheleien hält man seine Claqueure bei der Stange.
Und wer Themen postet, die ein gewisses „Geschmäckle“ haben oder problematisch sind, der versucht sie zu entschärfen. Zur verpatzten Abschlussarbeit passt ein Song von Gloria Gynor („I will survive“), zum Refugee-Camp am Brandenburger Tor ein Sinnspruch. Und für den Darmvirus, an dem man laboriert, hält ein Markenzwieback her, den man mittels Fotoapp gekonnt ins Licht gesetzt hat. Zum schönen heilen Kosmos, den Netzwelten suggerieren, gehören auch Selbst-Inszenierungen mit dem Zweck, sich möglichst vorteilhaft in Szene zu setzen. Wir Helden, die wir keine Ängste noch Sorgen kennen! Ohne Fehl und Tadel und zudem mit allem ausstaffiert, was die Konsum- und Warenwelten hergeben.
Ich frage mich, warum die eindimensionale Sicht, die das Netz vielfach abbildet, und die Heile-Welt-Mentalität, die dadurch befördert wird, nicht weiter verstören. Problematisch sind nicht allein die „schönen“ Bilder und Texte, die vermittelt werden, sondern besonders auch die Art und Weise, wie mit ihnen umgegangen bzw. nicht umgegangen wird. Partizipation im Netz, allemal bei Facebook, erschöpft sich mehrheitlich in Akklamation.
Symbolkräftig ist der „gefällt-mir“-Button, der vielfach arglose und inflationäre Verwendung findet. Problematisch sind Empfehlungsbuttons auch, weil sie per se eine kritische oder differenzierte Stellungnahme obsolet machen. Man mogelt sich quasi mit einem Klick drumherum. Und weil der „gefällt-mir“-Button so massenhaft in Gebrauch ist, wäre natürlich auch darüber nachzudenken, ob die äußerst bequeme Art, Affirmation zu bekunden, nicht Auswirkungen auf Diskurse haben könnte, die sich in der realen Welt vollziehen …
Wollen wir Claqueure haben, die den Mund halten? Natürlich nicht. Deshalb wünsche ich mir bei den Diskussionen um Netiquette, Fairness und Zivilcourage im Netz gelegentlich ein wenig mehr Weitsicht. Lediglich eine Minderheit dürfte in Abrede stellen, dass ein respektvoller Umgang bei der digitalen Kommunikation keine Notwendigkeit ist. Was es neben einem Knigge auch braucht, ist ein Coach, der aufzeigt, wie man sich im Netz differenziert einbringt oder dort konstruktiv-kritisch Stellung bezieht. Pluralismus braucht Reibung und kritische Partizipation, keine Lobhudelei und Schönfärberei.
An die Adresse der Projektgruppe Medien, Kultur, Öffentlichkeit der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft gerichtet: Wer die Frage stellt „Was geht (gar nicht) in Netz?“ sollte auch darauf Obacht haben …
Herr Lobo soll dann indirekt auch noch mit kommentieren, denke ich : http://www.spiegel.de/netzwelt/web/kolumne-von-sascha-lobo-ueber-hass-in-der-digitalen-gesellschaft-a-870799.html
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Möglicherweise ist die hier geführte Diskussion internetgeschichtlich einfach nicht mehr ganz aktuell, zumindest was Blogs betrifft. Blogs erlebten und erleben eine schnellere Entwicklung, als andere Internetinhalte: Nachdem sie zu Beginn als Tagebuch, dann als Zeitschrift mit Leserbrieffunktion geführt wurden, sind sie in den letzten Jahren in erster Linie zu einem Imagewerkzeug, einer Visitenkarte, einem Steckbrief geworden – ganz gleich, ob es sich um Blogs zu rein privaten Themen wie Familie und Hobby, um künstlerische oder literarische Blogs oder um Berufs- und Firmenblogs handelt. Auch im realen Leben setzt das Mitteilungsbedürfnis nicht notwendigerweise ein Kommunikationsbedürfnis voraus – in Blogs, die per se als reine Selbstdarstellung fungieren, erst recht nicht. In gewisser Hinsicht war der Ausflug der Blogwelt in die Kommunikation und Diskussion ein Experiment, das von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Als Tagebuch waren Blogs nur für einen kleinen Personenkreis als Kommentarplattform gedacht und geeignet: Freunde und Bekannte aus dem echten Leben oder zufällige Besucher, die Mitgefühl oder Verständnis ausdrücken wollten. Mitunter waren solche Blogs nicht zuletzt Hilferuf und aus der geografischen oder sozialen Isolation geboren. Ein kritischer Diskurs war hier nie gesucht oder wäre eher kontraproduktiv gewesen.
Als Blogs sich unter anderem zu kleinen Fachzeitschriften von interessierten Laien für andere interessierte Laien entwickelten (dies gilt in erster Linie für Hobby- und Nischen-Blogs), stand die Funktion der Suche nach Gleichgesinnten und des Teilens eigener Fertigkeiten im Vordergrund. Auch hier spielten und spielen Meinungen eine nebensächliche Rolle, Erfahrung(sberichte) und das Teilen von Kenntnissen eine wesentlich zentralere. Für den Blogautor ist die Kommentarfunktion in diesem Kontext ein Instrument der Besucherzahlkontrolle („werde ich überhaupt gelesen?“). Für die Leser dient sie zum einen der Bestätigung der Blogqualität und der Ermutigung, die Arbeit fortzuführen. Sie ist aber auch mittlerweile und in erster Linie Eigenpositionierung und Selbstdarstellung: „Was ich mag, das bin ich“ – impliziert: „und das will ich auch zeigen“ (denn wenn ich nichts zeigen will, brauche ich mich auch nicht im Internet aktiv zu bewegen, ich kann einfach überall still lesen.) Die Akklamation ist für den Kommentierenden selten echt gemeinte Kontaktaufnahme. Sie ist Benotung des Anderen, aber auch und vor allem Profilierung des eigenen Persönlichkeitspuzzles, des virtuellen Lebenslaufs, des authentischen Falschbilds, das wir von uns geben wollen. Letztlich ist dies auch eine Art, Leser auf das eigene Blog zu locken, und manchmal (meistens???) ist sie auch nur das. Im Umkehrschluss ist es nicht sinnvoll, in Blogs zu kommentieren, die man nicht mag, oder die eine Meinung vertreten, die nicht die eigene ist: Es schadet dem Image, im Netz mit bestimmten Leuten in Verbindung gebracht zu werden, denn der Link, die Verbindung wird schneller wahrgenommen als der Inhalt. Diese im realen Leben als normale Reaktion empfundene Distanz und sozial-intellektuelle Differenzierung („mit solchen Leuten möchte man nicht gesehen werden“) wird in diesem Artikel und in vielen der obigen Kommentaren zu einer Art Widerspruch, Problem oder Symptom stilisiert. Wenn sie ein Symptom ist, dann dafür, dass Menschen sich im Netz weitgehend wie in realen Leben verhalten, und das ist ein alter Hut und überflüssiger Gemeinplatz: Menschen kaufen keine Zeitschrift, die politische Ansichten vertritt, die ihren diametral entgegengesetzt sind; sie sehen sich keine Fernsehsendungen an, die ihnen nicht gefallen – warum sollten sie Blogs lesen/in Blogs kommentieren, deren Ausrichtung sie nicht teilen? Gleich und gleich gesellt sich gern, und Leute mit anderen Auffassungen und Lebensweisen meidet man eben gern. Dies als überraschend darzustellen, erscheint mir naiv, bestenfalls konstruiert.
