Book Design Spezial (3): Comiczeichner


Ausschnitt aus dem Reissue von Jack Kerouacs „Dharma Bums“. Cover: jason.

Nach den Buchpaaren folgt nun das zweite Book Design Special auf The Daily Frown: Comic-Zeichner illustrieren Penguin Books!

Paul Buckley, Art Director von Penguin Books USA hat ein flickr-Set online gestellt, in dem es von Cover-Art-Schätzen nur so wimmelt. Penguin gehört ja ohnehin zu den Verlagen, die in der hohen Kunst der Umschlaggestaltung durch klare Formen, Typographie mit hohem Wiedererkennungswert und einem Gespür für die richtige Farbabstimmung Maßstäbe gesetzt haben. Besonders in letzter Zeit hat sich die Kreativabteilung immer wieder durch besondere Schmankerl hervor getan: Sherpard Fairy durfte sich an George Orwells 1984 und Animal Farm versuchen; davor wurde gar der Leser selbst dazu ermuntert, nach dem Motto we print the words, you do the covers zum Buntstift zu greifen.

Paul Buckley zeigt in seiner Galerie – neben Anderem – eine besonders bemerkenswerte Sammlung von Reissues der Penguin Classics Reihe, gestaltet von zeitgenössischen Comic-Zeichnern. Vom Marquis de Sade bis Edith Wharton, von Hermann Melville bis Paul Auster und Franz Kafka bis Jack Kerouac allesamt atemberaubende Neuinterpretationen von Klassikern der Weltliteratur.

Ein paar Ausschnitte:

Das ganze Album von Paul Buckley ist hier zu sehen.

Book Design Review (2) : Im Paradies der Road-Movies


Einmal fürs Regal, einmal für den Rucksack: die beiden „Paradiso“-Ausgaben des Berlin Verlags

…und manchmal gibt es auch Bücher, die inhaltlich identisch sind, aber zwei völlig verschiedene Umschläge haben.

Klingt banal, ist aber so. Wer sich auf dem Taschenbuchmarkt umschaut, wird erkennen, dass der Hardcover-Umschlag – vielleicht mit Änderungen in winzigen Details – in den meisten Fällen im Taschenbuch seinen Wiedergänger findet. Verwechslungsgefahr: extrem hoch.

Daher erwähnenswert das jetzt erschienene Paperback von Thomas Klupps „literarischem Road-Movie“ (liebe Presse, gebt euch doch ein bißchen mehr Mühe! Was wäre dann denn übrigens im Falle der Verfilmung das passende Etikett? Der verfilmte Road-Roman?) „Paradiso“: hier wurde die Taschenbuchausgabe in Typographie und Farbe völlig neu gestaltet, so dass in der Buchhandlung fast der Verdacht des Titel-Plagiats aufgekommen wäre, der sich aber dann beim Aufschlagen glücklicherweise nicht bestätigte. Jetzt also Klupp auch für den Rucksack, beim nächsten Road-Trip das passende literarische Road-Movie. Und dann ab in den Film zum Road-Roman.

Ein Pop-Roman aus… Nürnberg?

Nürnberg Hauptbahnhof. Auch nachts nichts los. Oder doch? (Foto: maddox84)

Mit Nicht immer aber jetzt, einem Roman mit wie nebenbei gleich mitgelieferter Poetik, hat der Nürnberger Autor Chris Morenz das Unmögliche geschafft: er legt einen Pop-Roman vor, der in der Franken-Metropole spielt.

Nürnberg ist hier nicht nur Handlungsort, sondern Epizentrum eines Strudels von Ereignissen, die auf ein hoffmanneskes Abenteuer einer Silvesternacht hinauslaufen. Chris Morenz, den bislang kein Literaturkritiker auf der Rechnung hatte, kann vielleicht schon bald als Anwärter auf den vakanten Thron des Pop-Königreichs Deutschland gehandelt werden. Sofern die jüngste deutschsprachige Gegenwartsliteratur zu solchen Superlativen fähig ist.

Der Autor von Nicht immer aber jetzt kommt übrigens (natürlich!) aus Nürnberg, studierte in Hildesheim Kulturwissenschaften und Ästhetische Praxis und lebt jetzt wieder: in Nürnberg.

Book Design Review Spezialausgabe (1): Buchpaare


Diese Illustration verkaufte sich 1,5 Millionen mal – auf der Vermessung der Welt

Bei aller Mühe, sich in der Flut der Neuerscheinungen durch Originalität von der Masse abzusetzen, verschwinden leider auch die gekonntesten Umschlagillustrationen am Ende der Saison in einem bunten Rauschen.

Umso schöner, wenn sich bei genauerer Betrachtung über einen längeren Zeitraum gewisse Zusammenhänge herstellen, die eine ungeahnte Ordnung in das Chaos bringen. The Daily Frown hat sich auf die Suche gemacht und einige nicht amtlich eingetragene Buchpartnerschaften in wilder Ehe entdeckt.

Das Ergebnis könnte spannender nicht sein: bei Joseph Conrad und Gabriel García Marquez ist der stereotype „Urwald“ das verbindende Element – ob Südamerika oder Afrika, spielt keine Rolle. Die berühmte Hobbes’sche Leviathan-Illustration macht auf einer Arbeit über die Geschichte der Staatsgewalt eine gute Figur – in welcher Beziehung sie zu Andreas Maiers Roman Kirillow steht, bedarf erst noch einer tiefergehenden literaturwissenschaftlichen Betrachtung. Robert Walsers Fritz Kocher erschien 1904; da ist der zeitliche Abstand zu Félix Vallottons modernem Gemälde La grève blanche nicht weit, eher aber zu Ian McEwans On The Beach, das in den frühen sechziger Jahren spielt.

Zumindest bei Kehlmanns Vermessung der Welt liegt die Gemeinsamkeit auf der Hand: die eindrucksvolle Illustration „Géographie des plantes equinoxiales“ stammt aus Alexander von Humboldts Feder und wurde auch für die Neuauflage von Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents verwendet. Und auch Oskar Schlemmers Illustration wird beiden Büchern, auf denen sie erscheint, gerecht, indem sie sowohl die Komplexität der Kleistschen Figurenwelt als auch die des Schauspielers auf der Bühne veranschaulicht: als eine streng geordnetes Netz von Linien, die das Chaos bändigen.

Oskar Schlemmer: Figur und Raumlineatur (1924)

Verschiedene Ausschnitte derselben Dschungel-Szene (Archiv für Kunst und Geschichte, Berlin)

Abraham Bosse: Kupferstich zu Thomas Hobbes’ Leviathan (1651)

Félix Vallotton: La grève blanche, Vasouy (1913)

Alexander von Humboldt: „Géographie des plantes equinoxiales“, Bildtafel zu Essai sur la géographie des plantes, accompagné d’un tableau physique des régions équinoxiales (1805/7)

Zu sehen auch im neuen Album „Buchpaare“ auf flickr.com/t_heda_ilyf_rown!