„Verkauft eure Bücher nicht an Amazon!“ SteglitzMind stellt Jessica Ebert und Katja Weber von der „ebertundweber Buchhandlung“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir Jessica Ebert und Katja Weber von der Berliner Buchhandlung ebertundweber etwas näher kennenlernen sollten, hatte Snoopylife vorgeschlagen, der das Blog dements betreibt.

Eine Skizze vom Laden…

Wir, Jessica Ebert und Katja Weber, haben ebertundweber 2006 gegründet. Seit 2013 haben wir Anne Gregor als Teilzeitangestellte dabei.

Warum sind Sie Buchhändlerinnen geworden?

Einladung zum Schmökern © ebertundweber

Einladung zum Schmökern © ebertundweber

Weil wir Bücher lieben.

Wir hatten den Traum, eine Buchhandlung zu gestalten und zu führen und beide hatten wir den Traum, diesen in Kreuzberg zu verwirklichen und dort vor allem den kleinen unabhängigen Verlagen ein Forum zu bieten.

Auf wenig Fläche spannende Bücher ansprechend präsentieren, Intellekt und Unterhaltung miteinander verbinden!

Wir sind ein optimales Duo aus einer „gelernten“ Buchhändlerin und einer Quereinsteigerin, die durch ihre Branchenferne viel Neues sieht. Dadurch gelingt uns der Blick über den Buchhändlertellerrand immer wieder.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Nicht die Bedingungen würden uns abschrecken – höchstens die Verdienstchancen – aber die waren im Buchhandel schon immer sehr bescheiden….Der klassische Buchhändler verdient unwesentlich mehr als jeder andere Verkäufer im Einzelhandel.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Alles geht schneller, aber die Kunden sind geduldiger geworden.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Wir haben seit Gründung unseres Ladens einen Onlineshop, der auch gerne genutzt wird, allerdings ist es nicht soo einfach diesen bei den Kunden bekannt zu machen.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Berlin nimmt bezüglich des Buchlädensterbens eine absolute Sonderrolle ein – hier nimmt die Anzahl der kleinen Buchläden jährlich zu! Berlin lebt in seinen Kiezen.

Für uns wären der Fall der Buchpreisbindung und steigende Mieten existenzielle Bedrohungen.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Bei uns kann man seit einigen Monaten über unserer Website E-Books kaufen, an denen wir dann auch einen Hauch verdienen. Wir freuen uns darüber – allerdings wird dies (noch) nicht häufig genutzt.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Wenn die Bücher gut sind. Warum nicht?

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Wir haben eine spannende und breite Auswahl, haben dank unseres genossenschaftlichen Einkaufsmodell Anabel, täglich Neues. Wir richten uns beim Einkauf nach unserer eigenen Meinung beziehungsweise der unserer Kunden und wählen jedes Buch individuell aus.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

"E" wie  © ebertundweber

„E“ wie © ebertundweber

1. Verkauft eure Bücher nicht an Amazon!

2. Verkauft eure Bücher nicht an Amazon! Würden sich drei, vier große Publikumsverlage trauen, ihre Titel nicht mehr über Amazon zu verkaufen, wäre der Ruf von Amazon bezüglich der allumfassenden Lieferfähigkeit schnell hin und der Kunde würde auch wieder mal woanders hinschauen.

3. Verramscht eure Bücher nicht so schnell! Die Bücher werden sehr, sehr schnell – manchmal innerhalb eines halben Jahres an moderne Antiquariate billig verhökert, so dass zeitgleich bei uns die „normale“ Ausgabe gehandelt wird – das ist sehr unschön…

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Innovative Werbekampagnen, zum Beispiel wie wahnsinnig schnell der Buchhandel liefert! Nach 30 Jahren immer noch fast ein Geheimnis, obwohl es eines der dicksten Pfunde der Branche ist. Nur Apotheken sind schneller!

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Wir freuen uns, dass sich trotz allem kleine Verlage neu gründen!

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Weil es so schön ist von Mensch zu Mensch zu reden! Und wer möchte eigentlich in Orten wohnen, wo es keinen Einzelhandel mehr gibt, sondern nur noch Postautos?

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Die polnische Buchhandlung buch|bund in Berlin/Neukölln, cohen + dobbernigg in Hamburg und Czuly Barbarzynca in Warschau.

Vielen Dank. Das wird sicherlich ein spannendes Unterfangen, eine Warschauer Buchhandlung zu kontaktieren…

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

Heike Wenige mit dem Taschenbuchladen, der im sächsischen Freiberg ansässig ist

Christian Röhrl von der Buchhandlung Bücherwurm in Regensburg

Susanne Dagen vom Buchhaus Loschwitz in Dresden

„Der Buchhändler versteht sich viel zu oft als Geheimwissender.“ SteglitzMind stellt Susanne Dagen vom „Buchhaus Loschwitz“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir heute Susanne Dagen vom Buchhaus Loschwitz in Dresden etwas näher kennenlernen, haben wir Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz zu danken.

Eine Skizze vom Laden…

Das BuchHaus Loschwitz ist von Susanne Dagen und Michael Bormann im Jahre 1995 gegründet worden. Der Laden umfasst nicht mehr als 50 qm, auf denen sich allerdings die deutschsprachigen Perlen der literarischen Welt tummeln und auch Bibliophiles, feinstes Kinderbuch und Saxonica seinen Platz findet.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Susanne Dagen © Anke Baltzer

Susanne Dagen © Anke Baltzer

Schwankend zwischen der ausgeübten Musik und dem Interesse für Literatur hat die Freude am Geschriebenen, die Lust am Tagtraum die Oberhand gewonnen.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Ein wunderbarer Beruf! Und ein Typengeschäft dazu! Würden sich all die Idealisten, die Genießer, die Spinner und Geschichtenerzähler entscheiden, eine Buchhandlung zu eröffnen, wäre unsere Branche reicher und verführerischer!

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Ich bin seit über zwanzig Jahren Buchhändlerin. Da wird viel Zeit frei durch die Routine des Alltags, die man mit den tausend anderen schönen Dingen füllen kann. Zum Beispiel, seine Kontakte zu pflegen und damit viel leichter, schneller und unkomplizierter Ideen zu verwirklichen.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Nix. Ich bin lieber jeden Tag da.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Die größte Gefahr für uns ist die nachlassende Neugier und das im wörtlichen Sinne. Wir verkaufen doch seit Jahr und Tag die selben Geschichten. Und doch wollen wir immer aufs Neue überraschen. Man darf niemals müde werden. Das kostet Kraft.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Buchhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Buchhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Ich überlege seit Jahren, mir ein Lesegerät zuzulegen. Schließlich reise ich  immer und überall mit Taschen voller Bücher und Manuskripten. Bis heute.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Warum denn nicht? Schließlich entscheidet die Qualität, die Form, der Inhalt. Wenn das stimmt, sehr gern.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Mein tägliches Tun ist immens beratungsintensiv. Und wird es immer mehr. Das zeigt mir, dass unsere Besucher, Meinung schätzen und achten. Ich versuche immer, das passende zu finden und bin dankbar für jeden Rücklauf. Da macht mich auch Kritik glücklich. Ich glaube das Wichtigste ist es, seinen Gegenüber ernst zu nehmen. Da versteht sich der Buchhändler in meinen Augen viel zu oft als Geheimwissender…

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

  1. Weniger ist mehr!
  2. Unterstützt den stationären Buchhändler, der tut das nämlich auch!
  3. Schafft die Print-Vorschauen ab!

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Kulturhaus Loschwitz © Susanne Dagen

Kulturhaus Loschwitz © Susanne Dagen

  1. Passt die Beiträge sinnvoll an!
  2. Unterstützt den stationären Buchhändler, von dem lebt ihr nämlich!
  3. Treibt die Dezentralisierung voran und unterstützt die Landesverbände in ihrem Tun!

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Zuviel Polemik bei jedweder Berichterstattung ermüdet und informiert fehl. Ich lese Bücher, da hat man alles schon erlebt. Glaubt man. Menschliches treibt mich immer um.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Wenn sie Lust aufs Schwatzen, aufs Mithören, auf Lachen und auf Wutanfälle haben. Weil wir hier eine Menge bunter Hunde bedienen.

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Manfred Keiper, die andere buchhandlung in Rostock. Bei dem habe ich während meiner Lehrjahre viel gelernt!

Danke vielmals. – Im Übrigen: Susanne Dagen und Michael Bormann betreiben neben ihrer Buchhandlung außerdem das Kulturhaus Loschwitz, wo allerlein Veranstaltungen geboten werden. Darüber hinaus unterstützen sie das Dresdner Lyrik-Stipendium, das der Verein Literarisches Dresden in diesem Jahr erstmalig ausgeschrieben hat.

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

Heike Wenige mit dem Taschenbuchladen, der im sächsischen Freiberg ansässig ist

Christian Röhrl von der Buchhandlung Bücherwurm in Regensburg

„Wir denken nicht in Warengruppen, sondern in Kaufanlässen.“ SteglitzMind stellt Christian Röhrl von der „Buchhandlung Bücherwurm“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Christian Röhrl vom 3-köpfigen Vorstand der Arbeitsgemeinschaft unabhängiger Buchhandlungen (AuB) führt in Regensburg die Buchhandlung Bücherwurm. Wir sind uns in einem angesagten sozialen Netzwerk begegnet. Zu meiner Freude ließ er sich nicht lange bitten, hier mitzutun.

