Stop the Clocks

Es sei an dieser Stelle erlaubt, auf die Rezension der Best-Of-Compilation von Oasis bei allmusic.com hinzuweisen.

Mit diesem wohl zum Weihnachtsrummel passenden Abklatsch sich an den Beatles zu orientieren hätte ich den Gallaghers gar nicht mehr zugetraut: Noel hat sich das „Rote“ und „Blaue“ (1962-1966 & 1967-1970) zum Vorbild genommen und mutigerweise Hits wie „Whatever“, „Stand By Me“ oder „Roll With It“ zugunsten von B-Seiten nicht auf die Doppel-CD mit aufgenommen – auch die Beatles hatten Hits und B-Seiten vermischt mit dem Ziel „an overview of the band’s identity“ (allmusic.com) zu ermöglichen.

Mit dem Unterschied, dass bei den Beatles wirklich jedes Album gut ist – und Noel seine Meinung über die Qualität von Be Here Now erahnen lässt: er übergeht es in der Compilation total.

Tolkien in the Sky with Diamonds


Was hier aussieht wie ein LSD-Rausch auf dem Mars ist tatsächlich ein frühes amerikanisches Buchcover vom Herrn der Ringe (die sog. „Hippie Edition“). Mehr Farbenfrohes aus den letzten Jahrzehnten Tolkien-Geschichte (darunter auch die klassische grüne Ausgabe von Klett-Cotta, aber auch Düsteres aus Polen und Tschechien) gibt’s hier zu sehen – ist mal was anderes!

Die Stadt

Dass Gebäude manchmal von oben wie Buchstaben aussehen, ist ja nicht weiter verwunderlich. Der Gedanke, mit Google Maps solche Häuser zu suchen und Sätze daraus zu bilden, ist da eigentlich nur konsequent.

Wenn man sich’s genau überlegt, bekommt durch die Google’sche Häuserschreibmaschine aber das klassische „Stadtgedicht“ eine ganz neue Bedeutung:


(Ein Klick auf das Bild öffnet die erste Strophe von Georg Heyms „Gott der Stadt“, geschrieben mit geogreeting)

Aktueller Lesestoff, Kommentar

Widerwillig, aber doch irgendwie fasziniert lese ich momentan Das Kalkwerk von Thomas Bernhard für ein Uni-Seminar.

Ich bin ja, bei all seinen Eigenheiten, weit entfernt davon Thomas Bernhard zu unterstellen, dass er nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Aber trifft das nicht auf jeden genialen Schriftsteller irgendwie zu? Jedenfalls, bei Sätzen wie diesem, dem ersten übrigens, stellt sich unweigerlich eine gewisse Klaustrophobie beim Leser ein (die für die Dauer des Romans auch nicht mehr besser werden soll):

…wie Konrad vor fünfeinhalb Jahren das Kalkwerk gekauft hat, sei das erste die Anschaffung eines Klaviers gewesen, das er in seinem im ersten Stock gelegenen Zimmer habe aufstellen lassen, heißt es im Laska*, nicht aus Vorliebe für die Kunst, so Wieser, der Verwalter der mußnerschen Liegenschaft, sondern zur Beruhigung seiner durch jahrzehntelange Geistesarbeit überanstrengten Nerven, so Fro, der Verwalter der trattnerschen Liegenschaft, mit Kunst, die er, Konrad, hasse, habe sein Klavierspiel nicht das Geringste zu tun gehabt, er improvisierte, so Fro, und habe, so Wiesner, an jedem Tag eine sehr frühe und eine sehr späte Stunde bei geöffneten Fenstern und bei eingeschaltetem Metronom auf dem Instrument dilettiert…

Ein kleines Schmunzeln konnte ich mir nicht verkneifen, als ich diesen Kommentar bei amazon.de las:

Ich habe es bis Seite 110 geschafft und bin dann schreiend um den Block gelaufen.

Auf der für alle Österreich-Interessierten sehr informativen Seite AEIOU (Annotierbares Elektronisches Interaktives Oesterreichisches Universal-Informationssystem) ist übrigens ein Videoschnipsel abrufbar, in dem ein herrlich gutgelaunter Thomas Bernhard sich auf den Salzburger Festspielen nicht interviewen lässt. Prost!


