Mir shpiln far a Yid un far a Goy

Eine Entdeckung für diejenigen, für die Klezmer mehr als Hintergrundmusik für Filme wie Everything is Illuminated oder die Romane von Marina Lewycka ist.

Und wer bei Klezmer an traurige ältere Damen und Herren und getragene Melodien denkt, sollte sich um so mehr die Jungs von Nayekhovichi anhören. Die russische Band wurde 2004 gegründet, die Mitglieder sind alle um die dreißig und für ihre furiosen Auftritte bekannt. Wenn man sich im Ansatz mit der jiddischen Sprache beschäftigt hat, macht es Freude, die aberwitzigen Anekdoten aus dem russischen Hinterland anzuhören. Aber am besten wäre eine gute Portion Russischkenntnisse, denn die Texte springen nach Belieben zwischen beiden Sprachen.

Das Beste kommt aber jetzt: anlässlich der 200-Jahr-Feier des Oktoberfestes kann man die Nayekhovichi auf der eigens eingerichteten historischen Festwiese im Herzkasperlzelt erleben! Hier geht es zu den Terminen. Und als kleine Einstimmung das abenteuerliche Taganrog zum Reinhören: Nayekhovichi – Taganrog (MP3)

Harter Stoff zum Bücherherbst

Mittlerweile nicht mehr zu übersehen und zu verleugnen: es wird Herbst. Nachdem auf dem Poetenfest in Erlangen vergangenes Wochenende der Bücherherbst offiziell mit großartigen Lesungen eingeläutet wurde, warten die ersten Herbstnovitäten mit knallhartem Stoff auf.

Aus der Schweiz, namentlich dem bilgerverlag, kommt „Fucking Friends“, ein Debütroman, der wirklich keinen Stein auf dem anderen lässt: ein Extrembergesteiger verliert Frau und Kind, versinkt in Depressionen, kämpft sich ins Leben zurück – und landet am Ende im Labyrinth der Online-Sexbörsen. Alles an diesem Buch ist extrem: die Sprache, das Setting, der durch die Seiten rasende Erzähler. Und auch das: ein extrem schönes Buch ist es geworden, wie alle von Ricco Bilger.

Ein inzwischen sehr deutsches Thema ist jetzt mit einem Paukenschlag in der Literatur angekommen: Ingo Niermanns und Alexander Wallaschs „Deutscher Sohn“ erzählt die Geschichte eines kriegsversehrten Afghanistan-Veteranen, der im Haus seiner Eltern im Harz dunklen Gedanken nachhängt und sich die Zeit mit Alkohol, Zigaretten und Pornos vertreibt. Dazu kommt eine Charlotte-Rocheske Liebesgeschichte, und dann tritt auch noch eine durchgeknallte Sekte auf den Plan.

Soviel harter Stoff war lange nicht mehr in einem Vorschau-Halbjahr zu lesen! The Daily Frown bleibt dran.

Roland Heer: Fucking Friends, bilgerverlag, 379 Seiten, 26 €

Ingo Niermann/Alexander Wallasch: Deutscher Sohn, Blumenbar, 319 Seiten, 19,90 €