Eine Skizze vom Laden…

Der Bücherwurm entstand  aus einer Studenteninitiative heraus. 1985, zunächst als Verlag für Kleinkunst und Versandbuchhandel. Seit 1988 gibt es das erste Ladengeschäft. Damit wird heuer das 25 Jährige begangen. In der Zeit wurden im Raum Regensburg und Amberg diverse Läden eröffnet, heute bestehen davon noch 2 in Regensburg und Neutraubling und ein Shop im Shop im Zweiradcenter Stadler, wo alles rund ums Rad und Motorrad angeboten wird.

Der Bücherwurm war meist als Stadtteilbuchhandlungen konzipiert mit einem Schwerpunktprogramm für Familien. Anspruchsvolles Kinderbuch, Belletristik und Ratgeber. Das Ganze im Nonbook ergänzt im Bereich Kulinaria, Wellness und Geschenkartikel. Es gibt eine „Eine Welt“-Ecke (Fair Trade) in jedem Laden. Das Hauptgeschäft im Regensburger Westen hat eine Fläche von 600 qm, die Filiale im Kaufpark Neutraubling 140 qm, und der Stadler Shop ca. 12 qm. Zurzeit sind 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, z.T. auch in Teilzeit beschäftigt.

Das Rechnungsgeschäft mit Schulen, Institutionen und Bibliotheken macht ca. 20% vom Umsatz aus. Es gibt einen Online Shop, noch den Libri Shop, wir werden aber im Herbst wechseln  und einen Facebookauftritt.

Warum sind Sie Buchhändler geworden?

Christian Röhrl © privat

Christian Röhrl © privat

Ich bin über die Musik zum Buchhandel gekommen. Die Liedermacherband Onyx suchte einen Bassisten. Da bin ich 1982 eingetreten. Aus der Band hat sich dann ein Kleinkunstverlag entwickelt. Irgendwann kamen wir auf die Idee, nicht unseren ganzen Bücheretat zu Pustet zu tragen und beschlossen, eine Buchhandlung zu gründen. Dabei rezensierten wir (3 angehende Lehrer und ich) Kinderbücher und erstellten einen Versandkatalog für Kindergärten, der 500 mal verschickt wurde. Nach meinem BWL Studium habe ich dann diese kleine Versandbuchhandlung übernommen und 1988 den ersten Laden eröffnet, weil mich der Buch Virus nicht mehr losgelassen hat. Mein Gedanke war, Literatur und Musik. Damit willst Du  dein Leben verbringen.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Bei mir war die Lust am Bücherverkaufen immer mit einem betriebswirtschaftlichen Background verbunden. Nach 25 Jahren Berufserfahrung mit allen denkbaren Höhen und Tiefen denke ich, dass ich es allmählich kann und ich kann mir keinen schöneren Beruf  vorstellen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Vor allem nach 2004 bin ich allmählich zur Erkenntnis gelangt, dass es tief greifende Wandlungen in der Branche gibt, angesichts der damaligen Entwicklung bei den Filialisten, dem aufkommenden Online Handel. Es stellte sich mir die Frage, wie man künftig weiter arbeiten muss, um zu überleben. Die wichtigste Erkenntnis ist, dass man als Einzelkämpfer – noch dazu in der Umsatzklasse, in der sich die meisten Buchhandlungen tummeln, künftig keine Chance mehr haben wird. (70% aller Buchhandlungen tummeln sich mit einem Umsatz von unter 300.000,– bei  einem betriebswirtschaftlichen Ergebnis von MINUS 6,5%, laut letztem Betriebsvergleich))

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Ich kümmere mich zu 5% um Online und zu 95% um meine Kunden im Laden. Die Kunden sollen im Laden erleben, dass das was anderes ist, als am PC zu hocken.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Es findet seit 2007 ein schleichender Verlust an Barkunden statt. Zum anderen sehe ich die größte Gefahr auf der Vermieterseite. Eine Buchhandlung kann vielfach beim Ertrag nicht mit anderen Branchen mithalten. Die Gefahr wächst, dass Mietverträge einfach nicht verlängert werden. Gerade oft auch an Standorten, die gut funktionieren.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Ich habe gerade unter anderem deshalb das neue EURO BIS Flow von KNV eingeführt, das eine sehr einfache Möglichkeit des E-Book Verkaufs über die ganz normale Bibliografie ermöglicht. Ansonsten bin ich Papieranhänger und Haptik Fetischist.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Ich verkaufe ja auch seit 25 Jahren Bücher von Eigenverlegern. Es sind vor allem regional gute Titel dabei. Generell denke ich aber, dass es Sinn macht, vor einer Veröffentlichung jemanden zu haben, der das Ganze lektoriert, korrigiert, bewirbt, veröffentlicht und einen wirtschaftlich sinnvollen (gebündelten) Vertrieb ermöglicht. – Kurz ich bevorzuge Verlage.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

© Buchhandlung Bücherwurm

© Buchhandlung Bücherwurm

Ein wesentlicher Punkt ist der Versuch, sich in die Kundensicht zu begeben. Also was sucht ein Kunde. Beispiel: Der Kunde will in Urlaub in die Toskana. Dem versuchen wir Rechnung zu tragen, indem er alles zu dem Thema beieinander findet. Von der Karte, den Reiseführer, der Urlaubslektüre, dem Beschäftigungsblock und dem Hörbuch für mitfahrende Kids, regionalen Titeln (Das Monster von Florenz …) bis hin zu Rotwein und Olivenöl.

Kurz wir denken nicht in Warengruppen, sondern in Kaufanlässen. Das schafft dann genau die gedanklichen Verbindungen, die das Netz oft auch mit noch so ausgefeilten Algorithmen nicht kann. Wir versuchen, den besonderen Service bieten. Dazu kommt die gute Mischung aus Beratung und sich selbst verkaufender Präsentation.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

1) Übernehmt die Versandkosten. Gesamtwirtschaftlich würde das die Kosten für Beteiligten senken

2) Haltet Euch an die Preisbindung: Die Konditionen der Buchhandlungen dürfen nicht allein am Umsatz festgemacht werden

3) Bestraft Buchhandlungen nicht, wenn die Eure Bücher ans Lager nehmen. Beispiel: Remissionsgebühr. Das Wort Schulbuchverlage will ich nur mal so hinschreiben. Das wären dann Seiten füllende Wunschlisten.

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Noli turbare circulos meos…

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Wir suchen immer für unsere Lesungen geeignete Autoren. Was mich dann ärgert, wenn diese dann nur über Agenturen zu buchen sind.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Sie sollen sich inspirieren lassen…

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Viele Kollegen in der AUB geben kompetente Gesprächspartner ab. Etwa Karin Esch von der Buchhandlung Lesezeit in Düsseldorf oder Hartwig Bögeholz von der Bücherstube in Bielefeld.

Danke sehr…

Halt! Aus meiner Sicht fehlt hier eine wichtige Frage: Wie kauft man heute Bücher ein?

Sie verraten es uns…

Nur als Großer werden sie von Verlagen ernst genommen. Der Rohertrag kann sich schnell mal zwischen klein und groß um 15 % unterscheiden. Wenn man die Betriebsvergleichszahlen ansieht, die bei 6,5 % minus bei kleinen Buchhandlungen liegen, sollte eigentlich das Ziel eigentlich klar sein: Wie kann man die Spanne um mehr als 6,5% steigern, damit endlich Schluss mit der Selbstausbeutung ist!

Man muss gemeinsam einkaufen, dabei aber alle Freiheiten der Lieferantenwahl, des Barsortiments und der Sortimentsgestaltung haben. Es müssen dabei beide Seiten einen Gewinn haben: Die klassische win – win- Situation. Ein möglicher Weg ist das Cross Docking, das wir von der AuB zur Zeit mit der EK Servicegroup in Bielefeld aufbauen und das im 1. Quartal 2014 starten wird. Das Ganze ist eine Kombination von besseren Konditionen, bei gleichzeitig schlankeren Prozessen und niedrigerer Lagerbindung bei völliger Freiheit der Gestaltung des eigenen Sortiments mit Zugriff auf andere Warengruppen und sämtlichen Leistungen, die man sich für einen Händler nur vorstellen kann. Und das mit einem erfahrenen und leistungsstarken Partner. Cross Docking wird ein Meilenstein beim Einkauf sein! – Wer mehr wissen möchte, mag sich an mich wenden.

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

Heike Wenige mit dem Taschenbuchladen, der im sächsischen Freiberg ansässig ist

Vorsicht Buchhandel! Zu Risiken und Nebenwirkungen. – Gerrit van der Meer antwortet Norbert W. Schlinkert

Gerrit van der Meer ist seit Mitte der 80er Jahre im Buchhandel tätig. Wir haben ihn auf SteglitzMind bereits dank seinem Aufruf in Sachen Freihandelsabkommen und dem persönlichen Beitrag Draußen vor der Tür. Als arbeitsloser Buchhändler nachts in einer fremden Stadt etwas kennengelernt. – Nun hat es sich Gerrit nicht nehmen lassen, Norbert W. Schlinkert zu antworten, der gestern hier ausführte, warum er in keine Buchhandlung mehr geht.

