Angespielt: Das Jahr der Wunder

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Dieses Jahr war ein Jahr der Wunder. In musikalischer Hinsicht sowieso. Die Übersicht über neue Bands, Stimmen, Genres ist seit gefühlt zwei Jahren sowieso dahin – umso mehr lohnte es sich 2012, einfach zuzugreifen und Neues zu entdecken.

Hier also ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Überblickswissen und alles, was man ein gesundes Urteilsvermögen nennen könnte: Wundermusik. Die fünf besten Alben des Jahres.

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Platz 5: Purity Ring – Shrines (4AD/Last Gang Records): Ein Verspieltes Mischmasch aus Hip-Hop-Beats, spitzem Gesang und abgehackter Produktion. Anhören hier.

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Platz 4: Hundred Waters – Hundred Waters (OWSLA): Folk ohne Gitarren, mit einer Stimme, die nicht von dieser Welt ist. Anhören hier.

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Platz 3: Black Moth Super Rainbow – Cobra Juicy (Rad Cult): Postmoderne Low-Fi-Elektronik mit Agit-Prop und Guerilla-Einlagen. Anhören hier.

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Platz 2: 1000 GRAM – Ken Sent Me (Fixe Records): Federleichter Pop zum Wieder-zu-sich-kommen. Aus Berlin-Neukölln und Schweden. Anhören hier.

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Platz 1: Ty Segall – Twins (Drag City): Garagen-Rock, der die Synapsen durchbrennen lässt und wieder neu verlötet. Zum Beweis ein kleines Video, das die Essenz des Albums auf eine Minute verdichtet:

und achtmal hintereinander kettenkarussell

Ronald M. Schernikau: So schönDas ist kein Buch. Es ist keine Geschichte. Es ist ein Film: Fein montierte Bilder aus dem schwulen Alltagsleben im Berlin der achtziger Jahre.

Und so ist es keine Marotte, dass Ronald M. Schernikau seinem Text und als der prinz mit dem kutscher tanzte, waren sie so schön, daß der ganze hof in ohnmacht fiel den Untertitel „utopischer Film“ gegeben hat. Denn hier ist alles Oberfläche, Pop: „bruno hat gedacht: ich möchte ihn küssen. aber dies ist ja ein film, und da denken die leute nicht.“ Das ist schön, lustig, ironisch. Und auf diese Weise utopisch: Denn ganz so unbeschwert ist das Leben von Tonio, Franz, Paul und Bruno nicht, das schimmert an einigen Stellen immer wieder durch: Händchenhalten in der U-Bahn? Lieber nicht.

Und dann stehen da immer wieder ganz wunderbare Sätze in diesem Buch, die man einfach abschreiben möchte:

tonio steht und guckt, vielleicht in der küche von franz, und denkt: das gibts nicht. das kann nicht sein. das ist nich echt; und sagt es. aber was ist das, echt. sagt franz.

und:

einmal hat mich franz gefragt, wozu ich lust hab; und ich hab angefangen: ein halbes jahr um die welt, und mal in einem hellblauen anzug über einen bahnhof gehen, und achtmal hintereinander kettenkarussell, und in der zeitung stehn.

So schön ist schon einmal im Rahmen des Schernikau-Großprojekts legende erschienen, das antiquarisch bereits Bestpreise erzielt. Im Verbrecher Verlag ist es jetzt für freundliche 18 € erhältlich.