Foren wiederum sind nur aus Versehen ein Raum für Meinungsaustausch geworden. Sie sind eher als Selbsthilfegruppe für die alltäglich-praktischsten bis hin zu den persönlich-peinlichsten Themen zu verstehen. Der Begriff sollte nicht zu wörtlich genommen werden.
Wirklich zum Austausch von Ansichten sind nur Intranets im wissenschaftlichen Bereich geeignet, die auch schon immer als Kommunikationsplattform konzipiert waren und sind (für alle, die zu jung sind, um das zu wissen: So hat das Internet eigentlich angefangen, liebe Kinder). Archäologen, Physiker, Mediziner pflegen auf hohem wissenschaftlichen Niveau die Art von Dialog und konstruktiver Kritik, deren Abwesenheit in der Blogwelt hier beklagt wird. In diesem Umfeld finden Diskussionen deshalb statt, weil sich schlichtweg auf einer anderen qualitativen Ebene bewegt wird und sie Berufsalltag und Berufsinhalt sind – was nicht bedeutet, dass die Etikette immer gewahrt wird. Auch hier halte ich die Unterscheidung zwischen virtueller und realer Welt für blauäugig: Wer im Treppenhaus Nachbarn anpöbelt, pöbelt auch in Kommentaren und Foren herum – man braucht nur die entsprechenden Lesermeinungen der größten deutschen Zeitschriften und überregionalen Zeitungen zu welchen Themen auch immer zu lesen. Bestimmte Themen fördern nun einmal eher von Natur aus den beklagten Kuschelkurs, weil sich bestimmte Menschen dafür interessieren, andere die unhöfliche Provokation – Ausnahmen bestätigen wie überall im echten Leben auch sonst die Regel, und es ist möglich, sich im Smoking vor der Oper über die Arbeit des Tenors zu prügeln. Wer nur den einen oder nur den anderen Kurs kennt, reist vielleicht etwas zu einseitig und behütet durchs Netz, wobei damit wieder bewiesen wäre, dass sich eben doch hauptsächlich unter seinesgleichen aufgehalten wird..
Partizipation findet in der Blogwelt übrigens sehr wohl statt – aber in Form von Hinweisen, Rat, Informationsergänzungen, Hilfestellungen, Links und Beigaben, nicht von Kommunikation und Meinungen.
Blogs haben eine von Natur aus narrative und mitteilende Funktion – wie Bücher, Zeitungen, Kunstwerke auch. Sie sind keine Form der Korrespondenz und können die entsprechende Werkzeuge dafür nicht bieten. Nur politisch-soziale Themen eignen sich als Grundlage für Leserbriefe in den Printmedien, es ist in der virtuellen Welt nicht anders. Und mal ehrlich: Wie viele der Millionen Leser der diversen deutschsprachigen Zeitungen haben (in %-Zahlen ausgedrückt) in den letzten 30 Jahren je einen Leserbrief an die Redaktion geschickt? Und waren es nicht immer dieselben wenigen, die es taten? Und war das nicht mehr aus Polemiksucht und Langeweile denn aus Wunsch nach konstruktiver Meinungsäußerung? Die anderen haben höchstens mal einen guten Artikel ausgeschnitten und aufbewahrt (I like-Button) und sich am seltensten die Mühe gemacht, ihre differenzierte Meinung einzusenden – es sei denn, etwas lag ihnen wirklich sehr ernsthaft am Herzen oder hatten sie wirklich maßlos geärgert. Warum sollten sich Blogleser anders verhalten? Es ist eine Scheindiskussion.
Korrespondenz wiederum (also wirklicher Austausch von Meinungen und Gedanken) findet nicht nur im Netz nicht statt, sondern auch im echten Leben nicht. Weil lange Texte nicht mehr bewältigt werden können und differenzierte rhetorische Fähigkeiten nicht mehr vorhanden sind. Und diejenigen, die sie noch besitzen, haben vielleicht am wenigsten Lust, sie an den Mainstream zu vergeuden, und sicher am wenigsten nötig, sie zu zeigen.
Blogs und Kommentare in anderen Blogs haben heute nur noch einen Sinn: Zu zeigen, wer man ist, was man kann, wofür man sich interessiert, mit wem man zu tun haben will, wie man lebt und denkt. Dies zu verkennen hieße, diese Entwicklung verschlafen zu haben. Blogs sind eine selbstangelegte Akte, die mit tausenden von Seiten ein persönliches Ideal-/Wunschbild des eigenen Ichs formen, das in die Welt transportiert werden soll. Sie sind eine Bewerbungsmappe über die eigene Persönlichkeitsstruktur, die eigenen Aktivitäten, die eigene Geschichte und Lebensführung und – um Gesine eine Freude zu machen: die eigenen Affinitäten. Kritik wird daher auch schnell als Kritik an der Person aufgefasst und übersteigert empfunden (wen wundert es? Selbst gestandene Autoren, Theaterregisseure und Spitzenköche können auf einen Verriss ziemlich extrem und verletzt reagieren), und Menschen, die die Blogwelt von heute wirklich so sehen, wie sie ist, nämlich als Ansammlung von Personalakten und Positionierungsversuchen, lassen sie schon deshalb sein. Sie wäre am Thema vorbei.
Blogs und Kommentare in anderen Blogs sind ein Selbstporträt aus Texten und Verlinkungen. Und Porträts verstehen sich nicht und eignen sich auch nicht als Diskussionsgrundlage.
Das ist ein bißchen kurz gedacht. Ich habe wegen meines WoW-Blogs schon Anzeige gegen Unbekannt gestellt und konnte anhand der Nachforschungen der Polizei (Ich bekam die Namen und Orte) rausfinden, dass einer von denen ein Münchner Zahnarzt ist und eine andere im Kirchenchor sang oder singt. Ich denke, dass das Netz als vermeintlich rechtsfreier Raum dazu genutzt wird, sich mal richtig auszuleben. Ob besagte Leute wirklich sich trauen würden, im wahren Leben auch zu pöbeln? – Ich glaube nicht.
