Einmal Buchhändler. Immer Buchhändler!?

Buchhändler sind Idealisten. Unverbesserliche Idealisten sogar und Züge vom Romantiker haben sie auch. Sie lieben ihren Beruf nahezu bedingungslos und hängen ihn auch dann nicht an den Nagel, wenn das Einkommen gering ist, Stress und Überstunden überhand nehmen und die Zukunftsaussichten düster sind. Buchhändler bleiben bei der Stange, weil sie Bücher lieben!

Buchhandlung Moby Dick  © Ingo Herrmann

Buchhandlung Moby Dick © Ingo Herrmann

Nahezu unisono haben diejenigen, die mir bislang dankenswerterweise im Rahmen der Reihe “SteglitzMind stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” Rede und Antwort standen, ihr Hobby zum Beruf gemacht. Fast alle antworteten auf die Frage, warum sie Buchhändler/in geworden sind, dass sie von Kindesbeinen an Buchliebhaber und begeisterte Leser gewesen sind und sich deshalb für eine Laufbahn als Buchhändler entschieden haben. Bei einigen fiel bei der Berufswahl neben der Leidenschaft für das Buch auch die Freude am Umgang mit Menschen ins Gewicht. – Zwei Gesprächspartner entschieden sich politisch motiviert für den Beruf, für andere war die Karriere anfangs lediglich ein Notnagel, weil der ursprüngliche Traumberuf nicht verwirklicht werden konnte. Anderen wurde die Karriere nebst Laden in die Wiege gelegt, da sie aus Buchhändlerfamilien stammen.

„Ich habe tatsächlich mit Anfang 20 gedacht, mach mal dein Hobby zum Beruf. So richtig Ahnung hatte ich nicht.“- Maria Glusgold-Drews vom Buchladen MaschaKascha – Schöne Bücher in Hannover

„Eigentlich habe ich meine Leidenschaft zum Beruf gemacht, ich war schon immer absolut fasziniert von Büchern und den Welten, die sich durch sie eröffnen.“ – Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach

„Diese Entscheidung ist bei der  Befragung zum Berufswunsch in der ersten Schulklasse gefallen. Danach kam ein anderer Beruf nicht mehr in Frage. Natürlich lese ich gerne aber ich verkaufe auch sehr gerne. Beides zu kombinieren ist mein Traumberuf.“ – Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

„Weil ich mich schon immer in Geschichten verlieren konnte, weil ich gerne über das, was ich gelesen habe, rede und gerne Umgang mit anderen Menschen habe. Wahrscheinlich habe ich dadurch in Sachen Literatur ein gewisses Sendungsbewusstsein entwickelt. Auf den Punkt gebracht: weil ich mir ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen kann. – Brigitte Gode von der Gollenstein Buchhandlung in Blieskastel

Ich liebe Bücher, ich bin Übersetzer, Schriftsteller und betreibe einen kleinen Verlag in meine Heimatstadt Barcelona. Der nächste logische Schritt war Buchhändler zu werden in der Stadt, in der ich seit 15 Jahren lebe. – David Armengou von Echo Bücher im Berliner Wedding

„Eher durch Zufall und als Quereinsteigerin. Mein Wunschstudium hätte mich arbeitslos gemacht und der Raum, in dem sich die Buchhandlung befindet, hat mich schon als Kundin fasziniert.“ – Anna Jeller von der Wiener Buchhandlung Anna Jeller

„Aus Liebe zu den Büchern – ist wohl die Standartantwort, aber stimmt natürlich. Mit zehn Jahren war mir klar, dass es für mich nur einen Beruf gibt: Buchhändlerin. Zum Glück hat es geklappt und ich bin nach wie vor mit Leib und Seele dabei.“ – Trix Niederhauser von der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf/Emmental (Schweiz)

Buchhandlung cohen + dobernigg © cohen + dobernigg

Buchhandlung cohen + dobernigg © cohen + dobernigg

Wie gesagt: Buchhändler sind Idealisten; auch unter schwierigen Bedingungen halten sie an ihrer Leidenschaft fest. Bedingungslos! Jeder Zweite der 43 Gesprächspartner beantwortete die Frage, ob ihm heute abermals eine Laufbahn als Buchhändler in den Sinn käme, mit einem klaren Bekenntnis zu seinem Traumberuf.

