Die Jukebox tönt von alten Zeiten…

Stupsnase strikes again: Chan Marshall auf dem Cover von Cat Powers Jukebox (Detail)
Stupsnase strikes again: Chan Marshall auf dem Cover von Cat Powers Jukebox (Detail).

So ist’s, denn ’s läuft das gleichnamige neue Album der (investigativ: FAZ.NET) „trockenen Alkoholikerin“ Chan Marshall. Weswegen sich – messerscharf geschlossen – der Opener „New York, New York“ auch so „nach einem bösen Kater anhört, wo Sinatra stattdessen euphorisiert angetrunken klingt“.

Aber genug der Zitate! Denn selten klang ein Coveralbum so aus einem Guss wie das hier vorliegende. Neben den Eigenkompositionen „Metal Heart“ und „Song To Bobby“ wurden fast nur Oldies, Soul und Blues-Standards gewählt, von einem unauffälligen Nick Cave Cover und dem gut abgehangenen „I Believe In You“ aus dem Bob Dylan Katalog mal abgesehen. In Verbindung mit Chan Marshalls gesetztlich geschütztem Timbre kommt eine gepflegte Schlafzimmeratmosphäre auf, die böse Zungen vielleicht in eine Ecke mit Heimchen Norah Jones oder der momentan ja auch wieder recht angesagten Feist stellen würden.

Was gegen solche voreiligen Schubladisierungen als Einwand vorgebracht werden muss, und das mit Bestimmtheit, ist der rumpelnde Sound, mit dem auf dem hier besprochenen Tonträger vorgegangen wird. Zu verdanken haben wir diesen laut Booklet einer gewissen Dirty Delta Blues Band, in der übrigens Judah Bauer von der Blues Explosion eine nicht unwesentliche Rolle, nämlich Gitarre, spielt. Damit schließt die Jukebox nahtlos ans Vorgängeralbum The Greatest an, um nicht zu sagen übertrifft dieses in Lässigkeit und Entschlossenheit. Spannend zu erfahren wird es sein, welche eigenen Songs Chan uns als nächstes wieder darbringt, und ob dieser Stil gleichsam konsequent weiterperfektioniert werden wird. Dann wäre dieses Album (mangels eigener Produktivität) ein würdiger Lückenfüller.

Hier noch das Fazit: Musik für einen warmen Sommerabend auf der Veranda in New Orleans, wenn es mal wieder heißt „it’s too hot to sleep, and time is running away“. Das ist zwar nicht auf diesem Album vertreten, wäre aber auch ein passendes Dylan-Zitat gewesen.

Through Caverns Measureless to Man

Vier Varianten von „V.“
Vier Varianten von „V.“

„As spread thighs are to the libertine, flights of migratory birds to the ornithologist, the working part of his tool bit to the production machinist, so was the letter V to young Stencil.“

Wer auf etwa 500 Seiten etwas über menschliche Jo-Jos und eine ganz schön kaputte Bande im New York der fünfziger Jahre, Agenten und Doppelagenten in Ägypten, Florenz und Malta zu verschiedenen Zeiten, sadistische Schönheitschirurgen, Alligatorenjagden in Abwasserkanälen, Kunsträuber ebenfalls in Florenz, synthetische Menschen und viktorianische Roboter, die Herero-Aufstände in Südwestafrika aus Sicht eines Münchner Ingenieurs, die Reinkarnation von Charlie Parker, gute, böse und abgedrehte Priester, existentialistische Sheriffs, katatonische Expressionisten und eine weltweite Verschwörung im Zeichen des Buchstaben „V“ (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge) erfahren will, dem sei der Griff zu Thomas Pynchons überwältigendem Romandebüt „V.“ empfohlen – ein Buch, das den Leser zutiefst verstört, verwundert, aber durchaus auch sehr amüsiert zurücklässt.