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Lieber Norbert W. Schlinkert!

Es gibt seit langem sein schönes altes Bilderbuch mit dem Titel: „Du hast angefangen! Nein, Du….“
Was dieses Buch mit Ihrem Aufsatz zu tun hat? Nun, man kann daraus lernen, warum plötzlich in der Buchhandlung der Handke und der Wondratschek fehlen.
Mitte der neunziger Jahre war die Buchhandelswelt noch in Ordnung. Der Buchhändler konnte es sich leisten, neben den Bestsellern und anderen kommerziell erfolgreichen Titeln, seine Marotten zu pflegen. In fast allen Buchhandlungen konnte man sie finden, die Dostojewskis, Bölls, Handkes und Wondratscheks usw. Daneben noch Lyrik und ausgefallene Bildbänder der Inneren Mongolei. Es war schön damals. Gelebt aber hat man als Buchhändler auch damals schon von der Masse. Die Wondratschekleser waren eine eher kleine Minderheit. Über die Umschlagsgeschwindigkeit japanischer Haikus brauchen wir erst gar nicht zu reden.

Und plötzlich, erst schleichend, dann immer schneller verschwanden die Kunden in die schönen neuen Buchpaläste und ein bisserl später in den unendlichen Weiten des WWW. Es ist doch viel bequemer, sich das Ganze direkt auf die Couch liefern zu lassen.

Natürlich ist der Kunde neugierig und die schöne neue Glitzerwelt war ja so viel „besser und schöner“. Also ging der Kunde. Aber wie es scheint, mit einem schlechten Gewissen. Denn plötzlich war die einstmals geliebte Buchhandlung nur noch ein aus der Zeit gefallener Ramschladen mit schlechter Auswahl und arrogantem unfähigem Personal. So konnte und kann man es zumindest in unzähligen Blogs nachlesen.

Heute, zehn Jahre später findet man als Buchhändler immer mehr Blogbeiträge in denen unsere alten Kunden genau diesen verstaubten, aus der Zeit gefallenen Buchhandlungen nachtrauern. Norbert Schlinkert ist jedoch ein Sonderfall. Er weiß genau, warum er als Cineast nicht mehr ins Kino geht. Er fürchtet die Blicke des Buchhändlers. Er fürchtet sich davor als Leser ausgefallener Literatur diskriminiert zu werden. Ein Cineast, der sich Filme nur noch auf preisreduzierten DVDs aus der Discountbuchhandlung ansieht ? Sorry, aber als Cineast kann ich das nicht nachvollziehen. Cineasten haben meist noch nicht einmal einen Fernseher. Zumindest die, die ich so kenne. Und gerade in Berlin gibt es hervorragende Programmkinos, die fast jeden Geschmack bedienen.

Angst vor den Blicken des Buchhändlers ? Jeder eingefleischte Buchhändler freut sich auf „schwierige Kunden“. Sie sind und waren das Salz in der Bestsellereinheitssuppe. Ich habe es als Buchhändler immer geliebt, wenn der Kunde mich fachlich herausgefordert hat. Damit kann ich als Buchhändler doch ziemlich einfach nachweisen, dass ein Algorithmus nicht in der Lage ist, den Kopf zu ersetzen.
Und ja, auch viele Buchhandlungen sind, zwangsläufig marktgerecht „bunt“ geworden. Wer 25% Umsatz verliert, weil die Kunden den Algorithmus und Lieschen Müllers Kundenmeinung so toll finden, muss einfach mit dem Strom schwimmen. Ob er will oder nicht. Das Marottenregal haben der Betriebsberater und die Hausbank längst über den Jordan geschickt. Ob das immer die richtige Entscheidung war, sei dahingestellt…

Womit wir wieder bei unserem Bilderbuch wären. Wer hat eigentlich damit angefangen? Schwer zu sagen. Das Kunden etwas „Neues“ ausprobieren wollen ist verständlich. Das die Welt sich dreht, unvermeidlich. Und das der Buchhandel sich noch immer in einem Anpassungsprozess befindet, ist eine Tatsache. Vieles wird probiert und manches funktioniert bereits. Anderes ist gescheitert. So scheinen Großbuchhandlungen mit hohem „Nonbookanteil“ und mangelhafter Beratung keine Zukunft zu haben. Ebenso wird vielen Kunden deutlich, dass der Algorithmus doch nicht die Ultima Ratio ist.
Gegen die Angst vor fremden Blicken kann ich als Buchhändler Herrn Schlinkert allerdings nicht schützen. Dieses Problem muss er alleine lösen.

© Gerrit van der Meer

Buchreihe3

Warum ich nicht mehr in Buchhandlungen gehe. – Ein Gast- beitrag von Norbert W. Schlinkert

Im Rahmen der losen Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” hatte ich vorgeschlagen, dass Ihr Gastbeiträge beisteuern könntet. Schilderungen aus dem Buchhändleralltag oder, was auch immer… Erfahrungsberichte zum Beispiel: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Nach der Polemik von Stefan Möller aka @Hedoniker Lieber stationärer Buchhandel, wir müssen reden!, die reichlich Wind machte, der Replik darauf von Lorenz Borsche, dem Brief des sterbenden Bildungsbürgers vom Krankenbett herab, dass kein Ausweg sei aus der Feder von Sandhofer, Gerrit van der Meers persönlichem Bericht Draußen vor der Tür. Als arbeitsloser Buchhändler nachts in einer fremden Stadt und Guido Rohms Abgesang Ein Ort für Elben steuert heute Norbert W. Schlinkert einen Beitrag bei.

Norbert, der auch als bildender Künstler unterwegs gewesen ist, veröffentlichte 2005 seine Studie „Wanderer in Absurdistan. Novalis, Nietzsche, Beckett, Bernhard und der ganze Rest“ (Königshausen & Neumann) und wurde 2009 mit seiner Studie „Das sich selbst erhellende Bewußtsein als poetisches Ich. Von Adam Bernd zu Karl Philipp Moritz, von Jean Paul zu Sören Kierkegaard“ promoviert; das Buch erschien Ende 2010 im Wehrhahn-Verlag. Für sein aktuelles, soeben beendetes Romanprojekt wurde ihm 2010 ein Aufenthaltsstipendium des Künstlerdorfes Schöppingen zugesprochen. – Kennengelernt haben wir uns, weil er sein literarisches Weblog Nachrichten aus den Prenzlauer Bergen im Rahmen der Steglitzer Blogger-Interviewreihe auf Empfehlung von Phyllies Kiehl aka Miss TT vorgestellt hat. – Ich sage Norbert für seinen Gastbeitrag danke.

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Vorsicht Buchhandel! Zu Risiken und Nebenwirkungen … Von Norbert W. Schlinkert

Mich sieht selten eine Buchhandlung in sich hineinspazieren. Dabei konnte ich mir bis Mitte der 1990er Jahre kaum Schöneres vorstellen (einiges natürlich schon), als in eine hineinzugehen und dort das Angebot auf mich wirken zu lassen. In meiner Jugend habe ich, in einer Kleinstadt im südöstlichen Ruhrgebiet mit kaum 50.000 Einwohnern, oft Stunden in der Buchhandlung verbracht und mich zum Beispiel entscheiden müssen und vor allen Dingen können, welche Dostojewski-Übersetzung von „Der Idiot“ ich kaufen soll – die Bücher standen im Regal. Mit ellenlangen Wunschlisten habe ich mit dem Rad Pilgerfahrten zu den Dortmunder Buchhandlungen unternommen und bin manchesmal nach Münster getrampt – alles der Bücher wegen, die ich in Augenschein nehmen, in die Hand nehmen wollte, die ich hineinlesend ergründen wollte. Zu Beginn meiner Zeit in Berlin fuhr ich noch von Prenzlauer Berg zu Kiepert am Ernst-Reuter-Platz, bis die sich entschlossen, alles bunt und lustig und kommunikativ zu machen, nur um pleite zu gehen. Alles vorbei!

"Bücher, die mit mir arbeiten" © Norbert W. Schlinkert

„Bücher, die mit mir arbeiten“ © Norbert W. Schlinkert

Nun, angesichts der Buchhändler:innen-Interviews auf SteglitzMind habe ich mich also gefragt, warum ich nicht mehr in Buchhandlungen gehe. Warum ich als Cineast kaum mehr ins Kino gehe, das weiß ich, aber warum nicht mehr zu den Büchern? Ganz einfach, sie sind nicht mehr dort, sie warten nicht mehr auf mich und die anderen Leser meines Schlages. Bin ich aus der Zeit gefallen? Liegt es an mir? Nicht etwa, dass es nicht vereinzelt gute Buchläden gäbe, aber da muss man schon Glück haben, dass sich einer in der Nähe befindet. Zugegeben, ich bin inzwischen eindeutig überqualifiziert und kann nicht erwarten, meine Interessen in einer jeden Buchhandlung berücksichtigt zu finden, es sei denn, es handele sich um eine sogenannte Universitätsbuchhandlung, aber auch da wäre ich inzwischen skeptisch angesichts der um sich gegriffenen Verschulungstendenzen an den Hochschulen, die mehr und mehr zu reinen Ausbildungsstätten für die Wirtschaft verrohen.

