
„The Universal Sigh“ – die Gratiszeitung zu „The King of Limbs“ und warum Radiohead jetzt zu Treehuggern werden.
„Guten Morgen, Herr Elster, wie geht es uns heut?“ – was hier wie ein Kinderlied klingt, ist der Beginn der etwas holprigen Übersetzung des Stücks „Morning Mr Magpie“ vom neuen Radiohead-Album „The King Of Limbs“.
Das wiederum ist jetzt schon ein paar Wochen in den Läden; vier Jahre nach „In Rainbows“ und mal wieder sehr plötzlich wurde die Welt darüber informiert, und die Fangemeinde raufte sich die Haare ob der Tatsache, dass das Album nur kurze acht Songs enthält, was vielen nicht genug ist: Da muss doch noch mehr kommen!
Offenbar nicht: „The King Of Limbs“ wird dieser Tage auch in einer üppigen Deluxe-Variante verschickt, ähnlich wie schon bei „In Rainbows“. Und die ersten Empfänger vermelden: Acht Songs, keine Bonustracks, aus der Traum!
Umso beachtenswerter ist der Marketingplan um das Album herum: neben frühzeitigem Download auf thekingoflimbs.com wurde zum Verkaufsstart in sechzig Städten rund um den Globus eine Gratiszeitung mit dem nebulösen Titel „The Universal Sigh“ verteilt, die Fetzen aus Songtexten (s.o.), jede Menge – nun ja! – nebulöses Artwork und Texte über das Baumklettern bringt. Dazu muss man wissen, dass der Albumtitel „The King Of Limbs“ auf einen tausendjährigen Baum in der Nähe von Oxford anspielt und sich daraus gewissermaßen ein botanisches Leitmotiv für Gesamtgestaltung herleitet. Radiohead sind also unter die Treehugger gegangen?
Offenbar! Stanley Donwood, der für Design und Vermarktung des Albums zuständig war, kommentierte die neue Veröffentlichungsstrategie so:
The newspaper can of course be seen as a relic of the past, a dying format that has no place in the modern world where digital content interfaces seamlessly with an ever burgeoning plethora of shiny devices; portable tablet computers and e-readers, laptops, netbooks and smartphones. But it is also a tactile pleasure, a finger-inking, page-flapping, paper rustling codex of information that won’t crash or corrupt. It won’t become useless without electricity. It won’t end up on the shores of somewhere far away, its innards picked at by underpaid children. But it will, with time, slowly crinkle, yellow, fade and crumble; much as we will. (Link)
Ein Plädoyer gegen die totale Digitalisierung – oder aber extrem cleveres Marketing, das die neuen LOHAs, Veganer und Guerilla-Gärtner zum Kaufen animiert. „The Universal Sigh“ zumindest ist dank eifriger Fans schon im digitalen Massenspeicher angekommen und kann hier komplett gelesen werden. Guten Morgen, Herr Elster.