„Ja, sofort und unbedingt würde ich wieder eine Buchhandlung aufmachen! Gibt es denn etwas Abwechslungsreicheres als Bücher? Als Buchhändlerin in einem abhängigen Arbeitsverhältnis würde ich wohl nicht so gerne arbeiten.“ – Rosemarie Reif-Ruppert von der Gostenhofer Buchhandlung in Nürnberg

„Jetzt erst recht!“ – Klaus Kowalke von der Stadtteilbuchhandlung Lessing und Kompanie Literatur e. V. in Chemnitz

„Na klar! Die heutigen Bedingungen bieten uns doch sehr viele Chancen.“ – Thomas Bleitner von der Hamburger Buchhandlung Lüders

„Ja. Ich glaube das Jammertal ist langsam durchschritten. Die ehemaligen Marktriesen bluten, das Internet ist etabliert und die unabhängigen Buchhandlungen, die bis jetzt durchgehalten haben, haben in meinen Augen auch eine reelle Chance ihren Platz zu behaupten.“ – Mila Becker von Mila Becker Buch & Präsent in Voerde

„Was gibt es schöneres, als täglich neue Perlen auf dem Büchermarkt entdecken zu können und anderen davon erzählen zu dürfen?!“ – Annaluise Erler von der Buchhandlung Findus im sächsischen Tharandt

„Wenn der Freiraum zum selbst bestimmten Arbeiten vorhanden ist wie bei uns, jederzeit wieder, denn der tägliche Kampf gegen Verblödung und Konzentration im Buchhandel kann auch sehr unterhaltsam sein.“ – Torsten Meinicke vom Hamburger Buchladen Osterstraße

„Ja natürlich würde ich heute wieder Buchhändlerin werden, weil der Grundgedanke: Lesen und zum Lesen motivieren sich nicht geändert hat bzw. nicht ändern wird.“ –  Sonja Lehmann vom Bücherwurm Borken im Nordhessischen

Buchladen Mascha Kascha © Mascha Kascha

Buchladen Mascha Kascha © Mascha Kascha

15 Gesprächspartner taten sich mit der Antwort auf die Frage schwer, ob sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für ihren Beruf entscheiden würden. Herz und Bauch sagten zwar „ja“, der Kopf allerdings riet dazu, die Finger vom Buchhandel besser zu lassen.

„Schwer zu sagen, weil ich eigentlich mehr oder weniger so reingeschlittert bin. Gefühlsmäßig schwanke ich permanent zwischen ‚Ja‘ und ‚Nein‘. Wenn ich nachrechne, was ich in meinem ursprünglichen Beruf verdient hätte, dominiert das „Nein“, wenn ich auf meinen Bauch höre das ‚Ja‘“. – Gustav Förster von der Wein-Lese-Handlung Förster in Ganderkesee

„Schwierige Frage. Es kommt für mich drauf an, wo man letztlich hin will. Für eine Karriere, Filialleiterin, Geschäftsführerin oder eben Inhaberin, klares Ja. Für ein paar Stunden neben den Kindern und der Familie, auch auf jeden Fall. Aber als einfaches Buchhändlerlein vor sich hinzuarbeiten und versuchen, sich noch eine Rente aufzubauen – wahrscheinlich nicht.“ Nicole Jünger vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

„Schwere Frage. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen würden und wenn ich wieder 30 wäre, dann wohl ja. Ich wüsste ja dann auch gar nicht, WAS da auf mich zukäme!“ – Samy Wiltschek von der Kulturbuchhandlung Jastram in Ulm

„Ich weiß es nicht. Einerseits hat er nichts von seiner Faszination verloren. Andererseits wandelt sich unsere Branche so sehr, sodass gerade der Beruf der Buchhändlerin besonders vom Wandel betroffen ist. Sicher ist, dass heute noch viel mehr dazu gehört als Mitte der 70er Jahre. Als junger Mensch hätte ich aber vielleicht auch ganz viele Ideen, wie ich diesen Beruf neu füllen könnte. Insofern: Ich weiß es wirklich nicht!“ – Susanne Martin von der Schiller Buchhandlung in Stuttgart/Vaihingen

„Jein – den Beruf selber finden wir immer noch klasse, zumindest in einem kleinen Laden mit selbstständiger Form der Arbeit (alle können alles machen), die Rahmenbedingungen gerade auch in Kleinstädten werden allerdings immer schwieriger.“ Sabine und Ute Gartmann von der Buchhandlung die schatuelle, Osterholz-Scharmbek – diesen Beitrag könnt Ihr ab 4. Februar hier in Gänze nachlesen

„Im Nachhinein stellt sich für mich vielmehr die generelle Frage, ob es nicht auch eine ökonomisch aussichtsreichere Alternative zu Geisteswissenschaft und Kulturbetrieb gegeben hätte. Andererseits ist man eben einfach durch seine Neigungen und Interessen bestimmt; wenn man ihnen grundlegend zuwiderhandelt, muss man sich dreißig und mehr Jahre in Zusammenhängen bewegen, die nicht die eigenen sind. Insofern: Ja, ich würde wahrscheinlich wieder einen ähnlichen Weg gehen.“ – Stefanie Diez von der Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

Taschenbuchladen  © Taschenbuchladen

Taschenbuchladen © Taschenbuchladen

Lediglich sieben der Befragten würden als Berufsanfänger heute andere Weichen stellen. Sie beantworteten die Frage, ob sie sich abermals für eine Laufbahn als Buchhändler entscheiden würden, mit „nein“.