Komme ich denn nun nicht mehr an meine Bücher? Doch, natürlich, und zwar wie viele andere Leser auch – ich bestelle sie selbst, oft antiquarisch, und lasse sie mir zu „meiner“ Packstation schicken, wo ich sie auf dem Rückweg vom Einkauf abhole. Eine Buchhandlung würde bei diesem Prozess nur stören. Selbstverständlich, das wäre ein Einwand: Ich könnte das Buch, wenn es sich um ein Neubuch handelt, das der Zwischenhändler auf Lager hat, auch auf der Website einer kleinen Buchhandlung bestellen. Warum tue ich das nicht? Nun, abgesehen davon, dass viele Buchhandlungen inzwischen ästhetisch höchst fragwürdig kunterbunt aussehen wie Kindertagesstätten, und sich auch nicht selten so anhören, habe ich mir zwei, drei Mal diese Blicke der Buchhändlerinnen angetan, die unverhohlen die Nachricht aussendeten, dass sie mich für einen Spinner halten, einen Menschen, der „schwierige“ Literatur liest und gar noch philosophische Bücher. Da fühlte ich mich fehl am Platze, ausgegrenzt und vertrieben. Entschuldigen Sie bitte meine Empfindlichkeit!

Warum machen eigentlich die Buch-Zwischenhändler keine Buchläden auf? Aus dem gleichen Grund, warum die Anbieter von Haushaltsgegenständen und Goldschürfausrüstungen nicht auf Goldsuche gehen. Das Gold wird nämlich immer weniger, je mehr danach suchen. Klar ist das kein gutes Beispiel für den Buchhandel, alle Beispiele hinken, weswegen man am besten das Original betrachtet. Doch was ist das Original? Meiner Ansicht nach ist das Original die immer noch sehr bunte Verlagslandschaft in Deutschland, getragen vor allem von viel, sehr viel aufopferungsvoller Arbeit der Autoren und Verlage und Lektoren und Übersetzer und geschützt von der Buchpreisbindung – fiele diese, so setzten sich auf dem Markt schnell die durch, die mit einer Ware handeln, die nur zufällig Buch heißt und nicht Banane.

Ich kann mich wie die meisten Menschen sehr gut ohne Buchhändler über Bücher informieren, die noch nicht beworbene kommende Massenware mal ausgenommen – warum also, die Frage wird nicht weniger, eine Buchhandlung aufsuchen? Ab und zu gucke ich bei einem Discount-Buchhändler nach preisreduzierten DVDs, manche kaufen da regelmäßig ihre Schokolade. Es scheint allerdings, wie ich neulich mitbekam, eine Kampagne des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zu geben, die alle Menschen zum Buchhändler ihres Vertrauens und zum Buch selbst führen soll. Drei Millionen Euro hat sich der Börsenverein das angeblich kosten lassen, an Geld scheint es denen ja nicht zu mangeln, wenn ich auch ein wenig daran zweifle, ob der Name der Kampagne gut gewählt ist, nämlich „Vorsicht Buch!“ Abgesehen davon, dass die meisten Menschen davon sicher noch nichts gehört haben, sollte es, angesichts der Realität, wohl eher heißen „Vorsicht Buchhandel!“ – zu Risiken und Nebenwirkungen …

© Norbert W. Schlinkert 2013

„Bis auf wenige Ausnahmen hat doch keiner der großen Verlage mehr ein eigenes Profil.“ – SteglitzMind stellt Heike Wenige vom Freiberger „Taschenbuchladen“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Heike Wenige vom Taschenbuchladen, der im sächsischen Freiberg ansässig ist, lief mir in einem angesagten sozialen Netzwerk über den Weg. Zu meiner Freude fackelte sie nicht lange, als ich sie bat, hier mitzutun.

Eine Skizze vom Laden …

Im November 1994 tatsächlich als Taschenbuchladen eröffnet, aber schon alsbald umstrukturiert  und die literarische Nische in Freiberg (Klein- aber Universitätsstadt) besetzt. Der Name ist geblieben, weil wir eine Institution in Freiberg sind und mittlerweile 1A-Lage.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Ich wollte das mit 15 tatsächlich gerne werden. Damals sollte man sich schon festlegen. Lehrstellen waren rar. Und ich stamme auch aus einer Buchhändler- und Antiquarfamilie (also Großvater und die Großonkels), weswegen es in unserer Familie schon immer viele Bücher gab. Das prägt.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Schwere Frage, aber ich sage mal JA!

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Heike Wenige  © privat

Heike Wenige © privat

Nun, wir sind aufmerksamer geworden: Wir beobachten genauer, was im Laden passiert, was in all den Medien besprochen wird, wonach gefragt wird und werten schneller aus, ob es für unseren Laden relevant sein könnte. Seltsam auch, dass man im Gespräch wieder damit werben muss, dass man ein Buch von heute auf morgen besorgen kann – wir hielten das ja immerzu für selbstverständlich….

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Wir haben seit 15 Jahren eine Internetseite mit eigenem Shop (damals noch mein „Hobby“) und fühlen uns den Anforderungen gut gewachsen. Mittlerweile ist es ein wichtiges Instrument und auch Facebook bringt uns tatsächlich wieder junge Menschen in den Laden.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Wenn wir so weiter arbeiten können, wie wir arbeiten, sehe ich keine Gefahr. Individualität und Service sind wichtig, und das pflegen wir jeden Tag. Wir sind Mitglied von Buy Local und tragen diese Botschaft wärmstens an unsere Kunden heran und haben damit Erfolg. Sogar die Kindereinrichtungen und Schulen, die wir unterstützen, haben diese Zusammenhänge mittlerweile erkannt und reagieren.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Wir bieten Ebooks über unsere Internetseite an, bewerben dieses auch, verhalten uns aber ansonsten eher zurückhaltend. Ebook- Diskussionen führen wir selten. Aber wir sind aussagefähig, wenn sich jemand dafür interessiert.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

das Logo  © Taschenbuchladen

das Logo © Taschenbuchladen

Zumeist bekommen wir die Bücher regionaler Autoren angeboten und die haben auch Platz bei uns.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Na, mit einem Lächeln im Gesicht und der eigenen Freude, genau das richtige für den Kunden gefunden zu haben bzw., dass der Kunde im Laden selbst das richtige gefunden hat. Das erfordert nicht nur Bücherkenntnis, sondern auch Menschenkenntnis. Wir bieten nichts Besonderes, außer die umfangreichen Serviceleistungen, die selbstverständlich sein sollten, auch, wenn meist nur 50 Cent  übrig bleiben. Unsere Erfahrungen bestätigen einfach, dass Bemühungen nachhaltig sind.

Und unsere Lokalzeitung hat mal geschrieben, dass wir „Autoren zum Anfassen“ bieten. Unsere zahlreichen großen und kleinen Lesungen im Jahr werden geschätzt und ich pflege sogar seit 6 Jahren einen Lyriksalon, zudem  mittlerweile 50 bis 60 Menschen kommen. Ja, um sich Lyrik anzuhören…

Im Gespräch zu bleiben ist sehr wichtig. Und das gelingt in einer Kleinstadt vielleicht sogar noch besser.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

Dürfen es auch mehr sein??

Aber ja, doch…

Gerade aktuell: Verlagsvorschauen sollten mehr Arbeitsmittel sein und den Buchhändler nicht mit den üblichen Superlativen und mehrseitigen Einzeltitelankündigungen quälen, man hat doch auf der ersten Seite schon begriffen, wie wichtig das Buch für den Verlag sein könnte.

Der Wunsch aller Buchhändler nach weniger Neuerscheinungen verhallt leider im Nichts. Dementsprechend austauschbar sind ja auch die Programme geworden. Bis auf wenige Ausnahmen hat doch keiner der großen Verlage mehr ein eigenes Profil. Erfolgreiche Titel werden nicht nur inhaltlich kopiert, die Buchcovergestaltung ist schon lange austauschbar und gleichförmig geworden.

hereinspaziert !  © Taschenbuchladen

hereinspaziert ! © Taschenbuchladen

Mich stören tatsächlich auch die eigenen Shops auf den Homepages der Verlage. Warum wird hier nicht an den örtlichen Buchhandel verwiesen? Über die Zahlen im Direktvertrieb wird gar nicht gesprochen. Kein Wunder, dass der einzelne Sortimentsbuchhändler immer weniger Unterstützung durch die Verlage erfährt, warum sollte der Verlag das auch tun, wenn er es selber verkaufen kann und mehr verdient. Da kann man sich das auch leisten, ein Taschenbuch für 9,90 Euro versandkostenfrei zu liefern.

Vertreter sind uns wichtig. Als Bindeglied zwischen Verlag und Buchhändler leisten diese eine wichtige und unersetzliche Arbeit. Den Verlagsvorschauen mit den unklaren Titelankündigungen wie „Ein neuer Irving“ oder „Der neue Weltbestseller“ und kein anständiger Text dazu kann man selten trauen. Und zum Vertreter sollte man so ein Verhältnis haben, dass die Kommunikation stimmt, der Vertreter den Laden kennt und unabhängig und individuell trotz Umsatzvorgaben seitens des Verlages beraten kann. Das kann telefonische Betreuung nicht leisten.

