Auf Wiedersehen, heile Welt

Familienidylle auf Zeit: „Sommertöchter“ von Lisa-Maria Seydlitz ist ein überraschend guter Debütroman.

Eigentlich ist an diesem Buch zunächst nichts Außergewöhnliches. Ein Debütroman einer jungen Autorin, wie es viele gibt, denkt man: Es geht um Kindheit, Familie, Erwachsenwerden und den Verlust der vertrauten Zusammenhänge, natürlich um Freundschaft und Liebe. Die Erzählerin, Juno, deckt nach und nach ein verschüttetes Familiengeheimnis auf, im Wechsel mit Episoden aus einer glücklichen Kindheit mit Vater und Mutter, die ein jähes Ende findet.

Gerade in der Beschreibung der Vater-Tochter-Beziehung liegt aber die große Stärke dieses kleinen Romans: Lisa-Maria Seydlitz stellt die Elternteile in einen grellen Kontrast zueinander, auf der einen Seite die vernünftige, oft strenge Mutter, auf der anderen Seite der kindsköpfige, liebevolle Vater, den Juno abgöttisch liebt. Gerade dieser Vater ist es aber, den es wie aus heiterem Himmel immer tiefer in eine schwere Depression hineinreißt, bis er Juno schließlich vollständig entgleitet.

Wie nun diese Familienidylle zerbricht und Juno Jahre später die Bruchstücke wieder zusammensetzt und ein lange gehütetes Geheimnis ihres Vaters entdeckt: Das zu erzählen schafft Lisa-Maria Seydlitz mit einem unerhört guten Spannungsaufbau und großer Sensibilität, die dieses Buch doch ein wenig außergewöhnlich macht. Und wer selbst in den neunziger Jahren aufgewachsen ist, wird sich über einige Anspielungen auf Fernsehserien, Kassettenrekorder und Gameboys freuen. Der Daily Frown Lesetipp für den Sommer!

Lisa-Maria Seydlitz: Sommertöchter. DuMont, 208 Seiten, 18,99 €.