Bei solchen Blogs frage ich mich immer, wen das interessieren soll, Stichwort *Selbstdarstellungsblogs*. Noch verstörender, als das die Leute glauben, dass ihre Zahnschmerzen und Strickprojekte jemanden interessieren könnten, ist die Tatsache, dass dies die Blogs mit den meisten Folgern überhaupt sind. Irgendwie bin ich da unnormal, mich interessiert das nicht mal bei meinen Nachbarn…
Nachtrag:
Und was bringen mir dann die ganzen Foren, Blogs und sozialen Netzwerke, wenn man andere Meinungen nicht zur Kenntnis nehmen möchte, sondern nach dem nächstbesten Grund gesucht wird, um zu sperren?*** Und dann seinen ganzen Fan-Kindergarten loslässt, weil jemand am heißgeliebten Idol kratzt? So geschehen in einem Lit-Blog.
Meine Erfahrung ist inzwischen: Wenn nirgendwo Kritik steht, sondern nur wie toll alles ist, dann kann man auch davon ausgehen, dass man Leser betrogen wird: Die anderen werden mundtot gemacht.
Und unter seinesgleichen:
Wie sich einige im einem Lit-Forum gebährden, war nicht mehr normal – waren aber Alteingesessene, die dürfen das. Oder in einem Spielform, meine persönlichen Überzeugung war einer im klinischen Sinne psychopathisch, weil so ein übersteigertes Selbstbewußtsein mit kann alles und weiß alles war nicht mehr normal. *Ein geschätztes Mitglied des Forums*.
Es muss sich hier niemand persönlich angesprochen fühlen, aber ich habe den Eindruck, dass sich viele in Blogs und Foren eine Bestätigung holen, die sich brauchen, aber nicht bekommen. Was dann dann zu Personen führt, die ein nettes Blog und einen mehr als durchschnittlichen Beruf haben, die auf einmal glauben, sie hatten auf Facebook eine *Fan-Page* wie ein Rock-Star.
Langes Schreiben, kurzer Sinn: Es treiben sich im Netz eine ganze Menge schräger Vögel und Spinnern herum, die sich so richtig ausleben und endlich mal Gleichgesinnte finden. Was wiederum dazu führt, dass ich mich immer mehr zurückziehe.
***
Und ja, ich lese überings sehr viele unterschiedliche Zeitschriften, auch die deren politische Ausrichtung mir nicht zusagt. Ich will wenigstens deren Überlegungen in meine einbeziehen.
Viele der hier genannten Beobachtungen habe ich auch so oder in ähnlicher Weise gemacht (oder sie sind teilweise wirklich so offensichtlich wie „gleich und gleich gesellt sich gern“). Aber wie Sie das alles hier in sich schlüssig, höchst lesenswert und dennoch relativ kompakt auf den Punkt gebracht haben, davor ziehe ich meinen Hut. Es hat mir glaube ich auch ein bisschen die Augen geöffnet. Bei manchen Dingen muss ich mir an die eigene Nase fassen, da war ich selbst zu naiv, z.B. was den Kontakt angeht. Oft betont, aber wirklich nicht immer ernst gemeint. So habe ich auch zu bestimmten Themen oder Artikeln mal die Kontaktfunktion genutzt, weil ich nicht alles veröffentlicht haben wollte und nur in knapp der Hälfte der Fälle (es waren nicht sonderlich viele) eine Antwort bekommen, die dann eher dem Ausfragen diente.
Auch hier stimme ich zu, auch mit Blick auf die eigenen Kommentare. Und dennoch gab es auch Meinungsaustausch, allerdings seltener und bei kritischer Meinung gab es auf manchem Blog die Tür ins Gesicht. Mancher Aspekt, der hier beschrieben wird, wird einem erst rückblickend mit etwas Abstand bewusst. Es ist eben bei manchen Leuten schwer einzuschätzen, wie man wahrgenommen wird. Besonders wenn „alles“ immer harmonisch ist und bei geringstem Widerspruch plötzlich aus allen Rohren (Twitter, Facebook, Blogeintrag) gefeuert wird.
Will ich so nicht ganz glauben, aber das ist wie immer eine Frage des Standpunktes. Ein bisschen verwundert hat mich schon immer die Aussage, dass man Blogeinträge aufgrund ihrer Länge nicht läse, aber ein 500seitiges Buch in 2 Tagen verschlingt. Aber das hängt vom Stil ab.
Stimmt. Wundert mich trotzdem immer wieder, zumindest ein bisschen. Man sieht das auch hier wieder ganz gut. Es werden Thesen aufgestellt, denen man nicht zustimmen muss. Und trotzdem wird in manchen Antworten nur in Extremen gedacht, werden nur die Enden einer Skala gesehen.
Ist dieser Kommentar eine rein nüchterne Betrachtung oder schwingt da auch ein wenig Bedauern mit?
Jetzt hast du dich so anmutig eloquent selbst dargestellt, dass mir der Widerspruch in sich erst gar nicht auffiel. Lange Texte werden nicht gelesen und du schreibst einen als Kommentar, außerdem ist dieser auch nicht gerade affirmativ zu nennen. Soweit, so gut. Warum blogge ich: Ich lebe wie einige der Besucher meines Blogs als Expat, also als Deutscher im Ausland und da ist es fein, die Verbindung mit Freunden in aller Welt und speziell im Ausland zu halten. Für mich – und ich glaube auch für meine Followers – bewährt sich der Blog als Kommunikationsinstrument, das einem echten Austausch dient. Ich bekam korrigierende Hinweise zu einigen Themen und bisweilen stoßen kontroverse Meinungen auf meinem Blog aufeinander, was ich übrigens liebe. Kurzum, ich gebe dir recht, ein Blog spiegelt den Charakter seines Betreibers wider. Ich lerne auch viel durch andere Blogs und Spezialisten, die meinen Blog besuchen. Während meiner Zeit an der Uni war ich mit einigen davon im Intranet verbunden. Also lange Rede kurzer Sinn, es gibt diese und jene Blogs und ist man mit Blogs nicht zufrieden, bleibt man weg. Ist man mit seinem eigenen Blog nicht zufrieden, sollte man sich ändern und sein Auftreten hinterfragen.
Ich finde das toll – nicht ironisch gemeint -, dass du so ausführlich kommentiert hat und was folgt daraus, ich werde gleich deinen Blog besuchen.
Sollte ich „gute Selbstdarstellung“ schreiben?
Herzliche Grüße vom kleinen Dorf am großen Meer
Klausbernd 🙂
Komisch, wo ich plaziert wurde, oh dear, das sollte eine Antwort auf Martines Beitrag sein. Naja …
Liebe Grüße
Klausbernd
Wenn die Trennung zwischen „realer“ und „virtueller“ Welt nicht sinnvoll ist, einer Ansicht der ich gerne zustimme, dann wären unsere Motivationen, Liebhabereien, Egomanien, usw., im Netz ebenso präsent, und Bogs in dieser Hinsicht differenzierter zu betrachten, nicht bloß als Akte oder Selbstbild, sondern auch als solche (es sein denn das Medium Blog würde das kanalisieren, aber die von Ihnen beschriebene Entwicklung widerspräche dem).