„Nein. Und schon gar nicht, wenn es für mehr als einen selbst reichen muss (finanziell).“- Maria Glusgold-Drews vom Buchladen MaschaKascha – Schöne Bücher in Hannover

„Wahrscheinlich nicht, weil die Zukunftsaussichten nicht wirklich rosig sind. Wie es mit dem Buchhandel in zehn oder zwanzig Jahren aussehen wird, weiß niemand. Aber einfacher wird es nicht für die kleinen unabhängigen Buchhandlungen. Man braucht heute noch mehr Idealismus um diesen Beruf zu erlernen, als ich damals vor zehn Jahren.“ – Simone Dalbert von der der Buchhandlung Schöningh in Würzburg

„Nein, weil ich schon mittelfristig keine Perspektive für das Berufsbild sehe. Zu einschneidend sind die Veränderungen und Verwerfungen in der Branche.“ – Thomas Calliebe von der Buchhandlung Calliebe in Groß-Gerau

„Nein. Leider ist meiner Meinung nach die Zeit des Einzelhandels insgesamt vorbei. Das große Geschäft macht heute schon fast allein Amazon.“ – Lutz Heimhalt von der gleichnamigen Buchhandlung in Hamburg. Sein Beitrag ist hier in Gänze ab 18. Februar zu lesen

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Eine Übersicht, wer bislang Rede und Antwort stand, findet sich hier und zu allen empfohlenen Buchhandlungen geht es hier. Zum „Best of: Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen“ gelangt Ihr hier

„Thematische Buchhandlungen sind die Zukunft der Buchhandlung.“ SteglitzMind stellt David Armengou von „Echo Bücher“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir mehr über Echo Bücher in Berlin/Wedding erfahren sollten, wo u.a. Bücher und Schallplatten präsentiert werden, hatte das Team der Berliner Buchhandlung Pro qm vorgeschlagen. Ich freue mich sehr, dass der gebürtige Spanier David Armengou, der seit geraumer Zeit in Berlin lebt, der Einladung gefolgt ist.

Eine Skizze vom Laden…

Echo Bücher ist ein Experiment. Es ist zwar ein Buchladen, aber zugleich auch ein Plattenladen, Eventspace, Ausstellungsraum, Shop und Kaffeebar. Echo Bücher wurde im Juli 2013 in Berlin-Wedding eröffnet und beschäftigt sich mit zeitgenössischer elektronische Musik und Clubkultur.

David Armengou © Juny Brullet

David Armengou © Juny Brullet

Warum sind Sie Buchhändler geworden?

Ich liebe Bücher, ich bin Übersetzer, Schriftsteller und betreibe einen kleinen Verlag in meiner Heimatstadt Barcelona. Der nächste logische Schritt war Buchhändler zu werden in der Stadt, in der ich seit 15 Jahren lebe.

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Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Ich kann diese Frage noch nicht beantworten, da ich gerade erst eröffnet habe.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

In den vergangenen sechs Monaten hat sich vieles in meinem Alltag verändert, vor allem ein neues Zuhause, der Buchladen, ein Ort wo ich jeden Tag Menschen treffe, die etwas Gemeinsames mit mir teilen: die Leidenschaft zu elektronischer Musik.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Unsere Webseite wird bald bereit sein. Selbstverständlich kann man dort dann Bücher kaufen, aber mir persönlich wäre es viel lieber, wenn die Kunden zu uns kommen würden. Vor Ort kann man viel entdecken, Kunst, Musik, interessante Gespräche führen oder ganz einfach einen Kaffee trinken. – Bis unsere Webseite mit Programm, Archiv und Online-Shop fertig ist, sind wir hauptsächlich bei Facebook aktiv.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Thematische Buchhandlungen sind die Zukunft der Buchhandlung. Wichtig ist, eine kleine, gute Auswahl an Büchern zu bieten und einen Ort, an dem sich der Kunde wohl fühlt und vieles Interessantes findet.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Ich habe noch nie ein digitales Buch gelesen. Es interessiert mich einfach nicht. Aber ich habe nichts dagegen, im Gegenteil, das E-Book bringt viele Menschen dazu, das Lesen wieder oder neu zu entdecken und hoffentlich Bücher zu kaufen und mehr zu lesen.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

so schaut's aus © Juny Brullet

so schaut’s aus © Juny Brullet

Auf jeden Fall. Bis jetzt haben wir keine derartigen Anfragen von Autoren bekommen, aber wir haben jede Menge Musik im Sortiment von Musikern, die ihre eigene Musik vertreiben. Meistens in CD oder Kassetten-Format.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Man muss etwas anderes zum Buch dazu bieten. Die Möglichkeit zum Beispiel, andere Menschen mit gemeinsamen Interessen zu treffen. Wir haben auch viele Bücher im Regal, die mir gehören und unverkäuflich sind. Es sind Bücher die out of print sind, Bücher die man sehr selten kaufen kann. So gesehen ist Echo Bücher auch eine kleine Bibliothek für Technokultur. Einige Kunden kommen zu uns, einfach um die Bücher zu lesen und Kaffee zu trinken.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

Bücher über elektronische Musik gibt es noch relativ wenige, aber die größeren Verlage wie Suhrkamp oder Bloomsbury haben gerade ein großes Potenzial entdeckt. Es wäre toll wenn die Kleinstverlage, Independents und Self Publisher mehr Produkte über dieses Fach veröffentlichen würden.

