
Die Lieblings-Dystopie im neuen Gewand: Penguin geht in der neuesten Ausgabe von 1984 einen Schritt weiter ins Ministry of Truth – und weckt Assoziationen zur Ausstreichungs-Lyrik.
George Orwells 1984 ist schon so etwas wie ein Prüfstein für Buchdesigner – ein historisches Beispiel gibt es in der Daily Frown flickr-Galerie, in jüngster Zeit hat sich Shepard Fairey an einer Neugestaltung versucht, Flavorwire gibt einen internationalen Überblick, bei dem vielleicht die farbenfrohe schwedische Variante am meisten verstört.
Penguin Books setzt jetzt in der neuesten Taschenbuchausgabe noch einmal einen drauf: Auf Basis des klassischen Penguin-Designs wurde die Zensur, Lieblingsbeschäftigung im Ministry of Truth, wörtlich genommen und sowohl Titel als auch Autorenname komplett geschwärzt. Nur beim genauen Hinsehen kann man die Schrift, die sich durch eine glänzende Lackierung vom Hintergrund abhebt, lesen.
Die Blackout-Edition nimmt so – bewusst oder unbewusst – Bezug auf die Arbeiten von Austin Kleon, der Gedichte mittels der Schwärzung von Zeitungsseiten schreibt, ein Prinzip, das auf ähnliche Weise auch in Deutschland angekommen ist: Der Berliner Lyriker Jan Skudlarek veröffentlich auf dem tumblr-Log Growing Pale seit Neuestem eigene Erasure Poems, mit erstaunlichen Ergebnissen:
Eine Stufe komplexer ist das Projekt SONNE FROM ORT, ein experimenteller Gedichtband, der aus der Bearbeitung eines Insel-Bändchens von 1907 durch Christian Hawkey und Uljana Wolf entstanden ist: Die ursprünglichen Liebesgedichte von Elizabeth Barrett-Browning, ihrerseits übertragen ins Deutsche von Rainer Maria Rilke, werden durch Tipp-Ex neu modelliert. Statt einer fotografischen Reproduktion dieser Arbeitsweise hat sich der Verlag aber dazu entschieden, die Charakeristika der Streichungen noch einmal grafisch durch Andreas Töpfer übersetzen zu lassen – das sieht dann so aus: