Eine Postkarte aus Bergen


Die gute Nachricht kam virtuell als stimmungsvolle Postkarte aus Bergen.

In diesem Jahr wird es endlich wieder ein neues Kings of Convenience-Album geben. Und es ist erst das dritte! Ein Überblick über die vergangenen Ereignisse.

Während „Riot On An Empty Street“, das letzte Studioalbum der „norwegischen Pop-Poeten mit Akustikgitarre“ (so Spiegel Online anno 2001), bereits volle fünf Jahre her ist (Das Debüt „Quiet Is The New Loud“ erschien 2001), hatte vor allem Erlend Øye mit einigen Projekten von sich Reden gemacht. Darunter das Solo-Album „Unrest“ (2003), das er mit Elektro-DJs aus zehn verschiedenen europäischen Städten produzierte; die „DJ-Kicks“-Compilation von 2004, mit lustigen Anmoderationen und Overdub-Gesang; und nicht zu vergessen The Whitest Boy Alive, in Berlin gegründet, die seit 2006 auch schon zwei Alben (also so viele wie die Kings!) auf dem Markt haben. Eirik Glambek Bøe hat bei einigen Konzerten von The Whitest Boy Alive mit seiner neuen Band Kommode im Vorprogramm mitgespielt. Ein Album ist aber, im Gegensatz zum vor Arbeitseifer strotzenden Øye, nicht in Sicht.

Doch nun wird uns wohlwollend versichert: Good things come to those who wait!

We know it’s taken a while but finally we are done with our third album. It will be released in the very end of September and after that we will go on tour :-)

Ein Grund zur Freude!

Neues aus dem Bauchladen

Wie war das noch gleich mit den E-Books? Massenhafte Digitalisierung durch Google? Mysterium Amazon Kindle? Panik?

Alles Kinderkram! Lest mehr Lem! Aus dem Futurologischen Kongreß (den Erinnerungen Ijon Tichys an die Zukunft), 1979:

4. 9. 2039. Endlich habe ich erfahren, wie man sich eine Enzyklopädie beschafft. Ja, noch mehr, ich besitze schon eine. Sie füllt drei gläserne Ampullen. Ich habe sie im wissenschaftlichen Bauchladen gekauft. Bücher liest man jetzt nicht mehr; man verschlingt sie. Sie bestehen nicht aus Papier, sondern aus einer Informationssubstanz mt einer Hülle von Zuckerguß… „Bauchladen“ – weil Bildung jetzt durch den Magen geht? …. Unter so angenehmen Bedingungen wollte ich gleich meinen Bildungshunger stillen, aber schon die ersten Bände der Enzyklopädie verursachten eine häßliche Darmverstimmung. Der Reporter Bill warnte mich vor Überlastung des Kopfes durch entbehrliche Kenntnisse, da ja dessen Fassungsraum nicht unbegrenzt ist.

Best of Wikipedia (1)


Die dunkle Seite des Mondes, redensartlich zumindest

Erster Teil der neuen Serie: Witziges, Obskures oder einfach Originelles aus den Randgebieten der Encyclopædia Wikipediana. Heutiges Thema: Der Mond!

Aus dem Artikel „Mond, Eigentumsverhältnisse“:

„Der Deutsche Martin Jürgens aus Westerkappeln in Westfalen erhebt ebenfalls Anspruch auf den Mond. Laut einer Schenkungsurkunde vom 15. Juli 1756, ausgestellt und unterzeichnet von König Friedrich dem Großen von Preußen, wurden die Rechte am Mond an die Familie Jürgens als Dank für geleistete Dienste übertragen (‚Jetzo soll ihm der Mond gehören’). In dieser Urkunde wurde festgelegt, dass der Himmelskörper jeweils an den jüngsten Sohn weitervererbt werden soll. Die Familie Jürgens verfügt so über die ältesten verbrieften Eigentumsrechte am Mond. Allerdings bleibt die Frage, wer Friedrich dem Großen das Recht verliehen hat, den Mond zu ‚verschenken’.“

Aus dem Artikel „Käse, Herkunft“:

„Käse ist besonders im westlichen Kulturkreis sehr verbreitet. Man kann von bis zu 5000 verschiedenen Käsesorten ausgehen, wobei sich auch Käse gleicher Sortenbezeichnung von Käserei zu Käserei unterscheiden. Das Land mit der größten Käseproduktion weltweit sind die USA.“

Aus dem Artikel „Dark Side of the Moon (Album), Entstehung“:

„Das Werk schließt mit einem Satz des damaligen Pförtners der Abbey-Road Studios, Jerry Driscoll, der zum Thema gefragt sagte: ‚There is no dark side in the moon, really; (as a) matter of fact it’s all dark.’ (Sein darauffolgender Satz ‚The only thing that makes it look light is the sun’ wurde auf dem Album nicht verwendet.)“

Ein stiller Thriller: The Limits of Control


Der Zuschauer kann bis zum Ende des Filmes nur vermuten, was der Auftrag des geheimnisvollen namenlosen Mannes, gespielt von Issach de Bankolé, ist.