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Mitgliedernähe fällt mir ein. Wenn ich den Stand es Börsenvereins auf den Buchmessen sehe, fühle ich mich als Einzelbuchhändler ausgeschlossen in der Masse der schwarzen Anzüge. Und mit Nähe meine ich in allen Dingen: Transparenz, weniger elitäres Getue, Einsatz für den Buchhändler und die Preisbindung, bezahlbare Seminare… Die Aktion „Vorsicht Buch“ ist für uns eine große Enttäuschung. Meine Kundschaft versteht nicht, warum sie Angst vor einem Buch haben sollte…

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Ratlosigkeit im Neuerscheinungsdschungel… Es wird uns so schwer gemacht, gute Belletristik zu finden – aber wir finden sie!

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Profan gesagt, um ein Buch zu kaufen, was man vielleicht gar nicht suchte, es aber trotzdem großartig findet. Die Buchhandlung ist nicht nur geistiger Ort in einer Stadt, sondern auch Kommunikationspunkt, Wohlfühlort und kultureller Botschafter…

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Da kenne ich welche, weiß aber nicht, ob die auch möchten… Zum Beispiel Holger Brandstädt von der Friedrich-Wagner-Buchhandlung in Ueckermünde oder Wenke Helmboldt von der Buchhandlung Universitas in Chemnitz.

Herzlichen Dank. Und womöglich fragen Sie einfach bei in Frage kommenden Kollegen nach, ob sie womöglich mögen wollen…

Mache ich…

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

„Was für uns von Interesse ist, bieten wir auch an.“ SteglitzMind stellt Britta Beecken von der Berliner „Buchkantine“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir heute Britta Beecken von der Berliner Buchkantine etwas näher kennenlernen, die man in der Dortmunder Straße in Moabit findet, hatte der Herr @BerlinBEWOHNer vorgeschlagen.

Eine Skizze vom Laden …

Die Buchkantine besteht seit 2005 in Moabit. Zuerst auf cirka.160 m² und seit September 2011 auf cirka 320 m². Gastronomie und Buchhandel teilen sich die Räumlichkeiten und gehen ineinander über. Vor Ort haben wir etwa 8.000 Titel aus dem Bereich Belletristik, Kinderbuch und einige Sachbuchtitel.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Diese Entscheidung ist bei der  Befragung zum Berufswunsch in der ersten Schulklasse gefallen. Danach kam ein anderer Beruf nicht mehr in Frage. Natürlich lese ich gerne aber ich verkaufe auch sehr gerne. Beides zu kombinieren ist mein Traumberuf. Bei uns im Laden bin ich auch für die Schaufensterdekoration verantwortlich und kann so eine weitere Leidenschaft ausleben.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Ich hatte entgegen aller Trends sehr viel Glück. Eine Bewerbung für die Ausbildung, eine Bewerbung für den Job. Diesen habe ich seit 8 Jahren. Natürlich ist im Fall der Buchkantine, das heißt durch die Kombination aus Gastronomie und Buchhandel, das Aufgabenfeld weiter und nicht nur klassisch buchhändlerisch. Aber spannend und vielseitig. Von daher würde ich mich auch heute noch für den Beruf entscheiden.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Britta Beecken im Buchladen  © Buchkantine

Britta Beecken im Buchladen © Buchkantine

Die Kunden sind sehr gut informiert. Durch selbständige Recherche sind sie oft einen Schritt voraus. Die parallele Suche mit Internet und Warenwirtschaftssystem ist unumgänglich. In meinem Ausbildungsbetrieb hatten die Computer keinen Internetzugang. Völlig undenkbar heute ohne auskommen zu müssen. Viele Kunden kommen mit den ausgedruckten Suchergebnissen zu uns, um bei uns zu bestellen. Natürlich kommt es auch oft zu Missverständnissen, wenn z. B. der Großhändler einen Titel kurzfristig nicht am Lager hat und die Kunden sich dann wundern, warum wir nicht beim vermeintlich schnelleren Amazon bestellen, dessen Angaben zu Lieferzeit und Verfügbarkeit manchmal missverständlich sind. Aber mit einem bisschen Aufklärungsarbeit zeigen die Kunden dann meist Verständnis.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmt Ihr in dieser Richtung?

Wir haben einen zeitgemäßen Internetauftritt. Auf unserer Homepage können Kunden den Onlineshop von Libri nutzen und sich die gewünschten Bücher in unseren Laden senden lassen. Die eigenständige Recherche ist also gegeben, der Weg in unsere Räume aber nicht verloren gegangen. Auch über Facebook kommunizieren wir regelmäßig und veröffentlichen z.B. Buchempfehlungen. Und bei Twitter sind wir neuerdings ebenfalls.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Trotz eigenem Onlineshop natürlich im Internetversand.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Wir bieten das Bestellen von E-Books an. Unsere Ladenfläche ist aber nicht groß genug, um auch eine Auswahl an Lesegeräten bereit zu stellen. Dafür klaffen Beratungsintensität und Gewinn auch zu weit auseinander. Das Bestellen von E-Books wird allerdings kaum genutzt. Diese Abnehmer suchen nicht erst den Umweg über die Buchhandlung.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Wir haben einige Titel von Self Publishern als Printversion im Laden. Was für uns von Interesse ist, bieten wir auch an.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Da Bücher selbst im Supermarkt zu bekommen sind, muss der Verkaufsraum ansprechend sein. Nicht überladen, da durch sofortige Abrufbarkeit fast jeder Titel kurzfristig zu haben ist. Eher Klasse statt Masse. Wir bieten durch die Gastronomie auch noch die Möglichkeit zum Verweilen.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

1. Ebenfalls eher Klasse statt Masse.

2. Da bei Hörbüchern sehr schnell der Ladenpreis aufgehoben wird, ist es schwer Kunden zum Kauf beim Ursprünglichen Preis zu bewegen.

3. Das Angebot beim Erwerb der Printversion gleich die E-Book Variante mit zu erwerben sollte ausgebaut werden

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Im Großen und Ganzen sind wir mit der Arbeit des Börsenvereins ganz zufrieden.

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Dass bei Gesprächen mit Kollegen aus Buchhandel oder Verlagen immer mehr die Angst um Jobverluste im Vordergrund steht.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Weil man die Vielseitigkeit und Schönheit von Büchern nur so erleben kann. Die Entdeckung von Büchern, auf die man sonst niemals gekommen wäre. Besonders im persönlichen Gespräch mit uns.

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Lesen und lesen lassen in Berlin/ Friedrichshain und ebenfalls in diesem Berliner Bezirk ansässig der Kinderbuch- und Spielzeugladen Libelle.

Herzlichen Dank. BTW: Lesen und lesen lassen hatte Samy Wiltschek von der Ulmer Kulturbuchhandlung Jastram ja auch schon ins Spiel gebracht…

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

„Die Berliner hängen an ihren angestammten Kiezläden.“ SteglitzMind stellt Stefanie Diez von der Buchhandlung „Die Insel“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Heute lernen wir Stefanie Diez und ihre Buchhandlung Die Insel näher kennen, die in Berlin/Prenzlauer Berg ansässig ist. Vorgeschlagen hatte das die Brunnenwaechterin.

Eine Skizze vom Laden…

Stefanie Dietz © Anette Hempfling

Stefanie Dietz © Anette Hempfling

Die Buchhandlung Die Insel ist ein im und mit dem Bötzowkiez im Wandel der Zeiten gewachsener Ort für Literatur. Sie befindet sich in der Greifswalderstr. 41, existierte seit den 50er Jahren als Volksbuchhandlung und firmierte unter dem Namen ‚Thomas Münzer Buchhandlung‘. Hauptsächlich aus dieser Zeit stammt das charakteristische Mobiliar des Ladens. 1990 war die Buchhandlung eine der ersten Privatisierungen der Branche in Ostberlin. Von den damaligen Inhabern erhielt sie angesichts des ‚Meeres‘ neu entstehender Videotheken den Namen ‚Die Insel‘. Januar 2011 habe ich den Laden übernommen.

Schwerpunkte: U.a. inspirierende, anspruchsvolle Belletristik, Sachbuch, Bilder- , Kinder- und Jugendbücher (Augenmerk auf gute Sprache, hochwertige Illustrationen, originelle und einfallsreiche Inhalte), Graphic Novels, Berlin- und Prenzlauer Berg-Spezifisches, Reiseführer, bibliophile Leckerbissen. AUSSCHLAGGEBEND ist die Auswahl, die Matthias Holliger, Juliane Felsmann und ich aus diesen Warengruppen treffen. Wir bieten nur das an, was uns selbst von Herzen überzeugt, sowie die Titel, die unser Lesepublikum begeistern, von denen wir also wissen, dass sie hier im Kiez gefragt sind.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Ich bin Theaterwissenschaftlerin mit Magisterabschluss und – motiviert durch die recht schnell erworbene Erkenntnis, dass ich am Theater nicht glücklich werde – folgerichtig in die Buchhändlerausbildung hineingestolpert.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Im Nachhinein stellt sich für mich vielmehr die generelle Frage, ob es nicht auch eine ökonomisch aussichtsreichere Alternative zu Geisteswissenschaft und Kulturbetrieb gegeben hätte. Andererseits ist man eben einfach durch seine Neigungen und Interessen bestimmt; wenn man ihnen grundlegend zuwiderhandelt, muss man sich dreißig und mehr Jahre in Zusammenhängen bewegen, die nicht die eigenen sind. Insofern: Ja, ich würde wahrscheinlich wieder einen ähnlichen Weg gehen. Wobei mich zum Beispiel Radiojournalismus auch sehr interessiert – oder noch besser: Ich würde wahnsinnig gerne mal einen Film synchronisieren.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Ich bin seit 2002 im Buchhandel. Seitdem hat sich die Branche hinsichtlich der Serviceleistung und der Vertriebskanäle breiter aufgestellt: Die Besorgung antiquarischer Titel ist mittlerweile weitgehend selbstverständlich; kostenfreier Buchversand innerhalb Deutschlands wird jedem Buchhändler durch das Bespiel der großen Internetversandhäuser nahegelegt. Eine Vielzahl der Kollegen verfügt über eine Internetpräsenz mit Webshop, über den auch E-Books heruntergeladen werden können. Buchhändler sind in den Social Media wie Facebook und Twitter aktiv. Lesungen dagegen wurden schon immer veranstaltet und auch die Besorgung von ausländischen Titeln gehört zum traditionellen Serviceangebot des deutschen Buchhandels.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Der Buchladen © privat

Der Buchladen © privat

Unser Internetauftritt wurde Anfang 2012 zu einem Webshop mit E-Book-Katalog (über 300.000 Titel) ausgeweitet. Vorher hatten wir bereits 450.000 Print-Titel im Angebot. Unsere Kunden können auf der Website nach Büchern stöbern, diese bestellen, hinterher im Laden abholen oder sich zuschicken lassen.

Der neue Webshop bietet darüber hinaus frisch gestaltet viele Literaturtipps, Buchtrailer, Wissenswertes zum E-Book, Schmökerempfehlungen unseres Leseclubs Die Leseexemplare (bestehend aus 7-17-Jährigen) und natürlich auf den großen Bannern Informationen über unsere Veranstaltungen und Aktivitäten. Reinschauen lohnt sich!!!

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Sich von der zum Teil leider in den großen deutschen Tages- und Wochenzeitungen verbreiteten Stimmung anstecken zu lassen. Im Moment sterben vor allem die Großflächen, weil sie für den Buchhandel nie geeignet waren. Jeder kleine Buchladen dagegen ist in seinen Chancen und Risiken individuell zu beurteilen. Solange man einen guten Standort hat und aufrichtig Lust, mit seinem Laden und seinen Kunden zu leben; solange man bereit ist, auch notwendige Veränderungen bewusst einzuleiten, sehe ich – zumindest in der näheren Zukunft – keine Gefahr. Die Berliner hängen an ihren angestammten Kiezläden und trauern, wenn diese aufgegeben werden. Aber wer Buchhandel macht, sollte Lebensfreude ausstrahlen! Das Buch ist ein Wunderding – etwas Schöneres kann man nicht verkaufen. Wer das nicht mehr sieht und nur noch Frust empfindet, für den ist es Zeit, die Bühne zu verlassen und sich eine neue Einnahmequelle zu suchen. Eine Kollegin hat mal gesagt, wer Buchhandel gemacht hat, der ist mit allen Wassern gewaschen, der kann sowieso alles. Eine ehemalige Kollegin etwa fährt Gabelstapler bei der Bundeswehr.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Über unseren Webshop vertreiben wir über 300.000 E-Book-Titel im epub- und pdf-Format. Die Bezahlung ist über paypal oder (nicht als Erstkunde) über offene Rechnung möglich. Darüber hinaus kann man in der Insel die E-Reader iriver HD WIFI, Sony PRS-T2 und das pocketbook 622 touch kaufen. Diese E-Reader haben wir immer vorrätig. Der iriver ist ein reines Lesegerät mit Internetzugang nur für den Buchkauf. Er weist einen hervorragenden Kontrast auf und ist sehr gut für ältere Menschen geeignet, die Texte besser in Großdruck lesen können. Sony Reader sowie pocketbook touch sind Reader mit vielfältigen Funktionen und Internetzugang. Sie wurden vor kurzem von der Stiftung Warentest mit „gut“ bewertet (und liegen damit gleichauf mit den Kindle-Modellen).

E-Book-Kunden sind allerdings meistens „glitschige“ Kunden: Sie besitzen eine geringe Komplikationstoleranz und entgleiten einem ganz schnell wieder – wenn sie an einer Anlaufstelle nicht genau das bekommen, was sie wollen, gehen sie woanders hin. Man kann sie leider meist nur halten, wenn man sie bereits persönlich kennt.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Schon immer bieten wir Self Publishern die Möglichkeit, ihre im Eigen- oder Kleinstverlag gedruckten Titel auf Kommissionsbasis bei uns im Laden auszulegen. Die Bandbreite reicht von einem Bildband über Sofia bis zu einer Veröffentlichung über den Umgang mit Demenzkranken.

In unseren Titelkatalogen der Großhändler Libri und KNV finden sich darüber hinaus sehr viele „book on demand“ bzw. „print on demand“-Titel von Self Publishern, die wir jederzeit gerne auf Wunsch unserer Kunden bestellen.

Self Publishing im E-Book-Bereich wird meines Wissens nach bislang nur von Amazon angeboten. Selbstverständlich könnten als Einzelunternehmen geführte Buchhandlungen niemals die elektronische Infrastruktur dafür bereitstellen. Finden diese Veröffentlichungen aber Eingang in die Titelkataloge jenseits von Amazon, etwa auch in denjenigen von KNV/Ciando, den wir nutzen, dann bieten wir diese E-Books natürlich an. Der eine oder andere Self Publisher macht ja durch seinen Erfolg auf sich aufmerksam und landet daraufhin bei einem der traditionellen Publikumsverlage. Grundsätzlich aber wird Amazon mit allen Mitteln versuchen, sein Self Publishing-Monopol im E-Book-Bereich aufrechtzuhalten, d.h. u.a. durch die Vorgabe des amazon-eigenen Mobipocket-Formates dem Leser ohne Kindle den Zugang verwehren.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

lesen, lesen, lesen... © privat

lesen, lesen, lesen… © privat

Heutzutage muss man sehr aufpassen, dass man angesichts des Wunsches, sich durch verschiedenste Aktivitäten gegenüber den Kollegen abzuheben sowie sich nah am Puls der Zeit zu bewegen, nicht die eigentliche, zentrale Aufgabe des Buchhändlers aus den Augen verliert: Sich ständige beste und umfassendste Kenntnis des geliebten Gegenstandes zu verschaffen. Also lesen, lesen, lesen und Literatur vergleichen, einordnen, beurteilen, das Feuilleton sichten. Die Flutwelle der Neuerscheinungen enthält viel Müll und tote Fische. Unsere Klientel ist gebildet und möchte in uns Gesprächspartner auf dem gleichen Niveau antreffen. Was den Kunden in den großen Ketten am meisten fehlt, sind nicht „besondere Aktionen“, sondern der klassische Buchhändler, der ihnen mit Rat und Tat, Ideen und Erfahrung beim Bucherwerb zur Seite steht.
Die soziale Grundlage dabei ist die Offenheit für das Gespräch mit den Kunden, die Neugier auf Menschen und ihre Interessen, gepaart mit einer guten Portion Witz und Einfühlungsvermögen!

Natürlich veranstalten wir besondere Lesungen und Verlagsabende, nehmen an Kiezfesten teil. So gab es bei uns schon u.a. eine Weinprobe und einen Schreibwettbewerb für Jugendliche gemeinsam mit der Büchergilde Gutenberg. Jeden Samstag lesen wir im „Lesezirkus“ in Folgen Klassiker der Kinderliteratur für 5-8-Jährige vor, mit einem Lesezirkusausweis können die Kinder Stempel sammeln und erhalten bei zehn gesammelten Stempeln eine Überraschung. Unser Leseclub „Die Leseexemplare“ für 7-17-Jährige spült uns immer neue Rezensionen von Neuerscheinungen im Bereich Kinder- und Jugendbuch an den Inselstrand, die auf unserer Website nachgelesen werden können. Monatlich wechselnde Themenschaufenster für Kinder und Erwachsene verleihen der Insel Anziehungskraft. All das muss in Leichtigkeit nebenbei geschehen, was nicht immer einfach ist!

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

Sich endlich nicht länger auf Quantität, sondern auf Qualität zu konzentrieren. Ich bestelle Novitäten nach der Maßgabe, möglichst viel wegzulassen. Nur das, was ich auf keinen Fall weglassen kann, weil es WIRKLICH toll und wichtig ist, kommt in unser Sortiment.

Was mir am Programm der großen Publikumsverlage am meisten auf den Geist geht, ist das „Trittbrettfahrersyndrom“. Erfolgreiche Titel werden von anderen Verlagen kopiert, (indem etwa Themen geklaut werden, Cover ähnlich gestaltet), um den naiven Leser dazu zu bringen, Bücher zu kaufen, die den eigentlichen Erfolgstitel nur wiederkäuen. Durch dieses reine Interesse am schnellen Umsatz verlieren Verlage an Glaubwürdigkeit.

Sehr viele kleinere bis kleine, unabhängige Häuser wie z.B. der Secession Verlag, Binooki oder Kunstmann aber leisten wunderbare Arbeit und sind mit großer Hingabe bei der Sache, da gibt es rein gar nichts dazuzuwünschen!!!