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Der Börsenverein sollte die Kleinstverlage besser unterstützen und die Vertriebskanäle optimieren.

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Unser Ziel ist es, eine neue Szene zu schaffen: Technokultur zum Lesen und Genießen.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

zu Besuch bei Echo Bücher  © Juny Brullet

zu Gast bei Echo Bücher © Juny Brullet

Der Besuch in einer Buchhandlung erweitert Horizonte. Schon ganz einfach, um das zu finden, was die digitale Welt und das Netz uns nicht bringen kann: Kontakt mit Menschen, Ideen, Austausch, Freunde finden. Der Besuch einer Buchhandlung bringt uns einfach dazu, ein im Geist reicherer Mensch zu werden.

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Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

La Central in Barcelona, L’écume des pages in Paris, Aoyama Book Center in Roppongi (Tokyo). Zu Wort kommen sollten Gudberg in Hamburg oder Motto in Berlin … Und Pro qm, aber die standen hier ja bereits Rede und Antwort.

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Eine Übersicht über die Empfehlungen, die im Rahmen der Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen seit Juli 2013 zusammengekommen sind, findet sich hier

Vorsicht, Buchhändler! – Best of: Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Seit einem halben Jahr stellen sich hier Buchhändlerinnen und Buchhändler vor. Mich interessiert, wie sie mit den Folgen der Digitalisierung umgehen, welche Chancen und Risiken sie sehen und wo sie Weichen stellen, um zukunftsfähig zu bleiben. Deshalb habe ich seit Juli vergangenen Jahres 133 Buchhandlungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz darum gebeten, einige standardisierte Fragen zu beantworten. Mitgemacht haben bis zum heutigen Tag 42 Sortimenter.

Obschon ich mir eine etwas regere Beteiligung erhofft hatte, ist doch so viel Stoff zusammengekommen, dass ich mich in der Pflicht sehe, die Gespräche zu resümieren und einige Thesen zu formulieren. Da viele Statements der Buchhändler und Buchhändlerinnen für sich stehen, habe ich mich zudem entschieden, die Interviewten im Rahmen der Rückschau abermals zu Wort kommen zu lassen. Und zwar in Form einer Auswahl, die ich aus den eingegangenen Antworten treffe. Obwohl es meine persönlichen Preziosen sind, nenne ich das der Einfachheit halber „Best of“.

Buchhandlung Lessing und Kompanie © Lessing und Kompanie

Buchhandlung Lessing und Kompanie © Lessing und Kompanie

Den Anfang machen heute Antworten auf die Frage „Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?“ Wer sollte es besser wissen, womit Buchhandlungen bei Kunden punkten, als diejenigen, die in ihrem Laden Tag für Tag um Anerkennung, Kundschaft und teilweise auch ums Überleben kämpfen?

Vielleicht heißt die nächste Kampagne, die auf’s Lesen und Bücher neugierig machen will, ja „Vorsicht, Buchhändler!“? – Lust, einen Buchladen zu besuchen, dürften die Stellungnahmen jedenfalls machen…

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Best of: Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

„Weil es lebendig ist, gute Laune machend, entspannend und anregend, menschlich und persönlich. Und weil es Bücher gibt. Bücher! Himmel!“ Nicole Jünger vom Buchladen am Neuen Markt in Meckenheim

„Weil Bücher etwas Tolles, etwas Faszinierendes sind. Weil man über Bücher sprechen sollte, und über die Besonderen ohnehin. Weil sonst die Gefahr besteht, dass man sie übersieht, übergeht. Und weil man in einer Buchhandlung Anregung, Inspiration bekommt – auch mal was anderes zu lesen, zu erfahren. Und weil Buchhandlungen einfach schön sind.“ Gaby Kellner von Barbaras Bücherstube in Moosburg

„Der Besuch einer Buchhandlung bringt uns einfach dazu, ein im Geist reicherer Mensch zu werden.“ David Armengou von Echo Bücher, Berlin/Wedding – alle Antworten von ihm könnt Ihr hier ab 28. Januar lesen

Schroersche Buchhandlung © Schroersche Buchhandlung

Schröersche Buchhandlung © Schroersche Buchhandlung

„Buchhandlungen sind so vieles: wichtige Tankstellen für Lesefutter und unvermutete Entdeckungen, Rettungsanker für Geburtstagseinladungen und Stöberplätze für Kinder, Jugendliche und Junggebliebene. Nicht zuletzt sind sie unglaublich wichtig für das soziale Miteinander im Ort.“ Beate Laufer-Johannes von der der BücherInsel in Frauenaurach bei Erlangen

„Weil sie uns vermissen werden, wenn wir nicht mehr da sind!“ Brigitte Gode von der Gollenstein Buchhandlung in Blieskastel

