
Jetzt neu eingetroffen: vierzig Jahre altes Lächeln aus den Archiven!
Brian Wilson, der Friedrich Hölderlin der Popmusik, bringt mit vierzig Jahren Verspätung das mythenumrankte Album SMILE heraus, das ihn und seine Band, die Beach Boys, buchstäblich in den Wahnsinn trieb.
Es muss ein Torso bleiben: die ehrlicherweise so genannten SMILE Sessions versammeln in ausufernder Sammelwut alles Material, das sich zwischen 1966 und 1967 in den Studios aufhäufte. Wer sich in der Musikpresse und auf einschlägigen Fanzirkeln im Internet einliest, erfährt von Marihuana-Zelten und tonnenweise LSD-Lieferungen, einem Klavier im Sandkasten und Session-Musikern mit Feuerwehrhelmen.
Um nur die grundlegenden Rahmeninformationen zu dem reichlich mit Legenden belegten „größten unveröffentlichten Pop-Album aller Zeiten“ zu liefern: Die Beach Boys hatten mit ihren Surf-Schlagern Mitte der sechziger Jahre den Höhepunkt ihrer Popularität erreicht. Wer bei der kalifornischen Band nur an Sonnenschein und Surfin’ U.S.A. denkt, tut ihr Unrecht – das Familienunternehmen hatte mit Brian Wilson einen kreativen Kopf, dem 1966 das Album Pet Sounds entsprang. Symphonischer Pop, komplexe Arrangements, vielschichtiger Harmoniegesang: Ein Meilenstein, den mit Surfer-Romantik allein noch das in Musik verewigte Bild unschuldiger Teenager-Seligkeit verbindet.
Da scheint es schwer, noch einen draufzusetzen, noch dazu, wenn kurze Zeit später eine gewisse Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band ins Horn stößt. Brian Wilson, großer Bewunderer der Beatles, machte sich zusammen mit Texter Van Dyke Parks an SMILE. Man ahnt es, die Geschichte geht nicht gut aus. Eine „teenage symphony to God“ mit Vaudeville- und Barockanklängen, einer Suite an die vier Elemente, schlichtweg die Neuerfindung einer genuin „amerikanischen Popmusik“: Das kostete nicht nur die Plattenfirma die Nerven, sondern auch Kreativ- und Wirrkopf Wilson den Verstand. Die traurige Geschichte des sanften, verkannten Genies, das im Drogen- und Alkoholrausch versank, muss anderswo erzählt werden. Sichtlich gezeichnet, aber immer noch da, kann dieser Friedrich Hölderlin des Pop nun selbst die aus den Originalbändern zusammengestellte letztgültige Fassung des natürlich größten Pop-Albums aller Zeiten präsentieren. Und das, was man da zu hören bekommt, ist tatsächlich in den schlimmsten Momenten Vorbote des Wahnsinns, der Wilson bald heimsuchte. In den schönsten Momenten aber dann doch eine Ahnung dessen, was man sich wohl unter der fixen Idee der „teenage symphony to God“ vorstellen muss:
Surf’s up
Aboard a tidal wave
Come about hard and join
The young and often spring you gave
I heard the word
Wonderful thing:
A children’s song.