* dieser Begriff bezeichnet ein Wirtshaus (Anm. von mir).

Unemployed Thinkers

Wer noch ein ausgefallenes Weihnachtsgeschenk sucht wird hier garantiert fündig: die „Unemployed Philosopher’s Guild“ verwurstet berühmte Denker zu Stofffiguren. Quasi als „anti-dolls“: brains statt cuteness!

Die schönsten Exemplare hat The Daily Frown zur Freude des Lesers im Internet ausfindig gemacht – hier also ein Best Of der sog. „Little Thinker Dolls“:

  1. „Poe with raven on shoulder“
  2. „Wagner – wind him up and he plays ‚Ride of the Valkyries'“
  3. „Van Gogh – with removeable ear! Pull it off, velcro it back!“
  4. „Nietzsche“ (hat ein bißchen was von Bert: die Augenbrauen!)
  5. „Gandhi“ (schaut ein bißchen verzweifelt)

Außerdem im Angebot: The Screaming Scream, Freud und Couch als Fingerpuppen und der heilige Sebastian als Nadelkissen. Da soll noch mal einer sagen Geisteswissenschaftler hätten keinen Humor!

Der Schreibtisch Ulrich Wickerts

In der November-Ausgabe des Hugendubel-Magazins gibt es wieder mal das beliebte Gewinnspiel „Gesucht: Der Mensch hinterm Bild“.

Diesmal ging’s um den „Krawattenträger des Jahres 2005“ (Ulrich Wickert – falls noch einer schnell mitmachen will). Im Ausriss zu sehen: sein leerer Arbeitsplatz. Warum wohl jemand Ulrich Wickerts Schreibtisch ohne dessen Inhaber fotografiert? The Daily Frown vermutet: er ist gerade unten beim Hausmeister und beschwert sich, das zwei seiner vier Fernseher nicht funktionieren.

(Nachtrag: Natürlich könnte das Foto ja auch für extra fürs Gewinnspiel gemacht worden sein, aber das wäre ja zu einfach)

(2. Nachtrag: Vielleicht will Ulrich Wickert ja auch seinen Schreibtisch zusammen mit den Fernsehern und seinen ca. 200 Zeitungsabos bei Ebay versteigern?)

Voll gaga!

Ich habe ein neues Hobby: Gemeinsam an Gutenberg arbeiten (www.gaga.net).

Dort werden Bücher, bevor sie bei Projekt Gutenberg-DE kostenlos als HTML verfügbar gemacht werden, verteilt korrekturgelesen. Natürlich betrifft das nur Bücher, auf die kein Urheberrechtsanspruch mehr besteht (vulgo: Autor 70 Jahre oder länger tot). Momentan lese ich z.B. gerade in Aspasia von Robert Hamerling, einem Schinken von 1876, der von einem Dichterwettstreit im alten Hellas handelt. Der Text wurde eingescannt und kommt direkt aus dem OCR-Programm – der Korrekturleser muss dann den Scan mit dem Digitalisat vergleichen und Fehler ausmerzen. In diesem Fall ist der Text sogar in Fraktur gesetzt, aber die Texterkennung hat erstaunlich wenige Fehler bei der Übernahme gemacht. Voll gaga eben.

Die Ufos kommen!

Vor etwa 2 Wochen kristallisierte sich heraus, dass in dem ehemaligen Computerzubehörgeschäft in unserer Straße ein Matratzenladen aufmachen wird.

Das erkannte man daran, dass ein neues Firmenschild aufgehängt wurde und sich in dem Laden nicht mehr Grafikkarten, sondern Matratzen stapelten. Tagelang wurden außerdem mit Plakaten eine „große Eröffnung“ und „viele Sonderangebote“ angekündigt. Nun hat das „Factory Outlet mit schon über 1000 Filialen in Deutschland“ geöffnet, aber da die neuen Besitzer scheinbar noch mehr Aufmerksamkeit erregen wollen, haben sie drei der insgesamt acht Schaufenster mit blauen Leuchtstoffröhren bestückt, die jetzt unser ganzes Viertel nachts in ein unwirkliches Neonlicht tauchen und einem tagsüber, wenn man an dem Geschäft vorbeigeht, das Gefühl vermitteln, von einem außerirdischen Röntgengerät durchleuchtet zu werden.