„Weil [Kunden] auf engagierte Buchhändler treffen, die mehr sind als reine Verkäufer, denen es egal ist, was sie verkaufen, Hauptsache die Quote stimmt. Und weil sie dort jenseits von Algorithmen auf Bücher treffen, individuell ausgesucht und empfohlen. Bücher, die sie auffordern ‚lies mich!‘“ Gustav Förster von der Wein-Lese-Handlung Förster, Ganderkesee

„Um sich inspirieren zu lassen. Um sich mit Anderen auszutauschen über ihre Leseerfahrungen, Lesefreuden, Büchersuche. Um sich zu entspannen und sich in angenehmer Atmosphäre eine kleine Pause zu gönnen.“ Hannah Wiesehöfer und Nina Wehner von der Buchhandlung Die Buchkönigin, Berlin-Neukölln

„Damit es im buchverbreitendem Gewerbe menschlich bleibt.“ Margarete Haimberger von der Schröersche Buchhandlung in Berlin/Schöneberg

Buchhandlung Lüders © Buchhandlung Lüders

Buchhandlung Lüders © Buchhandlung Lüders

„Wo soll man sonst seine Bücher kaufen – ein Leben ohne Buchhandlung ist wie ein Leben ohne Bierkneipe – wahlweise ohne Weinlokal.“ Klaus Kowalke von Lessing und Kompanie Literatur in Chemnitz

„Weil man die Vielseitigkeit und Schönheit von Büchern nur so erleben kann. Die Entdeckung von Büchern, auf die man sonst niemals gekommen wäre.“ Britta Beecken von der Berliner Buchkantine

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„Weil wir aus dem Meer der Bücher die besten Perlen fischen.“ John Cohen von der Hamburger Buchhandlung cohen + dobernigg

„Weil sie Bücher lieben! Weil sie sich wohlfühlen in der Gesellschaft von Büchern und gerne Neues entdecken, das Gespräch darüber suchen oder einfach auch nur den Austausch mit ihrer Buchhändlerin. Und natürlich, um sich Bücher zu kaufen!“ Bettina Haenitsch von der Buchhandlung der buchladen in Seligenstadt

„Weil Buchhandlungen im Idealfall lebendige Orte der Entdeckung und Begegnung sind, die sich durch Individualität und Engagement auszeichnen.“ Holger Brandstädt von der Friedrich-Wagner-Buchhandlung, Ueckermünde

„Profan gesagt, um ein Buch zu kaufen, was man vielleicht gar nicht suchte, es aber trotzdem großartig findet. Die Buchhandlung ist nicht nur geistiger Ort in einer Stadt, sondern auch Kommunikationspunkt, Wohlfühlort und kultureller Botschafter…“ Heike Wenige vom Taschenbuchladen im sächsischen Freiberg

Buchhandlung Pro qm  ©  Katja Eydel

Buchhandlung Pro qm © Katja Eydel

„Letztlich gibt es ein paar tausend Gründe … vom Glücksgefühl bis zum Trennungsschmerz. Man muss nur neugierig sein!“ Beate und Mischa Klemm mit der Buchhandlung lesen und lesen lassen, Berlin/Friedrichshain

„Weil Buchhandlungen besondere Orte sind und es dort wie eh und je sehr viel zu entdecken gibt! Ein Buchladen ist ein lebendiger, kreativer Prozess, der sich zwischen den Repräsentanten des Geschäfts und seinem Publikum abspielt: Wir zünden den Funken in unseren Kunden und umgekehrt bekommen wir viele Anregungen zurück, die dann wieder in unser Sortiment einfließen.“ Stefanie Diez von der Buchhandlung Die Insel im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg

„Buchkauf ist Vertrauenssache, darum! Wir fragen auch nach dem Grund des Wunsches, um das optimal passende Buch für den Kunden zu finden, bieten Alternativen und Ergänzung und ganz wichtig: raten auch ab!“ Edda Braun von der Buchhandlung am Turm, Ochsenfurt

Anna Jeller Buchhandlung ©  Jacqueline Godany

Anna Jeller Buchhandlung © Jacqueline Godany

„Es riecht gut, es sind nette Menschen vor und hinter dem Tresen, mit Chance entstehen interessante Gespräche und last but not least – jede Menge schöner Bücher zum Anschauen/Lesen/Grabbeln.“ Sabine und Ute Gartmann von der Buchhandlung die schatuelle, Osterholz-Scharmbek – diesen Beitrag könnt Ihr ab 4. Februar hier in Gänze nachlesen

„Um Freude zu haben!“ Thomas Bleitner von der Hamburger Buchhandlung Lüders

„Durch die neuen Medien ist alles hektischer geworden.“ SteglitzMind stellt Daniela Binder von „Obergass Bücher“ vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir Daniela Binder von der Buchhandlung Obergass Bücher etwas näher kennenlernen sollten, die im schweizerischen Winterthur zu finden ist, hatte Bettina Schnerr-Laube vorgeschlagen. – Ich freue mich, dass Daniela Binder dabei ist.