Ganz übertragen darf man die reale auf die virtuelle Welt dennoch nicht, weil das Medium sicherlich gewisse Einflüsse mit sich bringt und dadurch Verschiebungen bewirkt (Anonymität, das Wegfallen nonverbaler Kommunikation, Vereinfachung [Leserbriefe!], Öffentlichkeit für jedermann,…).
Ich gebe Petra recht, ein gepflegter Umgangsstil ist doch meist reflektierter als „Gebrüll“, das wir eh genug im Netz finden. Als Stärke würde ich es betrachten, dass es auf literaturaffinen (und wissenshaftlichen) Blogs oft wie in dem guten alten Salon zugeht. Entschuldigt bitte, wenn ich das jetzt kühn behaupte, aber „die Deutschen“ habt so eine Art alles in Frage zustellen. Da sind „wir Engländer“ doch pragmatischer: Gepflegte Umgangsformen im Netz helfen der Kommunikation und damit basta! Well, literaturaffine Blogs sind eine schützenswerte Landschaft dieser aussterbenden Kommunikation!
Und der Like-it-button, ich bin froh, dass es den gibt. Er signalisiert doch, ich kam vorbei. Man muss doch nicht zu allem etwas zu sagen haben, aber er ist ein netter (oh, welch ein Wort wie „nice“) non-verbaler Gruß. Wo ich nur kommentieren kann, empfinde ich das als Zwang. Wenn ich es tue, halte ich mich kurz, kurzum, das führt doch zur Verflachung oder weniger Kommunikation.
Und überhaupt scheint dieses Thema gerade in Mode zu sein und alle, die darüber schreiben, diskrimnieren den Like-it-button. Da sollte man doch glatt eine Deutsche Vereinigung zur Rettung des Like-it-buttons gründen.
Um nun das Bild vom affirmativen Kommentar gänzlich zu zerstören, werde ich mal ganz böse: Ich halte diese gerade aufflammenden Diskussionen um Affirmation und den Like-it-button für eine Scheinkommunikation.
Eh es noch schlimmer wird, verabschiede ich mich höflichst und mit vorzüglicher Hochahtung
Klausbernd aus dem kleinen Dorf am großen Meer
Auch die Kritik am Button erscheint inzwischen selbst schon als Teil einer Fiktion: „Partizipation beschränkt sich immer öfter auf Belohnungssysteme, die im Wesentlichen auf Empfehlungsbuttons hinauslaufen, permanente Plebiszite des Konsumenten und seiner „I like“- Befindlichkeit,“ so Frank Schirrmacher in der FAZ vom 26.November über den Like-Button.
Zugegeben, die Begriffe Akklamation und Partizipation musste ich erst googlen, um sie zu verstehen. Dennoch erlaube ich mir hier einen Kommentar.
Die Auseinandersetzung mit mir persönlich unbekannten Menschen in diversen Foren, Gästebüchern und „ich hab Dich lieb Börsen“ kenne ich schon seit 1995 und habe in dieser Zeit schnell gemerkt, dass eine sachliche Diskussion oft gar nicht gefragt ist … man liest nicht gern viel, weil es auch Zeit braucht, die wir immer weniger haben. Wer die Tagebucheinträge von Claudia Klinger kennt, weiß, wovon ich schreibe …
Später im Netzwerk XING habe ich in einer Gruppe über zwei Jahre meine Meinung vertreten und Kommentare, bzw. Ratschläge bei Fragen gegeben. Hier kam es schon mal vor, dass sich andere (Mitbewerber) durch meine Kommentare und Ansichten geneigt fühlten, aus Konkurrenzgründen meine konstruktiven Fachbeiträge plattzuschreiben. Von Fairness war da keine Rede mehr .. das ging später soweit, dass nur ein Beitrag bis zu 6000 Mal gelesen wurde und die Moderatorin zuletzt den Beitrag einfach löschte. Sie ist heute mit dem bekanntesten Gockel aus dem Internet verheiratet und gehörte mal auch beruflich zu meinen Mitbewerbern. Heute ist sie in diesem Job nicht mehr tätig.
Irgendwann habe ich mir gesagt, dass es besser ist, in öffentlichen Foren (ganz gleich welcher Art) den Mund zu halten, als sich mit Menschen auseinanderzusetzen, die einem zum Teil nicht mal mehr die Butter auf dem Brot gönnen. Mobbing lässt grüßen und sogar Telefon(terror)anrufe mitten in der Nacht gab es auch schon.
Auf Facebook tummel ich mich nun seit über zwei Jahren. Dort wollte ich anfangs nie mitmachen, habe dann aber eine alte Freundin wieder gefunden, mit der ich zuletzt vor 44 Jahren meine Jugendzeit in einer Clique erlebt habe. Nicht viel später wurde eine Gruppe gegründet, in der man sich aus alten Zeiten kennt oder in der nur Mitglieder sind, die aus der eigenen Heimatstadt kommen. Meine Freundesliste füllte sich schnell und zwar mit Menschen, die ich irgendwie entweder persönlich kenne oder mit denen ich gleiche Interessen teile. Von jetzt 103 Freunden auf meiner Liste, sind es über 90 „Freunde“, die ich zum Teil auch in der Stadt beim Einkaufen treffe oder mit denen ich sogar verwandt bin. Ganz viele davon sind alte Schulkameraden.
Fazit aus jetzt zwei Jahren Facebook ist …
Ich habe endlich ein Fotoalbum, das ich nun auf 50 Alben (Kategorien) abgespeckt habe und jedem unter die Nase reibe, der es sehen will. Eine bessere Übersicht und Bedienbarkeit habe ich nirgendwoanders. Meinetwegen darf der Herr vom Zuckerberg das Foto meiner Schwiegermutter versuchen zu vermarkten … er wird es bereuen.
Ich habe endlich einen Überblick dessen, was ich an gut 730 Tagen von morgens bis abends getan habe… im Nachhinein ist das total interessant, schon auch deshalb, weil man sich irgendwie an denselben Tagen im Jahr im Verhalten wiederholt (unbewusst)
Ich habe auf Facebook eine handvoll Menschen kennengelernt, die real jetzt auch zu meinen Freunden zählen und das kam nur durch das Liken auf Facebook zustande. Mit etwas Empathievermögen und der richtigen Brille auf der Nase funktioniert das zwischenmenschliche auf FB sehr gut.
Ich habe auf Facebook sozusagen gedanklichen Rückhalt bei meiner Suche nach einem Job in der freien Wirtschaft. Mit nun 58 Jahren ist das gar nicht so einfach. Aber über dieses Netzwerk habe ich aktuell drei Stellenangebote (hintenrum) genannt bekommen und auch Vorstellungsgespräche gehabt. Facebook ist also gar nicht so schlecht.
