
An dieser Stelle erscheinen in voraussichtlich vier Beiträgen Notizen zu Thomas Pynchons achtem Roman Bleeding Edge, der am 17. September bei Penguin USA erschienen ist. Ergänzt werden die Notizen mit Zitaten aus der Kindle-Version.
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Frühjahr 2001. Nachdem Maxine Tarnow ihre Söhne Otis und Ziggy in die Schule („Otto Kugelblitz School“) gebracht hat, bekommt sie in ihrer Firma zur Untersuchung von Wirtschaftskriminalität („Tail ‚Em and Nail ‚Em“) den Auftrag von Dokumentarfilmer Reg Despard (den sie auf einer Schiffstour der American Borderline Personality Disorder Association, kurz AMBOPEDIA, kennengelernt hat), das Sicherheitsunternehmen hashslingerz zu überprüfen und beschäftigt sich in dieser Angelegenheit unter anderem mit dem Internet-Startup hwgaahwgh.com („Hey, We’ve Got Awesome And Hip Web Graphix, Here“). Über ihre Freundin Vyrva McElmo wird sie außerdem in die Software DeepArcher eingeführt, einer Art Einstieg in das Deep Web, geht mit dem Risikokapitalgeber Rockwell „Rocky“ Slagiatt italienisch essen (wo dieser eine Diskussion über die richtige Bezeichnung von pasta e fagioli vom Zaun bricht) und wird von dem mysteriösen Nicholas Windust kontaktiert, der eine Verstrickung von hashlingerz in zwielichtige Geschäfte im Mittleren Osten andeutet. Nebenbei berichtet Maxines Ex-Mann Horst Loeffler, dass er Büroräume in den oberen Etagen des World Trade Center angemietet hat.
Das Deep Web scheint als eine Art Leitmotiv eine große Rolle in Bleeding Edge zu spielen, wie zuletzt auch Evgeny Morov in der FAZ betonte („For Pynchon, the ‚Deep Web‘, in its early years at least, is what Baudelairean Paris was for Walter Benjamin: a nostalgic celebration of what once was, set against the painful realization of what it has become and the still lingering [but rapidly fading away] utopian vision of what it might still be.“). Allerdings scheint der Begriff des Deep Web als literarisches Motiv hier sehr stark überhöht – inwieweit sich das mit der Wirklichkeit deckt, wird noch zu klären sein.
Übrigens verweisen weder die Seiten hashslingrz.com noch hwgaahwgh.com auf die offizielle Verlagsseite – da hat Penguin eine clevere Marketing-Chance verpasst. Zumindest um hashslingrz.com haben sich aber schon die Thomas-Pynchon-Fans gekümmert.
Markierte Zitate:
Der Arbeitsplatz von Maxine Tarnow:
„(…) an old bank building, entered by way of a lobby whose ceiling is so high that back before smoking was outlawed sometimes you couldn’t even see it.“ (Link)
Reg Despard über investigativen Journalismus im Web 1.0:
„Cause see, if all you want’s an asset search, you don’t need a forensic person really, just go on the Internet, LexisNexis, HotBot, AltaVista, if you can keep a trade secret, don’t rule out the Yellow Pages—“ (Link)
Driscoll Padgett, Webdesignerin und ehemalige Freelancerin für hwgaahwgh.com:
„Don’t get me started, ‘window.open,’ most pernicious piece of Javascript ever written, pop-ups are the li’l goombas of Web design, need to be stomped back down to where they came from, boring duty but somebody’s got to.“ (Link)
Maxine zu Reg über die Redewendung moving to Seattle:
„Ah, Reg. Sorry. In the old soap operas, ‘transferred to Seattle’ was code for written out of the script. I used to think Amazon, Microsoft, and them were started up by fictional soap-opera rejects.“ (Link)
Über die Entwickler von DeepArcher:
„They’d heard this rumor that back east content was king, not just something to be stolen and developed into a movie script.“ (Link)
Und kurz vor dem Einschlafen (wie das wohl übersetzt werden wird?):
„Tonight’s descent into sleep is helical and slow.“ (Link)