Porträt eines Scharfmachers

Am AfD-Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier lässt sich sehen, wie sehr die AfD von Provokationen lebt. Und wie ratlos sie ist, wenn sie mit anderen Methoden zum Erfolg kommen will.

Seine Rede auf dem Erfurter Domplatz 2015 machte ihn bekannt: Markus Frohnmaier, Bundestagsabgeordneter der AfD.

Er tritt an das Rednerpult. Eine Deutschlandfahne schlingt sich darum. Seit Hauptschultagen träumt er davon, auf großer Bühne zu stehen. Im Oktober 2015, kaum zehn Jahre und einige Tabubrüche später, ist es so weit. Björn Höcke hat ihn eingeladen.

Markus Frohnmaier blickt über den Erfurter Domplatz, sieht die 4000 Menschen, die sich bis an die Fachwerkhäuser drängen. Er sieht die Deutschlandfahnen und die Schilder, die Angela Merkel mit Kopftuch zeigen, darunter: »Mutti Multikulti«. Es sind Titelseiten des rechten Magazins Compact. Und er sieht die Smartphones, die ihm entgegengereckt werden. Ein Mann filmt ihn von rechts. Das Video ist auf Youtube zu finden.

Frohnmaier hebt das Mikrofon an den Mund. »Die Altparteien«, ruft er, »haben den Rechtsbruch zum Normalfall erhoben!« Er nennt Flüchtlinge »Asylforderer« und die Grünen eine Partei von Pädophilen. »Ich frage euch, liebe Freunde, sind das Volksvertreter?« Die Menge ruft: »Volksverräter!«

Er schaut auf sein Manuskript und dann wieder hoch. »Ich sage diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz ganz klar: Wenn wir kommen, dann wird auf­geräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und zwar nur für das Volk

Am nächsten Tag wird über ihn berichtet. Von »offenen Drohungen gegen Andersdenkende« spricht der Deutschlandfunk. In sozialen Medien wird der Auftritt tausendfach geklickt. Frohnmaier ist nun eine Bekanntheit.

Drei Jahre später steigt er in Berlin-Wilmersdorf aus einem Wagen des Fahrdiensts

Sein Aufstieg ist kometenhaft, wie der der AfD, die innerhalb von fünf

Mit der Zigarre in der Hand geht Frohnmaier über den dunkelroten Teppich ins Hinterzimmer und setzt sich in einen der schweren, gepolsterten Lehnstühle. Er lädt Journalisten hierher ein, um über sich zu sprechen. Mit dem SZ-Magazin ist es das erste von rund zwanzig Treffen über anderthalb Jahre hinweg – eine Zeit, in der er kämpft, siegt und verliert. Warum er diese Begleitung zulässt? Es sei besser, mit Journalisten zu reden, als sie als Gegner zu betrachten, sagt er.

Mit einem Cutter schneidet er die Spitze seiner Zigarre ab, brennt sie an, pafft schweren Rauch in den Raum und eröffnet dieses erste Gespräch mit den Worten: »Ich bin auch deshalb politisiert worden, weil ich früh rea­lisiert habe, dass Multikulti nicht funktioniert.« Er blickt seinen Worten hinterher, prüft, welche Wirkung sie auf sein Gegenüber haben. Weil die Welt der Chauffeure, Interviews und Fraktionssitzungen ihm nicht vorgegeben war, hat es einiges an
­Talent gebraucht, um sie zu erreichen. Das Talent ist: Provokation.

Sein Leben erzählt er so: Er sei 1991 in Craiova in Rumänien

Einmal habe der katholische Klassen­kamerad auf allen vieren in den Klassenraum kriechen

Ein Berufsberater habe seine Schulklasse ­besucht, da habe Frohnmaier von seinem Wunsch

Er erzählt das wie jemand, der sich zu wenig anerkannt fühlt. Oder

Mit 15 Jahren habe er sich die Haare seitlich kurzrasiert, ein Leopardenmuster hinein­gefärbt und sei auf Punkrock-Konzerte
ge­gangen. Er habe rebellieren wollen und das Schubsen und Springen beim Pogo-Tanzen gemocht. Auch in einer Band habe er spielen wollen. »Ich stehe ja auch gern auf der Bühne«, sagt er.

Frohnmaier sagt, er habe sich nicht damit abfinden wollen, Mechatroniker zu werden.

