Die Wundertüte Neil Young

Neil Young (die wievielte Erwähnung ist dies eigentlich in diesem Blog?) hat’s mal wieder allen vorgemacht. Nach dem stark ins Kitschige gleitenden „Prairie Wind“-Album 2005, nebst zugehörigem Film „Heart of Gold“, der zweiten Apotheose durch Jonathan Demme, kam jetzt wie aus dem Nichts heraus die Meldung…

„I just finished a new record…“ über den berüchtigten Ticker am unteren Rand von Neil’s Garage. Da las sich dann in den kommenden Tagen, was Fanherzen jubilieren lässt: Innerhalb einer Woche sei ein neues Album „Living With War“ eingespielt worden, darauf ein Song auf den Namen „Let’s Impeach The President“ hört.
Zeitgleich schoss ein (von Labelseite installiertes) Blog aus dem Boden, das die Ereignisse protokollierte, wie beispielsweise ein CNN-Interview, auf dem Herr Young fleißig Rede und Antwort steht. Nun ja, langer Rede kurzer Sinn: ER hat wieder ein Thema gefunden, zu dem es sich zu singen lohnt – und dessen kann man sich ab heute per stream auch selbst vergewissern, denn nachdem in der vergangenen Woche jeden Tag ein Songtext über den Ticker lief, gibt’s jetzt offiziell auf die Ohren.

Ein Klick hier sollte ein neues Fenster öffnen, über das die 10 Songs abgespielt werden.

Ach ja: Der Online-Retail beginnt ab 2. Mai, dann im Anschluss wird das Album auch physisch in den Läden stehen. Der Kontrollfreak hat mal wieder alle Register gezogen. Long may you sing, Neil!

Laserkanonen und Wasserpistolen

Was macht ein Blogger so, wenn er nichts in sein Blog schreibt? Genau, Musik hören, um darüber in sein Blog zu schreiben! So geschehen mit den folgenden Alben. Einige Kurzmeldungen.

Mystische Gefechte: The Flaming Lips – At War With The Mystics. Poppig, funkig und natürlich sehr psychedelisch – 2006 ist das Jahr, da die flammenden Zungen sich wieder hernieder senken und unsere Gemüter erleuchten. Los geht es mit den zunächst etwas verstörenden „Yeah Yeah Yeah Song“ (undefinierbare Falsett-Stimmen, die ununterbrochen „Yeah Yeah Yeah“ singen) und „Free Radicals“, das, wie schon erwähnt, sehr funkt und von Wayne Coyne in einer an Prince (!) erinnernden Stimmlage dargeboten wird. Nach diesen beiden etwas ungewöhnlichen Ausflügen in die Radiotauglichkeit eröffnet „At War With The Mystics“ aber zum Glück die richtige Show. „Vein Of Stars“ und „Mr. Ambulance Driver“ strotzen gerade so vor flötenbeschwingter Melodieseligkeit: „Who knows/maybe there isn’t/a vein of stars calling out my name…“ Bei „The W.A.N.D. wird noch einmal kräftig gerumpelt und mit Laserkanonen um sich geschossen, bevor „Pompeii Am Götterdämmerung“ als vorletztes Stück einen triumphalen Höhepunkt (unter Zuhilfenahme eines Fetzens aus der deutschen Nationalhymne) setzt. Gelungen. Alle besprochenen Stücke sind anzuhören unter www.flaminglips.com.

Schwarze Pferde, Kirschbäume und Observatorien: KT Tunstall – Eye Through The Telescope. Wenn es einmal weniger pompös zugehen soll, kann man KT Tunstall unumwunden empfehlen. Die Songs auf ihrem Debütalbum sind allesamt recht unaufregende Pop-Arrangements. Besonders die ersten vier Stücke fand ich sehr mitreißend; danach lässt leider der Drive etwas nach, aber die Stimme und der polierte Sound sorgen für ein recht angenehmes Hörerlebnis. Gespannt bin ich auf die angekündigte Kollaboration mit den Landsmännern von Travis auf deren neuem Album. Neuigkeiten auch unter www.kttunstall.com.

Ein Sack voller Flöhe: Adam Green – Jacket Full Of Danger. Ein bißchen seltsam ist es geworden, das neue Album des Posterboys der Indie-Antifolk-Bewegung. Die Entertainer-Qualitäten sind natürlich nach wie vor da („Pay The Toll“, „Hollywood Bowl“), aber zwischendurch gibt es schon arge Durchhänger: Stücke, die nicht einmal mehr zwei Minuten dauern, unterforderte Musiker (am deutlichsten bei der langweiligen Orgel von „Vultures“) – darüber können auch Zeilen wie „golden fabric torn from the devil girl’s hair“ nicht hinweg retten. Dann wird es einmal sehr seltsam bei „C-Birds“ und „White Women“, dazwischen wieder ein paar Blödel-Songs und der Spuk ist vorüber. Entweder nimmt Adam mittlerweile sehr schlechte Drogen oder er war einfach zu gelangweilt, um ein besseres Album zu machen. Aufs nächste warten! www.adamgreen.net.

Soundtrackempfehlung des Jahres: Brokeback Mountain. Die übertriebene Formulierung leitet sich eigentlich nur aus dem Faktum her, dass ich sonst eher keine Soundtracks zu hören pflege und sie schon gar nicht empfehle. Aber Ausnahmen machen ja bekanntlich die Regel. Außerdem nehme ich mir auch heraus, über den Soundtrack zu schreiben, ohne den Film (tut mir leid) gesehen zu haben. Allein über die Titelmelodie aus dem Trailer wurde ich neugierig auf den Rest. Und wurde nicht enttäuscht: Willie Nelson singt mit fast brüchiger Stimme den Byrds-Klassiker „He was a friend of mine“, Emmylou „Background Lady“ Harris darf nicht fehlen, und auch etwas rockiger geht’s zu mit „The Devil’s Right Hand“ von Steve Earle. Toll! Komplette Info über diesen Link.