Eine Skizze vom Laden…

Mitten in der Winterthurer Altstadt gelegen. Die Buchhandlung wurde 1968 begründet, seit November 1999 unter dem Namen Obergass Bücher. Schwerpunkte: Belletristik Erwachsene, Kinder- und Jugendbuch. Beratung.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Daniela Binder © Obergass Bücher

Daniela Binder © Obergass Bücher

Lesen: immer schon die große Leidenschaft. Freude am Umgang mit Menschen.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Kann ich so nicht beantworten. Vielleicht eher nicht.

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Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Viel mehr Administratives. Durch die neuen Medien ist alles hektischer geworden.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Wir haben seit Jahren eine Homepage. Zusätzlich versenden mir monatlich einen elektronischen Newsletter.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

Internet/Wegfallende Budgets bei Bibliotheken und Schulen.

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Bestellmöglichkeit über Homepage, ab Januar auch im direkt im Laden.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self-Publishern anzubieten?

Nein.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

so schaut's innen aus © Obergass Bücher

so schaut’s innen aus © Obergass Bücher

Persönliche Beratung, 4 x Jahr eigene Hauszeitung (über unsere Homepage Obergass Blätter ersichtlich), Buchvorstellungen mit aktueller Belletristik in diversen Bibliotheken fürs dortige Publikum.

Was würden Sie sich vom Schweizer Buchhändlerverband wünschen?

Bin sehr zufrieden mit der Arbeit des Verbandes, dieser kann aber auch nicht zaubern und die Schwierigkeiten beseitigen, die unsere Branche bedrohen.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Weil sie den persönlichen Kontakt, die Beratung suchen.

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Buchhandlung zur Rose, St. Gallen und die Züricher Buchhandlung Hirslanden

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Eine Übersicht über die Empfehlungen, die im Rahmen der Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen seit Juli 2013 zusammengekommen sind, findet sich hier

„Man kehrt einem Beruf, den man mit Leidenschaft ausübt, nicht einfach den Rücken, weil die Bedingungen schwieriger geworden sind.“ – SteglitzMind stellt Brigitte Gode von der Gollenstein Buchhandlung vor

Sind Buchhändler tatsächlich die Verlierer der Digitalisierung? Wie gehen sie mit den Schreckensszenarien um? Wo sehen sie Risiken, wo Chancen und welche Weichen stellen sie, um zukunftsfähig zu bleiben? Wie halten sie es mit dem E-Book und wären Titel von Self Publishern für sie eine Option? Diese u.a. Aspekte will die Gesprächsreihe “Steglitz stellt Buchhändlerinnen und Buchhändler vor” beleuchten, in der Interviewpartner in loser Folge standardisierte Fragen beantworten.

Welche Buchmenschen und Buchhandlungen wir zukünftig etwas näher kennenlernen, schlagen zum einen jene vor, die mir Rede und Antwort stehen. Darüber hinaus freue ich mich auf Empfehlungen von Euch, wer hier ebenfalls zu Wort kommen sollte. Und, bitte sehr, vermerkt Eure Vorschläge hier (nebst Link zur Buchhandlung); und nicht etwa auf diversen anderen Kanälen im Social Web. Danke sehr! Im Übrigen freue ich mich auch über Gastbeiträge: Was habt Ihr in Buchhandlungen erlebt? Woran denkt Ihr gerne zurück, was ist Euch aufgestoßen?

Dass wir die Gollenstein Buchhandlung kennenlernen sollten, die in Blieskastel (nahe Homburg und Saarbrücken) ansässig ist, hatte Blogleserin arise vorgeschlagen. – Ich freue mich sehr, dass Brigitte Gode der Einladung gefolgt ist und sich und ihren Buchladen heute vorstellt.

Eine Skizze vom Laden…

Die Gollenstein Buchhandlung wurde von mir im Jahr 2005 gegründet. Mit mir zusammen arbeitet meine Tochter Annabelle. Wir repräsentieren also zwei Generationen, was von den Kunden sehr geschätzt wird. Auf 70 qm in der historischen Altstadt von Blieskastel bieten wir ein allgemeines Sortiment. Unser Schwerpunkt liegt auf der Belletristik und dem Kinder- und Jugendbuch. Letzterem räumen wir einen besonderen Platz ein, ergänzt durch hochwertige Spiele der Firma Haba.

Warum sind Sie Buchhändlerin geworden?

Brigitte Gode  © privat

Brigitte Gode © privat

Weil ich mich schon immer in Geschichten verlieren konnte, weil ich gerne über das, was ich gelesen habe, rede und gerne Umgang mit anderen Menschen habe. Wahrscheinlich habe ich dadurch in Sachen Literatur ein gewisses Sendungsbewusstsein entwickelt. Auf den Punkt gebracht: weil ich mir ein Leben ohne Bücher nicht vorstellen kann.

Würden Sie sich unter heutigen Bedingungen abermals für diesen Beruf entscheiden?