Zuguterletzt sei noch erwähnt, dass man auf Facebook nicht schwerwiegende inhaltliche Diskussionen erwarten sollte, dann fällt einem das Liken auch leichter. Es hat sich noch niemand einen Zacken aus der Krone gebrochen, um dieses Werkzeug im richtigen Moment zur richtigen Zeit einzusetzen. Es bewirkt nämlich auch, dass man einander nachdenkt … und das ist faszinierend!
Nett,aber leider auch nur wieder ein 08/15 wir haben uns alle Lieb Artikel.
Aussage des Artikels,man sollte seine Meinung deutlicher sagen,aber doch bitte schön angepasst.
Eine Freie Gesellschaft funktioniert nicht ohne Freiheit.
>Lediglich eine Minderheit dürfte in Abrede stellen, dass ein respektvoller Umgang bei der digitalen Kommunikation eine Notwendigkeit ist. Was es neben einem Knigge auch braucht, ist ein Coach, der aufzeigt, wie man sich im Netz differenziert einbringt oder dort konstruktiv-kritisch Stellung bezieht.
Respekt ist leider mittlerweile nur ein anders Wort für jeder der eine andere Meinung hat soll die Schnauze halten.
Respekt würde auch bedeuten das man auch Leute die sich anders ausdrücken wollen,ihre Meinung lässt,
stattdessen werden in Blogs,Foren und co. Beiträge gesperrt oder zensiert,weil man den Wortlaut anstößig findet,obwohl man nix anders sagt als andere die dafür allerdings bejubelt werden,nur weil sie ne schöne Rede schreiben.
In Deutschland herrscht leider nach wie vor die Ideologie des Dritten Reiches,
jeder der nicht ins Bild passt wird Mundtod gemacht und ausgegrenzt.
In Deutschland herrscht leider nach wie vor die Ideologie des Dritten Reiches,
jeder der nicht ins Bild passt wird Mundtod gemacht und ausgegrenzt.
Das geht im besagten Lit-Forum (unten) sogar soweit, dass gesprerrt wird, wer als Verwandter einen ähnlichen Schreibstil wie ein Gesperrter hat – nicht erfunden, selbst erlebt.
In einem Form bin ich gesperrt worden, weil ich allzu laut gegen die Bezeichnung *Parasit* als Bezeichnung für einen Menschen war und es nicht hingenommen habe, als ein Moderator etwas von einem *subjektiven Gefühl* meinerseits faselte. Irgendwie hat sich das ganze Forum nicht an der Bezeichnung gefühlt.
Aber stand ohnehin auf der Abschußliste, weil ich es gewagt hatte, das Gebahren einer Computerspielefirma nicht toll zu finden, die ihre Kunden beschimpft und meine Spiele gebraucht kaufe und damit -Original-Zitat – *nicht die Industrie unterstütze*.
Überings alles Leute dort, die sich selbst als *gehoben* bezeichnen – Physiker, Ingieneure, Programmier und so weiter. Manchmal habe ich zumindest was Foren angeht den Eindruck, dass die größen Psychos am beliebtesten sind; und damit meine ich Leute, die meiner Eindruck dringenden Therapiebedarf hätten, meiner Ansicht nach sind da viele ernsthaft krank. Wahrscheinlich ist das sogar deren Geheimnis, da sind sie endlich mal unter ihrensgleichen?
Oder was soll ich von Bloggern halten, die ihre Facebook-Seite als ihre Fanpage bezeichnen? Tut mir leid, zu so einem übersteigerten Geltungsbedürfnis fällt mir nichts mehr ein.
@Stefan:
Ich kann jeden deiner Beiträge voll unterschreiben.
Ich sollte nicht schneller tippen als denken:
Irgendwie hat sich das ganze Forum nicht an der Bezeichnung gefühlt. Aber ich stand ohnehin auf der Abschußliste
—
So wird es halbwegs verständlicher, Entschuldigung für die zahlreichen Rechtschreib-Fehler.
In Deutschland herrscht leider nach wie vor die Ideologie des Dritten Reiches,
jeder der nicht ins Bild passt wird Mundtod gemacht und ausgegrenzt.
Nachtrag:
Sieh dir mal die Foren einer sehr bekannten Wochenzeitung an. Was da von Seiten der Zeitung zensiert wird, ist nicht mehr normal, die *Großen* machen es vor, die kleinen Blogger machen es nach.
Und beide halten sich für liberal (aber auch nur solange die Richtung stimmt), die Zeitung war sich vor ein paar Wochen nicht mal zu blöde, dass Thema *Zensur* ausführlich zu behandeln.
Schuld sind in beiden Fällen die Kommentatoren, wenn die bei der 1. oder 2. Zensur wegblieben, würden sowohl Zeitung als auch Blogger merken, was schief läuft.
Naja, wenn man sich bei SpOn, Heise oder auch so manch anderem Forum umschaut, ist von einer „heilen Welt“ wenig zu spüren. Die Angriffe gehen dort sehr schnell unter der Gürtellinie. Die Bezeichnung „sittsam“ ist nicht derart verallgemeinerbar. im übrigen sähe ich das auch nicht als besonders negativ. Auch das man sich bei Facebook nicht angiftet, halte ich nicht per se für einen Fehler. Den „Gefällt mir“-Knopf als Untergang von wasweißich anzusehen, ist mir ein bisschen zu sehr kulturkritischer Mainstream.
Ich persönlich verzichte auch sehr gerne auf Kommentare in meinem Blog, die mir nach zwei Zeilen vorwerfen, das besprochene Buch nicht gelesen zu haben oder mit anderen Unterstellungen arbeiten.
Konstruktive Kritik, die sich auf die Sache konzentriert und nicht gleich ad-hominem lospoltert, ist im Netz meiner Beobachtung nach ähnlich selten wie im „real life“. Und auch dort setze ich mich ja ganz selten mit Menschen zusammen, die ich nicht leiden kann und deren Meinung und Urteil ich nicht schätze. Das Netz verstärkt vielleicht noch diesen Effekt, da es sehr schwierig ist, eine stringente Diskussion mit mehreren Teilnehmern schriftlich zu führen. Was durch das Netz vielleicht ein bisschen in den Hintergrund kommt, ist die Kunst der mündlichen Rede.
„Auch das man sich bei Facebook nicht angiftet, halte ich nicht per se für einen Fehler. Den “Gefällt mir”-Knopf als Untergang von wasweißich anzusehen, ist mir ein bisschen zu sehr kulturkritischer Mainstream.“
Zunächst ist es kein Mainstream, da diese Diskussion eben nicht
im Vordergrund steht.
Extrem reduzierter Funktionalismus, wofür diese Button-und Klick-„Kultur“ steht, beeinflusst die Art der Kommunikation erheblichst.
Da muss man nur mal zirka 20 / 30 Jahre zurückschauen,
wie damals Kommunikation gesehen, praktiziert und bewertet wurde.