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Vom Börsenverein erwarte ich vor allem, dass er sich in Politik und Öffentlichkeit in jedem Moment mit voller Kraft für den Schutz der Buchpreisbindung und des reduzierten Mehrwertsteuersatzes für Bücher einsetzt. Beide sind die Grundlage für die abwechslungsreiche Buchhandelslandschaft in Deutschland.

Schön sind auch größere Veranstaltungen wie etwa in Berlin „Stadt Land Buch“, bei denen die gezahlten Beiträge in Form von finanzieller Unterstützung für Lesungen an die Mitglieder zurückfließen.

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Wenn Akteure des Qualiätsverlagswesens zu Amazon wechseln, um dort zu lektorieren. Ich hoffe, das wird kein Trend, denn die hochwertige, sorgfältige, literaturbezogene Arbeit ist alles, was der unabhängige Buchhandel dem sich beschleunigenden Konzentrationsprozess entgegensetzen kann.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Weil Buchhandlungen besondere Orte sind und es dort wie eh und je sehr viel zu entdecken gibt! Ein Buchladen ist ein lebendiger, kreativer Prozess, der sich zwischen den Repräsentanten des Geschäfts und seinem Publikum abspielt: Wir zünden den Funken in unseren Kunden und umgekehrt bekommen wir viele Anregungen zurück, die dann wieder in unser Sortiment einfließen. Als Gegenströmung der Wendung zum Digitalen gibt es eine große Anzahl hochwertiger, fantastisch gestalteter Veröffentlichungen mit wunderbarer Haptik, die berührt, aufgeschlagen und besessen werden wollen. Wer will diese Bücher schon auf Dauer immer nur durch einen nüchternen Klick kaufen, wenn er sie etwa abends in einem verheißungsvoll gestalteten Schaufenster entdecken und sich für den nächsten Tag als besonderes Zuckerl einen kleinen Ausflug in die Lieblings-Buchhandlung vornehmen kann?

Während einer persönlichen Krise – und bevor ich selbst im Buchhandel tätig war – bin ich in der Stadt, in der ich damals wohnte, täglich in eine der Buchhandlungen gegangen, habe dort gestöbert, gelesen und Bücher gekauft. Das strukturierte mein Leben und machte Sinn. In einer Buchhandlung verschwendet man nie Zeit.

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Buchhandlung Anakoluth, Schönhauser Allee, Berlin: Sorgfältigste Auswahl. Die Internationale Kinderbuchhandlung Mundo Azul, Choriner Straße, Berlin: Feuerwerk der Bilderbücher. Und die Buchhandlung Vaternahm, An den Quellen, Wiesbaden: Koryphäe vor Ort.

Danke Stefanie. Und zu erwähnen wäre wohl noch, dass Sie auch Lesungen frei Haus liefern

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung

Die Buchhandlung setzte ein Gesicht auf, als würde sie einer Kette angehören. – Ein Gastbeitrag von Guido Rohm

Im Rahmen der losen Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” hatte ich vorgeschlagen, dass Ihr Gastbeiträge beisteuern könntet. Schilderungen aus dem Buchhändleralltag oder, was auch immer… Erfahrungsberichte zum Beispiel: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen? Nach der Polemik von Stefan Möller aka @Hedoniker Lieber stationärer Buchhandel, wir müssen reden!, die reichlich Wind machte, der Replik darauf von Lorenz Borsche, dem Brief des sterbenden Bildungsbürgers vom Krankenbett herab, dass kein Ausweg sei aus der Feder von Sandhofer und Gerrit van der Meers persönlichem Bericht Draußen vor der Tür. Als arbeitsloser Buchhändler nachts in einer fremden Stadt steuerte heute Guido Rohm, Schriftsteller, Künstler und Blogger, einen Beitrag bei. – Ich sage dafür herzlich danke.

Was Guido schreibt, passt in keine Schublade. Für Untat, seine jüngste Veröffentlichung, bürstete er beispielsweise das Krimigenre gegen den Strich. Auch unsere erste Begegnung verlief unorthodox: Sein Beitrag im Rahmen der Gesprächsreihe Steglitz stellt bibliophile Blogger vor sprengte die Regeln. – Was kann man anderes von einem erwarten, der gestammelte Notizen bloggt?

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Ein Ort für Elben. Von Guido Rohm

Buchhandlungen, also die unabhängigen, die, die keiner Kette angehören, sind für mich als Autor schwer einzuschätzen. Bot einer meiner kleinen Verlage, bei denen ich veröffentliche, einer von ihnen an, eine Lesung zu veranstalten, drucksten sie meist herum. Man müsse sich das überlegen.

Sie sollten sich keine Sorgen machen, sagte einer meiner Verleger zu den Besitzern der Buchhandlungen. Er würde die Bücher mitbringen, den Wein. Die Bücher dürfe die Buchhandlung selbstverständlich verkaufen. Darum ginge es ja. Ein Geschäft, so konnte man denken, dass für beide Seiten lukrativ ist.

Ich kenne nicht alle Buchhandlungen in diesem Land, auch wenn ich das gerne tun würde. Wo hält man sich am liebsten auf? Wo halte ich mich am liebsten auf? Richtig, in einer mit Büchern vollgestopften Buchhandlung. Ein Ort, der mit Fantasie so vollgestopft ist, dass man jeden Moment damit rechnen muss, dass ein Elb um die Ecke gelaufen kommt.

Meine Lieblingsbuchhandlung, die ich früher hier in Fulda, wo ich wohne, hatte, war eine Buchhandlung, die alles das besaß, was ich erwartete, und vor allem das bot, was ich mir von einem solchen Ort erträumte: Hohe Bücherregale, so hoch, dass man zu den Gipfeln nur mit Hilfe einer Leiter stürmen konnte. Links und rechts der Eingangstür befanden sich zwei Regale, die mit lauter gelben Reclamheften bestückt waren. Eng an eng standen sie da, und ich musste jedes Mal, wenn jemand kam oder ging, einen Schritt in den Laden machen, um Platz für die- oder denjenigen zu machen. Es machte Mühe, die keine Mühe, sondern ein Riesenspaß war.

Das Finden der Bücher war ein Job, er war der, den man am liebsten bezahlt bekommen hätte. Nicht lange und ich kannte mich besser wie manche der Buchhändlerinnen aus. „Haben Sie was von Lem?“, fragte ein älterer Herr. Die Verkäuferin, deren Brille an eine Kette hing, zuckte mit den Schultern. Sie glaube nicht, sie müsse erst nachsehen. „Doch, doch!“, rief ich. „Hier ist er doch!“

Es war, als würde man die Nachmittage mit seinen besten Freunden, die alle längst tot waren, verbringen. Es war bizarr und schön zugleich.

Guido Rohm © Alfred Harth

Guido Rohm © Alfred Harth

Später, es ist ein paar Jahre her, verkaufte man den Laden. Es war für die ehemaligen Besitzer schwer geworden, zu überleben. Die großen Buchhandelsketten tauchten auf. Das Internet. Plötzlich wurde aus meiner Privatangelegenheit etwas, das keinen Spaß mehr machte, weil die Wände voller Suhrkamp-Bücher, und jene in denen meine geliebten Heyne-Science-Fiction-Romane untergebracht waren, von den Büchern, die die Ketten für wichtig hielten, verdrängt wurden.

Die Buchhandlung, in der ich mich so viele Jahre lang wohlgefühlt hatte, setzte nicht auf Individualismus oder darauf, eine gewissen Eigenständigkeit zu bewahren, sondern sie setzte ein Gesicht auf, als würde sie auch einer Kette angehören.

Und ohne dass sie es bemerkte, begann sie zu sterben, weil die Leute gar nicht wussten, warum sie die kleine Schwester einer großen Schwester aufsuchen sollten. Warum sollten sie sich mit einer Kopie zufrieden geben, wenn das Original, das natürlich auch nur eine Kopie zahlloser anderer Kopien war, alles das im Überfluss bot, was die kleine Schwester mit trauriger Hand reichte.

In dieser Zeit bemühte sich mein damaliger Verleger, aber auch meine Frau, die sich um solche Sachen wie Lesungen und Kritiker verwünschen kümmert, um eine Lesung in der Buchhandlung, die in meinen Kindheits- und Jugendtagen so etwas wie meine Heimat gewesen war.

Nein, man habe kein Interesse. Sie lehnten ab, obwohl ich kein Risiko darstellte, außer dem Risiko, nicht so bekannt zu sein, wie sie es sich erhofften.

Die kleine Schwester, so kam es mir vor, wollte wie die große sein, und das brach ihr schließlich das Genick. – Wie ich kürzlich las, wird die Buchhandlung schließen, auch wenn sie noch eine weitere, auf Kinderbücher und Krimskrams spezialisierte Filiale, die in einem Einkaufszentrum untergebracht ist, weiterbetreiben wird; immer in der Hoffnung, so zu werden, wie all die gleichaussehenden austauschbaren Filialen der Ketten.

Ich kenne, wie eingangs bereits geschrieben, nicht alle Buchhandlungen. Wie könnte ich sie auch alle kennen, es würde Zeit und Geld voraussetzen, dass ich nicht habe.

Überleben werden sie aber, da bin ich mir sicher, nur, wenn sie lernen, sich auf ihre Stärken zu besinnen. Wenn sie wieder zu jenen Trutzburgen werden, in denen die Leser sich vor den Massen an schlechten Büchern verstecken können, die wie eine Armee auf den Tischen der Ketten liegen.

