Eilmeldung: Jörg Albrecht verhaftet in Abu Dhabi

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Screenshot vom Jörg Albrechts Homepage fotofixautomat.de

Während der Buchmesse in Abu Dhabi, zu der er als offizieller Gast eingeladen war, wurde Autor Jörg Albrecht drei Tage in Haft genommen. Grund sei das Fotografieren einer Straße gewesen. Gegen Zahlung einer Kaution ist er inzwischen wieder auf freiem Fuß. Das Land durfte er noch nicht verlassen.

Das ist an sich schon skandalös genug, würde da nicht noch eine völlige Unklarheit über Albrechts Verbleib hinzukommen:

Thorsten Ahrend, der bei Wallstein das belletristische Programm verantwortet, erhielt widersprüchliche und nebulöse Auskünfte über den Verbleib seines Autors. Über 24 Stunden vergingen in Ungewissheit und Sorge, bis die deutsche Botschaft herausfand, dass das Central Investigation Department, eine Abteilung des Geheimdienstes, Jörg Albrecht inhaftiert hatte.

Soweit die NZZ. Auf nachtkritik.de meldete sich Jörg Albrecht heute selbst per Kommentarfunktion:

(…) ich bin immer noch in Abu Dhabi und darf das Land nicht verlassen. Zum Glück ist mein Schweizer Kollege Jonas Lüscher noch hier, um mich zu stützen. Ich schlafe dennoch vor Angst kaum, da hier seit einer Woche keine neuen Informationen zu bekommen sind. Ich hoffe, diese Nachricht kommt überhaupt durch, da ich noch immer unter Beobachtung des Geheimdienstes stehe. So oder so möchte ich, daß diejenigen, die mich kennen, wissen, daß ich noch nicht in Sicherheit bin. Ich bange jede Minute um die Ausreisegenehmigung.

Darüber hinaus ist noch völlig offen „ob ich nochmal in Haft muß, ob eine Geldstrafe ansteht, oder ob ich einfach ausreisen kann“, wie auf standard.at zu lesen ist.

Dass sich weder die Abu Dhabi International Book Fair noch die Regierungsorganisation Kalima an der Suche nach Jörg Albrecht beteiligt haben (so heute auch bei ZEIT ONLINE zu lesen), kann da schlechterdings nur als der Gipfel dieses Schauerstücks politischer Willkür bezeichnet werden.

Update (11.5.2014): Thorsten Ahrend vom Wallstein Verlag gibt in einem Interview mit WDR 3 an, dass Jörg Albrecht bereits seit elf (!) Tagen in Abu Dhabi festsitzt und immer noch völlig unklar ist, was ihm vorgeworfen wird. „Auswärtiges Amt, PEN und Writers in Prison sind informiert.“ Der Berliner Morgenpost gegenüber bestätigte ein Sprecher des Auswärtigen Amts: „Die deutsche Botschaft in Abu Dhabi ist eingeschaltet und steht in ständigem Kontakt mit den örtlichen Behörden und allen weiteren Beteiligten.“

Petition auf change.org
Petition auf change.org

Update (12.5.2014): Das PEN-Zentrum Deutschland hat sich nun auch öffentlich eingeschaltet. Auf Facebook ist außerdem zu lesen: „Bitte fordern Sie bei der Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate in Berlin, dass Albrecht unverzüglich nach Hause reisen darf: Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate, Hiroshimastrasse 18-20, 10785 Berlin, Tel.: 0049-30-516 51-6, Fax: 0049-30-516 51-900.“

Hier geht es zu einer Pressemeldung, die der Wallstein Verlag heute herausgegeben hat:

Jörg Albrecht ist in Besitz seines Passes, darf aber das Land nicht verlassen, da das Verfahren gegen ihn nicht abgeschlossen ist. Zur Zeit hält er sich in einem Hotel auf und hat zuletzt die Auskunft bekommen, dass es noch bis zur kommenden Woche dauern wird, bis die Staatsanwaltschaft die Sache aufnimmt. Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung und das PEN-Zentrum Deutschland haben inzwischen bei offiziellen Stellen protestiert.

Nachdem in der Folge auch SPIEGEL ONLINE berichtete und Florian Kessler für zeit.de ein Interview mit dem in Abu Dhabi festsitzenden Jörg Albrecht führen konnte („Das ist nicht nur kulturpolitisch fragwürdig. Es macht Angst.“), hat der „Fall“ Jörg Albrecht eine große Aufmerksamkeit erreicht. Eine von Holger Bergmann und Thorsten Ahrend angestrengte Petition bei change.org verzeichnet zur Stunde 2.052 4.202 5.072 Unterstützer, die sich für eine sofortige Freilassung und Ausreise Jörg Albrechts aussprechen.

Heute wurde mir von einem Sekretär bei Gericht zu verstehen gegeben, dass ich noch eine Woche Geduld haben muss, mindestens. Meine Geduld ist aber langsam am Ende. Ich fürchte, dass ich bald psychisch richtig einbreche, da ich hier nun erst mal auf mich gestellt bin – in einem Land, in dem ich nicht mal die Sprache spreche, in der die wichtigen Dinge verhandelt werden.

Update (13.5.2014): Der Wallstein Verlag meldet per Tweet um 15:39 Uhr, dass einer Ausreise nichts mehr im Weg stehe und Jörg Albrecht auf dem Weg zum Flughafen sei – damit sollte der Spuk nun aller Voraussicht nach ein Ende haben.

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