Das Feuilleton ist voll von netzkritischen Artikeln, die sich mit der angeblichen Plastikkommunikation in den neuen Medien auseinandersetzen. Das beginnt dann beim Daumen-hoch und endet beim Datenkraken-Gerede.
Welche „Button-und Klick-Kultur“ ist denn gemeint? Ich bin strikt gegen die Idealisierung von Diskursen, die angeblich vor 20 Jahren so toll gewesen sein sollen. Das klingt so verdächtig nach Veteranentum. Damals wurde genau so reduktionistisch geredet wie heute – nur etwas pointierter und nicht so „korrekt“.
Ich habe neulich einen Film von 1963 über die Gruppe 47 gesehen, den Sebastian Haffner gemacht hatte. Dort wurde ja auch diskutiert – und zwar über einen Text eines Autor/seltener einer Autorin.Vergleicht man diese Spontandiskussion mit einer Diskussion in den 90ern beim Klagenfurter Bachmannpreis und den aktuellen Diskussionen der Jury sagen wir von 2012 oder 2011, so stellt man tatsächlich einen erheblichen Niveau-Abfall fest, der im übrigen mit einem enormen Zumaß an Freundlichkeit einher geht. Diese zunehmende Oberflächlichkeit hat jedoch mit Facebook und einer wie auch immer wahrgenommenen „Klickkultur“ rein gar nichts zu tun. Die Gründe liegen auf ganz anderer Ebene (Informationsflut, Überforderung, etc).
Gesines Beitrag stellt eine Menge Thesen in den Raum, die durch rein gar nichts belegt werden. Da ist zum Beispiel von massenkonformen Statusmeldungen die Rede. Das mögen vielleicht 14jährige pubertierende Jugendliche so halten, aber ich habe das bei Erwachsenen ganz, ganz selten bemerkt. Es gibt auch kontroverse Diskussionen bei Facebook, die freundlich bleiben, wenngleich FB tatsächlich nicht das Medium für „Diskurse“ ist. Ein bisschen erinnern mich solche Klagen an den tugendhaften Post-68er Weltverbessererduktus. Wenn es Leute gibt, die Facebook mit dem richtigen Leben verwechseln, ist das nicht das Problem von Facebook.
Thesen, weder empirisch, noch wissenschaftlich-analytisch verifiziert!? Jawohl, Gregor, mein Blogpost spiegelt meine persönlichen Erfahrungen: Beim Bloggen, bei Twitter und während meiner Visiten bei Facebook. Anzukreiden wäre mir womöglich allenfalls das: Zeige mir deine Freunde bei Facebook, deine Follower bei Twitter und ich sage dir, ob du kuschelst …
Was mich an deinem Kommentar irritiert, ist, dass du Thesen, die auf persönliche Erfahrungen rekurrieren, Stellenwert absprichst. Ich sehe das anders. Ich meine sogar, dass subjektive Wahrnehmungen wichtige Ausgangspunkte (Nährboden) für Argumentationen sind. – Sind persönliche Erfahrungen nur dann wahr, wenn Studien diese wissenschaftlich bestätigt haben?
Im Übrigen stehe ich mit meinen Beobachtungen nicht alleine. Die Tendenz zu Konformismus und mangelnder Partizipation belegen Studien. So z.B. der Medientheoretiker und Netzkritiker Geert Lovink in seinem derzeit viel diskutierten Sachbuch „Das halbwegs Soziale“ (transcript Verlag 2012), aus dessen Einleitung ich hier zitiere:
„Einige Kritiker haben die Idee, dass der öffentliche Diskurs auf Online-Foren und Blogs die ‚demokratische Partizipation‘ erhöht, inzwischen widerlegt. Partizipation woran? An Online-Petitionen, mag sein. Aber entscheidungsrelevant? Viele Blognutzer entsprechen den hohen Idealen nicht, sondern pflegen nur eine Kultur des ‚beteiligungslosen Engagements‘. Jodi Dean behauptet, dass sich eine neue Form des ‚kommunikativen Kapitalismus‘ herausgebildet hat, in der der Diskurs zwar mehr Raum einnimmt, aber überhaupt keine echte politische Macht hat. Zudem neigen Online-Diskussionen auch dazu, weniger ein neues öffentliches Engagement zu beleben als in ‚Echo-Kammern‘ auszuweichen, in denen Gruppen von Gleichgesinnten, bewusst oder nicht, sich der Debatte mit ihren kulturellen oder politischen Widersachern entziehen.“ (S. 10)
Und noch eine Anmerkung, die mir deshalb am Herzen liegt, weil ich mich eingehend mit der Gruppe 47, deren Debattenkultur und Gastgeber Hans Werner Richter beschäftigt habe. – Wer dort gelesen hat, dem war sehr wohl bewusst, dass er auf einem „heißen/elektrischen Stuhl“ Platz nimmt. Nichts für ungut, aber: in meinen Augen hinkt dein Vergleich.
„Konstruktive Kritik, die sich auf die Sache konzentriert …“
( Gregor Keuschnig )
„Diese zunehmende Oberflächlichkeit hat jedoch mit Facebook und einer wie auch immer wahrgenommenen “Klickkultur” rein gar nichts zu tun. Die Gründe liegen auf ganz anderer Ebene (Informationsflut, Überforderung, etc)…“ ( Gregor Keuschnig )
Ich weiß nicht, woher Sie diese reine Erkenntnis nehmen, mal abgesehen davon, dass sie sich widerspricht. Nirgendwo anders ist die Informationsflut so immens, wie bei Facebook und Twitter, jagt eine Information die andere.
Das kann gar nicht folgenlos für das Kommunikationsverhalten bleiben.
Man spricht nicht umsonst von einer digitalen Revolution.
Wenn Facebook über eine Milliarde User hat und es beobachtbare Kommunikationsmuster gibt, die wahrlich nicht aus der Luft gegriffen,sondern
alltäglich praktiziert und erfahren werden, dann lohnt es sich schon genau
hinzuschauen, welche wiederkehrenden Merkmale in der Kommunikation auftreten. Ich halte das sogar für eine Notwendigkeit.
Idealisierung liegt mir fern. Besagte Gruppe 47 habe ich an keiner Stelle erwähnt, ist auch nicht annähernd repräsentativ.
Wenn man aber auf Kommunikationsstile schaut, so ist ein gravierender Wandel unübersehbar. Die auch aus einer Informationsflut resultierende Überforderung, hat es so zuvor nie gegeben.
Diese Flut ist erst durch die sogenannten „sozialen Medien“ aufgekommen.
Und hier noch ein aktueller Deutschland-Radio-Beitrag zum Thema „Kritsche Meinunsgäußerung auf facebook“, das Thema ist wirklich vielschichtig…:
[audio src="http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/11/28/drw_201211280902_gefaehrliches_facebook_-_webschau_1bd5b949.mp3" /]
Hallo Gesine,
danke für Deinen Gedankenanstoß.
