Requiem för en Hag

Der Schweizer Fotograf Mäddel Fuchs hat sich einen lang gehegten Wunsch erfüllt und einen berührenden Bildband herausgebracht, der von einem Thema handelt: Dem Weidezaun, auch Hag genannt. Darin erobert er mit großer poetischer Bildsprache wortwörtlich neues Terrain.

„Der Mensch nimmt von der Landschaft Besitz, aber die Landschaft nimmt auch vom Menschen Besitz. Der Mensch gestaltet die Landschaft von aussen, die Landschaft aber gestaltet den Menschen von innen. Durch diese gegenseitige Beziehung entsteht Heimat: Der Mensch wird Teil seiner Landschaft.“ (Emil Egli)

Bemerkenswert an dem auf den ersten Blick recht unspektakulären Einfall: Die entstandenen Bilder, alle schwarz-weiß, im Winter aufgenommen, strahlen eine ungeahnte Würde aus, die sich in der Wechselwirkung von Mensch und Natur entfaltet. Die Akzentuierung von Kontrasten, Fluchtpunkten und Schattenwurf gibt jeder einzelnen Fotografie eine poetische Tiefe, in die man sich bei längerem Betrachten auf eine fast spirituelle Weise versenken kann.

„Häge waren einfach da. Wahrnembar oder leicht zu verdrängen.“ (Mäddel Fuchs)

Neben der künstlerischen Verarbeitung dieses Schweizer Topos, die diesen Bildband auch über die Landesgrenzen hinaus interessant macht, hat „Hag um Hag“ auch eine zweite Bedeutung: die Dokumentation eines Stücks Schweizer Kulturgeschichte, das dabei ist, zu verschwinden. Beim langsamen Durchblättern des Bandes fällt auf, dass die Häge immer weniger werden. Und am Schluss bleibt eine leere Schneelandschaft.

Mäddel Fuchs: Hag um Hag. Ein Requiem, bilgerverlag, 170 Seiten, 57 Euro

Von Affenparaden und Sparkassen-Kunst


Pfadfinder in der Schellingstraße (Eintrag vom 3.12.2010)

Der Münchner Student Fabian Bross schaut genau hin. Was es in München von Affenparaden im U-Bahn-Schacht bis hin zu liebevoll gestalteten Sparkassen-Plakaten zu sehen gibt, wenn man aufpasst, zeigt er in seinen Blog der abstand zwischen zug und bahnsteigkante. Im Interview erzählt er über seinen Photoblog, Schönheit im Alltag und die Hauptstadt des Boulevard.

Hallo Fabian! Heute schon was in München fotografiert?

Nein, ich bin gerade in meiner Heimatstadt Ulm. Aber hier habe ich heute schon ein paar tolle Sachen gesehen und bin sicher, dass ich noch ein oder zwei Fotos machen werde. Am Montag bin ich dann wieder in München, dann geht es da wieder weiter.

Dein Photoblog ist jetzt seit Mai aktiv. Wie würdest du die Münchner Street Art-/Aufkleberszene charakterisieren?

Die Stadt kann in Sachen Street Art und Aufklebern mit einigen sehenswerten Dingen aufwarten, auch wenn das von außen so oft nicht wahrgenommen wird. Mit der Street Art in München ist es so wie mit vielen anderen schönen Dingen in dieser Stadt auch. Meistens muss man sie suchen, aber wenn man sie gefunden hat, bietet sich einem ein vielfältiges und faszinierendes Bild.

Du dokumentierst auch Alltagsbeobachtungen. Folgst du dabei einer bestimmten Ästhetik oder verlässt du dich da ganz auf den Zufall?

Ich bilde ab, was mir Spaß macht, mich wundert oder ärgert. Ich mag besonders kleine Dinge, die einem nicht auf den ersten Blick auffallen. Dazu zählen kleine Aufkleber anstatt große Graffiti oder auch mal eine Haltestelle, die die Wartenden miteinfriert.

Ein wiederkehrendes Motiv in deiner Arbeit sind die Zeitungskästen der berühmten drei Großbuchstabenzeitungen Münchens. Irgendwann mal das Gefühl gehabt, dass du es in München als Hauptstadt des Boulevard nicht mehr aushältst?

Nein, das sorgt doch für Unterhaltung! Titelzeilen wie „Lahm. So wird unsere Hochzeit“ gehören einfach festgehalten.

Fabian Bross wurde 1984 in Ulm geboren und studiert zur Zeit Linguistik, Phonetik und Geographie in München. Er photographiert, schreibt und bloggt. Mehr über ihn und seine Projekte kann man hier und hier lesen!