Sometimes I Wish We Were An Eagle

Bill Callahan ist in der Musikwelt kein Unbekannter, als Kopf der Band Smog und Solokünstler ist er einer der Sterne am amerikanischen Songwriter-Himmel. Er ist auch nicht der erste Musiker, der ein Buch schreibt. Aber „Briefe an Emma Bowlcut“ macht eine bizarre Ausnahme.

Zunächst: Ein Briefroman? Ja, hier schreibt einer ganz altmodisch Briefe, zweiundsechzig an der Zahl, an eine Angebetete. Aber sind es Liebesbriefe? Die Rede ist von Hautkrankheiten, Pilzinfektionen und einer Muttermal-Biopsie. Der Schreiber geht einer undurchsichtigen Tätigkeit im Vortex nach, wozu er Mikrometer und naturwissenschaftliche Bücher benutzt. Es geht ihm nicht besonders gut, er schluckt wahlweise Bourbon oder Schlaftabletten, um zur Ruhe zu kommen, schaut sich Boxkämpfe an und besucht seine demente Großmutter im Pflegeheim. Oft genug dominiert eine surreale, traumartige Atmosphäre diese Episteln, so dass man sich fragt, ob sie überhaupt jemals eine Absenderin erreichen oder ob hier jemand versucht, seine inneren Dämonen zu besänftigen.

Ich würde gerne öfter ausgehen, aber erst muss ich für die Armee des Landes 50.000 blutbespritzte Uniformen waschen.

Im zwanzigsten Brief taucht unvermittelt die Wendung Sometimes I Wish We Were An Eagle auf, die einen Albumtitel Bill Callahans zitiert. Und das ist kein Zufall: Denn eigentlich ist man hier nicht in einem Briefroman, sondern mitten im Hirn des Songwriters, das voller aberwitziger Ideen und Bilder steckt, die sich einen Weg nach draußen suchen, über diese Briefe an Emma Bowlcut.

Bill Callahan: Briefe an Emma Bowlcut. Aus dem Amerikanischen von Carl Weissner, Evelyn Steinthaler und Vanessa Wieser. MILENA Verlag, 95 Seiten, 18,80 €.