Jim Jarmuschs neuer Film „The Limits of Control“ lebt von seiner ruhigen Atmosphäre und seiner Rätselhaftigkeit.

Eine Gastrezension von Stephan Thomas

Ein Mann mit einem rosa Hemd und einem glänzend blauen Anzug geht durch die Empfangshalle eines Flughafens. Er setzt sich zu zwei Männern, die Sonnenbrillen tragen. Die drei schauen sich wissend an. Der Mann im blauen Anzug erhält eine geheime Anweisung von seinen Auftraggebern: „Gehen Sie zu den zwei Türmen. Achten Sie auf die Violine.“ Alles deutet auf eine geheime Absprache unter Kriminellen oder Verschwörern hin. Im weiteren Gespräch geben die beiden Herren mit Sonnenbrillen dann allerdings Lebensweisheiten von sich wie: „Wer denkt, er sei besser als die anderen, der soll zum Friedhof gehen und sehen, was er ist: Eine Handvoll Erde.“

Wie passt das zusammen? Jim Jarmuschs neuer Film „The Limits of Control“ ist kein typischer Gangsterfilm. Es geht darin nicht actionreich oder gar brutal zu. Die Hauptfigur, der Mann im glänzend blauen Anzug, wird gespielt von Isaach de Bankolé. Er verleiht mit markanten Wangenknochen und schmalen Augen der Figur ein charismatisches Äußeres. Bankolé war als ugandischer Armeechef in „James Bond: Casino Royale“ zu sehen und spielte bereits in mehreren Filmen von Jim Jarmusch mit. In „The Limits of Control“ heißt er im Abspann nur „Lone Man“ – der einsame Mann. Die stille Art des Protagonisten zu reden und seine kontrollierten Bewegungen bringen den Zuschauer in seinen Bann. Entschlossen und kaum Emotionen zeigend geht er seinen Weg. Eine Frau, die ein paar Tage bei ihm schläft, bringt es auf den Punkt: „Keine Pistolen, kein Sex, keine Handys – wie hältst du das aus?“ Er hält es allerdings aus und ist durch nichts an der Ausführung seines Auftrages abzubringen.

In ruhigen, ausgewogenen Bildern begleitet der Zuschauer den schweigsamen Mann auf seinem Weg. Seine Reise geht durch Spanien, von der Großstadt Madrid bis in ein ländliches Bergdorf. Was das Ziel der Reise ist, erfährt der Zuschauer erst zum Schluss. Doch das scheint auch nicht so entscheidend zu sein. Es geht eher um den Weg der Hauptfigur und um die Kontaktpersonen, die er in regelmäßigen Abständen trifft: Ein junger Mann mit Cowboyhut, eine mysteriöse Frau mit weißer Sonnenbrille und Trenchcoat oder ein älterer Mann mit einem Gitarrenkoffer sind nur drei der Kontaktpersonen. Was sie ihm erzählen, ist durchweg rätselhaft. Sie scheinen alle eine Leidenschaft für Kunst, Musik oder Wissenschaft zu teilen; ein Mann mit einem Geigenkoffer stellt die Theorie auf, dass Streichinstrumente aus Holz ein Gedächtnis für die Töne haben, die auf ihnen gespielt werden. Ist das Gespräch nur Tarnung eines Austausches von geheimen Informationen? Wahrscheinlich, denn in den Gesprächen taucht immer wieder derselbe Erkennungssatz „Sie sprechen wohl kein Spanisch?“ auf. Die Antwort des „Lone Man“ lautet darauf immer „Nein.“ Viel mehr sagt er auch nicht, während die Kontaktpersonen ihre Gedanken zu Filmen, Molekularbiologie oder Kunst äußern.

Der Zuschauer muss selbst seine Schlüsse daraus ziehen, was das Gesagte mit der Handlung zu tun haben könnte. Die gespannte Stimmung des Filmes wird durch die eingesetzte Musik verstärkt. Psychedelische, nachhallende Gitarren und ein monotoner Schlagzeugrhythmus ergeben zusammen mit Bildern der kargen, trockenen Landschaft Spaniens eine fast hypnotische Wirkung.

Jim Jarmusch überlässt es in „The Limits of Control“ dem Zuschauer, Stellung zum Verhalten der Figuren zu beziehen. Motive für die Handlungen der Hauptfigur oder Hintergründe werden nicht geliefert. Der Film lebt mehr von seiner ruhigen Grundstimmung und Rätselhaftigkeit als von einer abwechslungsreichen Handlung. Dabei gibt es auch durchaus komische Szenen, in denen der Regisseur Selbstironie zeigt. Etwa wenn die Frau in weißem Trenchcoat, gespielt von Tilda Swinton, im Café sagt: „An kleinen Details in alten Filmen, etwa wie ein Zug aussieht oder wie jemand raucht, erkennt man wie die Zeit früher wirklich war.“ Die nächste Einstellung zeigt, wie ein Kellner lässig an eine Wand gelehnt steht und raucht. Wer sich auf diese Art Humor und auf die ruhigen, fast meditativen zwei Stunden, die der Film dauert, einlassen kann, wird „The Limits of Control“ genießen.