Irgendwann sei er auf einem Konzert in Böblingen angepöbelt worden. Der andere

Er habe von der German Defence League gehört, kurz GDL. Die GDL

Ins Profil seiner Abizeitung, erzählt Frohn­maier, habe ihm ein Mitschüler geschrieben: »Der

Er habe sich in Tübingen für Jura eingeschrieben, die ersten vier Semester

Als Björn Höcke 2015 die »Erfurter Resolution« entwarf, als Angriff der Parteirechten

Bald darauf wurde Frohnmaier JA-Bundesvorsitzender. Zur Uni sei er kaum noch gegangen, stattdessen habe er die Bild-Zeitung studiert, um zu sehen, wie sie Themen zuspitzt. »Politik muss so sein, wie die Bild schreibt: einfach, direkt, für die Menschen«, sagt er.

Die Parteivorsitzende Frauke Petry engagierte ihn als Pressesprecher, nannte ihn »Kampfzwerg«. Er kämpfte um einen Sitz im baden-württembergischen Landtag, schaffte es jedoch nicht. Als Petry von ihrer Partei als zu gemäßigt abgesägt wurde, wechselte Frohnmaier zu ihrer Nachfolgerin Alice Weidel. An vielen wichtigen Entscheidungen, sagt er, habe er mitgewirkt. An welchen, dürfe er nicht sagen, weil er eine Verschwiegenheitsklausel unterzeichnet habe. Petry und Weidel ließen Anfragen des SZ-Magazins über ihre Sicht auf Markus Frohnmaier unbeantwortet.

Was sind seine Ziele? »Was wir machen, ist ein Generalangriff auf die

Und immer wieder greift er Flüchtlinge und Muslime an. Er sagt: Für

Alle Einreisenden sollen an der deutschen Grenze ihre Geburtsurkunde vorzeigen. Muslime sind

Das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Raum soll verboten werden.

Als die

Die Niederlage

Doch obwohl

Frohnmaier bewirbt

Kurz vor

Frohnmaier tritt

Als Nächster

»Weihnachten«, sagt

Er redet

»Es vergeht

Auf Facebook

Es ist

In Schwung

Die nächste

»Wie läuft

»Es ist

»Nur zwei

Frohnmaier ringt

»Im Studium

Er habe

Mitte Januar 2018 möchte ihn ein Journalist der israelischen Tageszeitung Haaretz interviewen. Kurz nachdem Donald Trump die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem ankündigt hatte, forderte Frohnmaier die Bundesregierung auf, auch die deutsche ­Botschaft nach Jerusalem zu verlegen, deshalb das Interview. Auf dem Weg zum Treffpunkt spürt er einen Druck in der Brust, während des Gesprächs kann er sich nicht richtig auf die Fragen konzentrieren und bricht ab. Er lässt sich in die Charité fahren.

Die Ärzte

Für das nächste Treffen mit dem SZ-Magazin drei Wochen nach dem Herzinfarkt schlägt er ein Restaurant in Berlin vor. Frohn­maier bestellt Gnocchi mit Salat. Er ist blass, seine Stimme klingt dünn. Blutverdünner und blutdrucksenkende Medikamente nehme er jetzt. Außerdem dürfe er nicht mehr seine geliebten Zigarren rauchen. Aber viel mehr könne man ja nicht machen.

Er betont

Vor diesem

Frohnmaier sagt,

In der

Es ist

»Herr Präsident!

Jetzt ruft

Auch Brantner stammt aus Baden-Würt­temberg. Sie gibt dem SZ-Magazin gegen­über später an, sich mal in der Antifa en­gagiert zu haben und von Frohnmaiers rechtsextremer Jugend zu wissen.

