
Diese Illustration verkaufte sich 1,5 Millionen mal – auf der Vermessung der Welt
Bei aller Mühe, sich in der Flut der Neuerscheinungen durch Originalität von der Masse abzusetzen, verschwinden leider auch die gekonntesten Umschlagillustrationen am Ende der Saison in einem bunten Rauschen.
Umso schöner, wenn sich bei genauerer Betrachtung über einen längeren Zeitraum gewisse Zusammenhänge herstellen, die eine ungeahnte Ordnung in das Chaos bringen. The Daily Frown hat sich auf die Suche gemacht und einige nicht amtlich eingetragene Buchpartnerschaften in wilder Ehe entdeckt.
Das Ergebnis könnte spannender nicht sein: bei Joseph Conrad und Gabriel García Marquez ist der stereotype „Urwald“ das verbindende Element – ob Südamerika oder Afrika, spielt keine Rolle. Die berühmte Hobbes’sche Leviathan-Illustration macht auf einer Arbeit über die Geschichte der Staatsgewalt eine gute Figur – in welcher Beziehung sie zu Andreas Maiers Roman Kirillow steht, bedarf erst noch einer tiefergehenden literaturwissenschaftlichen Betrachtung. Robert Walsers Fritz Kocher erschien 1904; da ist der zeitliche Abstand zu Félix Vallottons modernem Gemälde La grève blanche nicht weit, eher aber zu Ian McEwans On The Beach, das in den frühen sechziger Jahren spielt.
Zumindest bei Kehlmanns Vermessung der Welt liegt die Gemeinsamkeit auf der Hand: die eindrucksvolle Illustration „Géographie des plantes equinoxiales“ stammt aus Alexander von Humboldts Feder und wurde auch für die Neuauflage von Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents verwendet. Und auch Oskar Schlemmers Illustration wird beiden Büchern, auf denen sie erscheint, gerecht, indem sie sowohl die Komplexität der Kleistschen Figurenwelt als auch die des Schauspielers auf der Bühne veranschaulicht: als eine streng geordnetes Netz von Linien, die das Chaos bändigen.
Oskar Schlemmer: Figur und Raumlineatur (1924)
Verschiedene Ausschnitte derselben Dschungel-Szene (Archiv für Kunst und Geschichte, Berlin)
Abraham Bosse: Kupferstich zu Thomas Hobbes’ Leviathan (1651)
Félix Vallotton: La grève blanche, Vasouy (1913)
Alexander von Humboldt: „Géographie des plantes equinoxiales“, Bildtafel zu Essai sur la géographie des plantes, accompagné d’un tableau physique des régions équinoxiales (1805/7)
Zu sehen auch im neuen Album „Buchpaare“ auf flickr.com/t_heda_ilyf_rown!