Buchaffine Blogbetreiber, die sich jeweils in Kurz-Interviews präsentieren, sprechen Blogempfehlungen aus, deren Betreiber wiederum eingeladen werden, sich den Fragen zu stellen. Das ist Ziel der losen Interview-Reihe „Steglitz stellt bibliophile Blogger vor“, deren Intentionen ich anderenorts detaillierter erläutert habe.
Heute steht Svenja Rede und Antwort, die Syn-ästhetisch pflegt. Gewünscht hatte sich das Caterina von SchöneSeiten.
Dein Steckbrief in Stichworten …
Geboren 1985 in Berlin, dort aufgewachsen, zur Schule gegangen, studiert (Germanistik und Anglistik), inzwischen freiberuflich als Korrektorin/Lektorin unterwegs und gerade in der Babypause.
Seit wann, warum und wo bloggst du?
Seit Juni 2010 bei WordPress. Warum? Gefiel mir einfach am besten.
Deine Themenschwerpunkte …
Literatur und Fotografie (daher der Blog-Name Syn-ästhetisch). Hauptsächlich finden sich bei mir Rezensionen zur Gegenwartsliteratur Europas und des Nahen Ostens, ich lese rasend gerne israelische Autoren und „Problembücher“ – egal wo sie spielen. Also nichts mit lachenden, über Blumenwiesen springenden Menschen, sondern eher (zwischen-) menschliche Abgründe, das Wechselspiel von Geschichte und individuellen Schicksalen.
Was treibt dich in der Literaturszene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?
Derzeit lebe ich babybedingt in einer Fläschchen- und Windelblase und bekomme weniger mit als sonst. Generell bin ich ein Mensch, der sich weniger von Trends mitreißen lässt und auf das Stöbern im Buchladen und die Empfehlungen anderer Lesebegeisterter vertraut. Natürlich frage auch ich mich, ob uns irgendwann der Abschied vom gedruckten Buch, von Bibliotheken und Lesezimmern, vom Seitenrascheln und Zuklappen droht und nur noch digital gelesen wird und ob mein Sohn als alter Mann noch jemals etwas von Hand schreiben wird.
Wie machst du dein Blog und deine Beiträge bekannt?
Ich bin auf Facebook, anderen Blogs und auf Twitter unterwegs. Allerdings treibt mich der Austausch mit Gleichgesinnten an und weniger der Ansporn, besonders bekannt zu werden. Auf meiner Facebook-Seite poste ich, was ich gerade lese oder eben ausgelesen habe; sammle Fundstücke aus dem Netz oder weise auf andere interessante Rezensionen/Interviews und Co. hin. Im Grunde ist die Seite eine Art virtuelle Pinnwand dessen, was mich selbst interessiert und von dem ich glaube, dass andere auch Gefallen daran finden könnten.
Was sollte ein Blogger besser sein lassen?
Die Grundregel lautet, fair und sachlich bleiben, auch wenn eine Diskussion mal hitziger wird. In meinen Augen ist es am Wichtigsten, authentisch und man selbst zu bleiben; also eine eigene, unverwechselbare Stimme zu behalten, an der man erkannt wird und sich nicht anderen Bloggern anzupassen, nur weil sie vielleicht erfolgreicher sind als man selbst. Wenn ich literaturtheoretische Analysen lesen will, gehe ich in ein Germanistik-Seminar. Im Internet interessieren mich ungestelzte Leseeindrücke, frei vom Herzen weg und ohne sprachliche Zensur – schreiberisches Talent sollte aber ebenso nicht fehlen.
Welche Hürden muss ein Blogger nehmen?
Ich habe mit dem Bloggen nie ein konkretes Ziel verknüpft oder Erwartungen verbunden, ehrlich gesagt war meine Motivation sogar ziemlich egoistisch: Ich wollte meine Gedanken und Gefühle über das, was ich gelesen habe, irgendwie loswerden und gleichzeitig die Möglichkeit haben, meine Eindrücke zu Büchern unkompliziert sortieren und schnell abrufen zu können. Das geht mit einem Blog deutlich besser als anhand einer Zettelwirtschaft. Trotzdem oder vielleicht auch gerade deshalb haben sich mit der Zeit und durch Kommentare auf anderen Blogs die ersten Besucher zu mir verlaufen. Viele von ihnen sind geblieben und ein richtiges Netzwerk aus Buchliebhabern ist entstanden. Ich freue mich sehr, ein kleiner Teil davon sein zu dürfen.
Bloggen bedeutet natürlich auch, Freizeit aufzuwenden und Durststrecken (keine oder kaum Leser/Kommentare) überwinden zu müssen. Man lernt, sich und seine Ressourcen gut einzuschätzen und regelmäßig neue Beiträge online zu stellen, ist eigentlich ein guter Weg zur Selbstdisziplin.
Dein schönstes Erlebnis als Blogger …
Die Vernetzung mit anderen Buchliebhabern. In meinem Umfeld gibt es eher wenig Leser und durchaus einige Leute, die bei meinem Buchkonsum eher sorgenvoll den Kopf schütteln. Ich empfinde den virtuellen und inzwischen auch persönlichen Kontakt zu Menschen, die dieselbe Leidenschaft teilen, als großes Geschenk und als Bereicherung in meinem Leben.
Wie gehst du damit um, wenn dir Verlage, Agenturen oder Autoren Rezensionsexemplare anbieten?
Das kommt nicht häufig vor, so bekannt ist mein Blog dann auch wieder nicht. Meist sind es Verlage, deren Bücher ich schon einmal besprochen habe oder ich bekomme das aktuelle Verlagsprogramm zugesendet. Ich wähle sehr bedacht aus und greife meist nur bei mir bekannten Autoren zu oder auch bei einem Verlag, deren Programm sehr viele Übereinstimmungen mit meinem Lesegeschmack hat. Rezensionsexemplare bedeuten immer die Verpflichtung, zeitnah eine entsprechend ausführliche Rezension zum Gelesenen online zu stellen – die möchte ich gerne erfüllen und mich zugleich nicht beim Lesen und Schreiben hetzen, weil sich Rezensionsexemplare bereits bei mir stapeln. Aus diesem Grund, und auch weil mir manche Titel nicht zugesagt haben, habe ich Rezensionsexemplare durchaus schon dankend abgelehnt. Zudem kommentiere ich im Gegensatz zu vielen anderen Bloggern auch nicht vorwiegend Neuerscheinungen.
Und wie würdest du damit umgehen, wenn dir Self-Publisher ihre Titel zur Rezension anbieten?
Vermutlich ebenso wie ich es im Fall von Verlagen und Autoren tun würde.
Wie hältst du es mit dem eBook?
Ich besitze einen Kindle-Reader, den ich selten benutze. Generell geht es mir wohl wie den meisten bibliophilen Menschen: Ich möchte das Papier spüren, die Seiten riechen und das Gewicht des Buches in der Hand spüren. Ein E-Reader ist praktisch, ein „echtes“ Buch einfach nur schön.
Welche anderen Blogs empfiehlst du (max. 5).Und welcher bibliophile Blogger sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?
Hier kann ich wahrscheinlich nicht mehr viel Neues beitragen, ich lese am liebsten die Klappentexterin, Ada Mitsou liest …, vom Mareike vom Bücherwurmloch und Caterina von SchöneSeiten (und nicht nur, weil ich mit ihr gemeinsam das Blog-Projekt „Jüdische Lebenswelten“ betreue) – Mareike und Caterina haben sich hier je bereits vorgestellt – sowie die Bibliophilin, die ich mir als nächste Interviewpartnerin wünsche.
Danke sehr! Auch dafür, dass du dir zwischen Wickeln, Windeln und Fläschchengeben Zeit für deinen Beitrag genommen hast.
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Zuletzt stellte sich die Bücherliebhaberin mit glasperlenspiel13 vor. Ihre Wunsch-Interviewpartnerin war Ruth mit Ruth liest. – Eine Übersicht, wer bereits alles Rede und Antwort stand und welche Blogs in den jeweiligen Gesprächen empfohlen wurden, findet sich hier
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Danke für eure wertschätzenden Kommentare und dir liebe Gesine für die Möglichkeit, meinen Blog hier vorzustellen 🙂
ich habe dir für deinen Beitrag zu danken!
Klasse, wieder ein Blog hier, den ich mag. Bald brauche ich den Bücherblog meiner Blogroll nicht mehr – sind ja alle hier auf Steglitz 😉
Ein schönes Interview zwischen Wickeln und Windeln. Ich kenne einige Bloggerinnen, die das Bloggen aufgegeben haben, nachdem sie Mütter geworden waren. Schön, dass Du weiter machst. Ich versuche das ja auch 🙂
Ich fühle mich geehrt, liebe Svenja, dass Du mich erwähnt hast. Danke!
Gerne, leibe Bibliophilin 🙂
Das Internet als Refugium der Leser. So geht es mir auch – der erste Grund, mich im Internet aufzuhalten, denn im persönlichen Umfeld lesen die wenigsten Leute, bzw. anderes als ich
Vielen Dank für das schöne Interview. Ich bin froh, dass es Blogs gibt wie Syn-ästhetisch, auf denen einmal nicht nur Literatur-Neuerscheinungen vorgestellt werden. Auch wenn „Problembücher“ rezensiert werden, sind es doch immer tolle Titel, die auch meinem Lesegeschmack entgegenkommen.
Ein schönes Gespräch, herzlichen Dank dafür! Mir gefällt, wie Svenja „Problembücher“ und ihre Leidenschaft dafür definiert, in diesem Leseverhalten finde ich mich selbst wieder. Das ist auch der Grund dafür, dass ich ihrem Blog so gerne folge; immer wieder entdecke ich dort Bücher, die ganz nach meinem Geschmack sind, und ich weiß mittlerweile, dass ich auf Svenjas Urteil vertrauen kann.
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