Ein wichtiges Thema!
Ich persönlich mag facebook gar nicht. Ich verfolge die Entwicklungen aus beruflicher Sicht (Kommunikation) und kulturwissenschaftlicher Perspektive, aber nutze facebook nicht privat.
I don´t like…
„Kritsch-konstruktive Diskurse sind ein hohes gesellschaftliches Gut“ – das sehe ich genau so. Und hier hakt es.
Viele Kinder und Jugendliche lernen das leider gar nicht mehr…
Auch an den weiterführenden Schulen und den Unis ist für die Vermittlung dieser Kompetenz nur wenig Raum… Das Turbo G8-Abi, sowie verschulte Studiengänge bewirken ein Übriges…In vielen Umgebungen ist kritisches Denken leider auch gar nicht wirklich erwünscht. Unsere Gesellschaft produziert „Ja-Sager“ („Iiker“)…Ich finde diese Entwicklung arg bedenklich…
eben, Christina: Medien- und Netzkompetenz fördern. Hierfür wird viel zu wenig getan. Deshalb nahm ich die Blogparade der Enquete-Kommission zum Anlass, auf die Problematik, sprich: ihre Dringlichkeit aufmerksam zu machen …
Nein,jemand hat Medienkompetenz/Netzkompetenz gesagt.
Und wieder ist ein weiteres Eichhörnchen Tod.
Kompetenz ist nix was man in der Schule lernt,oder was man fördern kann.
Kompetenz entsteht automatisch durch Erfahrung/Handlung/Interesse/Beschäftigung mit einer Materie.
Niemand wird Kompetenter wenn ihm in der Schule oder im TV erzählt wird,was man denn so auf Facebook tun und lassen soll.
Es ist schon schlimm genug was derzeit passiert,wenn irgendwo mal wieder über Facebook Partys berichtet wird,und dann wieder jemand Aufklärung ruft.
Den meisten Bürgern ist es egal,wie das Internet funktioniert,oder was für einen Smartphonetarif sie haben.
Und das ist auch klar,weil wenn sie wegen ihrer eigenen Dummheit ne 4 Stellige Telefonrechnung haben,schreien sie einfach Betrug oder Abzocke,und schon kommt das TV,und die Telekom und co. erlassen natürlich aus Kulanz die kosten dafür das jemand einfach ohne nachzudenken im Ausland Telefoniert hat,oder sich nciht um den richtigen Tarif fürs Internet gekümmert hat.
Gut auf den Punkt gebracht, Gesine.
Wie ich schon an anderer Stelle auf Deinem Blog bemerkt habe, finde ich die überbordende Harmonie schwierig. Natürlich ist es auch schön, aber vieles wird einfach zugekuschelt. Ich weiß manchmal nicht so recht, wie ich damit umgehen soll.
Wenn vieles indifferent bleibt, wird eine Diskussion schon im Keim erstickt. Es bleiben seltsam anmutende Dankesworte oder das „Gefällt mir“-Stempelchen. Eine Bloggerin hat diesem einen „Gefällt-Mir-Nicht“-Button daneben gesetzt. Das gibt wenigstens den Hinweis, das eine Alternative besteht, aber auch dies führt nicht zu mehr Kommunikation auf den Blogs, zu den Themen und Beiträgen. Sehr oft habe ich das Gefühl, daß die vielen Worte gar nicht mehr gelesen werden wollen. Also schnell vorbei huschen, Stempelchen drunter oder Daumen hoch und fertig? Schade!
Auch gut auf den Punkt gebracht !
Es wird sich nämlich gar nicht mehr wirklich eingelassen,
was jedoch die notwendige Basis von gelungener Kommunikation
wäre und unbestritten ist.
Nun kommt es wahrlich darauf an,
wo man sich im Netz rumtreibt.
Die Spannungsbögen unterscheiden sich zuweilen immens.
Es gibt regelrechte Prügelforen, die ich persönlich beim
Onlineangebot der WAZ erfahren habe.
Auch die taz startete unlängst einen Hilferuf an seine Leser,
weil es zuhauf rassistische und diskriminierende Kommentare
im hauseigenen Onlineangebot regnete.
Dort verliert man schnell die Lust auf Diskurs.
Das Grauen.
Nun zum numerischen Klassenprimus Facebook,
bei dem ich seit mehr als einem Jahr meine Erfahrungen mache.
Dort hat man sich oft so lieb, dass es vor Honig nur so tropft.
Das kann auch mal ganz nett sein, auf die Dauer ist es
langweilig und nervig.
Dann gibt es dort noch die Zyniker und Desillusionisten,
die auch einem noch so interessanten Thema,
den sinnhaften Diskurs abwürgen.
Man kaspert sich einen in Kurzform ab, wo Tiefgang gefordert wäre.
Die Like-Button-Manie steht dann nochmal für sich.
Hier kann man in der Verhaltenspsychologie wertvolle Hinweise finden.
Reiz-Reaktionmuster, Konditionierung, Reflexe, Verstärkung.
Dass hierbei die Hirnmasse nicht ge-, sondern brutal unterfordert wird,
ist offenkundig. Es hat schon etwas von Äffchenzirkus, in dem die User
sich gegenseitig darin bestärken, dass ein Zrück zum animalischen Entwicklungsstand
möglich und praktikabel ist.
Über die möglichen Folgen, kann man ausführlich debattieren,
sollte es im Sinne des Gemeinwohl auch tun!
Ich empfehle jedem, dem die Internet-Welt zu kuschelig ist, einen Blick un die WoW-Foren wie z.B. unter Allgemeines.
Ansonsten zu Kultur-Communities: In Deutschlands führenden Lit-Forum wird sehr großzügig gesperrt, sobald man sich nicht mehr auf offizieller Linie befindet, was auch eine Möglichkeit ist, *Kuscheligkeit* herzustellen. Wie in einigen Lit-Blogs, deren Namen ich nicht nennen werde, ebenfalls, dort gilt jede leiseste Andeutung von Kritik schon als Majestätsbeileidigung. Wenn man dort nicht schreiben möchte, wie toll ein Blogeintrag wieder war, sollte man im Eigeninteresse lieber gar nichts schreiben.
Einige nennen es *Kuschlig*, ich nenne es *verlogen*.
So hart in den Warcraft-Foren sich die Leute teilweise angehen und wie strunzdumm sie auch oft sind – mir ist es auf seine Art lieber, als diese *Wir haben uns alle lieb* – Pampe, bei der man nicht weiß, welche Kommentare da nicht freigegeben oder gelöscht worden sind.
Ein ganz hervorragender Artikel, der mir aus der Seele spricht.
Nichts gegen Harmonie, aber was hier beobachtet und angemerkt wird, ist noch nicht einmal heile Welt sondern lediglich Oberflächlichkeit, Konsum. Das ist selbstverständlich in Ordnung und allemal besser als Hasstiraden, aber nichtsdestoweniger hat es Auswirkungen auf die Qualität und wird irgendwann, wenn es bestimmte Dimensionen annimmt, Konsequenzen, die möglicherweise weitreichender sind, als man sich das gemeinhin bewusst macht.