Frohnmaier blickt

»Von China

Auch Thesenpapiere

»Viele Redaktionen

Im Anschluss

Auf die

In den Tagen nachdem die Grüne Brantner ihn aufgefordert hatte, seine Brust zu zeigen, beginnt er, in seiner Fraktion Unterschriften zu sammeln: wegen Sexismus gegen Männer. Es ist eine PR-Aktion in der Zeit der MeToo-Debatte. Ein Bild-Redakteur interviewt ihn dazu. Frohnmaier sagt ihm: »Ich kann den Auszieh-Wunsch von Frau Dr. Brantner verstehen, weil unter den Männern in ihrer Partei ja vor allem die Müsli-Fraktion vertreten ist.« Außerdem, sagt er, habe er seitdem ein mulmiges Gefühl, wenn er in den unterirdischen Gängen des Bundestags unterwegs sei. »Die könnte ja hinter dem Geldautomat hervorspringen.«

Bild bringt die Story auf Seite eins. Auch stern.de, rtl.de, und die Zeit berichten. »War halt wieder eine Steilvorlage von jemandem, die wir medial verwertet haben«, sagt Frohn­maier später. »Da bin ich knallhart effektiv.« Nach Alice Weidel, Alexander Gauland und Beatrix von Storch sei er der mit der größten medialen Wirkmacht in der Partei. Nach Pragmatiker klingt das alles nicht.

Schon bald nach seinem Herzinfarkt wirkt Frohnmaier wieder sehr angriffslustig, postet auf Facebook ein Video mit dem Titel »Ich bin wieder da«, steht scherzend mit seinem Team in seinem Büro, das er ein »Start-up« nennt. Zu diesem Team gehört Kevork Almassian, ein syrischer Flüchtling, der auf seinem Youtube-Kanal Propaganda für den syrischen Diktator Baschar al-Assad betreibt. Bei Frohnmaier ist Almassian für Social Media zuständig. Auf einem Beistelltisch in der Sofaecke liegt das Buch Was nun? Vom Sozialstaat zum Ordnungsstaat von Dimitrios Kisoudis. Darin steht auf Seite sechs: »Markus Frohnmaier in Freundschaft gewidmet«. Frohnmaier sagt, es sei sein Lieblingsbuch.

Darin wird

Der Autor

Außerdem stellt Frohnmaier Manuel Ochsenreiter ein. Er und Ochsenreiter gründeten zuvor bereits das »Deutsche Zentrum für eurasische Studien«. Ochsenreiter fungiert als eine der wichtigsten Figuren des eurasischen Netzwerks in Europa. Er traf sich mit Faschisten in Polen, die der eurasischen Bewegung anhängen, posierte auf einer anti­semitischen Konferenz im Iran mit der eu­rasischen Flagge und besuchte zusammen mit Frohnmaier pro-russische Rebellen in der Ukraine. Die Frankfurter Rundschau berichtet über Ochsenreiter, dessen Hintergrund und darüber, dass Frohnmaier ihn eingestellt hat.

Er und

In den

Stellt man

Franziska Brantner

Pascal Kober,

Die Prophezeiung,

Am 26.

Frohnmaier schreibt

800 Menschen

Ein Journalist vom Deutschlandfunk fragt Frohnmaier wegen dessen Tweet: »Sie sind für Selbstjustiz in Deutschland?« Frohn­maier sagt: »Ich bin dafür, dass Menschen sich selber schützen und verteidigen dürfen«, und verknüpft mehrfach die Themen Migration und Gewalt. Die ARD-Talkshow Maischberger blendet seinen Tweet ein. Es ist für ihn mal wieder gut gelaufen.

Doch dann

Der niedersächsische

Ein von

Auf der

Frohnmaier muss

Mitte Januar

Frohnmaier macht

Was ihn

Um seinen

Aber insgesamt

Am nächsten

Vor Gericht

Am nächsten

Am Nachmittag

Als Begründung für die Entscheidung schreibt der Verfassungsschutz in seiner Mitteilung (Kursivschrift wie im Original): »Den etablierten Parteien, ›diesen linken Gesinnungsterroristen, diesem Parteienfilz‹, wird unverhohlen angedroht: ›Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk.‹«

Frohnmaiers Sätze,

Der nächste

Das Kisoudis-Buch

Zwei Tage

Mitte Februar

Am Wandschrank

Außerdem macht

In der

Höcke, in

Frohnmaier, der

Um kurz

Am selben Tag, einige Stunden zuvor, treffen sich die Anhänger des »Stuttgarter Aufrufs« in der Stadthalle des nahe gelegenen Städtchens Burladingen. Gegen mehrere von ihnen laufen Parteiausschlussverfahren. Jürgen Elsässer ist als Redner geladen. Er ist Herausgeber des Magazins Compact, dessen Titelseiten bei Frohnmaiers Rede in Erfurt in den Nachthimmel gereckt wurden.

An seinem

Später, auf

Der blättert

Als er

Frohnmaier tritt