Vom Flimmern der Fantasie

Frank Fischer legt einen Band mit drei Erzählungen zwischen Journalismus und Anekdote vor und führt den Leser vorzüglich an der Nase herum.

Heinrich von Kleist veröffentlichte von 1810-1811 in seinen Berliner Abendblättern einige Anekdoten, in denen er auf kleinstem Raum angeblich Aufgeschnapptes mit eigenen Ideen vermischte. Da schlagen Blitze ein und werden zum „Griffel Gottes“, preußische Reiter wachsen über sich hinaus und tollwütige Hunde treiben ihr Unwesen. Die Grenze zwischen Fakt und Fiktion ist hier schwer bis gar nicht zu ziehen, man hat bisweilen das Gefühl, der Dichter macht sich über die Buchstabengläubigkeit lustig: „Der Leichenstein existiert noch, und es leben Männer in dieser Stadt, die ihn samt der besagten Inschrift gesehen.“

Was Frank Fischer in seinem neuen Buch „Weltmüller“ veranstaltet, kann durchaus als eine Art postmoderne Fortsetzung dieser Anekdoten gesehen werden: Er präsentiert drei vorgebliche Zeitungsartikel über unerhörte Ereignisse aus der Kunst- und Theaterwelt, die den Leser andauernd an der Nase herumführen. Eine Theateraufführung, in der die Rolle des Godot von einem berühmten Schauspieler besetzt wird, der natürlich nicht in Erscheinung tritt? Ein Künstler, der den Leipziger Augustusplatz neu gestaltet und es nachher nicht gewesen sein will? Ein abenteuerlicher Kunstraub im Nachklang der Dresdner Elbflut 2002? Man begibt sich auf abenteuerliches Terrain, wenn man Frank Fischer folgt, denn vieles, was er schreibt, hält einer Prüfung durch Google stand, anderes ist frei erfunden. Am Ende steht man, wie bei Kleist, vor einem gähnenden Abgrund der Entropie.

Dazu muss noch erwähnt werden, dass bei diesem vom Berliner SuKuLTuR Verlag herausgegebenen Büchlein nicht nur die Fantasie flimmert: Ein funkelnd-güldener Umschlag und großzügige Kapitelillustrationen zieren diese so irrlichternde Prosa aufs Trefflichste – wie Kleist wohl sagen würde.

Frank Fischer: Weltmüller. SuKuLTuR, 124 Seiten, 14 €.