Ich glaube, liebe Gesine, dass man Diskussionen im wahren Leben nicht mit denen im virtuellen vergleichen kann. Es fehlt einfach die nonverbale Ebene, das kann dazu führen, dass alle am Ende miteinander beleidigt sind oder eben auch, dass man vorsichtig ist, mit Smileys hantiert, weil Ironie sonst nicht verstanden wird (oder man selbiges fürchtet) etc. Mir persönlich ist ein gepflegtes Miteinander lieber als das Gedöns, wie man es in den Foren gewisser Online-Zeitungen findet. Darauf hätte ich keine Lust. Bei mir auf dem Blog sind auch nicht immer alle einer Meinung, das ist gut so, aber alle wissen, wie sie sich höflich und verständlich behaupten können mit ihrer Ansicht. Und so schätze ich auch Diskussionen im richtigen Leben: kein Geschrei, gute Argumente, manchmal auch ein Scherz auf eigene oder fremde Kosten. Letzteres funktioniert natürlich nur, wenn man sich schon eine Weile kennt (sofern man sich virtuell kennen kann) oder einen sehr ähnlichen Humor besitzt.
Und warum sollte ich nicht Blogbeiträge, die ich mag, „liken“ – nicht immer reicht die Zeit für ausführliche Kommentare, aber ein kurzes Winken und freundliches Zunicken finde ich okay. Ich „like“ auch Musikstücke oder Bilder bei FB, wenn sie mir gefallen. Es gibt auch einige Beiträge, bei denen ich manchmal den „Gefällt mir nicht“-Button vermisse, aber andererseits – Geschmäcker sind verschieden, Ansichten dito. Die Welt ist nicht, wie ich sie gern hätte. Wenn’s virtuell harmonisch zugeht, ist’s doch okay.
Die Unterscheidung „wahres“ und „virtuelles“ Leben mal beiseite gelassen, handelt es sich doch schlicht und einfach um zwei verschiedene Arten der Kommunikation, die mündliche und die schriftliche. Die Kommunikationssituation ist natürlich eine andere, darüber ist sich hoffentlich auch jeder bewusst.
Mich irritiert ein wenig, dass scheinbar reflexartig wieder eine Opposition zwischen gepflegtem Umgang und Kritik aufgebaut wird. Das schließt sich doch überhaupt nicht aus. Ich weiß, dass Du das so nicht geschrieben hast, aber auch in dem Artikel zum Kuschelkurs konnte in den Antworten schon der Eindruck entstehen, als gingen kritische Töne meist mit dem Vergessen der guten Kinderstube Hand in Hand. Muss ich wirklich noch betonen, dass mir Höflichkeit lieber ist als Beschimpfung? Das steht mir einer Diskussion manchmal auch im Weg.
Es geht allgemein um Kommunikation im Netz und da spricht der Artikel wichtige Punkte an. Ich schließe mich muetzenfalterins Bedenken an. Man muss auch mal etwas ausdiskutieren können, einer Sache/Meinung auf den Grund gehen (wollen).
Ja, sicher, da habe ich auch gar nichts gegen. Und wenn das in einer angemessenen Form stattfindet, ist das wunderbar und eine gute Möglichkeit, verschiedene Aspekte einer Sache zu betrachten oder die Perspektve zu wechseln. Vielleicht geht es mir eher darum, dass ich affirmative Kommentare nicht automatisch kritisch sehe und denke, dass mir da vielleicht nur jemand schmeicheln will. Ich gehe einfach ganz blauäugig von mir aus: Wenn mir etwas gefällt, äußere ich mich entsprechend. Das würde ich gern nicht negativ verstanden wissen (z. B. als pure Schmeichelei o. ä.). Genauso, wie Kritik erlaubt sein sollte, sollte auch ein freundliches Wort erlaubt sein. Ich sehe in positiven Kommentaren keine Gefahr für den Untergang der Diskussionsfreude.
>Muss ich wirklich noch betonen, dass mir Höflichkeit lieber ist als Beschimpfung?
Was nutzt den gefakte Höflichkeit?
Damit verletzt und Beleidigt man nur das Gegenüber.
Wenn mir jemand nicht ehrlich sagt wie er mich findet,oder was er denkt,wie kann dann die Interaktion in welcher Form ehrlich sein.
Liebe Petra,
wo rede ich harten Bandagen das Wort? Im Gegenteil. Mir ist daran gelegen, dafür zu sensibilisieren, dass kritsch-konstruktive Diskurse ein hohes gesellschaftliches Gut sind, und dass affirmative Kommunikationsstile, wie sie im Netz und in Netzwerken mehrheitlich gepflegt werden, die Fähigkeiten dazu auf Dauer schmälern.
Hm, ich glaube, darauf habe ich auch gerade bei Wortlandschaften eins weiter oben geantwortet : ) Also der Aspekt, dass positive Äußerungen keine Gefahr für die Diskussionsfreude darstellen (oh, ich sehe gerade, dass ich oben doppelt negiert habe, das ist natürlich Quark).
>Bei mir auf dem Blog sind auch nicht immer alle einer Meinung, das ist gut so, aber alle wissen, wie sie sich höflich und verständlich behaupten können mit ihrer Ansicht. Und so schätze ich auch Diskussionen im richtigen Leben: kein Geschrei, gute Argumente, manchmal auch ein Scherz
Und schon ist diene Welt in Ordnung,und du musst gar nicht drüber nachdenken das es auch andere Meinungen gibt,und andere formen der meinunsgäusserung.
Ziemlich anmaßend und arrogant.
Und ganz wichtig JEDEM muss diese/deine Sichtwiese aufgedrängt werden,
>Diskussionen im wahren Leben
>Diskussionen im richtigen Leben
Du musst die Weisheit aber mit einem Großen löffel gegessen haben,wenn du weißt was das wahre und Richtig Leben ist.
Das Internet ist nur eine Technik,da ist nix wahrer/richtiger oder unwahrer/unrichtiger als auf dem Marktplatz in Ulm.
Gefällt mir! ^^
Gefällt mir auch … viele Grüße von der Pappnase, die bei manchen Beiträgen geneigt war, den Like Button zu drücken. 😉 Facebook tut nicht blöde machen, das Liken ebenfalls und manch zwischenmenschliche Auseinandersetzung in dieser Partnerbörse ist so interessant, wie der Aufenthalt in der Badeanstalt bei schönstem Sonnenschein. Man guckt dem anderen auf den Pelz, lässt Sprüche los und teilt Musik …
dabei entstehen Gefühle, die keiner beschreiben kann, der sie nicht selbst erlebt hat. Ich weiß wovon ich schreibe, Du liebe Liese-Lotte sicherlich auch. :-))