Aus heutiger Sicht ist es natürlich schwer zu entscheiden, wie ich mich als Berufseinsteigerin entscheiden würde. Aber nach fast 40 Jahren im Buchhandel und dem unerschütterlichen Optimismus, mit dem ich ausgestattet bin, kann ich die Frage nur mit Ja beantworten. Außerdem, siehe oben, was könnte man mit solchen Veranlagungen Besseres tun? Man kehrt einem Beruf, den man mit Leidenschaft ausübt, nicht einfach den Rücken, weil die Bedingungen schwieriger geworden sind. Ich würde einem Berufsanfänger heute aber raten, sich diesen Schritt sehr genau zu überlegen und empfehlen, seine Motivation für diesen Beruf sehr genau zu hinterfragen.

Was hat sich in den vergangenen Jahren in Ihrem beruflichen Alltag verändert?

Ich gehöre der Generation an, die das Bibliographieren anhand von dickleibigen Katalogen gelernt und mit Buchlaufkarten hantiert hat. Elektronisches Bibliographieren, Warenwirtschaftssysteme, Online-Shops und E-Books haben unseren Alltag grundlegend verändert, in vielen Bereichen auch leichter gemacht. Andererseits stehen wir heute einem ganz anderen Kundentypus gegenüber. Viele Kunden sind vorinformiert, haben schon „bei Amazon nachgesehen“, Internetrezensionen gelesen und stellen daher höhere Anforderungen an die Beratung.

Die Devise heißt ja: Buchhandel go online! Was unternehmen Sie in dieser Richtung?

Wir betreiben einen Online-Shop über unser Barsortiment und bewerben diesen auch. Wir verzeichnen zunehmende Frequenz über diesen Bestellweg, sowohl von Stammkunden, die die Bequemlichkeit zu schätzen wissen, als auch von Neukunden, die wir dann sehen, wenn sie ihre Bücher abholen. Wir machen die Erfahrung, dass die Online-Kunden selten den Versandweg wählen, sondern ihre Bestellung in der Buchhandlung abholen. Ein Zeichen dafür, dass der persönliche Kontakt nach wie vor geschätzt wird. Wenn wir die Stimme gegen Amazon erheben, müssen wir etwas entgegensetzen. Deshalb sollte heute jeder Buchhändler diese Bestellmöglichkeit anbieten.

Das Sterben der Buchläden ist allgegenwärtig. Wo verorten Sie für Ihre Buchhandlung die größten Gefahren?

hereinspaziert... © Gollenstein Buchhandlung

hereinspaziert… © Gollenstein Buchhandlung

Wir sind eine typische Kleinstadtbuchhandlung und außerdem konkurrenzlos. Insofern haben wir keine Standortprobleme. Wenngleich die Situation in Kleinstädten eine eigene Problematik besitzt: Unvollständiger Branchenmix, unterschiedliche Öffnungszeiten und dadurch weniger Kundenfrequenz. Ich engagiere mich in meiner Stadt, habe angeregt und in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung auch erreicht, dass Blieskastel, eine schöne kleine Barockresidenz, Città slow geworden ist. Weil ich es für überlebenswichtig halte, dass Kleinstädte ihre Qualitäten verstärkt bewusst machen, mit ihrer einzigartigen Atmosphäre punkten.

Die größte Gefahr lauert nach meiner Einschätzung im Internet. Wenn es uns nicht gelingt, gerade die jüngere internetaffine Generation aufzurütteln und sie zum Nachdenken über die Folgen ihrer Bequemlichkeit zu bringen, dann hat das nicht nur für den Buchhandel verheerende Folgen. Eine Stadt ohne lebendigen Handel ist eine tote Stadt, ohne Lebensqualität. Die Buy local-Initiative zielt genau in die richtige Richtung. Wirklich nachhaltigen Erfolg kann die Initiative nur erreichen, wenn es gelingt, vor allem die Kommunalpolitiker ins Boot zu holen und zum Umdenken zu bringen.

Was nützt die schönste Kampagne, wenn Stadträte weiterhin in den besten Innenstadtlagen überdimensionierte Shopping-Center genehmigen?

Wie halten Sie es mit dem E-Book?

Nun, ich betreibe eine Buchhandlung, kein Elektronik-Fachgeschäft. Ich bin nicht bereit, meine Energie in etwas zu investieren, von dem wir genau wissen, dass es uns nie ein wirtschaftliches Auskommen sichern wird. Was haben wir davon, wenn wir uns mühsam die technischen Kenntnisse unterschiedlicher Reader aneignen, um dann mit einer lächerlich geringen Gewinnspanne alle paar Monate einen Reader zu verkaufen? In der Liga derjenigen, die mit diesem Geschäft Gewinne machen, können wir Kleinen nicht mitspielen. Nachdem sich die Tolino-Verhandlungen des Börsenvereins zerschlagen haben, sehe ich kaum noch Chancen in diesem Geschäft nennenswert mitzumischen. Ich sehe unsere Aufgabe darin, den elektronischen Content zur Verfügung zu stellen. Wir bieten in unserem Web-Shop die Möglichkeit E-Books herunterzuladen. Wir klären unsere Kunden auch darüber auf. Die Diskussionen um Amazon haben dazu geführt, dass verstärkt nach alternativen Download-Möglichkeiten gefragt wird.