Bücher sind etwas, in das man einkehrt, sie sind etwas, in dem man sich versteckt, in dem man kauert, um die schlechten Zeiten, die wir alle hin und wieder durchmachen, zu überstehen. Für mich war das so. Es ist ein alter wiederkehrender Traum im Winter vor dem Kamin in einem Sherlock Holmes zu schmökern.

Und wenn Bücher eine Rückkehr sind, sollten Buchhandlungen Orte sein, an denen die Zeit keine Chance hat.

Unbestechliche Plätze, die sich keiner Mode anpassen müssen, weil die Fantasie nie einer Mode unterworfen war. Weil sie seit allen Zeiten Hochkonjunktur hat.

© Guido Rohm

„An der Zerstörung der Wertschöpfungskette Buch arbeiten viele.“ – SteglitzMind stellt Jörg Braunsdorf von der Tucholsky-Buchhandlung vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Barbara Miklaw, die 2012 ihren Mirabilis Verlag gegründet hat, hatte mir Jörg Braunsdorf von der Berliner Tucholsky-Buchhandlung ans Herz gelegt. Ich sage Barbara danke für die Empfehlung, und freue mich sehr, dass Jörg Braunsdorf meiner Einladung gefolgt ist.

Eine Skizze vom Laden …

Die Buchhandlung besteht seit drei Jahren, in Berlin-Mitte. Vorher führte ich acht Jahre eine Buchhandlung im Lichthof des Auswärtigen Amts. Die Schwerpunkte sind Belletristik, Kinder- und Jugendbuch, Berlin und die Durchführung von Veranstaltungen.

Warum sind Sie Buchhändler geworden?

für die Großen © Tucholsky-Buchhandlung

für die Großen © Tucholsky-Buchhandlung

Das war Zufall. In meiner Heimatstadt Wetzlar habe ich in einem Buchladenkollektiv mitgearbeitet und bin dabei geblieben.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Vor allem die Politik motivierte mich, Buchhändler zu werden. Jetzt nach über 30 Jahren buchhändlerischer Praxis finde ich den Beruf immer noch spannend. Wie ich mich als junger Mensch entscheiden würde …?

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Die Konkurrenz der Freizeitindustrie ist in den letzten Jahrzehnten um ein vielfaches gestiegen. Dabei ist das Buch das „langsamste Medium“, von der schriftstellerischen Arbeit, über die Herstellung bis hin zum Lesen (was die Faszination und den Sinn ausmacht). Die technischen Entwicklungen verändern die Branche enorm. Die Kunden nutzen die Breite der Wissensmedien, sind gut informiert.

Die Anforderungen sind auch in unserem Beruf gestiegen, was ihn interessant hält.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Wir nutzen unsere Internetseite zur Information, zur Bewerbung von Veranstaltungen und bieten einen Web-Shop zum Einkaufen an. Wir sind bei Facebook zu finden, bisher halbherzig. Über Online-Medienportale bewerben wir Veranstaltungstermine, Buchbesprechungen gelangen u.a. über Medienpartner ins Netz.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Der unabhängige Einzelhandel ist kreativ, die Konkurrenzsituation unterschiedlicher Plattformen setzte ich jetzt mal als bekannt voraus. Es gibt allerdings Faktoren, die wir kaum steuern können. Zum Beispiel die Mietkosten (hier ist der Gesetzgeber gefordert), die Prozesskosten, schärfere bis umverschämte Einkaufs- und Distributionskonditionen.

Weitere Punkte: Dienstleistungskosten, Finanzsektor als Partner (?), kulturelle Verarmung, Bildungsniveau, politische Regulierungswut, Einkaufsverhalten öffentlicher Dienstleister. Die Freizeitindustrie wächst, die (freie) Zeit der Menschen wird immer knapper. Hier stehen wir in einer Konkurrenzsituation, die sich weiterhin zuspitzen wird. – An der Zerstörung der Wertschöpfungskette Buch arbeiten viele…

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Ist bisher kaum ein Thema in der Buchhandlung. Über den Grossisten werden wir den Kauf von E-Books ermöglichen. Reader verkaufen wir keine. – Persönlich lese ich nur das echte Buch.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Regional- und im Kommissionsbezug ja. Allerdings müssen Qualität und die Konditionen stimmen. Darüber hinaus ist der Filter Verlag begrüßenswert, wir müssen und werden uns, über die Zahl der Neuerscheinungen hinaus nicht mit jedem x-beliebigen Buch beschäftigen.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Die Buchhandlung soll einladen, gemütlich sein, ein überschaubares, interessantes Programm anbieten, das Buchangebot und die Buchhändler müssen glaubwürdig sein. Beratungskompetenz ist klar. Die Veranstaltungen müssen den Ort repräsentieren. Service und Freundlichkeit sind unverzichtbar.

Der Buchhändler ist auch Kommunikator, da ich mich als politischen Buchhändler verstehe, gehört die kreative Kontroverse dazu.

Wir haben nichts gegen Bestellungen übers Netz. Soviel fürs erste.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

für die Kleinen © Tucholsky-Buchhandlung

für die Kleinen © Tucholsky-Buchhandlung

Viele, viele Verlage sind klasse Partner und ich hoffe, die Branche hat die Vision und die Kraft diesen Stil zu bewahren. Nicht Klasse ist, wenn wir von Verlagen jeder Größenordnung mit Konditionen beliefert werden, die keine Rendite mehr ermöglichen!

Ich erwarte, dass die Verlage Konditionenforderungen von Amazon und Konsorten, die keine Wettbewerbsgerechtigkeit mehr ermöglichen, an unsere Realitäten angleichen. Die Preisbindung würde es ermöglichen und mit welchem Recht fordert die Krake 20 – 25% mehr Rabatt zzgl. Distributionskosten. Schließlich wickelt der traditionelle Buchhandel erheblich mehr Buchumsatz ab als Amazon.

Buchhandlungen, Verlage, Grossisten und Auslieferungen sollten alles dafür tun, den flächendeckenden Standard der Buchbranche, der einmalig in der Welt ist und damit auch eine Vision für andere Länder sein kann, zu erhalten.

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Rahmenbedingungen erhalten. Kompetenter Partner für die Mitglieder, die Politik und die Endkunden sein. Der Börsenverein muss sich entscheiden, für wen er da sein will – da kann man es nicht jedem recht machen.

Ich weiß, das ist sehr allgemein gehalten, damit biete ich immerhin Interpretationsspielraum, den wir vielleicht in einer anderen Runde einmal ausfüllen könnten.

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Ich habe im letzten Jahr Buy local e.V. mitgegründet und wünsche mir ein stetes Wachstum des Vereins und seiner Anliegen. Es gibt im Rahmen der wirtschaftlichen, kulturellen und literarischen Debatte konkrete Punkte, die dem stationären Buchhandel kurzfristig helfen könnten. Zum Beispiel: Rabatte für Bibliotheken und öffentliche Schulbuchaufträge abschaffen.

Rabatte der Schulbuchverlage erhöhen.

Eine Gebührentabelle für Bestellungen verankern.

Programmbuchhandlungen fördern.

Kulturanbieter verpflichten, bei öffentlicher Mittelverwendung im Veranstaltungsbereich mit Buchhandlungen vor Ort zu kooperieren.

Buchhändler in literarische Jurys einbinden.

Soweit ein paar Punkte, auch hier gibt es sicher noch mehr.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Zuallererst sollen Sie ihr Buch bekommen, direkt aus dem Lager, oder als Bestellung, portofrei und meist am nächsten Tag. Dann wünsche ich mir, dass die Kunden die geschäftliche, soziale und kulturelle Dynamik einer Buchhandlung schätzen und diese, wie bisher, in Anspruch nehmen und honorieren.

Die Welt ist viel mehr als ein Klick, oder um Ilma Rakusas Argumentation im Essay „Langsamer“ weiterzutragen, für die, „…das Lesen als eine der Hauptfiguren des Widerstandes gilt gegen das Diktat des ökonomisch argumentierenden Zeitgeistes; das Lesen, das als einzige Kunstform auf der Verweigerung von Tempo, Eile, Geschwindigkeit beharrt. „… „Es geht um ein Gegenprogramm zu Zeitmanagement, Zapping, Eventrausch und Trendhektik. Um ein Innehalten hier und jetzt.“ (in: Langsamer, 6. Auflage. 2012, Droschl Verlag)

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Ulrike Waha-Helduser vom Buchladen Alte Lahnbrücke in Wetzlar und den Hamburger Buchladen Osterstraße, namentlich Torsten Meinicke.

Danke sehr, ich freue mich, dass auch Sie dabei sind.

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Fünf Fragen vom Börsenblatt für den deutschen Buchhandel zur Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen beantworte ich hier

Zu Wort gekommen sind bislang:

Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

Edda Braun mit ihrer Buchhandlung am Turm in Ochsenfurt

Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

Margarete Haimberger mit ihrer Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Martina Bergmann mit der Buchhandlung Frau Bergmann in Borgholzhausen

Thomas Calliebe mit seiner Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

Mila Becker mit Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

Trix Niederhauser aus der Schweiz von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental

Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

Petra Hartlieb von der Wiener Buchhandlung Hartliebs Bücher

Nicole Jünger aka Kata Butterblume vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim