„Wir verstehen uns als Verlag für bibliophile LeserInnen.“ SteglitzMind stellt Wolfgang Gosch und Virgil Guggenberger von der Edition Krill vor

Es heißt ja, dass die Kleineren unter den Verlagen zwar oho, aber viel zu wenig bekannt sind. Wer und wo sind sie? Wie behält man die immer größer werdende Kleinverlegerszene im Blick? Was treibt junge Verleger an und um? Welche Strategien verfolgen sie, um auf dem Buchmarkt Fuß zu fassen? Was packen sie anders an als die Etablierten? Wie definieren sie ihre Zielgruppe, wo finden sie ihre Nische? Welche Risiken sehen sie und wo verorten sie ihre Chancen?

Fragen, die in einer losen Gesprächsreihe mit Verlegern und Verlegerinnen aufgegriffen werden. Heute erfahren wir mehr von Wolfgang Gosch und Virgil Guggenberger, die die Wiener Edition Krill gegründet haben. Den Vorschlag machte Ralph Klever vom Klever Verlag.

Eine Skizze vom Verlag …

Virgil Guggenberger und Wolfgang Gosch © Klaus Pichler

Virgil Guggenberger und Wolfgang Gosch © Klaus Pichler

Wir, Wolfgang Gosch und Virgil Guggenberger, gründeten die Edition Krill im Sommer 2007 in Wien per Handschlag, um in den Grauzonen der Buchgenres Entdeckungen zu machen.

In der Schnittmenge von Kunst, Literatur und grafischer Umsetzung unternehmen wir, bzw. die Edition Krill, seitdem immer wieder aufs Neue den Versuch, dem Medium Buch inhaltlich wie gestalterisch nahe- und beizukommen und daraus die schönen Eigenheiten des Objektes für den Leser zu entwickeln. Der zentrale Gedanke des Verlages ist sich durch kein Programm festschreiben oder einschränken zu wollen, sondern alle Gattungen und Gebiete der Handhabe Buch als Möglichkeiten offen zu lassen. Der besondere Reiz eines Themas bestimmt, was umgesetzt wird.

Warum musste es unbedingt ein Verlag sein?

Die Idee zu einem Verlag entstand aus dem immer stärker werdenden Wunsch heraus, Bücher nicht mehr nur zu konsumieren, sondern sie selbst anzutreiben, zu initiieren, sie selbst zu produzieren. Von einem als Konsumenten eher passiven Zugang zum Buch hin zu einem aktiven Zugang als Editor, als Verleger, um sich quasi dem Thema von der anderen Seite her zu nähern.

Woher beziehen Sie trotz sattsam bekannter Schwierigkeiten Ihr Engagement?

Letztendlich treibt uns immer wieder die Neugierde an auf das, was sich aus einem konkreten Buchprojekt machen lässt, wie es anfangs gedacht war und wohin es sich im Laufe der Konzeption und Umsetzung dann entwickelt. Ein Bild für uns dazu ist in etwa so, die Kiesel am Ufer eines Bachbettes umzudrehen und nachzusehen, was darunter verborgen ist, und sich dann davon anregen zu lassen. Ähnlich auch die Idee, den Blick abseits des ausgetreten Wegesrandes zu halten und auf das Besondere zu achten, das sich gerne erst auf den zweiten Blick erschließt.

Was hat sich infolge der Digitalisierung in Ihrer Arbeits-/Vorgehensweise verändert?

Digitalisierung ist für die Edition Krill in dem Sinn nie ein Thema gewesen – und wird es aller Voraussicht nach auch nicht werden –, da für uns die Haptik des Buches im Allgemeinen und in Form von Ausstattung und Papierwahl im Besonderen immer ein zentraler Teil bei der Gestaltung und Umsetzung der Buchprojekte ist.

Was machen Sie anders als die anderen? – Wie positionieren Sie sich gegenüber der Konkurrenz?

Wir verstehen andere Verlage durchaus nicht als Konkurrenz, sondern vielmehr unsere Edition Krill als eine spannende Bereicherung in der Sparte der Kleinverlage. Was uns von anderen Verlagen unterscheiden mag, ist, dass wir neben unserer Tätigkeit als Verleger, Herausgeber und Gestalter noch einige Seitenarme betreiben, etwa das Projekt »Immer Freitag«, das als wöchentliche Kolumne auf der Webseite der Edition Krill beispielgebend ist für unser Selbstverständnis als Verleger und Buchgestalter.

Ein anderes Beispiel ist die »Ehrenwerte Krill’sche Reisebuchflottille«, zwölf Bücher mit leeren Seiten, die an zwölf ausgesuchte und auf der ganzen Welt verstreute Personen versandt wurden. Mit dem Buch erhielten sie die Aufforderung, etwas in die leeren Seiten einzutragen und das Buch anschließend weiterzuschicken auf die Reise zu neuen Personen. Die anfangs leeren Alben kehren schließlich voller Geschichte und Geschichten zur Edition Krill zurück.

So Sie Ihren Verlag neu aufstellen könnten, was würden Sie heute anders angehen als in der Startphase?

Da wir die Edition Krill nicht aus wirtschaftlichen Überlegungen gegründet haben und wir somit ganz nach dem Lustprinzip vorgehen konnten, hatten wir die Möglichkeit, recht ungezwungen und mit vielen persönlichen Freiheiten das Projekt zu entwickeln. Das scheint uns auch heute noch richtig so.

Wie gewinnen Sie Autoren?

Zum Großteil entstehen unsere Projekte über persönliche Verbindungen. Seien das Empfehlungen oder Tipps unserer AutorInnen auf mögliche zukünftige AutorInnen oder auch durch den schönen „Möglichmacher Zufall“, woraus sich schon interessante Projekte ergeben haben.

Wie organisieren Sie Ihren Vertrieb?

Ganz klassisch via Auslieferung.

Was tun Sie, um im Buchhandel Fuß zu fassen? – Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Sortiment?

Grundsätzlich haben wir festgestellt, dass der persönliche Kontakt, gerade für einen kleinen, jedoch recht speziellen Verlag wie uns, enorm wichtig ist. Entsprechend haben wir Kontakt zu einigen ausgesuchten Buchhandlungen, die sich für unsere Bücher interessieren und unser Programm aktiv verfolgen.

Wie halten Sie es mit Amazon?

Unsere Bücher sind via Amazon erhältlich.

Was tun Sie für Ihr Marketing?

das Logo © Edition Krill

das Logo © Edition Krill

Wir folgen dabei dem Prinzip „Qualität statt Quantität“, nehmen uns die notwendige Zeit und Aufmerksamkeit für Kontakte und Ankündigungen, halten deren Zahl aber klein.

Wie halten Sie es mit dem Hauptverband des österreichischen Buchhandels?

Wir haben soweit eine gute Zusammenarbeit, allerdings nicht viele Übeschneidungspunkte.

Für wen machen Sie Bücher: Wie definieren Sie Ihre Zielgruppe, wo sehen Sie Ihre spezielle Marktnische?

Die Edition Krill ist für all jene interessant, die neben dem Buchinhalt auch der Buchgestaltung großen Wert beimessen. Wir verstehen uns als Verlag für bibliophile LeserInnen.

Wo sehen Sie für Ihren Verlag die größten Chancen?

Für uns war es immer wichtig, unseren Buchprojekten die notwendige Zeit zu geben, sie in unserem Sinne und im Sinne der AutorInnen zu entwickeln. Wir haben das bis heute beibehalten. Die Möglichkeit, bei unseren Projekten auf das Detail Rücksicht nehmen zu können, sehen wir gerade mit Blick auf die Zukunft als besonders wichtig an.

Welche besonderen Risiken verorten Sie für Ihren Verlag?

Grundsätzlich ist dabei immer die wirtschaftliche Komponente mitzudenken. Es war uns allerdings von Anfang an bewusst, dass man einen Verlag unserer Ausrichtung kommerziell nur in kleinen Schritten wird denken können.

Was schätzen Sie an der Independent-Szene besonders?

Vielfalt und Unabhängigkeit in den Programmen.

Was würden Sie jenen raten, die mit dem Gedanken spielen, einen Verlag an den Start zu bringen?

Sich sehr genau mit der persönlichen Motivation dazu auseinanderzusetzen.

Welche kleinen, unabhängigen Verlage empfehlen Sie? Und wer sollte in dieser Gesprächs-Reihe möglichst auch zu Wort kommen?

Empfehlen möchten wir den Artbook Verlag. Das ist quasi persönlicher Natur, da wir dem Verleger Dennis de Kort schon lange verbunden sind. Einerseits über die Zusammenarbeit bei der Bildreproduktion für eines unserer Buch-Projekte (wo wir seine sehr genaue und bedachte Arbeitsweise näher kennen lernen durften). Andererseits auch deshalb, weil die Edition Krill aus vielerlei Gründen ursprünglich einmal als Teil des Artbook Verlages gedacht war, als eine Art zweite, etwas „freiere“ Schiene zu den Kunstbüchern des Artbook Verlages. Letztlich haben wir uns gemeinsam entschieden, doch separate Projekte entstehen zu lassen. Aber die Diskussionen und Gespräche dabei haben unserer Wertschätzung für das Selbstverständnis von Dennis de Kort als Verleger von Kunstbüchern verfestigt.

Was uns diesbezüglich verbindet, ist der Wunsch nach einer sehr unmittelbaren und aktiven Zusammenarbeit mit allen Beteiligten eines Projektes. Seien das nun AutorInnen wie bei der Edition Krill oder hauptsächlich KünstlerInnen wie bei Artbook. Und abschließend gesagt: So wie wir bei der Edition Krill legt auch Dennis de Kort bei Artbook stets großen Wert auf eine hochwertige und grafisch stimmige Umsetzung seiner Buchprojekte. Dieses Gesamtpaket gefällt uns schlichtweg

Herzlichen Dank für diesen Einblick.

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Ich würde mich freuen, wenn Ihr das Vorhaben unterstützt, kleinere Verlage zu entdecken. Etwa indem Ihr Vorschläge macht, wer hier möglichst Rede und Antwort stehen sollte. Und bitte vergesst nicht auf die entsprechenden Verlage zu verlinken. – Danke sehr! Mehr zur Intention der losen Gesprächsreihe mit Verlegerinnen und Verlegern erfahrt Ihr hier. Zu einer Übersicht über die Empfehlungen, die bislang zusammengekommen sind, geht es hier

Die Edition Krill im Netz:

Edition Krill: http://www.editionkrill.at/

Immer Freitag: http://www.editionkrill.at/freitag.html

Die Ehrenwerte Krill’sche Buchflottille: http://log.editionkrill.at/de/

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