Wäre das eine Option für Sie, auch Titel von Self Publishern anzubieten?

Ein klares Nein, ausgenommen vielleicht Autoren aus dem regionalen Umfeld. Ich vertraue  lieber der professionellen Selektion durch die Verlage. Wir wollen uns nichts vormachen, das meiste was auf dem Gebiet entsteht, ist aus dem Bedürfnis nach Selbstverwirklichung entstanden. Es mag Ausnahmen geben, aber in aller Regel lassen diese Machwerke qualitativ zu wünschen übrig. Ich möchte mit gutem Gewissen hinter dem stehen, was ich meinen Kunden empfehle. Das erwartet man auch von mir.

Wie verkauft man heutzutage Bücher?

Vorleseaktion mit der Patenschule  © privat

Vorleseaktion mit der Patenschule © privat

Da nenne ich jetzt die beiden „abgedroschensten“ Phrasen aus dem „angestaubten“ Buchhändlervokabular: Atmosphäre und Beratungskompetenz. Aber es ist nun mal so. Bei uns ist es bunt und gemütlich und wir sind zwei gestandene Buchhändlerinnen, die wissen, was sie tun.

Was soll ich sonst dazu sagen? Wir arbeiten keine Bestsellerlisten ab, sondern setzen uns für die Bücher ein, von denen wir überzeugt sind. Wir werten uns und unsere Bücher auch nicht mit MA vor der Tür ab. Außerdem engagieren wir uns sehr für den Lesenachwuchs. Wir sind eine Lesepatenschaft mit einer weiterführenden Schule eingegangen, das heißt, wir unterstützen die Schülerbibliothek, sponsern Lesungen und helfen mit, die Schüler auf den Vorlesewettbewerb vorzubereiten.

Unser bester Werbeträger hängt an der Decke, ist bunt, leuchtet 24 Stunden und heißt Kronleuchter. Das Ding besitzt magische Kräfte.

Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, die Ihnen Verlage erfüllen… Welche wären das?

Zuallererst: vertraut auf euer angestammtes Produkt. Das Buch hat schließlich auch die Erfindung des Fernsehens und des Internets überlebt. Neuerdings wird kolportiert, dass in den USA der E-Book Umsatz stagniert und das Hardcover zulegt. Na also!

Und dann: Sucht sorgfältiger aus, strafft die Programme. Das gäbe dem Buch eine größere Wertigkeit. Nicht alles, was gedruckt werden kann, muss auch gedruckt werden.

Und drittens: Kümmert euch mit dem Marketing mehr um die kleineren und mittleren Buchhandlungen. Schnürt Pakete, die zu unserer Größe passen. Stellt uns auch bei kleineren Bestellmengen Werbematerial und Leseexemplare zur Verfügung. Wir, die Indis, sind diejenigen, die sich auch für die Bücher einsetzen, die nicht auf den Bestsellerlisten landen.

Und was würden Sie sich vom Börsenverein für den deutschen Buchhandel wünschen?

Ich bin selbst seit vielen Jahren im Ehrenamt engagiert und deshalb sicherlich voreingenommen. Es wird ja immer wieder unter Kollegen diskutiert, ob man den Börsenverein wirklich braucht und ob man sich den Beitrag nicht sparen könnte. Ich halte ihn für enorm wichtig, weil wir eine sehr sensible Branche sind und daher eine starke Branchenvertretung brauchen. Das kann nur der Börsenverein leisten. Ich wünsche mir, dass die Kampagne „Vorsicht Buch“ noch mehr Fahrt aufnimmt und dass es den Verantwortlichen gelingt, noch mehr Kollegen dafür zu begeistern.

Was treibt Sie in der literarischen Szene, dem Literaturbetrieb derzeit besonders um?

Wir hatten einen fantastischen Bücherherbst mit so vielen guten Büchern wie selten. Die Frühjahrsvorschauen sind inzwischen eingetrudelt und müssen noch gesichtet werden. Wäre schön, wenn auch im Frühjahr die literarischen Quellen so ergiebig sprudeln würden.

Warum sollten Kunden in eine Buchhandlung gehen?

Weil sie uns vermissen werden, wenn wir nicht mehr da sind!

Welche anderen Buchhandlungen empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Für mich als Vertreterin der saarländischen Buchhändler ist das jetzt ein bisschen heikel. Ich schätze die Arbeit aller Kollegen, deshalb nenne ich jetzt eine Buchhandlung aus Cochem, die sehr engagierte Cornelia Layaa-Laulhé.

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Eine Übersicht über die Empfehlungen, die im Rahmen der Gesprächsreihe mit Buchhändler/innen seit Juli 2013 zusammengekommen sind, findet sich hier